Kritik des NPD-Parteiprogramms (2010)

  • Zweimal im 20. Jahrhundert meinte die herrschende Elite in Deutschland, sie könne mit Aussicht auf Erfolg um die Weltherrschaft kämpfen. Weniger die Niederlagen in zwei Weltkriegen, als vielmehr die Entkolonialisierung und damit Multipolarisierung der Welt und noch mehr der nachfolgende kapitalistische Boom in Asien und Südamerika („Emerging Economies“) sorgten dafür, dass Deutschlands Gewicht an Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl zu einer Randgröße geschrumpft ist und weiter schrumpfen wird.
    1914 wie 1939 lag der deutsche Anteil an der Weltwirtschaft bei 10 %. Im Jahr 2014 liegt er bei 5 % und wird in den kommenden 30 Jahren nach Berechnungen der OECD auf 2 % fallen.


    Diese Faktenlage ist für traditionelle Nationalisten eine Tragödie. Das NPD-Parteiprogramm von Bamberg (2010) beginnt mit dem Satz: „Im 21. Jahrhundert entscheidet sich Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes.“
    Und das Parteiprogramm verspricht Rettung vor der drohenden Katastrophe. Wer oder was da gerettet werden soll und welche Rettungsmaßnahmen vorgesehen sind, soll im folgenden dargestellt werden.


    1. Rechte und Pflichten des doitschen Volkes
    Das doitsche Volk spielt scheinbar die wichtigste Rolle im NPD-Programm. Dieser Schein trügt. Im folgenden gebe ich eine vollständige Aufzählung, was das doitsche Volk laut NPD-Programm tun soll und tun darf:
    1.1 Das doitsche Volk darf sich „eine vom Volk verabschiedete Verfassung geben“.
    1.2 Das doitsche Volk soll einen „mit mehr Machtbefugnissen ausgestatteten Präsidenten“ wählen.
    1.3 Soweit die Staatsführung es will, wird das doitsche Volk auch zu Volksentscheiden aufgerufen – zum Beispiel zur Wiedereinführung der Todesstrafe.
    1.4 Das doitsche Volk soll heiraten (aber nicht gleichgeschlechtlich, das wird von der NPD verboten) und soll Kinder kriegen: „Die Familie – als Trägerin des biologischen Erbes – ist die Keimzelle des Volkes“, heißt es im Kapitel „Intaktes Volk durch intakte Familie“.
    1.5 Das doitsche Volk darf und soll die Kinder zu Hause erziehen: „Die erzieherische Verantwortung für Kinder liegt in erster Linie bei der Familie. Für das Kindeswohl ist es am besten, wenn die Betreuung in den ersten drei Lebensjahren hauptsächlich durch die Mutter erfolgt.“ „In der Geborgenheit der Familie können charakterstarke, gemeinschaftsfähige, gesunde und leistungsstarke Kinder heranwachsen.“
    1.6 Doitsche Mütter sollen von Lohnarbeit befreit sein: „Mütter sollten nicht aus finanziellen Gründen gezwungen sein, außerhäuslich zu arbeiten.“
    1.7 Doitsche Kinder müssen in einem dreigliedrigem Schulsystem mit Rassentrennung lernen: „Im Anschluss an eine gemeinsame Grundschulzeit sind die Schüler entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in einem mehrgliedrigen Schulsystem zu unterrichten.“ „Die NPD lehnt die gemeinsame Unterrichtung deutscher und ausländischer Schüler ab.“
    1.8 Das doitsche Volk - soweit es kein Kapital besitzt - hat die Pflicht zu arbeiten: „Jeder Deutsche hat das Recht wie auch die Pflicht zu arbeiten.“
    1.9 Doitsche, die Kapital besitzen, sollen und dürfen Profite erwirtschaften: „Die NPD bekennt sich zu einem freien, aber sozial verpflichteten Unternehmertum als Eckpfeiler einer solidarischen Wirtschaftsordnung.“ „Wir sichern und schaffen Arbeitsplätze in Deutschland, indem wir kurzfristiges Spekulationskapital bekämpfen und Investitionskapital fördern.“ Der kapitalistische Profit soll aber im Lande bleiben: „Produktionsstätten- und Dienstleistungsverlagerungen ins Ausland ... sind zu unterbinden.“
    1.10 Das doitsche Volk hat die Pflicht als Soldat in der Armee zu dienen: „Wehrdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk.“
    1.11 Das doitsche Volk hat die Pflicht im Krieg zu sterben: „Vorbild für die deutsche Armee ist die tapfere Haltung der deutschen Soldaten in allen Zeiten.“


    Das ist die vollständige Liste der Rechte und Pflichten, die das NPD-Programm dem doitschen Volk zuerkennt und zubilligt. Diese Rechte und Pflichten gehen nicht über „brav lernen, brav Kinder kriegen, brav arbeiten und – notfalls – als braver Soldat sterben“ hinaus.
    Das doitsche Volk ist hier ein geist- und willenloser Körper, der ein staatliches Korsett und einen staatliche Befehlsgewalt benötigt. Das ist das Korsett eines interventionistischen Staates, der alle Verantwortung trägt, alle Geschäfte führt und für alles ein Sorgerecht beansprucht.
    Über die Rolle dieses interventionistischen Staates heißt es im NPD-Programm: „Der Staat nimmt die Gesamtverantwortung für das Volksganze wahr ...“ Diese „staatliche Gesamtverantwortung“ geht weit über das „Volksganze“ hinaus und greift bis auf jeden Einzelnen durch. Im NPD-Programm heißt es auch, der Staat müsse „die Geborgenheit des Einzelnen in der Gemeinschaft sichern und den Einsatz des Einzelnen für das Ganze befördern.“ Weiter heißt es: „Der Staat hat die Fürsorgepflicht für alle Deutschen.“ Die NPD propagiert „die grundsätzliche Einheit von Volk und Staat“. Das ist eine Einheit, die aus ganz unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt ist: Aus einem passiven, unterwürfigen Teil ("Volk") und einem aktiven, bestimmenden Teil ("Staat").
    Die Aufgabe, das unmündige doitsche Volk und jeden einzelnen Doitschen staatlich zu lenken und staatlich zu führen, haben die Mitglieder der NPD für sich und für sich allein vorgesehen. Zu den „Grundgedanken“ des NPD-Programm zählt: „die NPD (strebt) den Austausch der Herrschenden an.“ Die NPD-Leute dienen sich als neue Herrschende an.
    Im folgenden wird aufgezeigt, was die Möchtegern-Herrscher der NPD planen.


    2. Die Aufgaben des doitschen Nationalstaates
    2.1 Autoritäre Staatsstrukturen

    Um die „Gesamtverantwortung des Staates für das Volksganze“ und die „staatliche Fürsorgepflicht“ für jeden einzelnen Doitschen effektiv wahrzunehmen, soll der doitsche Staat nach dem Willen der NPD zentralistischer und autoritärer organisiert werden.
    Dazu zählen ein direkt gewählter und „mit mehr Machtbefugnissen ausgestatteter Präsident“, die Vereinheitlichung und Zentralisierung des (dreigliedrigen) Schulwesens und die Vereinheitlichung und Zentralisierung eines „staatlich organisiertes Sozialversicherungsmodells“ mit der „Schaffung einer einheitlichen ... Rentenkasse“ und der „Zusammenführung der Vielzahl von Kassen zu einer einzigen Volksgesundheitskasse“.
    Der Stärkung der staatlichen Machtstrukturen in Doitschland dienen auch verschärfte Strafandrohungen mit der „Wiedereinführung der Todesstrafe“ und: „Lebenslange Freiheitsstrafe muss tatsächlich lebenslangen Freiheitsentzug bedeuten“ sowie „die Wiedereinführung einer Militärjustiz mit gesondertem Strafrecht“.
    Wohlgemerkt: Alle diese Strafandrohungen richtet sich allein gegen das doitsche Volk und jeden einzelnen Doitschen, denn: „Kriminelle Ausländer sind abzuschieben.“


    2.2 National organisierter Staat
    Besonderes Augenmerk der NPD gilt dem Austritt aus der Europäischen Union, der UNO und der Welthandelsorganisation WHO und der Wiedereinführung der D-Mark: „Das Selbstbestimmungsrecht des Volkes darf nicht durch Rechtsetzungsakte überstaatlicher Organisationen wie der Europäischen Union, der UNO oder der WTO ausgehöhlt werden.“ Das Monopol, durch Rechtssetzung das Volk zu bevormunden, fordert die NPD ganz für sich und ihren NPD-Staat. „Die Mitgliedschaft im Brüsseler EU-Fremdbestimmungssystem muss beendet werden.“
    Aus griechischer und zypriotischer Sicht kann ich es verstehen, wenn die EU-Behörden als „Fremdbestimmungssystem“ bezeichnet werden. Aus doitscher Sicht sieht die Sache ganz anders aus. Ohne Beteiligung und ohne Zustimmung der doitschen Regierung wird in Brüssel nichts beschlossen. Aus unserer Sicht, aus Sicht der Lohnabhängigen ist jede Staatsgewalt ein „Fremdbestimmungssystem“, egal ob es seinen Sitz in der Stadtverwaltung, in der Landesregierung, in der Bundesregierung oder in Brüssel hat.


    2.3 Staatlich gelenkte, regionale Wirtschaftsstrukturen
    Kapitalistische Profitwirtschaft ist im NPD-Staat erlaubt, ihr werden aber enge Grenzen gesetzt, um den Machtspielraum des Staatsapparates zu erhöhen. Die Überschrift heißt: „Die Wirtschaft muss dem Volke dienen“ – und wir haben ja erfahren, dass Volk und Staat in dieser Denke eins ist. Niemand versteht diese Aussage falsch, wenn er sie so liest: „Die Wirtschaft muss dem Staat dienen“.
    Weiter heißt es im NPD-Programm: „Die Wirtschaft ist kein Selbstzweck, sondern dienender Teil des Ganzen. Der Staat muss daher der Wirtschaft einen ordnungspolitischen Rahmen setzen.“ Und dieser Rahmen ist eng, denn: „Die Selbstversorgung (Autarkie) ist als wirtschaftspolitisches Staatsziel zu definieren.“
    Die Verlagerung von „Produktionsstätten und Dienstleistungen ins Ausland ... sind zu unterbinden.“„Die deutsche Regierung ergreift geeignete Maßnahmen, die Ausbeutung durch Zinsen zu stoppen und die Börsen- und Finanzwirtschaft zu regulieren.““Innerhalb der raumorientierten Volkswirtschaft werden regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert, um Beschäftigung und Kaufkraft im Land zu sichern.““Sämtliche Produkte der Finanzwirtschaft bedürfen einer rechtlich kompetenten Prüfung und Zulassung durch eine unabhängige nationale Behörde.“
    Das NPD-Programm fordert auch „die Einführung einer nationalen Devisenbewirtschaftung für Kapitalexporte und –importe...“ Da werden doitsche Not- und Stützprogramme aus der Kriegswirtschaft zweier Weltkriege als Heilmittel für kapitalistische Gebrechen gepriesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass relevante Teile der doitschen Kapitaleigner sich noch einmal für so ein enges staatliches Stützkorsett begeistern werden – es sei denn, es geht ihnen und den Staatsführern wiederum um die totale Mobilisierung aller sozialen und wirtschaftlichen Mittel für ein erneutes militärisches Kräftemessen in Europa.


    2.4 Der Vorsorgestaat
    Den Lohnarbeitern in Doitschland verspricht das NPD-Programm, dass „die soziale Schere zwischen Arm und Reich ... sich nicht so weit öffnen (darf), dass Klassengegensätze verstärkt und die Volksgemeinschaft gesprengt werden.“ Daher verspricht die NPD den Lohnabhängigen die bewährte Mixtur aus christlich-sozialen Rezepten und sozialdemokratischen Versöhnungsritualen.
    Das ist ein „allgemeiner Mindestlohn“ - ohne Größenangabe. Das ist die Rückkehr zu einer „beitragsgerechten Arbeitslosenhilfe“, die HartzIV ersetzen soll,
    – wiederum ohne Größenangabe.
    Zur staatlichen Vorsorge zählt sowohl eine „einheitliche, beitragsgerechte Rentenkasse“, als auch - im Widerspruch zur geforderten Beitragsgerechtigkeit -, „eine existenzsichernde Grundrente für alle Deutschen“ und außerdem noch eine „Altersrente für Mütter“ – alles ohne Größenangabe.
    Hier wird nichts anderes und nichts mehr versprochen als was die anderen Staatsparteien von CSU bis Die LINKE zur staatlichen Absicherung gegen die Risiken der Lohnarbeit versprechen.
    Soweit aber die NPD vorhat, einzelne Sozialleistungen zu erhöhen und gleichzeitig steigende Kosten für Sozialleistungen zu begrenzen, sind Einsparungen durch Zentralisierung und Vereinheitlichung der Versicherungskassen, und durch eine Sonderbehandlung der nichtdoitschen Lohnabhängigen vorgesehen:
    „Ausländer sind aus dem deutschen Sozialversicherungswesen auszugliedern und einer gesonderten Ausländersozialgesetzgebung zuzuordnen.“


    2.5 Staatlich gelenkte Landwirtschaft, Versöhnung von Ökologie und Ökonomie
    Über die Landwirtschaft heißt es im NPD-Programm: „Eine verfehlte Wirtschaftspolitik ließ Ökonomie und Ökologie in einen unnötigen Gegensatz geraten.“ Also auch hier haben nach Meinung der NPD nur Politik und Staat versagt, nicht das kapitalistische Profitsystem.
    Den Gegensatz von privatem Profit und gesellschaftlichem Interesse an Naturschutz meint die NPD mit folgenden Maßnahmen beseitigen zu können: „Weitest gehende nationale Selbstversorgung (ist) anzustreben“.
    „Die industrielle Massentierhaltung ist abzulehnen. Die kleinteilige bäuerliche Landwirtschaft ist dagegen zu fördern.“ “Bei der Produktion sind bestmögliche ökologische Herstellungsbedingungen zu beachten.“ Genetisch veränderte Lebensmittel sollen verboten werden bzw. verboten bleiben. Erbgut darf nicht patentiert werden. Tierversuche sind nur „in begrenzter Zahl zu gestatten“. Tierschutz muss „in der Verfassung verankert werden“. "Handlungsbedarf sieht die NPD in der konsequenten Eindämmung des Flächenverbrauchs, in der mischwaldorientierten Forstpolitik und in einem präventiven ökologischen Hochwasserschutz.“„Der Aufrüstung der bereits vorhandenen Kraftwerkstechnik“ - einschließlich der AKWs! - „vor Neubauvorhaben ... ist der Vorzug zu geben.“


    2.6 Aggressive Außenpolitik, aber beschränkt auf Europa
    Außenpolitisches Ziel der NPD ist die „Wiedervereinigung Deutschlands innerhalb seiner geschichtlich gewachsenen Grenzen.“ Zur „Friedenssicherung“ verlangt die NPD zuallererst doitsche Atomwaffen: „Erst bei Besitz und der Fähigkeit zur Anwendung von Atomwaffen (ist) von einer vollständigen staatlichen Souveränität zu sprechen.“ Die doitschen Atomwaffen sollen vor allem „ein Interventionsverbot für raumfremde Mächte in Europa gewährleisten“. Interventionsverbote für Doitschland und andere Mächte, die in Europa nicht raumfremd sind, gibt es nicht: Erstens soll die „Preisgabe deutscher Gebiete“ rückgängig gemacht werden und dann sollen mit militärischen Mitteln „die Außengrenzen unseres Landes“ geschützt werden. Diese „Außengrenzen“ sind nach Vorstellung der NPD die Grenzen des deutschen Reiches von 1937: „Die NPD bestreitet die Rechtmäßigkeit der durch die Alliierten erzwungenen Grenzanerkennungsverträge.“ Darüber hinaus sollen die „Einsatzgrundsätze“ der doitschen Streitkräfte „die äußere Sicherheit des europäischen Raumes sicherstellen“.
    Das ist eine geopolitische Strategie, die klar auf eine militärische Vorherrschaft Doitschlands in und über Europa abzielt, und die damit die außenpolitischen Ziele des Dritten Reiches kopiert. Bei dieser Ausrichtung zielen die NPD-Strategen ausgerechnet auf Russland als engsten Bündnispartner ab: „Auf die Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen ist vor dem Hintergrund der geschichtlichen Erfahrungen und den Notwendigen in Gegenwart und Zukunft auf den Gebieten der Politik, Wirtschaft und Verteidigung besonderes Augenmerk zu legen.“ „Eine strategische Energieallianz mit Russland ist anzustreben.“
    Vielleicht ist Putin ja auch das NPD-Vorbild für ihren doitschen Präsidenten „mit mehr Machtbefugnissen“.


    Kurz: Die NPD ist eine interventionistische Staatspartei mit Zielsetzungen, die aus dem Müllhaufen der doitschen Geschichte stammen, meint Wal Buchenberg.


    P.S. Im Dateianhäng steht dieser Text ("NPD.pdf") als PDF-Datei zum Ausdrucken.
    Außerdem das NPD-Parteiprogramm von 2010.
    (Dateianhänge können nur von angemeldeten Nutzerinnen und Nutzern geöffnet werden.)

    Files

    • NPD.pdf

      (74.43 kB, downloaded 53 times, last: )
    • NPD-Programm.pdf

      (1.36 MB, downloaded 68 times, last: )

    Ich schaue mit Optimismus in die Zukunft, auch wenn sie ohne mich stattfindet.

  • Aus dem NPD-Parteiprogramm ist nicht ersichtlich, weshalb man denen das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit entziehen sollte.


    Ein Präsidialsystem oder einen vom Volk gewählten Präsidenten hat in den siebziger Jahren z. B. auch die FDP gewollt. Die Forderung nach
    der Todesstrafe ist was speziell faschistisches, aber auch das ist an konservativen Stammtischen weit verbreitet.
    Und die Forderung nach den Grenzen von 1937 ...


    Ansonsten steht halt drin, was bei den Massen populär ist. Sogar an die Tierfreunde ist gedacht.
    Was Konkretes kann man daraus allerdings nicht ableiten -- auch darin unterscheidet sich die NPD nicht von den andern, "demokratischen" Parteien.


    Das Programm ist nationalistisch und konservativ. Wenn man so was aber bekämpfen wollte, müsste man bei der CDU/ CSU anfangen.
    Es ist staatsinterventionistisch, aber das sind die LINKEN auch.


    Wodurch unterscheidet sich "Doitschland" und die "Doitschen" eigentlich von Deutschland und den Deutschen?

  • Aus dem NPD-Parteiprogramm ist nicht ersichtlich, weshalb man denen das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit entziehen sollte.


    Hallo Gulliver,
    Das hatten wir in einem anderen Thread schon diskutiert: Im Marx-Forum hat sich (noch) niemand für ein staatliches Verbot der NPD stark gemacht. Die Ideologie und Politik, auf die von der NPD abgezielt wird, soll/muss zivilgesellschaftlich bekämpft werden.


    Ein Präsidialsystem oder einen vom Volk gewählten Präsidenten hat in den siebziger Jahren z. B. auch die FDP gewollt. Die Forderung nach der Todesstrafe ist was speziell faschistisches, aber auch das ist an konservativen Stammtischen weit verbreitet.
    Und die Forderung nach den Grenzen von 1937 ...


    Ich vermute sehr, die NPD denkt weniger an Adenauer als Präsident als vielmehr an Putin. Und die Restauration der Grenzen von 1937 ist ohne europäischen Krieg nicht zu haben.


    Ansonsten steht halt drin, was bei den Massen populär ist. Sogar an die Tierfreunde ist gedacht.
    Was Konkretes kann man daraus allerdings nicht ableiten -- auch darin unterscheidet sich die NPD nicht von den andern, "demokratischen" Parteien.


    Nachts sind alle Katzen grau, und wer politisch und gewerkschaftlich nicht aktiv ist, für den sind alle Staatsformen gleich - egal ob liberaler Rechtsstaat oder Diktatur. Diese Ansicht wurde hier schon vorgetragen.
    Nochmals: Ich halte diese Ansicht für indiskutabel. Meine Ansicht ist entschieden anders. Ich halte den Faschismus an der Macht für unsere Emanzipation höchst hinderlich und höchst schädlich. Ich bin davon überzeugt, dass möglichst freiheitlich-rechtsstaatliche Verhältnisse für die Überwindung des Kapitalismus viel vorteilhafter sind als faschistische Diktatur. Das ist ein Grundkonsens aller Emanzipationsbewegungen mindestens seit 1933.


    Das Programm ist nationalistisch und konservativ. Wenn man so was aber bekämpfen wollte, müsste man bei der CDU/ CSU anfangen.


    Das sehe ich genau umgekehrt: Ich denke, man muss beim Offensichtlichen und beim Gefährlichsten anfangen, also bei der NPD, und von da die Kritik auf die CDU/CSU fortführen und darf dann nicht vor der SPD und den LINKEN aufhören.


    Es ist staatsinterventionistisch, aber das sind die LINKEN auch.


    Ja, auch die Partei LINKE ist staatsinterventionistisch und viele aktive Linke außerhalb dieser Partei auch. Wenn du dich hier im Marx-Forum etwas informiert hättest, dann könntest du wissen, dass wir hier die heutige Staatsgewalt nicht als Instrument unserer Emanzipation ansehen, sondern als ein Hindernis unserer Emanzipation.


    Im Fokus meiner Kritik des NPD-Parteiprogramms steht nicht (wie so oft) im Fokus, dass die NPD Böses vorhat gegen irgendwelche Minderheiten (Ausländer, Schwule etc). Im Zentrum meiner Kritik steht, dass die NPD Böses vorhat gegen ALLE Lohnabhängigen. Ich denke, nur so kann man die NPD wirksam kritisieren und bekämpfen, indem man aufzeigt, dass ihre Pläne und ihre Konzepte den Interessen aller Lohnabhängigen widersprechen.
    Aus deiner Antwort entnehme ich, dass du die NPD nicht kritisieren willst und nicht kritisieren kannst.


    Gruß Wal

  • Quote

    Nur vorweg. Kritik ist keine Art und Weise dem anderen Überlegenheit zu demonstrieren. Kritik ist wichtig um aus den eigenen Fehlern zu lernen oder und auch von anderen zu lernen – aber was noch wichtiger ist: notwendige Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen.

    von Matou_san
    Nur im Nachhinein: Nein, mir geht es nicht darum, irgendwem meine "Überlegenheit zu demonstrieren". Wir sind hier nicht beim Sport oder im Bundestag. Mein Aufhänger war eine ganz offensichtliche Unwilligkeit des Thesenautors selber, "aus den eigenen Fehlern" (seiner Bewegung) zu lernen. Daß du dann nur bei mir Kritikresistenz erkennen kannst, aber bei Wal nicht, nungut, das ist deine Sache, das ist wohl deine Sichtweise.

    Quote

    Quote

    Du fühlst dich angegriffen aufgrund einer anderen Auffassung über die Faschismus

    . Ja, natürlich, genauso wie umgekehrt Wal sich in seiner erzdemokratischen Position durch mich angegriffen gefühlt hat, wie man ja gemerkt hat. Das ist ja per se auch gar nicht vermeidbar, denn es gibt doch auch in dieser Frage eklatante Differenzen innerhalb der mehr oder weiniger linken Linken. Deshalb wäre ja eine ernsthafte Auseinandersetzung um deine Frage

    Quote

    Wie stellst du dir denn den anti-faschistischen Kampf vor

    ja politisch auch so wichtig.
    Es sit mir hier nicht so besonders wichtig, aber daß du jetzt ausgerechnet mir mit Rosa Luxemburgs Zitat kommst, daß noch jeder sozialdemokratische Innenminister rauf und runter zu beten gewußt hat, wo ich nun wirklich nichts anderes gemacht habe, als sehr kurz und knapp Wal ein paar Sätze entgegenzuhalten ist schon eigenartig. Er war es doch, der daraufhin gleich wutentbrannt den Laden dicht gemacht hat, nicht ich, der ich das weder könnte noch wollte.


    Ja, es ist Standardkritik aller (ich nenne das jetzt mal verkürzt) stalinistischen Tendenzen jedwede linke Kritik an ihrer Politik als "trotzkistisch" zu verdammen und zudem als der Einheit der Bewegung schädlich zu beschuldigen. Das hat ja noch zahlenmäßig Sinn gemacht, als z.B. in der BRD die DKPler meinten mehr darzustellen als die "sektiererische" Kritiker. Heutzutage ist das wirklich einerseits lächerlich andererseits natürlich auch wieder (reformistisches) Programm. Auf jeden Fall führt es zurück zur grundlegenden Spaltung der Arbeiterbewegung in Deutschland um den ersten Weltkrieg, wo die Sozialchauvinisten der Mehrheits-Sozialdemokratie mit genau deinen Argumenten gegen den damals noch kleinen revolutionären Flügel um Liebknecht und Luxemburg vorgegangen sind.

    Quote

    anstatt man alle Register zieht, um die Bewegung zu vergrößern und zusammenzuarbeiten, arbeitet die Bewegung in sich gegeneinander


    Wie immer schon ist die zentrale Frage, welche Bewegung "größer" wird aufgrund welchen Programms. Daß die Sozialchauvinisten damals so groß gewesen sind, daß sie sogar mit der deutschen Bourgeosie und dem Kaiser zusammengearbeitet haben, war eine Katastrophe und nichts Gutes. Es ist einfach eine Fiktion, von einer irgendwie doch einheitlichen homogenen "Bewegung" zu reden, wo da zum teil geradezu antagonistische Strömungen gegeneinanderstehen. Diese politischen Streitereien müssen ausgefochten werden und dadurch die nationalistischen Elemente zurückgedrangt werden, sonst mag alles Mögliche "größer" werden, Europaparlamentsfraktionen, "Friedenseinsätze" linker Kriegsminister usw. nur einem Sturz dieses Systems kommt man damit nicht näher.

    Quote

    Nun aber zurück zum Thema. Ich behaupte die Antifa können nicht als Sozialisten, also auch nicht als Kommunisten angesehen werden.


    Ja, das behaupte ich auch. Ich möchte wetten, daß jemand wie Freerk Huisken, der sicher einer der bekanntesten Agitatoren zum Thema Antifaschismus ist (dieser Unterstützer des GegenStandpunkts hat darüber reihenweise Artikel geschrieben, Bücher publiziert, Veranstaltungen abgehalten und an Seminaren teilgenommen usw.), sich häufiger mit linken Antifas rumgeschlagen hat als mit DKPlern, bzw. der politischen Ecke, zu der die gehört.

    Quote

    Kampfabteilungen sind gut und wichtig, doch können sie nur den Begleitservice zur Selbstverteidigung der Klasse darstellen.


    Ja, das sehe ich auch so. Das ist in unsere aktuellen politischen Lage eh ohne Belang, denn es geht im Augenblick und noch eine ganze Weile doch darum, in der Klasse überhaupt durch Überzeugungsarbeit, politische Agitation ein kommunistisches (Massen)bewußtsein zu schaffen, auf dessen Basis sich dann auch solche Fragen wirklich stellen ließen. Deine berühmt/berüchtigte "Änderung im Kräfteverhältnis" gibt es überhaupt nur und soweit, wie es gelingt, hinreichend viele Menschen für ein kommunistischen Programm auf der Basis eines korrekten Verständnisses des Kapitalismus und der "Klassenlage" des Proletariats zu schaffen.

    Quote

    Ich finde es auch sehr verwerflich einen Stalinisten in Verbindung mit der Einheitsfront in Verbindung zu bringen


    Ich habe Wal in Verbindung mit der Volksfrontpolitik des 7. WK der Komintern (von Dimitroff) gebracht, das unterscheidet Welten von einer kommunistischen Einheitsfrontpolitik. Stalin und Co. waren nicht "inkompeten", sondern hatten "einfach" ein anderes konterrevolutionäres Programm. Das haben sie sehr kompetent unter Ausschaltung aller linken Opposition durch- und umgesetzt und uns die traurige Nachkriegswelt der realsozialistischen Staaten aufs Auge gedrückt.

  • @Wal
    Ich habe mich eigentlich zur "Kritik des NPD-Programms" geäußert, nicht
    zum NPD-Verbot.
    1.
    Die "Kritik des NPD-Parteiprogramms" ist eben keine Kritik, sondern eine
    Nacherzählung.
    Die kritische Absicht muss daher äußerlich angedeutet werden: durch
    Tonfall ("Möchtegern-Herrscher"), die Graphie "Doitschland" usw.
    Keinesfalls wird daraus ersichtlich, warum die NPD eine faschistische
    Partei ist.
    Wenn du tatsächlich gezeigt hättest, "daß die NPD Böses vor hat gegen alle
    Lohnabhängigen", dann wär's eine Kritik gewesen.


    2.
    "Erfolgreicher Antifaschismus verteidigt die ('bürgerliche'!) Demokratie und
    den ('bürgerlichen'!) Rechtsstaat gegen den Versuch, eine terroristische
    Diktatur zu errichten.
    Als Antifaschist steht man auf der Seite der friedlichen und
    rechtsstaatlichen Teile der Kapitalistenklasse und versucht, diese Teile
    von den aggressiven und gewaltbereiten Teilen der Bourgeoisie getrennt zu
    halten." (Meine Faschismustheorie)
    Wer will den Rechtsstaat beseitigen? Gibt es Teile der Bourgeoisie, die
    eine terroristische Diktatur errichten wollen? Oder Schlesien und
    Ostpreußen zurückerobern?
    Mit der konkreten Situation hat das nichts zu tun. Was hier halluziniert
    wird, das sind die dreißiger Jahre. ("seit 1933" --- eben.)


    3.
    Es ist eben keineswegs die herrschende Elite, die hinter der NPD steht.
    Die herrschende Elite ist zum Beispiel unbedingt für freie Konkurrenz
    auf dem Arbeitsmarkt, und insofern überhaupt nicht nationalistisch.
    Sie hat den deutschen Nationalstaat, den die NPD so schmerzlich vermisst,
    längst aufgegeben. Deutschland ist einfach zu klein für die Bedürfnisse
    des Kapitals.
    Ganz bestimmt will die herrschende Elite nicht Schlesien und
    Ostpreußen wiederhaben, denn über die EU hat sie es ja schon. (Das ist ja
    gemeint, wenn Schäuble sagt, es wäre nicht zum II. Weltkrieg gekommen,
    wenn es damals bereits eine EU gegeben hätte. <26.01.2014>)


    Zur Senkung der Arbeitskosten, das heißt des Lebensniveaus der
    Lohnabhängigen, genügt der liberale Rechtsstaat. Das haben wir ja
    gesehen in den letzten Jahren und Jahrzehnten.
    Die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist mit jeder Form von
    Unterdrückung vollständig vereinbar. Die Alternative heißt nicht
    "Demokratie oder Faschismus."


    Der "offensichtlichste und gefährlichste Gegner" der Lohnabhängigen ist
    nicht die NPD.

  • Newly created posts will remain inaccessible for others until approved by a moderator.