In der Hoffnung, dass hier Leute noch mehr oder weniger aktiv sind...
Ich habe mir vor kurzem "Lohn, Preis, Profit" durchgelesen. Dort erläutert Marx seine Arbeitswerttheorie und zweifelt die Abhängigkeit zwischen Lohn und Preis an. Der Wert der Ware ergebe sich ausschließlich aus der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit, der Lohn sei zwar Teil des Preises, aber sollte dieser steigen, bewirke das bloß eine Senkung des Profits:
"Auf ihren einfachsten theoretischen Ausdruck reduziert, lösen sich alle Argumente unsres Freundes ("Bürger Weston") in das einzige Dogma auf: "Die Warenpreise werden bestimmt oder geregelt durch die Arbeitslöhne."
Ich könnte mich auf die praktische Beobachtung berufen, um Zeugnis abzulegen gegen diesen längst überholten und widerlegten Trugschluss. Ich könnte darauf hinweisen, dass die englischen Fabrikarbeiter, Bergleute, Schiffbauer usw., deren Arbeit relativ hoch bezahlt wird, durch die Wohlfeilheit ihres Produkts alle andern Nationen ausstechen, während z.B. den englischen Landarbeiter, dessen Arbeit relativ niedrig bezahlt wird, wegen der Teuerkeit seines Produkts fast jede andre Nation aussticht. Durch Vergleichung zwischen Artikeln ein und desselben Landes und zwischen Waren verschiedener Länder könnte ich - von einigen mehr scheinbaren als wirklichen Ausnahmen abgesehen - nachweisen, dass im Durchschnitt hoch bezahlte Arbeit Waren mit niedrigem Preis und niedrig bezahlte Arbeit Waren mit hohem Preis produziert. Dies wäre natürlich kein Beweis dafür, dass der hohe Preis der Arbeit in dem einen und ihr niedriger Preis in dem andern Fall die respektiven Ursachen so diametral entgegengesetzter Wirkungen sind, wohl aber wäre dies jedenfalls ein Beweis, dass die Preise der Waren nicht von den Preisen der Arbeit bestimmt werden. (...)
Es könnte vielleicht bestritten werden, dass Bürger Weston das Dogma aufgestellt hat: "Die Warenpreise werden bestimmt oder geregelt durch die Arbeitslöhne." Er hat es in der Tat niemals ausgesprochen. Er sagte vielmehr, dass Profit und (Grund-)Rente ebenfalls Bestandteile der Warenpreise bilden, weil es die Warenpreise seien, woraus nicht bloß die Löhne des Arbeiters, sondern auch die Profite des Kapitalisten und die Renten des Grundeigentümers bezahlt werden müssen (daraus folgt, dass eine Lohnsteigerung zwangsläufig eine Preissteigerung bewirken müsste) (...)
Wenn wir Waren als Werte betrachten, so betrachten wir sie ausschließlich unter dem einzigen Gesichtspunkt der in ihnen vergegenständlichen, dargestellten, oder, wenn es beliebt, kristallisierten gesellschaftlichen Arbeit. In dieser Hinsicht können sie sich nur unterscheiden durch die in ihnen repräsentierten größeren oder kleineren Arbeitsquanta, wie z.B. in einem seidenen Schnupftuch eine größere Arbeitsmenge aufgearbeitet sein mag als in einem Ziegelstein. Wie aber misst man Arbeitsquanta? Nach der Dauer der Arbeitszeit, indem man die Arbeit nach Stunde, Tag etc. misst. Um dieses Maß anzuwenden, reduziert man natürlich alle Arbeitsarten auf durchschnittliche oder einfache Arbeit als ihre Einheit. (...)
Besteht denn in der Tat ein so großer oder überhaupt irgendein Unterschied zwischen der Bestimmung der Werte der Waren durch den Arbeitslohn und ihrer Bestimmung durch die relativen Arbeitsquanta, die zu ihrer Produktion notwendig? Ihr müsst indes gewahr geworden sein, dass das Entgelt für die Arbeit und das Quantum der Arbeit ganz verschiedenartige Dinge sind. (...) Wir unterstellen nun, dass ein Quarter Weizen und eine Unze Gold gleiche Werte oder Äquivalente sind, weil sie Kristallisationen gleicher Mengen von Durchschnittsarbeit (...) sind. Nehmen wir dadurch, dass wir die relativen Werte von Gold und Korn bestimmen in irgendeiner Weise Bezug auf die Löhne des Landarbeiters und des Bergarbeiters? Nicht im geringsten. Wir lassen es ganz unbestimmt, wie ihre Tages- oder Wochenarbeit bezahlt, ja ob überhaupt Lohnarbeit angewandt worden ist. Geschah dies, so kann der Arbeitslohn sehr ungleich gewesen sein. (...)
Preis ist an sich nichts als der Geldausdruck des Werts. (...)
Andererseits hängen die Schwankungen der Marktpreise bald über, bald unter den Wert oder natürlichen Preis ab von den Fluktuationen des Angebots und der Nachfrage. Adam Smith (äußerte sich in seinem Wealth of Nations dazu. Marx zitiert ihn und es beinhaltet folgendes). (...)
Es genügt zu sagen, dass, wenn Angebot und Nachfrage einander die Waage halten, die Marktpreise der Waren ihren natürlichen Preisen entsprechen werden (...)."
- Karl Marx, "Lohn, Preis, Profit" SAV, S.19ff
Ist das denn überhaupt noch aktuell? Ich bin mir sicher, es hat Gründe, dass Produkte gerne aus Schwellenländern aufgrund ihres niedrigen Preises gekauft werden. Die Lohn-Preis-Spirale gilt als allgemein akzeptiert, Unternehmen beobachten die Löhne der Bevölkerung. Was hätte denn ein Mindestlohn in China oder Bangladesh für Auswirkungen auf die Preise? Ich würde nämlich generell sagen, dass diese daraufhin steigen würden. Ist der Kapitalist nicht ohnehin zu einem Mindestbetrag Profit verpflichtet, da Investitionen erforderlich sind?
Eventuell hab ich auch etwas falsch verstanden, ich wäre über eine Erläuterung dankbar.