Macht Islam sexistisch?

  • Rechte nehmen den Ausbruch von sexistischer Gewalt in der Silvesternacht als billiges Argument für Fremdenfeindlichkeit und Rassenhass. Ihr Mantra ist: Wir sind die Weißen – Moslems und andere Ausländer sind farbig und rückständig.


    Was setzen Linke dem entgegen?
    Etliche linke Stellungnahmen zu der sexistischen Gewalt in der Silvesternacht verwischen alle kulturellen Unterschiede und behaupten: alle (männlichen) Menschen verhalten sich überall gleich.
    In linken Stellungnahmen zu dem Ausbruch von Sexismus in der Silvesternacht heißt es zum Beispiel:
    „Gewalt gegen Frauen ist ein alltägliches,dreckiges Phänomen ... unserer Gesellschaft.“ (Rote Aktion Köln).
    „Dass Gewalt und sexuelle Belästigung inzwischen etwas Normales sind, zeigt sich am Polizeibericht zum Oktoberfest 2015.“ (ArbeitZukunft Köln)
    „Sexismus ist Alltag in Deutschland und Europa und das nicht erst seit der Silvesternacht ...“ (Interventionistische Linke Berlin).
    „Die Frauenunterdrückung in Deutschland (ist) strukturell angelegt...“ (Die Freiheitsliebe)


    Männer sind Männer. Nachts sind alle Katzen grau. Alles halt Kapitalismus. ?(
    Differenzierung ist nicht Sache dieser Linken.



    Ich denke, es gibt durchaus kulturelle Unterscheide in der Einstellung zum anderen Geschlecht. Es gibt durchaus in unserer gegenwärtigen Welt ganz schlimme, schlimme und weniger schlimme sexistische Gebräuche und Verhaltensweisen. Wer das leugnen will, der hat die millionenfache Erfahrung aller Weltreisenden und Auslandsbesucher gegen sich.


    In der rechtsextremen Propaganda wird der Islam zum Grund und zur Ursache für rückständige und frauenfeindliche Einstellungen gemacht. Das ist Unsinn. Auch im Christentum, im Hinduismus und Shintoismus – um nur diese Religionen zu nennen - gibt es extrem frauenfeindliche Stereotypen und Gebräuche.


    Mit der Gegenüberstellung von religiösen Vorstellungen - hier Christentum, dort Islam - klärt sich gar nichts. Religion ist nicht die Ursache für menschliches Verhalten, sondern ihre Folge. Religion ist nichts als ein theoretischer Überbau für Umstände, in denen der Mensch hilflos fremden Mächten ausgeliefert ist - der Natur und/oder anderen Menschen.
    Tatsächlich bleiben sich menschliche Verhaltensweisen nicht gleich. Sie ändern sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen. Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind in unserer Welt jedoch nicht überall identisch. Aus diesem Grund sind auch die menschlichen Vorurteile und Verhaltensweisen nicht überall gleich.


    Einen guten Eindruck davon gibt folgende weltweite Umfrage in 40 Ländern mit über 40.000 Befragten zur Sexualmoral.
    Die Ergebnisse der Umfrage werden von PewGlobal länderweise dargestellt. Es wird niemanden überraschen, dass die Antworten je nach Land sehr unterschiedlich ausfallen.


    Ich halte nichts davon, Menschen nach Religionszugehörigkeit einzuteilen. Statt der üblichen religiösen Sortierung habe mir erlaubt, die in der Umfrage aufgeführten 40 Länder historisch zu gruppieren. "Historisch" heißt für mich: Wie "alt" ist in einem Land die kapitalistische Gesellschaft?


    Das führt zu folgender Einteilung:


    1.Kapitalistische Kernstaaten, die vor 1900 kapitalistisch wurden
    (Deutschland, Frankreich, England, Italien, Spanien, USA)



    2.Kapitalistische Folgestaaten, die ab 1900 kapitalistisch wurden
    (Argentinien, Australien, Bolivien, Brasilien, Chile, Griechenland, Japan, Kanada, Libanon, Mexiko, Philippinen, Südafrika, Türkei,Venezuela.



    3.Kapitalistische Nachzügler, die nach 1945 kapitalistisch wurden
    (Ägypten, Ghana, Indien, Indonesien, Kenia, Malaysia, Nigeria, Pakistan,Senegal, Südkorea, Tunesien, Uganda) und:



    4.Wendestaaten, die nach 1990 kapitalistisch wurden
    (China, Polen, Russland, Tschechien)


    Das ergibt folgendes Bild:



    Die Menschen der ersten drei Staatengruppen unterscheiden sich deutlich in ihrer Einstellung zur Sexualmoral.
    Auch bei uns, in den alten kapitalistischen Kernstaaten, sind sexfeindliche und frauenfeindliche Vorstellungen noch in der Überzahl, aber je kürzer der Kapitalismus in einem Land herrschte, desto antiquierter ist die Sexualmoral.
    Eine Ausnahme bilden die staatssozialistischen Wendestaaten, deren Einstellungen zur Sexualmoral entspricht mehr oder minder den "alten" kapitalistischen Ländern.


    Es ist verkehrt, wenn Linke behaupten: Menschen verhalten sich überall und zu jeder Zeit gleich.
    Es ist verkehrt, wenn behauptet wird: Die Religion sei schuld an reaktionären Einstellungen.
    Und es ist verkehrt, wenn Rechte behaupten: Nur oder vor allem Moslems seien rückständig.


    Dass es Verhältnisse gab und noch gibt, die schlimmer sind als Kapitalismus, hat offenbar nicht Jeder mitbekommen. Und uns Linken bricht kein Zacken aus der Krone, wenn wir mal zugeben, dass der Kapitalismus in Teilbereichen auch ein paar nützliche Sachen gebracht hat.


    Wal Buchenberg, 14.01.2016


    Siehe auch:
    Der Islam in Europa
    An unsere Ausländerfeinde in Deutschland


    Ägypten: Die blutige Unterdrückung der Muslimbruderschaft ist reaktionär


    Islamischer Räuberstaat


    Von Cosmonautilus: Zum Umgang der Linken mit Rassismus und Sexismus

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