D. Behruzi: Große Koalition der Streikverhinderer (Doku)

  • von Daniel Behruzi
    Union und SPD machen offenbar ernst. Wie von Teilen der Gewerkschaften befürchtet – und von anderen erhofft – hat die Koalitionsarbeitsgruppe Arbeit und Soziales am Montag eine Initiative zur gesetzlichen Fixierung der »Tarifeinheit« beschlossen. Man wolle den »Koalitions- und Tarifpluralismus in geordnete Bahnen lenken«, heißt es in einem Zwischenbericht des Gremiums. Durch »flankierende Verfahrensregelungen« werde den verfassungsrechtlich gebotenen Belangen kleinerer Gewerkschaften Rechnung getragen. Soll heißen: Das grundgesetzwidrige Vorhaben, das Streikrecht einzuschränken, soll so verpackt werden, daß es von den Karlsruher Richtern vielleicht abgesegnet wird.


    Es wäre das erste Mal, daß der Gesetzgeber direkt in das Arbeitskampfrecht eingreift. Denn es leitet sich aus der Koalitionsfreiheit im Grundgesetz ab, die konkrete Ausgestaltung wurde bislang den Gerichten überlassen. Für die Gewerkschaften – nicht nur die sogenannten Spartengewerkschaften – verheißt das nichts Gutes. Ihnen soll die Möglichkeit genommen werden, Beschäftigte zu Arbeitsniederlegungen aufzurufen, wenn sie innerhalb der Belegschaft in einer Minderheitenposition sind. Es soll nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern im Betrieb gelten. Während der Laufzeit dieser Vereinbarung wären sämtliche Beschäftigtenorganisationen in der Friedenspflicht – auch diejenigen, die keinen Vertrag unterzeichnet haben.


    Der Sinn dieser von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und anderen Konzernvertretern heftig geforderten Neuregelung ist klar: Sie wollen in Ruhe produzieren lassen und Profite einfahren. Die Großgewerkschaften sollen sich nicht durch kleinere Spartenorganisationen unter Druck gesetzt sehen, mehr für ihre Klientel herauszuholen.


    Diese Einschränkung des Streikrechts würde letztlich alle Gewerkschaften treffen – auch die DGB-Organisationen. Und das nicht nur, weil sich beispielsweise ver.di in so manchem Verlag oder Krankenhaus in der Minderheitenrolle wiederfinden könnte. Mit einem solchen Gesetz würde ein Tabu gebrochen. Die Begrenzung von Streiks im Verkehrs- und Transportwesen oder in anderen für die Kapitalvermehrung sensiblen Bereichen würde bald folgen. Die DGB-Gewerkschaften sollten daher gemeinsam mit GDL, Marburger Bund und Co. alles daran setzen, diese Koalitionsvereinbarung zu kippen. In ihrem eigenen Interesse.




    (ungefragt eingestellt von jw)

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