Eine Kritik des Sozialstaats

  • Der Sozialstaat ist der ganze Stolz der bürgerlichen Demokraten. Im jährlichen Datenreport des Statistischen Bundesamtes, aus dem die hier aufgeführten Zahlen stammen, heißt es: „Eine der Grundlagen der Akzeptanz der Demokratie in Deutschland ist der Sozialstaat.“ (2006, 644) Und einige Seiten weiter: „Der Sozialstaat ist eine der Quellen der Legitimität der Demokratie in Deutschland.“ (2006, 648).
    Das bedeutet für radikale Linke: So lange sie den Sozialstaat nicht wirksam kritisieren können, können sie die kapitalistische Gesellschaft nicht wirksam kritisieren.


    Was ist der Sozialstaat? „Als Kern des bundesrepublikanischen Sozialstaats wird die Absicherung der Bürger bei Krankheit, Arbeitslosigkeit, im Alter und in Notsituationen bezeichnet.“ (2006, 648)
    Arbeitslosigkeit ist ein Lebensrisiko, das nur im Kapitalismus existiert.
    Zugegeben, Not, Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Alter gab es zu allen Zeiten, aber in vorkapitalistischer Zeit haben die (Groß)Familien diese Risiken getragen. Grundlage dieser Familien war eigenes Eigentum. Indem der Kapitalismus die kleinen Eigentümer ruinierte, entzog er den alten Familienstrukturen die Basis für die Versorgung der Armen, Kranken und Alten.
    Der Sozialstaat ist keine Wohltat, sondern eine bürokratische Lösung für Probleme, die erst durch den Kapitalismus geschaffen wurden.
    Der Sozialstaat ist keine Wohltat, weil er keine Geschenke verteilt, sondern Leistungen bürokratisch verwaltet und verteilt, für die die Versicherten gezahlt haben.


    In der folgenden Grafik sind die Leistungen des Sozialstaats und die wichtigsten Geldquellen gegenübergestellt:



    Folgendes fällt daran auf:
    1. Was im offiziellen „Sozialbudget“ der Bundesregierungen auftaucht, ist mit allen möglichen Leistungen aufgebläht, die wir niemals unter „Sozialleistungen“ rechnen würden.
    Fangen wir oben an: Steuern, auf die der Staat z.B. durch Ehegattensplitting verzichtet, werden hier als „Sozialleistung“ aufgeführt. Da wird als „Leistung“ gerechnet, dass das Finanzamt nicht einen noch höheren Steuerbescheid ausstellt. Das ist Bürokratenlogik.
    Alle Maßnahmen der „Familienförderung“ tauchen hier als „Sozialleistung“ auf, darunter die „Küchenprämie“, die Mütter bekommen, die ihre Kinder nicht in den Hort schicken. Unterstützungszahlungen an Landwirte und Beamte werden hier ebenso eingerechnet wie Kriegsopferentschädigungen.
    Überflüssigerweise tauchen im regierungsamtlichen Sozialbudget auch die Betriebsrenten auf, die ohne Einschaltung des Staates auf Unternehmensebene zwischen Kapital und Lohnarbeit vereinbart werden.


    2. Die Regierungsstatistik rechnete im Jahr 2008 rund 755 Mrd. Euro zum „Sozialbudget“ (Wenn diese Zahl um Doppelzählungen etc konsolidiert wird, bleiben noch 723,4 Mrd Euro).
    Vorsichtig gerechnet, kommt man vielleicht auf 550 Mrd. Euro Sozialleistungen im Jahr - immer noch eine beträchtliche Summe. Wer trägt zu dieser Summe bei?


    3. Betrachten wir die Einnahmenseite:
    Die gesetzlichen Sozialabgaben der Lohnarbeiter machten 2008 153,6 Mrd. Euro. Dazu kommen noch 162,9 Mrd durch die Arbeitgeberbeiträge. Macht zusammen 316,5 Mrd Euro.
    Hinzu kommen freiwillige Versicherungsbeiträge der Lohnarbeiter von 6,1 Mrd. und (mehr oder minder) freiwillige Versicherungskosten der Kapitalisten auf Betriebsebene (Beiträge zur Unfallversicherung und zu den Betriebsrenten etc.) von 69,8 Mrd. Euro. Damit liegen wir bei knapp 400 Mrd Euro, die aus Versicherungsbeiträgen des Lohns finanziert werden. Denn selbstverständlich und völlig zu Recht buchen die Kapitalisten ihre Arbeitgeberbeiträge für die Sozialkassen und betrieblichen Rentenkassen zu den Lohnkosten. Die Sozialleistungen werden zu rund drei Viertel aus Versicherungsbeiträgen finanziert.
    Rechnen wir noch die Lohnsteuern hinzu, dann wird das (bereinigte) Sozialbudget zu mehr als 100 Prozent aus dem Lohn finanziert.


    4. Und wer bezahlt den Lohn? Natürlich die Kapitalisten. In seiner Kritik der politischen Ökonomie des Kapitals schildert Marx wie sich „Geldbesitzer“ und „Arbeitskraftbesitzer“ auf dem Arbeitsmarkt gegenüberstehen. Die Kapitalisten zahlen den gesamten Lohn, und damit zahlen sie auch alle Abgaben und alle Steuern, die aus dem Lohn bezahlt werden.
    Soweit die Lohnarbeiter Ausgaben aus dem Nettolohn bestreiten, kann man sagen: Das bezahlen die Lohnarbeiter selbst. Aber die Bruttobestandteile des Lohns bekommen sie gar nicht in die Hände. Die Lohnarbeiter haben weder Einfluss darauf, wie hoch diese Lohnbestandteile sind, noch haben sie Einfluss darauf, was damit gemacht wird. Deshalb ist es falsch, zu denken, die Lohnarbeiter würden den Sozialstaat finanzieren. Der Sozialstaat wird von den Kapitalisten finanziert. Der Sozialstaat ist eine kapitalistische Einrichtung. Das ist die ungeschminkte Wahrheit, die nicht allen Linken schmecken wird. Diese Wahrheit wird vor allem den Linken nicht schmecken, die bei allem und jedem fordern: „Die Kapitalisten sollen zahlen!“ Wer von den Kapitalisten etwas fordert, das sie tagtäglich tun, dessen Kapitalismuskritik ist nichts wert.
    Die liberale Alternative zum Sozialstaat würde für die Kapitalisten bedeuten, dass sie in jedem individuellen Lohn auch alle individuelle Risikovorsorge zahlen müssten, die die Lohnabhängigen dann individuell ansparen. So waren die Verhältnisse im 19. Jahrhundert. Das kam für die Kapitalisten vergleichsweise teurer als die moderne staatliche Zwangsversicherung. Und das ließ Raum für selbstverwaltete Kassen der Arbeiterbewegung. Siehe dazu: Die Sozialstaatslüge.


    5. Der Ruf nach dem Staat ist auf den ersten Blick die einfachste und bequemste Lösung für alle Probleme, die der Kapitalismus verursacht. Die Aussage: „Der Staat muss dafür sorgen, dass man auch bei Krankheit, Not, Arbeitslosigkeit und im Alter ein gutes Auskommen hat“, wird von gut 90 Prozent der deutschen Bevölkerung unterstützt.
    Wenn der Staat nicht für Sozialleistungen sorgt? Wer dann? Scheinbar ist der Sozialstaat im Kapitalismus alternativlos.


    Ich persönlich und die Initiatoren des „Bochumer Programms“ halten weder den Sozialstaat noch den Kapitalismus für alternativlos. Was die Sozialleistungen betrifft, sind wir für die wirkliche Selbstverwaltung der Sozialversicherungskassen auf kommunaler Ebene. Das kostet uns sicherlich mehr Engagement als wenn wir die Verwaltung der Sozialkassen an Staatsdiener abschieben. Aber nur bei einer wirklichen Selbstverwaltung der Versicherungskassen hätten wir Versicherte dann auch wirklichen Einfluss bei der Höhe und der Vergabe der Leistungen und wären die bürokratischen Schikanen los.


    Gruß Wal Buchenberg

  • Krim hat dazu folgendes geschieben:
    1. Huh, die Kapitalisten zahlen den Lohn. Das heißt eigentlich müssen sie ihn zahlen, damit Arbeiter den ganzen Neuwert schaffen, womit dann der ganze Produktionsprozess reproduziert wird, auch der Lohn und der Mehrwert. Die Kapitalisten zahlen vielleicht den Lohn, aber schaffen tun alles die Arbeiter. 2. Wenn es Lohn ist, den die Arbeiter zahlen, dann gehört der ja wohl danach den Arbeitern, dafür haben sie ja schließlich ihre Arbeitskraft betätigen müssen. Also zahlen nicht die Kapitalisten die Sozialausgaben, sondern die Arbeiterklasse. Da könnte man ja auch sagen, dass Aldi, Netto und Lidl eine Volksversorgungseinrichtung wäre, weil die Lebensmittel aus ihren Läden kommen. Dabei unterschlägt man kurzerhand, dass man diese vorher kaufen muss. So gesehen leben die Arbeiter im Paradies. Die Kapitalisten zahlen für Krankheit und Alter und Aldi und co. sorgt für das leibliche Wohl.


    „Das käme die Kapitalisten insgesamt teurer als unsere gesetzliche Zwangsversicherung.“ Und Gott bewahre, dass dieser Fall eintritt. Man könnte an dieser Stelle, dann ja mal einen kleinen Schluss wagen. Was ist der Sozialstaat dann? Er ist die kostengünstige Art und Weise den zum Proletariat gehörenden Teil der Nicht- und Nichtmehrarbeiter zu verwalten. Aber soweit kommt Wal gar nicht, weil ihn die Konsequenz, dass private Altersvorsorge teurer fürs Kapital wäre, erschreckt.


    „Wenn der Staat nicht für Sozialleistungen sorgt?“ Ich dachte die Kapitalisten zahlen eigentlich. Jetzt „sorgt“ plötzlich der Staat für die Arbeiterklasse, indem er sie zu Abgaben vom Lohn zwingt.


    „Ich persönlich und die Initiatoren des „Bochumer Programms“ halten weder den Sozialstaat noch den Kapitalismus für alternativlos.“ Aber ob die Alternativen besser sind, da ist sich Wal offenbar nicht mehr so sicher. Deshalb muss er auch extra betonen, dass er sich eine Welt ohne Kapitalismus und Sozialstaat zwar schon noch vorstellen kann – aber schwer.

  • Krim hat dazu folgendes geschieben:
    1. Huh, die Kapitalisten zahlen den Lohn. Das heißt eigentlich müssen sie ihn zahlen, damit Arbeiter den ganzen Neuwert schaffen, womit dann der ganze Produktionsprozess reproduziert wird, auch der Lohn und der Mehrwert. Die Kapitalisten zahlen vielleicht den Lohn, aber schaffen tun alles die Arbeiter.


    Hallo Neoprene,
    du scheinst tatsächlich zu meinen, dass ich das nicht weiß. Ja, die (produktiven) Lohnarbeiter schaffen (fast) den gesellschaftlichen Reichtum (ein bisschen tragen auch die selbstwirtschaftenden Kleineigentümer bei). Aber gesteuert und in Gang gehalten wird dieser Produktionsprozess durch die Kapitalisten. Sie strecken das Geld vor, mit dem dieser Prozess gestartet wird. In Geld gerechnet verläuft dieser Kreislauf nach dem Muster G - W (Arbeitskraft+Prod.mittel) .... P .... G' - W'. Die Lohnarbeiter funktionieren nur innerhalb dieses Kreislaufs. Nicht umsonst nennen wir die Kapitalisten auch "Herrschende Klasse". Bis hierhin sind wir wohl einer Meinung oder nicht? Von nun an beginnen unsere Differenzen:


    2. Wenn es Lohn ist, den die Arbeiter zahlen, dann gehört der ja wohl danach den Arbeitern, dafür haben sie ja schließlich ihre Arbeitskraft betätigen müssen. Also zahlen nicht die Kapitalisten die Sozialausgaben, sondern die Arbeiterklasse. Da könnte man ja auch sagen, dass Aldi, Netto und Lidl eine Volksversorgungseinrichtung wäre, weil die Lebensmittel aus ihren Läden kommen. Dabei unterschlägt man kurzerhand, dass man diese vorher kaufen muss. So gesehen leben die Arbeiter im Paradies. Die Kapitalisten zahlen für Krankheit und Alter und Aldi und co. sorgt für das leibliche Wohl.



    Vielleicht hast du nicht bemerkt, dass in meiner Grafik vom Nettolohn gar nicht die Rede ist. Ja, der Nettolohn "gehört wohl den Arbeitern, dafür haben sie ja schließlich ihre Arbeitskraft betätigen müssen." In der Grafik wird aber gezeigt, dass die Sozialausgaben keineswegs vom Nettolohn bezahlt werden, sondern von den Bruttobestandteilen des Lohns. Die werden - wie der Nettolohn - von den Kapitalisten gezahlt, und die gehören nicht den aktiven Lohnarbeitern. Die sehen davon keinen Cent, sondern nur eine Zahl auf der Entgeltabrechnung. "Soweit die Lohnarbeiter Ausgaben aus dem Nettolohn bestreiten, kann man sagen: Das bezahlen die Lohnarbeiter selbst. Aber die Bruttobestandteile des Lohns bekommen sie gar nicht in die Hände. Die Lohnarbeiter haben weder Einfluss darauf, wie hoch diese Lohnbestandteile sind, noch haben sie Einfluss darauf, was damit gemacht wird. Deshalb ist es falsch, zu denken, die Lohnarbeiter würden den Sozialstaat finanzieren. Der Sozialstaat wird von den Kapitalisten finanziert. Der Sozialstaat ist eine kapitalistische Einrichtung. Ja, das ist die These meines Textes, dass die Kapitalisten auch für Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter der Lohnarbeit bezahlen. Sie zahlen die Abgaben für die Sozialversicherungskassen, aber sie zahlen sie nicht an die Lohnarbeiter aus, sondern direkt an das Staatspersonal, das diese Gelder verwaltet und verteilt. Das ruft bei dir ein "Huh" hervor.
    Die Kapitalisten sind die Geldbesitzer. Sie zahlen den Nettolohn für die Reproduktion der aktiven Lohnarbeiter und sie zahlen den Bruttobestandteil des Lohns für die inaktiven Lohnarbeiter. Und rechnen beides zu ihren Lohnkosten. Dass sie das aus Mitleid tun, wird hier nirgends behauptet. Dass sie ausreichend bezahlen, wird ebenfalls nicht behauptet.



    „Das käme die Kapitalisten insgesamt teurer als unsere gesetzliche Zwangsversicherung.“ Und Gott bewahre, dass dieser Fall eintritt. Man könnte an dieser Stelle, dann ja mal einen kleinen Schluss wagen. Was ist der Sozialstaat dann? Er ist die kostengünstige Art und Weise den zum Proletariat gehörenden Teil der Nicht- und Nichtmehrarbeiter zu verwalten.


    Ja, so könnte man das sagen: Der Sozialstaat ist die kostengünstigste Art für die Kapitalisten für die Existenz der Lohnabhängigen einschließlich der Alten, Kranken und Arbeitslosen aufzukommen. Diese These in Kurzform wird ein einem historischen Rückblick auf die Entwicklung des Sozialstaats näher beleuchtet: Die Sozialstaatslüge.


    Aber soweit kommt Wal gar nicht, weil ihn die Konsequenz, dass private Altersvorsorge teurer fürs Kapital wäre, erschreckt.


    Das ist kompletter Nonsense, den du dir aus den Fingern saugst.


    „Wenn der Staat nicht für Sozialleistungen sorgt?“ Ich dachte die Kapitalisten zahlen eigentlich. Jetzt „sorgt“ plötzlich der Staat für die Arbeiterklasse, indem er sie zu Abgaben vom Lohn zwingt.




    Bitte etwas genauer lesen: Der Hinweis auf den Staat stammt aus einer bürgerlichen Meinungsumfrage.





    „Ich persönlich und die Initiatoren des „Bochumer Programms“ halten weder den Sozialstaat noch den Kapitalismus für alternativlos.“ Aber ob die Alternativen besser sind, da ist sich Wal offenbar nicht mehr so sicher.




    Blödsinn!






    Deshalb muss er auch extra betonen, dass er sich eine Welt ohne Kapitalismus und Sozialstaat zwar schon noch vorstellen kann – aber schwer.


    Und nochmals Blödsinn!


    Mir scheint, wenn du knapp mit Argumenten bist, greifst du zu fadenscheinigen Unterstellungen und zu Polemik, die an Verleumdung grenzt. :thumbdown:
    Gruß Wal

  • Wal, eh du loslegst in deinem mißverstandenem Ärger, solltest du wenigstens die Polemik gegen dich als solche zur Kenntnis nehmen. Dann wäre dir aufgefallen, daß ich "nur" einen Kommentar von einem Dritten, nämlich Krim, den der auf meinem Blog geschrieben hat, weil er wahrscheinlich keinen Account bei eurem Forum hat, hier rüber kopiert habe. So wie ich davon ausgehe, daß du bei so einem wie mir eh keinen Kommentar setzen würdest. (In dieser Hinsicht nehmt ihr beide euch ja nicht viel, wie ich von euch beiden schon hinreichend mitgekriegt habe im Lauf der Zeit.)


    Daß ich im übrigen den Tenor von Krim teile, und das Zitat deshalb überhaupt bei mir gepostet habe, will ich gar nicht verhehlen. Aber, halte uns beide bitte sauber auseinander, so naturidentisch in den politischen Auffassungen sind wir nämlich auch nicht, auch wenn das von deiner politischen Warte aus betrachtet vielleicht nicht ins Gewicht fällt.

  • wal, es handelt sich hier nicht um einen text von neoprene selbst (auch wenn er den Inhalt teilen mag), sondern um einen Beitrag von Krim in seinem Blog.


    Gruß Kim


    p.s. löschen klappt nicht - hat sich inzwischen ja erledigt

  • Hallo Neoprene,
    ja, ich habe mich über den Tonfall geärgert, der hier unüblich ist. Hab ich das was missverstanden? Nein.
    Aber entschuldige, dass ich nicht die Aliase von allen Internetforen kenne. Du hättest das genauer kennzeichnen können und wenn es dir um sachliche Auseinandersetzung geht, hättest du die unsachlichen Unterstellungen besser rausgelöscht.
    Was an der Kritik von Krim und dir sachlich war, habe ich auch sachlich beantwortet.
    Gruß Wal



    Wal, eh du loslegst in deinem mißverstandenem Ärger, solltest du wenigstens die Polemik gegen dich als solche zur Kenntnis nehmen. Dann wäre dir aufgefallen, daß ich "nur" einen Kommentar von einem Dritten, nämlich Krim, den der auf meinem Blog geschrieben hat, weil er wahrscheinlich keinen Account bei eurem Forum hat, hier rüber kopiert habe. So wie ich davon ausgehe, daß du bei so einem wie mir eh keinen Kommentar setzen würdest. (In dieser Hinsicht nehmt ihr beide euch ja nicht viel, wie ich von euch beiden schon hinreichend mitgekriegt habe im Lauf der Zeit.)


    Daß ich im übrigen den Tenor von Krim teile, und das Zitat deshalb überhaupt bei mir gepostet habe, will ich gar nicht verhehlen. Aber, halte uns beide bitte sauber auseinander, so naturidentisch in den politischen Auffassungen sind wir nämlich auch nicht, auch wenn das von deiner politischen Warte aus betrachtet vielleicht nicht ins Gewicht fällt.

  • Ach Wal, ja der "Tonfall" des Kommentars war wie üblich eben der von Krim, wenn der sich Positionen vornimmt, die eher recht weit weg sind von den seinen. Aber, und das scheint mir das Wichtigere dabei zu sein, es ging ihm ja auch um recht ernsthafte programmatische Differenzen.
    Du hättest übrigens überhaupt nicht "die Aliase von allen Internetforen" kennen müssen, sondern einfach nur meinen Beitrag von Anfang an runterlesen müssen. Und als Luxusugabe, hättest du ja ruhig auch mal auf meinen Blog schauen können. Immerhin kannst du da ab und zu sogar Sachen von deinen hiesigen Mitmoderatorinnen lesen. Und natürlich auch sonst. Soviele andere Internetforen gibt es ja nun wirklich nicht. Jedenfalls kenne ich keine, und freue mich für jeden Hinweis. Wie du hier siehst, kannst du ja auch von mir sehr wohl Sachen auch außerhalb meiner popeligen Blogwelt lesen.

  • Du hättest übrigens überhaupt nicht "die Aliase von allen Internetforen" kennen müssen, sondern einfach nur meinen Beitrag von Anfang an runterlesen müssen. Und als Luxusugabe, hättest du ja ruhig auch mal auf meinen Blog schauen können. Immerhin kannst du da ab und zu sogar Sachen von deinen hiesiegen Mitmoderatorinnen lesen. Und natürlich auch sonst. Soviele andere Internetforen gibt es ja nun wirklich nicht. Jedenfalls kenne ich keine, und freue mich für jeden Hinweis. Wie du hier siehst, kannst du ja auch von mir sehr wohl Sachen auch außerhalb meiner popeligen Blogwelt lesen.


    Hallo Neoprene,
    Ja, es gibt im Internet Platz für mehrere linke Foren. Wenn Leute aus dem Marx-Forum für mehr Leben (und mehr Sachlichkeit!) bei dir sorgen, sei dir das gegönnt. Ich habe jedoch genug hier zu tun.
    Gruß Wal

  • Zitat von »Neoprene«

    ... einfach nur meinen Beitrag von Anfang an runterlesen müssen.
    dieser Hinweis auf "Krim" ist so popelig klein geschrieben, das habe ich auch nicht sofort gesehen. Erst nach deinem 2. Posting.


    Ich erwarte hier ein Mindestmaß an Ernsthaftigkeit. Renée, willst du ernsthaft behaupten, daß du Beiträge so oberflächlich oder funktional legasthenisch liest, daß dir mein sogar in einem anderen Font gehaltener Eingangssatz nicht aufgefallen sein will. Was überliest du denn sonst noch gerne?? Dann scheint es dir gar nicht darum zu gehen, was andere hier zu sagen haben, sondern in erster Linie darum, ob das dir in dein Postingprogramm paßt. Solche interessierte Ignoranz ist leider heutzutage allenthalben, und auch auf der Linken grassierendes Ärgernis.

  • Neoprene : Abgesehen, daß auch Du das Posting an renée anders hättest formulieren können, suchst Du Dir doch auch aus, was Dich so interessiert, daß Du Dich in eine Diskussion einmischt, an ihr beteiligst oder nicht.
    ... und auch da dann mit dem Aspekt, der daran Dein (möglicherweise nur in diesem Moment) besonderes Interesse geweckt hat.
    Ist auch gut so.
    ... und nicht nur deshalb, weil ich es ähnlich halte.


    LIebe Grüße - Wat.

  • Wat., ja natürlich steige ich hier wie überall sonst auch mit meinen politischen Interessen ein. Schon die Foren, die ich mir aussuche und konkret die Topics, die ich mir rauspicke. Ich bin kein linker Universalist, der zu allem was zu sagen wüßte oder müßte. Das erwarte ich auch andersrum von anderen nicht. Auf meinem Blog wirst du solche Vorwürfe, jedenfalls von mir, nur ganz selten finden. Was ich aber verlange ist, daß Leute, die sich wiederum auf eine Replik zu mir einlassen, müssen die ja nun wirklich nicht, das dann mit einem Mindestmaß an erst einmal Meta-Ernsthaftigkeit tun. Wenn es das hier nicht geben sollte, dann war das hier schon aus diesem in der Tat vordergründig formellem Grund nichts. Rumgeheule, daß ich mit zu kleiner Schrift schriebe, sind kein Zeichen solcher Ernsthaftigkeit.

  • Ich erwarte hier ein Mindestmaß an Ernsthaftigkeit. ... Was überliest du denn sonst noch gerne?? Dann scheint es dir gar nicht darum zu gehen, was andere hier zu sagen haben, sondern in erster Linie darum, ob das dir in dein Postingprogramm paßt. Solche interessierte Ignoranz ist leider heutzutage allenthalben, und auch auf der Linken grassierendes Ärgernis.


    Hallo Neoprene,
    deine Antwort auf meine Sozialstaatskritik war schon eine ziemliche Frechheit. Statt DEINE Kritik zu formulieren, schobst du einen pöbelhaft formulierten Text vor, mit der zusammenhangslosen und sprachlich verkorksten Einleitung: "Krim hat dazu folgendes geschieben:""
    Ich wusste mit dieser unverständlichen Einleitung nichts anzufangen. Renee wusste damit nichts anzufangen.
    Statt zur Kenntnis zu nehmen, dass dass du mit diesem Text und seiner Einleitung einen Missgriff gemacht hast, verteilst du schlechte Zensuren an Mitdiskutierende und kanzelst sie ab. Das ist ziemlich arrogant und entspricht nicht dem Respekt vor den Menschen, den wir in diesem Forum einfordern.


    Vielleicht fällt ja den Moderatorinnen noch was dazu ein? ?(


    Was die sachliche Kritik angeht, so habe ich einerseits darauf sachlich geantwortet, aber auch meinen Eingangstext noch einmal überarbeitet, damit mögliche Missverständnisse ausgeräumt werden.
    Der geänderte Absatz heißt nun:
    "Soweit die Lohnarbeiter Ausgaben aus dem Nettolohn bestreiten, kann man sagen: Das bezahlen die Lohnarbeiter selbst. Aber die Bruttobestandteile des Lohns bekommen sie gar nicht in die Hände. Die Lohnarbeiter haben weder Einfluss darauf, wie hoch diese Lohnbestandteile sind, noch haben sie Einfluss darauf, was damit gemacht wird. Deshalb ist es falsch, zu denken, die Lohnarbeiter würden den Sozialstaat finanzieren. Der Sozialstaat wird von den Kapitalisten finanziert. Der Sozialstaat ist eine kapitalistische Einrichtung. Das ist die ungeschminkte Wahrheit, die nicht allen Linken schmecken wird. Diese Wahrheit wird vor allem den Linken nicht schmecken, die bei allem und jedem fordern: „Die Kapitalisten sollen zahlen!“ Wer von den Kapitalisten etwas fordert, das sie tagtäglich tun, dessen Kapitalismuskritik ist nichts wert.
    Die liberale Alternative zum Sozialstaat würde für die Kapitalisten bedeuten, dass sie in jedem individuellen Lohn auch alle individuelle Risikovorsorge zahlen müssten, die die Lohnabhängigen dann individuell ansparen. So waren die Verhältnisse im 19. Jahrhundert. Das kam für die Kapitalisten vergleichsweise teurer als die moderne staatliche Zwangsversicherung. Und das ließ Raum für selbstverwaltete Kassen der Arbeiterbewegung. Siehe dazu: Die Sozialstaatslüge."


    Gruß Wal

  • Ich habe mir einfach nicht vorstellen können, daß du solch ein fokussierter Mensch bist (um mal keine "frechen" "Pöbeleien" zu benutzen), daß du in all den Jahren, wo "Krim" einer der profiliertesten Schreiber der linksradikalen Bloggerszene (in, um und in Widerspruch zum GegenStandpunkt-Umfeld im weiteren Sinne) gewesen ist, noch nie über den (oder gar über meinen Blog!!) gestolpert bist. Insofern war meine Kurzform für das vollständige "Krim, einer der Hauptkommentatoren auf meinem Blog, link ist wie immer unten angeführt, hat dort folgende Kritik vorgebracht (wieder einen link gesetzt)".


    Ich habe mit diesem sehr engen Internet-Horozont, den du da als Begründung angeführt hast, schon deshalb nicht gerechnet, weil ja mehrere deiner Mitmoderatoren nicht nur meinen Blog auch lesen, das tun ja jeden Tag ein paar Hundert andere auch, sondern ab und zu auch an Diskussionen teilnehmen, sie wie franziska erst jüngst ja sogar mitprägen (und dort in eifrigem ernsthaftem Disput unter anderem mit Krim). Und natürlich vor allem, weil die Fragen, die dort diskutiert werden, zum Teil ja auch hier verhandelt werden (sollen).

  • Hallo Neoprene,
    ich nehme das für mich als hinreichende Erklärung.
    Allerdings bin ich nicht der Einzige, der im Karl-Marx-Forum deine Beiträge liest. Ich hoffe daher, dass auch Renee über ihren berechtigten Ärger hinwegfindet.


    Dann können wir uns vielleicht wieder mit Sachthemen befassen. :)


    Gruß Wal

  • Wie verlinke ich denn einen Kommentar hier anderswo im Netz?


    Hallo Neoprene,
    Wenn du den Antwortbutton öffnest, dann öffnet sich das Beitragsformular.


    Dieses Formular hat zwei Oberflächen: "Editor" und "Quellcode".
    Sowie du in "Editor" einen Text markierst, wird der Verlinkungs-Button (mit der Kette) aktiviert. Dort anklicken und den Link-URL eingeben.


    Was du nicht im "Editor" verlinken kannst, kannst du von Hand in "Quellcode" verlinken.
    Wem das als Auskunft nicht ausreicht: Wat. ist hier die Fachfrau (und Admin) für das Software-Programm. Musst du bei ihr anfragen.


    Gruß Wal

  • Wie verlinke ich denn einen Kommentar hier anderswo im Netz?


    Hallo Neoprene


    Wal hat Dir schon eine Variante genannt, eine andere ist folgende:


    Gehe einfach über den Nick des Posters schnell in dessen Profil, dort sind seine einzelnen Beiträge aufgelistet.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Krims Antwort auf meinem Blog (http://neoprene.blogsport.de/2…-aber-auch/#comment-91837)auf den letzten Beitrag von Wal hier:


    Quote

    "Vielleicht hast du nicht bemerkt, dass in meiner Grafik vom Nettolohn gar nicht die Rede ist."


    Und vielleicht hast du bemerkt, dass auch in meiner Kritik nicht vom Nettolohn die Rede ist, sondern vom Lohn und der ist begrifflich bestimmt als der Wert, der notwendig ist, um die Arbeitskraft zu reproduzieren, aber nicht die individuelle, sondern im gesellschaftlichen Durchschnitt, sodass der gesellschaftliche Gesamtlohn bestimmt ist als der Wert, der nötig ist, um die Arbeiterklasse als ganzes zu reproduzieren. Zur Arbeiterklasse gehören aber auch Alte und Kranke, die in den Bereich Sozialstaat fallen. Es ist also scheißegal, wer nun die Sozialabgaben wirklich zahlt - vom Nettolohn, vom Bruttolohn, von den Arbeitern von den Kapitalisten - begrifflich sind sie ein Teil des Lohns.


    Zweitens gehört auch der Bruttolohnteil den Lohnarbeitern. Der Staat schreibt dem Proletariat nur seine Verwendung für Sozialausgaben vor. Das macht er deshalb, weil der Lohn zu niedrig ist, als daß die Lohnabhängigen das selbst auf freiwilliger Basis tun. Außerdem kann er die Klasse so kostengünstig zusammenfassen.


    Quote

    "Die sehen davon keinen Cent, sondern nur eine Zahl auf der Entgeltabrechnung."

    Natürlich sehen sie die Euros und Cents. Erstens wie du sagtest als Zahl auf der Gehaltsabrechnung. Zweitens in Form von Sozialleistungen. Arbeitslosengeld, Rente, Arztrechnungen, Medikamenten - das ist das Geld der Arbeiterklasse und nicht das Geld des Staates.


    Quote

    "Die Lohnarbeiter haben weder Einfluss darauf, wie hoch diese Lohnbestandteile sind, noch haben sie Einfluss darauf, was damit gemacht wird. Deshalb ist es falsch, zu denken, die Lohnarbeiter würden den Sozialstaat finanzieren."

    Das Argument ist ja lächerlich. Fällt dir das beim Staat auch ein? Er würde nicht von den Bürgern finanziert, weil die Bürger keinen Einfluss auf den Haushalt haben? Und woher kommt dann das Geld? Fällt das aus den Wolken? Natürlich finanzieren die Lohnarbeiter den Sozialstaat und dass sie keinen Einfluss drauf haben ist sachgerecht, weil der Abzug vom Lohn, der für den Sozialstaat nötig ist, nur gegen ihren Willen geltend gemacht werden kann. Das liegt an der Niedrigkeit der Löhne, die nicht ausreichen, um neben den lebensnotwendigen Ausgaben freiwillig Vorsorge zu leisten. Es bleibt schlicht nicht genug über. (Weswegen es eigentlich ein Frechheit ist, wenn der Staat die Mitverantwortung bei der Altersvorsorge in jüngster Zeit wieder ans Proletariat zurückgibt. Ich erinnere mich da an einen Werbespot (Versicherung hab ich vergessen) wo Mütter sich um die Altersvorsorge ihrer Kinder sorgen. Da sagt die Mutter vom Riesenbildschirm des Stadions zu ihrem Sohn: "Da leistest du dir eine Dose Haarspray weniger, dann klappt das mit der Altersvorsorge." Wahrscheinlich merken die noch nicht mal, wie zynisch das ist. Als könnte man sich mit den Ausgaben für Haarspray eine Altersvorsorge aufbauen.)


    Quote

    "Der Sozialstaat wird von den Kapitalisten finanziert."

    So gesehen finanziert der Kapitalist auch die Reproduktion des Arbeiters, letztlich auch den Staat. Und jetzt hoch die Tassen und ein Loblied auf's Kapital angestimmt, von dem wir alle leben. Nein, im Ernst. Der Sozialstaat wird nicht von den Kapitalisten finanziert, sondern vom Proletariat. Die Kapitalisten zahlen alles ganz normal als Lohn. Den ganzen Lohn inklusive der Reproduktionskosten der Nichtarbeiter müssen sie zahlen, wenn sie die Arbeitskraft des Arbeiters anwenden wollen. Einem Kapitalisten ist das mit Bruttolohn, Nettolohn, Arbeitgeberanteil, sowieso wurscht. Für ihn ist der Lohn , also die Kost der Arbeitskraft, alles was er wegzahlen muss und das ist der Bruttolohn plus Lohnnebenkosten.


    Quote

    "Sie zahlen den Nettolohn für die Reproduktion der aktiven Lohnarbeiter und sie zahlen den Bruttobestandteil des Lohns für die inaktiven Lohnarbeiter."

    Du scheinst das wirklich ernst zu meinen. Was soll das heißen "sie zahlen"? Wie ist das dann in deiner Welt, bezahlt dann das Proletariat auch die Produktion sämtlicher Kapitalisten im Konsumtionsmittelbereich, weil sie ihre Produkte kaufen. Und der Staat bezahlt dann wohl die Produktion der Waffenkapitalisten, weil er ihre Produkte kauft. Allgemein läuft das auf die Behauptung raus, der Käufer sei in Wirklichkeit der Finanzier und Herr des Kapitals.


    Wenn du bloß sagen wolltest, dass die Sozialausgaben, weil sie zu den Reproduktionskosten der Arbeiterklasse gehören, den Wert der Arbeitskraft mitbestimmen, dann bräuchten wir diese Diskussion nicht führen und darum geht es dir ja wohl auch nicht, sondern darum zu betonen, dass der Sozialstaat eine Leistung der Kapitalisten sei. Und diese Behauptung ist eine Ideologie und eine Frechheit obendrein.

  • Ansonsten ist das ein Hin- und Hergeschreibe über das Wort "Bezahlen".
    Da bezahlen die Lohnarbeiter erstens indem sie Geld für Ware geben - zum Beispiel wenn Lohnarbeiter ihren Lohn für ihre Lebens- und Existensmittel ausgeben, tauschen sie G - W. Übrigens bekommen die Kapitalisten die erst Geld ausgeben und Sachanlagen und Arbeitskraft (Lohn) zu bezahlen um damit Waren produzieren lassen, auf diesem Weg ihr für Lohn bezahltes Geld von den Lohnarbeitern wieder zurück.


    So ein "Bezahlen" ist ein Kauf auf der Basis eines Kaufvertrages. Da gibt ein Geldbesitzer aus freien Stücken eine Geldsumme her, um Eigentümer einer Ware oder Dienstleistung von gleichem Wert zu werden. Das nennt ein Jeder "bezahlen".


    Dann wird zweitens behauptet, die (aktiven) Lohnarbeiter "bezahlen" auch, wenn die Kapitalisten eine Ziffer auf den Lohnzettel drucken, die Geldsumme an den Staat überweisen, und die Staatsbürokraten mit diesem Geld mehr oder minder nach eigenem Ermessen tun, was sie wollen.
    Diese Logik erschließt sich mir nicht. Da wird die deutsche Sprache vergewaltigt, damit sie ins linke Weltbild passt.
    Weder sind die aktiven Lohnarbeiter zu Beginn an diesem "Kauf" willentlich beteiligt, noch haben sie einen Einfluss, was mit dem "Gekauften" geschieht. Sie werden also nicht "Eigentümer der Sache". Als Eigentümer einer Sache hat man die Verfügungsgewalt über die Sache. Die Lohnarbeiter haben aber keine Verfügungsgewalt über die Sozialkassen. Sie sind also nicht die "Eigentümer" dieser Sache.


    Dass drittens die Lohnarbeiter sowieso allen Reichtum produzieren, spielt in dieser Diskussion keine Rolle, weil die Lohnarbeiter eben keine Verfügungsgewalt über das haben, was sie produzieren. Die Lohnarbeiter produzieren den Reichtum für Andere, nicht für sich. Ja, die Lohnarbeiter bekommen einen Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums als "Lohn" wieder zurück. Aber diese Lohnsumme halten die Kapitalisten knapp und die Aufspaltung der Lohnsumme in den Nettolohn (über den die Lohnarbeiter selbst verfügen) und in die Bruttolohnbestandteile, über die die Lohnarbeiter nicht selbst verfügen können, trägt erstens dazu bei, dass die gesamte Lohnsumme möglichst knapp bleibt und trägt zweitens zur direkten Machtausübung der Herrschenden über große Teile der Lohnabhängigen bei.


    Der Kritiker meint, ich "beschönige" den Kapitalismus, indem ich von den Kapitalisten behaupte, dass sie durch Finanzierung des Sozialstaates etwas "Nützliches" tun.
    Ich behaupte, der Kritiker hat den Kapitalismus nicht richtig verstanden, wenn er unterstellt, dass die Kapitalisten überhaupt nichts "Nützliches" tun könnten. Nicht alles, was Kapitalisten tun und zahlen, dient unmittelbar und direkt dem Profit. Der gesamte Unterdrückungsapparat (Militär, Polizei, Gerichte, Gefängnisse) dient nicht dem Profit, sondern sind unprofitabel Kosten, die dem Machterhalt dienen.
    So dienen auch die Sozialausgaben teils dem Erhalt der Macht und teils der Reproduktion der Lohnarbeiterklasse.


    Wo immer Kapitalisten für etwas zahlen, zahlen sie nur das Minimum und sichern sich (und ihren staatlichen Handlangern) gleichzeitig die volle Kontrolle. Die Kapitalisten geben für den Sozialstaat vielleicht etwas Geld aus der Hand, aber nicht die Macht. Und dass es beim Sozialstaat nicht nur um Geld geht, sondern auch und vor allem um Machtausübung, das war der Ausgangspunkt meiner Kritik.


    Gruß Wal


    P.S. Lieber Neoprene,
    jetzt lass bitte gut sein mit dem Hin- und Hergeschiebe von Texten. Jeder kann sich zum Diskutieren hier anmelden, aber nicht umsonst haben wir
    "Regeln für Teilnehmer" in diesem Forum, die jeder akzeptieren muss, der hier mitdiskutiert. Du aber hebelst diese Regeln aus, indem du jemand mitdiskutieren lässt, der hier nicht angemeldet ist.
    Du kannst deine Kritik auch selbst formulieren und brauchst dich nicht hinter einem fremden Rücken verstecken.
    Im Klartext: Ich antworte nicht mehr auf fremde Postings, die du von anderen hier reinstellst. Notfalls bitte ich die Moderatorinnen so ein fremdes Posting zu löschen.

  • Hallo Leute,


    wer in Google die Begriffe "Sozialabgaben schuldig" eintippt, bekommt über 100.000 Treffer, wo Kapitalisten ihrer gesetzlichen Pflicht, Sozialabgaben für ihre Lohnarbeiter zu bezahlen, nicht nachgekommen sind.
    Kein einziger Treffer ist dabei, wo ein Lohnarbeiter gemahnt oder bestraft wurde, weil er keine Sozialabgaben bezahlt hätte.


    Eine ganz andere Sicht bekommt man allerdings, wenn man bei Google eintippt: "Sozialabgaben bezahlen". Da bekommt man (fast) nur Treffer aus bürgerlichen Zeitungen, wo die Journalisten darüber schreiben, dass die Lohnarbeiter Sozialabgaben bezahlen und wie viel sie bezahlen.
    Ich stelle fest: Kapitalisten und alle für Eigentumsfragen zuständigen Gerichte gehen davon aus, dass die Kapitalisten (Unternehmer) die Sozialabgaben zahlen (müssen).
    Nur Journalisten und Linke sehen das anders - so scheint es mindestens nach der Diskussion hier. :thumbdown:


    Die Rechtslage ist allerdings eindeutig: Ein Kapitalist haftet für die Zahlung der Sozialabgaben. Er ist der "Beitragsschuldner":
    "Die Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist – wenn sie vorsätzlich erfolgt - eine Straftat (§ 266a StGB). Das Gesetz sieht als Rechtsfolge für den Arbeitgeber eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder empfindliche Geldstrafen vor.
    Der Arbeitgeber haftet nicht nur für die richtige Berechnung, sondern auch für die Abführung der Beiträge zur Sozialversicherung (§ 28e SGB IV). Denn bei pflichtversicherten Arbeitnehmern ist allein der Arbeitgeber gegenüber den Einzugsstellen Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, also der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile. Auch für die Pauschalbeiträge für der versicherungsfreien geringfügig entlohnt Beschäftigten ist der Arbeitgeber alleiniger Beitragsschuldner!"


    Gruß Wal


    Nachtrag zum Nachtrag (18.10.):



    Wer unter den Lohnarbeitern wie unter Linken den Sozialstaat als „sein Eigen“ ansieht, für das er bezahlt, auf das er vertraut, auf das er sich verlässt, der „übersieht“ (ignoriert) den kapitalistischen Charakter des Sozialstaats und verhält sich – wie franziska es in ihrem Blog ausgedrückt hatte - , als wäre unserer gesellschaftliche Zustand schon „kommunalistisch“.

  • Hallo,
    bei der Lektüre der eben erschienenen Hitlerbiografie von V. Ullrich stieß ich auch die Gründe für den Zusammenbruch der Großen Koalition von SPD und DVP 1930. Bei Ullrich heißt es:
    "Der Anlass war ein vergleichsweise geringfügiger: die Anhebung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 3,5 auf 4 Prozent, die von der SPD gewollt, von der DVP aber abgelehnt wurde. In diesem Streit ging es aber um mehr, nämlich um eine Richtungsentscheidung darüber, wer in erster Linie für die Folgen der Krise aufkommen sollte. Die DVP, die großindustrielle Interessen vertrat, war ...."

    Anderswo heißt es zu dem Konflikt:
    "Zu dramatischen finanziellen Engpässen kam es, als die
    Arbeitslosigkeit aufgrund der Weltwirtschaftskrise im Februar 1930 die Fünf-Millionen-Grenze überschritt. Trotz notwendiger Sanierung der hochverschuldeten Reichsanstalt beharrte die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) auf der Aufrechterhaltung der sozialpolitischen Verpflichtungen des Reichs. Zur Lösung des Finanzproblems schlug die SPD eine Erhöhung der Beitragssätze um einen halben Prozentpunkt vor. Ihr Koalitionspartner, die arbeitgeberfreundliche Deutsche Volkspartei (DVP), lehnte dagegen Beitragserhöhungen mit Hinweis auf die ohnehin hohen finanziellen Belastungen der Unternehmer kategorisch ab. Die DVP verlangte statt dessen ein Finanzierungsprogramm durch sozialen Leistungsabbau, den wiederum die Sozialdemokraten vehement ablehnten. Daraufhin zerbrach Ende März 1930 die Große Koalition unter Reichskanzler Hermann Müller an der gescheiterten Reform der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung."


    Ich halte fest:
    1) Sowohl die Parteiführung der SPD wie der DVP gingen damals davon aus, dass die Unternehmer/Kapitalisten die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu zahlen hatten. Die SPD war wollte, dass die Kapitalisten zur Krisenbewältigung beitragen, die DVP wollte das verhindern.
    2) An diesem Konfliktpunkt zerbrach die letzte Regierungsmehrheit von Weimar. Was dann kam, waren Minderheitsregierungen und dann kam der Hitler.
    3) Die Frage, wer für die Sozialabgaben bezahlt, die Lohnarbeiter oder die Kapitalisten, ist also keineswegs ein Streit um Worte, sondern betrifft eine Kernfrage der Klassenverhältnisse und betrifft die Einschätzung der Machtverhältnisse im Kapitalismus.


    Gruß Wal

  • Es bereitet hoffentlich keine Umstände, wenn ich mich in ein prinzipiell altes, dafür immer noch aktuelles Thema einmische. Du schreibst:

    "Soweit die Lohnarbeiter Ausgaben aus dem Nettolohn bestreiten, kann man sagen: Das bezahlen die Lohnarbeiter selbst. Aber die Bruttobestandteile des Lohns bekommen sie gar nicht in die Hände. Die Lohnarbeiter haben weder Einfluss darauf, wie hoch diese Lohnbestandteile sind, noch haben sie Einfluss darauf, was damit gemacht wird. Deshalb ist es falsch, zu denken, die Lohnarbeiter würden den Sozialstaat finanzieren. Der Sozialstaat wird von den Kapitalisten finanziert. Der Sozialstaat ist eine kapitalistische Einrichtung. Das ist die ungeschminkte Wahrheit, die nicht allen Linken schmecken wird. Diese Wahrheit wird vor allem den Linken nicht schmecken, die bei allem und jedem fordern: „Die Kapitalisten sollen zahlen!“ Wer von den Kapitalisten etwas fordert, das sie tagtäglich tun, dessen Kapitalismuskritik ist nichts wert.

    Nun kann ich deine Argumentation zwar verstehen, dass faktisch die Kapitalisten zahlen. Habe dazu aber zwei Anmerkungen:
    1. Wenn Kosten für Sozialabgaben gesenkt werden sollten, profitiert der Lohnarbeiter doch davon, weil sein Nettogehalt wächst, während sein Bruttogehalt gleich bleibt oder sehe ich das falsch?
    2. Ist die Begrifflichkeit denn so wichtig, dass man die Kritik eines Linken wegen unglücklicher Wortwahl als wertlos abstempeln muss? Ich denke die Forderung dahinter ist einfach nur: Die Kapitalisten sollen mehr zahlen, die Arbeiter sollen mehr kriegen. Nicht viele Leute kommen auf die Idee, dass der Kapitalist die Sozialabgaben bezahlt (du bist der erste, der mir mit der Meinung begegnet), die wenigsten werden also diese Aussage wie du auffassen.

  • Es bereitet hoffentlich keine Umstände, wenn ich mich in ein prinzipiell altes, dafür immer noch aktuelles Thema einmische. Du schreibst:

    Nun kann ich deine Argumentation zwar verstehen, dass faktisch die Kapitalisten zahlen. Habe dazu aber zwei Anmerkungen:1. Wenn Kosten für Sozialabgaben gesenkt werden sollten, profitiert der Lohnarbeiter doch davon, weil sein Nettogehalt wächst, während sein Bruttogehalt gleich bleibt oder sehe ich das falsch?
    2. Ist die Begrifflichkeit denn so wichtig, dass man die Kritik eines Linken wegen unglücklicher Wortwahl als wertlos abstempeln muss? Ich denke die Forderung dahinter ist einfach nur: Die Kapitalisten sollen mehr zahlen, die Arbeiter sollen mehr kriegen. Nicht viele Leute kommen auf die Idee, dass der Kapitalist die Sozialabgaben bezahlt (du bist der erste, der mir mit der Meinung begegnet), die wenigsten werden also diese Aussage wie du auffassen.

    Hallo Alet,
    Zu 1) Diese Frage verstehe ich nicht. Wer außer Kapitalisten will, dass Sozialabgaben gesenkt werden? Das war die alte Parole der FDP: "Mehr Netto vom Brutto". Diese Parole ist infam, weil sie die aktiven Lohnarbeiter gegen den Rest der Lohnabhängigen, die "Sozialschmarotzer", aufbringt. Fakt ist, dass aus dem Nettolohn der Konsum der aktiven Lohnarbeiter bezahlt wird und aus dem Bruttolohnteil (einschließlich Steuer und "Arbeitgeberanteile") wird der Konsum der inaktiven Lohnabhängigen bezahlt.


    Zu 2) Es handelt sich nicht um eine vereinzelte "Kritik eines Linken", sondern um die sehr verbreitete Umverteilungstheorie. Wo immer ein gesellschaftliches Problem gesehen wird, wird als bequeme Lösung eine Umverteilung des Reichtums gefordert.
    "Die Reichen sollen zahlen!".
    Mindestens sollte man unter denkenden Menschen, die ein bisschen Kenntnis vom Kapitalismus haben, erwarten, dass sie auch sagen können, um welche Summen es sich handelt, die die Reichen zahlen sollen. Ich habe noch nie eine linke Kostenkalkulation gesehen. Damit geben sich diese Linken nicht ab. Auch du gibst dich damit zufrieden, wenn du sagst: "Die Kapitalisten sollen mehr zahlen!" Jeder, der sich ernsthaft mit Ökonomie befasst, wird fragen: Wie viel mehr genau und warum genau soviel?


    Die nächste Frage ist: Was können die Kapitalisten eigentlich zahlen? Mit dieser Frage ist derzeit die Syriza-Regierung befasst und in Griechenland erweist sich diese Frage als ziemlich harter Brocken. Linke hier geben sich auch mit dieser Frage nicht ab.


    Das Wirtschaftsinstitut DIW hat für den deutschen Wohnungsmarkt ausgerechnet, dass dort mit einer Profitrate von rund 4 Prozent gewirtschaftet wird. Würde man den Wohnungskapitalisten den gesamten Profit wegnehmen, dann wären die Wohnungen in Deutschland nur um wenige Prozent billiger. Und welcher Aufwand wäre für so einen Raub am kapitalistischen Profit nötig? Auch mit dieser Frage beschäftigen sich Umverteilungslinke nicht.
    Ja, die Kapitalisten verstecken ihre Profite. Aber sie verstecken sie nicht nur vor dem kapitalistischen Finanzamt, sondern auch vor allen linken Umverteilern.


    Die kapitalistische Wirtschaft ist nicht so verfasst, dass ständig große Summen ungenutzt herumliegen, an die eine linke Regierung leicht herankommt.


    Zuletzt und am Wichtigsten: Seit Jahren vertrete ich hier die These, dass der Metropolen-Kapitalismus in einer chronischen Krise steckt. Ablesbar ist das an der sinkenden (Durchschnitts)Profitrate. Die nächste Folge der sinkenden Profitrate ist eine sinkende Investitionsquote.
    Das wiederum verhindert, dass der krisenhafte Kapitalismus sich erholt und aus der Krise herauswächst.
    Die gesamte staatliche Wirtschafts- und Sozialpolitik der letzten 20 Jahre hatte und hat zum Ziel, die kapitalistische Profitrate zu steigern und die Investitionsquote zu heben.
    Unter Linken wird diese Wirtschaftspolitik als "Neoliberalismus" bezeichnet. Und es wird so getan, als sei die neoliberale Politik, die natürlich auf Kosten der Lohnabhängigen geht, willkürlich, unnötig und als könnte "die Politik" leicht darauf verzichten. Das ist alles falsch.
    Die Politik des Neoliberalismus machen unsere Politiker nicht freiwillig, sondern gezwungenermaßen und schweren Herzens. Auch das lässt sich heute in Griechenland studieren. Wo die "Wettbewerbsfähigkeit" gesteigert werden soll/muss, muss jede Regierung eine unsoziale Politik machen, auch die Syriza-Regierung. Wenn eine Regierung aber keine Rücksicht auf die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Kapitalisten nehmen würde, dann würde sie sich automatisch ihre Einnahmequellen untergraben.


    Wenn Linke in dieser chronischen Krise des Kapitalismus einfach daher plappern: Die Kapitalisten sollen für die Krise zahlen!, dann haben sie kein bisschen von dieser Krise verstanden. Die gewerkschaftliche Linke weiß aus Erfahrung: Die Krise schwächt die Kampfkraft der Lohnarbeiter und steigert den Widerstandswillen der Kapitalisten.
    Auch davon haben diese Umverteilungslinken keine Ahnung. Sie formulieren ihre Politik nach leeren Wünschen und nach hohlen Utopien, nicht aus einer konkreten Kritik des Kapitalismus.


    Gruß Wal

  • Quote

    Zu 1) Diese Frage verstehe ich nicht. Wer außer Kapitalisten will, dass Sozialabgaben gesenkt werden? Das war die alte Parole der FDP: "Mehr Netto vom Brutto". Diese Parole ist infam, weil sie die aktiven Lohnarbeiter gegen den Rest der Lohnabhängigen, die "Sozialschmarotzer", aufbringt. Fakt ist, dass aus dem Nettolohn der Konsum der aktiven Lohnarbeiter bezahlt wird und aus dem Bruttolohnteil (einschließlich Steuer und "Arbeitgeberanteile") wird der Konsum der inaktiven Lohnabhängigen bezahlt.


    Das war nur ein Gedankenspiel, ich hätte auch sagen können "wenn Sozialabgaben erhöht werden...". Wenn ich für 30.000€ Brutto arbeite und davon 12.000€ in die Sozialkassen gehen, hab ich 18.000€ Netto. Dann müsste ich, wenn nächstes Jahr 13.000€ in die Sozialkassen gehen, nur noch 17.000€ Netto haben. Ich halte es daher nicht verkehrt zu sagen, dass der Lohnarbeiter in die Sozialkasse zahlt, da ist es relativ gleichgültig bei wem das Geld liegt.


    Die Linke hat übrigens so eine Kostenkalkulation gemacht:


    https://mikenagler1.files.word…al-einnahmen-ausgaben.png
    Griechenland ist gerade dabei und natürlich ist das schwierig, die stecken auch tief in einer schweren ökonomischen und sozialen Krise, die dürfen nicht voreilig, unüberlegt, experimentell handeln.
    Desweiteren kann ich keinen Zwang zum Neoliberalismus erkennen. 2008 ist Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern gut weggekommen und trotz (zumindest halbwegs) sozialer Marktwirtschaft spielt es auf der Liste der wettbewerbsfähigen Ländern ganz oben mit. Wäre reiner Neoliberalismus Zwang in einer kapitalistischen Welt, dann müssten wir schon seit Jahrzehnten Ausmaße spüren. Wenn nicht, dann spricht auch nichts gegen sozialere Politik. Wenn Vermögen so ungerecht verteilt ist wie jetzt, wüsste ich beim besten Willen nicht weshalb man nicht umverteilen sollte. Es ist völlig selbstverständlich zu fordern, dass die Reichen für die Krise zahlen sollen und nicht die Lohnarbeiter, die auf den letzten Euro angewiesen sind. "Raub am kapitalistischen Profit"? Ich dachte du wärst Marxist, der Profit selbst ist schon Raub. Zudem wird nicht 100% des Profits für Investitionen verwendet, auch ein Kapitalist muss leben können und er lebt gut, weiß oft nicht wohin mit dem Geld. Kann da nicht nachvollziehen, dass man nicht mehr Geld fordern sollte, bloß weil er nicht Einblick in sein gesamtes Vermögen gewährt.

  • Hallo Wal,
    wenn man sich mit der Frage beschäftigt, wie viel an Sozialleistungen von Staat und Kapital an inaktive Lohnarbeiter (arbeitslos, krank, alt) bzw. prekär beschäftigte Lohnarbeiter gezahlt werden kann, sollte man das Gesamtprodukt kennen, das es zu verteilen gibt. Wie üblich, müssen die Reproduktionskosten des Gesamtkapitals abgezogen werden und natürlich die Mittel für künftige Investitionen. Dazu kommen dann noch die Mittel für Infrastruktur, Militär usw. Nachdem also sämtliche staatliche Etats abgedeckt sind, bleibt noch das staatliche Verteilen der Sozialleistungen. Aus kapitalistischer Sicht sind diese Leistungsempfänger systemisch nicht wichtig. Bestenfalls sind die Arbeitslosen als Druckmittel gegen die aktiven Lohnarbeiter nutzbar. Nun eine hypothetische Frage. Könnte die Mehrheit der Gesellschaft (also die Lohnarbeiter) das Gesamtvermögen verteilen, würde dann die gleiche Verteilungsarmut bestehen, wie bei den staatlichen und kapitalistischen Entscheidungsträgern?
    Gruß Jens

  • Hallo Alet,


    wenn Dir etwas relativ egal ist, ist das halt Deine Ansicht.


    Du aber schreibst, es IST relativ egal und damit müßte es mir auch egal sein, wo mein (Lohn-)Geld liegt, ob in meiner Hand oder in einer Sozialkasse.


    Sei versichert - ist es mir nicht!


    Ich bestimme weder darüber, wieviel und ob ich da überhaupt etwas einzahle und wenn ich eingezahlt habe, habe ich keinerlei Bestimmung mehr darüber, was mit dem Geld dort passiert.
    Das wird zuallererst regierungsseitig bestimmt, wenn diese meint, die Rentenkasse ist zu voll oder sie zu klamm, bedient sich der Staat schon mal locker selber.
    Mal die Liste der 'kassenfremden' Leistungen angeschaut?


    Was ist bei Dir "reiner Neoliberalismus Zwang"?
    Gar kein Sozialstaat?


    Auch hier meine Versicherung - Kapitalismus und Sozialstaat gehören zusammen. Ohne das eine bräuchte es das andere nämlich nicht.
    Und was Sozialstaat ist, richtet sich nicht danach, was wir mit unseren Erfahrungen mit Sozialer Marktwirtschaft darunter verstehen.
    Sogar die Essenmarken statt Geld an die Armen in USA firmiert unter Sozialstaat...


    Du fragst hier Wal, wie er als Marxist so denken kann, odda so?
    Ich vermute, auf das Marxist sein, legt er nicht gerade viel wert, eher auf so etwas wie Marxianer sein. Nichtsdestotrotz hat er bei Marx aber garantiert schon mal was mit Extraprofit gelesen und daß mit diesem Profit oberhalb des Durchschnittprofits der Kapitalist ggü seinen Konkurrenten handlungsfähiger in Sachen Sozial sein kann und ist.


    Wenn Vermögen so ungleich verteilt ist wie jetzt?
    Wann denn sonst?
    Ist Vermögen im Kapitalismus jemals nicht ungleich verteilt?


    Ungleich zwischen denen, die tuen und denen, die tuen lassen, ist es doch immer.
    Also agiere ich im Kapitalismus mit Umverteilung, lasse das eigentliche Übel aber so wie es ist?


    Ich schreibe es gern auch noch einmal und möglicherweise sogar drastischer als Wal:


    Die Kapitalisten zahlen für alles, absolut alles!
    ... auch ohne eine (sorry unüberlegte) Forderung danach.


    Bei ihnen kommt nämlich die komplette gesellschaftliche Wertschöpfung aufgrund der Eigentumsverhältnisse an - darum sind sie auch die einzigen, die überhaupt was haben.


    Daß so ein Kapitalist auch ein Mensch ist und essen und leben muß - selbstverständlich - mach ich ihm weder streitig, noch stelle ich das in Abrede.
    Daß er dafür andere arbeiten läßt und zwar ausschließlich, sonst wäre er kein Kapitalist, das ist das Fatale.


    Mehr Lohn fordern, da bin ich sofort dabei.
    So viel wie nur irgendmöglich, so oft und so laut wie irgendmöglich.


    Nur die Begründung, die ist bitte etwas weniger damit einverstanden, wie die Verhältnisse im Kapitalismus sind.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hallo Jens,


    Deine Frage hast Du ja selbst als hypothetisch bezeichnet...


    Wenn Lohnarbeiter ein Gesamtprodukt verteilen könnten, wäre sie schon mal gar keine Lohnarbeiter mehr.


    Warum sollten sie, wenn sie keine Lohnarbeiter sind, aber immer noch alles gemeinsam herstellen, dann nur das Gesamtprodukt verteilen - sie stellen dann gleich das her, was sie meinen, was gebraucht wird. ;)


    Liebe Grüße - Wat.

  • Quote

    wenn Dir etwas relativ egal ist, ist das halt Deine Ansicht.


    Du aber schreibst, es IST relativ egal

    Bitte nicht gleich jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ich habe eine These aufgestellt, natürlich formuliere ich sie aus meiner Sicht und ich bin tatsächlich auch der Meinung, dass es für andere gleichgültig sein sollte. Das ist bei einem subjektiven Meinungsaustausch nicht ungewöhnlich. Wenn wir anfangen in Diskussionen immer vorsichtig und zurückhaltend zu formulieren, ist das meiner Meinung Nach ;D Vergewaltigung der Sprache. Ich finde eine These muss direkt, radikal und überzeugt sein, sonst ist sie ängstlich.


    Quote

    und damit müßte es mir auch egal sein, wo mein (Lohn-)Geld liegt, ob in meiner Hand oder in einer Sozialkasse.


    Sei versichert - ist es mir nicht!


    Ich bestimme weder darüber, wieviel und ob ich da überhaupt etwas einzahle und wenn ich eingezahlt habe, habe ich keinerlei Bestimmung mehr darüber, was mit dem Geld dort passiert.
    Das wird zuallererst regierungsseitig bestimmt, wenn diese meint, die Rentenkasse ist zu voll oder sie zu klamm, bedient sich der Staat schon mal locker selber.

    Ob du die Kontrolle darüber hast oder ob von deinem Gehalt bezahlt wird, sind zwei Paar Schuhe. Wenn du ausgeraubt wirst und der Dieb sich ein Mittagessen und einen Fernseher gönnt, sagst du doch auch nicht, dass das Geld ihm gehört und er von seinem eigenen Geld bezahlt hat. So verhält es sich auch mit dem Gehalt. Zwar zahlt faktisch der Kapitalist, er macht es aber mit dem Geld, worauf du Anspruch erhebst. Sozialkassen werden also von dem Geld der Lohnarbeiter finanziert, nicht vom Kapitalisten.


    Quote

    Was ist bei Dir "reiner Neoliberalismus Zwang"?
    Gar kein Sozialstaat?


    Auch hier meine Versicherung - Kapitalismus und Sozialstaat gehören zusammen. Ohne das eine bräuchte es das andere nämlich nicht.
    Und was Sozialstaat ist, richtet sich nicht danach, was wir mit unseren Erfahrungen mit Sozialer Marktwirtschaft darunter verstehen.
    Sogar die Essenmarken statt Geld an die Armen in USA firmiert unter Sozialstaat...

    Nee, aber das Ausmaß von Sozialstaat ist ein unterschiedlicher. Ich wage einfach mal zu behaupten, dass die Deutsche Marktwirtschaft sozialer ist, als die US-amerikanische.


    Quote

    Du fragst hier Wal, wie er als Marxist so denken kann, odda so?
    Ich vermute, auf das Marxist sein, legt er nicht gerade viel wert, eher auf so etwas wie Marxianer sein. Nichtsdestotrotz hat er bei Marx aber garantiert schon mal was mit Extraprofit gelesen und daß mit diesem Profit oberhalb des Durchschnittprofits der Kapitalist ggü seinen Konkurrenten handlungsfähiger in Sachen Sozial sein kann und ist.

    Naja, Moment, ich hab ihm ja nicht verboten so zu denken. Mich hat seine Aussage einfach nur gewundert. "Raub an Kapitalisten" ist ein Ausdruck, den man normalerweise nur von Neoliberalen kennt, wenn sie über sozialistische und kommunistische Ideologie sprechen.


    Quote

    Wenn Vermögen so ungleich verteilt ist wie jetzt?
    Wann denn sonst?
    Ist Vermögen im Kapitalismus jemals nicht ungleich verteilt?


    Ungleich zwischen denen, die tuen und denen, die tuen lassen, ist es doch immer.

    Vermögen gingen jedenfalls noch nie so weit auseinander wie heute. Das gehört zu den Dingen, die bei Marx noch im Entwicklungsstadium waren, er aber korrekt vorausgesagt hat.


    Quote

    Also agiere ich im Kapitalismus mit Umverteilung, lasse das eigentliche Übel aber so wie es ist?

    Ich bin revolutionär, weigere mich also gegen Reformismus... Meine Priorität ist aber das Interesse der Arbeiterklasse zu vertreten und nicht meinem ideologischen Wunschtraum nachzugehen. In einer prärevolutionieren Zeit finde ich es daher nicht verkehrt die Bedingungen und Umstände der Arbeiter zu verbessern.


    Quote

    Daß so ein Kapitalist auch ein Mensch ist und essen und leben muß - selbstverständlich - mach ich ihm weder streitig, noch stelle ich das in Abrede.
    Daß er dafür andere arbeiten läßt und zwar ausschließlich, sonst wäre er kein Kapitalist, das ist das Fatale.

    Richtig, viel anders hab ich es auch nicht geschrieben ("er lebt gut"), genau deswegen bin ich auch kein Feind der Umverteilung, er (der Kapitalist) hat aus meiner Sicht keinen Anspruch auf Profit. Dieser sollte lieber den Arbeitenden zugute kommen.


    Quote

    Mehr Lohn fordern, da bin ich sofort dabei.
    So viel wie nur irgendmöglich, so oft und so laut wie irgendmöglich.

    Mehr Lohn hängt indirekt mit dem zusammen, was der Kapitalist aus eigener Tasche bezahlt. Wird der Arbeiter entlastet und der Kapitalist belastet, erhält ersterer mehr Nettolohn, vorausgesetzt sein Bruttolohn bleibe gleich.

  • Die Linke hat übrigens so eine Kostenkalkulation gemacht:


    https://mikenagler1.files.word…al-einnahmen-ausgaben.png
    Griechenland ist gerade dabei und natürlich ist das schwierig, die stecken auch tief in einer schweren ökonomischen und sozialen Krise, die dürfen nicht voreilig, unüberlegt, experimentell handeln.

    Hallo Alet,
    vielleicht können wir uns darauf einigen, dass wir unterscheiden zwischen DER Linken (allen Linken) und der Partei DIE LINKE. Von radikalen Linken habe ich noch nie eine Kostenaufstellung gesehen.
    Die hier verlinkte Kostenaufstellung stammt von der Partei DIE LINKE. Diese Kostenaufstellung ist schon ganz ordentlich, zeigt aber schon die begrenzten Möglichkeiten aller Umverteilungspolitik auf. Das Ausgaben-Programm hat eine Größe von 170 Mrd. Euro. Umgerechnet auf die Bewohner in Deutschland ergäbe das pro Kopf und Monat gut 170 Euro mehr. Das sind kleine, sozialdemokratische "Brötchen" - weit entfernt von einer radikalen antikapitalistischen Politik.
    Das Dilemma jeder Umverteilungspolitik ist eben, dass der kapitalistische Profit besteuert/beschnitten wird. Dazu muss dieser kapitalistische Profit erst einmal erwirtschaftet werden. Steigen die Profite, können sie vom Staat stärker beschnitten werden, sinken die Profite, bleibt weniger zum besteuern übrig. Das ist das Dilemma der griechischen Regierung. Es ist das Dilemma jeder linken Regierung im Kapitalismus.
    Umverteilungspolitik funktioniert mehr oder minder nur in den guten Zeiten des Kapitalismus. In Krisenzeiten versagt sie.
    Umverteilungspolitik ist niemals und kann niemals antikapitalistisch sein. Sie basiert auf der Profitwirtschaft und versucht nur die Profitwirtschaft zu "reformieren". Und: Umverteilungspolitik basiert immer auf staatlichem Interventionismus, der uns Lohnabhängigen in Abhängigkeit und Ohnmacht hält. Nehmen wir zum Beispiel den größten Ausgabenposten des obigen Programms: 50 Mrd. "für mehr soziale Dienstleistungen und eine bessere öffentliche Infrastruktur". Niemand von uns weiß, was genau damit umfasst ist. Niemand von uns hat irgendeinen Einfluss darauf, für welche Orte und welche Zwecke diese 50 Mrd. ausgegeben werden, falls die Partei Die LINKE als Regierungspartei über diese Gelder verfügt.


    Desweiteren kann ich keinen Zwang zum Neoliberalismus erkennen. 2008 ist Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern gut weggekommen und trotz (zumindest halbwegs) sozialer Marktwirtschaft spielt es auf der Liste der wettbewerbsfähigen Ländern ganz oben mit. Wäre reiner Neoliberalismus Zwang in einer kapitalistischen Welt, dann müssten wir schon seit Jahrzehnten Ausmaße spüren.

    Wenn man Aussagen über die ganze Volkswirtschaft machen will, braucht man schon ein paar Informationen mehr als nur der Blick in den eigenen Geldbeutel oder auf ein Supermarktregal.
    "Deutschland" ist keineswegs "gut weggekommen", wie du meinst. Die Löhne stagnieren seit 15 Jahren, prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen immer mehr zu, die Armutsrenten nehmen zu, und die Zerstörung der Natur durch Kohle, Kernkraft, Zersiedelung, Überdüngung etc nehmen zu.
    Wem es als Einzige gut geht, sind die Kapitalisten, und es geht ihnen auch nur gut, weil und soweit sie für den Export produzieren und im Ausland gute Geschäfte machen.




    Wenn nicht, dann spricht auch nichts gegen sozialere Politik. Wenn Vermögen so ungerecht verteilt ist wie jetzt, wüsste ich beim besten Willen nicht weshalb man nicht umverteilen sollte. Es ist völlig selbstverständlich zu fordern, dass die Reichen für die Krise zahlen sollen und nicht die Lohnarbeiter, die auf den letzten Euro angewiesen sind. "Raub am kapitalistischen Profit"? Ich dachte du wärst Marxist, der Profit selbst ist schon Raub. Zudem wird nicht 100% des Profits für Investitionen verwendet, auch ein Kapitalist muss leben können und er lebt gut, weiß oft nicht wohin mit dem Geld. Kann da nicht nachvollziehen, dass man nicht mehr Geld fordern sollte, bloß weil er nicht Einblick in sein gesamtes Vermögen gewährt.

    Du hältst es für selbstverständlich, "dass die Reichen für die Krise zahlen sollen und nicht die Lohnarbeiter." Ich halte das für eine naive Wunschvorstellung. Und ich glaube, die meisten Lohnabhängigen halten das ebenso für ein leeres Versprechen wie ich.


    Wenn du mehr Anhänger für deinen Wunsch gewinnen willst, müssten ein paar Begründungen und Zahlen von deiner Seite kommen: Wer den Reichen was abknöpfen soll, wie viel den Reichen abgeknöpft werden kann, wer diese Gelder verwaltet und was mit dem abgeknöpften Summen geschehen soll.



    Gruß Wal

  • Ich führe als Beispiel mal Deutschland 2007 an. Die Schulden lagen bei 1.500 Milliarden Euro. Das offizielle Gesamtvermögen betrug 6.100 Milliarden Euro (Dunkelziffer natürlich höher), während das reichste Zehntel Deutschlands 61,1 % des Gesamtvermögens besaß, also etwa 3.700 Milliarden Euro. Die Schulden betragen 40% des Vermögens des reichsten Zehntels. Sie könnten 10 Jahre lang 4% ihres Vermögens abgeben, um die Schulden zu bezahlen. Eigentlich müssten sie noch viel weniger zahlen, weil auch das zweite, dritte, vierte etc. Zehntel dazu kommt. Das wäre eine Möglichkeit das Geld einzusetzen. Weitere Möglichkeiten wären Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Sozialsysteme, Immobilien, es gibt da tausende Möglichkeiten, es muss ja nicht alles von jetzt auf gleich kommen.
    Die Kontrolle hat dabei natürlich der Staat und nicht die Lohnarbeiter. Dass es nicht optimal ist und auch mal die SPD und die Grüne (revolutionäre) Versprechen gemacht haben, weiß ich, ein bisschen Hoffnung, dass sich die derzeitigen Umstände bessern ("Gewinnt z. B. in England oder in den Vereinigten Staaten die Arbeiterklasse die Mehrheit im Parlament oder Kongress, so könnte sie auf gesetzlichem Weg die ihrer Entwicklung im Weg stehenden Gesetze und Einrichtungen beseitigen"), die Hoffnung darf man aber wohl haben. Deshalb würde ich mich hier lieber auf das Konzept der Umverteilung konzentrieren, als darüber zu diskutieren wer das Geld verwaltet. Ob meine Hoffnung berechtigt ist, sehen wir, falls die Linke mal eine Bundestagswahl gewinnt.

  • Hallo Alet,


    von dem Vermögen, das Du ansprichst, ist/war wieviel in Geld 'frei verfügbar'?
    Denn einfach Vermögen kannst Du mE nicht meinen, denn das wäre auch: Produktionsmittel, 'Perserteppich', Jacht und Geschmeide...
    ... welches erst 'verflüssigt' werden müßte, daß das 'eingezogen' werden kann.
    Oder doch?


    Erklärst Du mir bitte außerdem, wie die Arbeiterklasse eine Mehrheit in einem Parlament erringen kann, da treten doch Parteien an?


    Danke.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Wat, soweit mir bekannt ist Alets "Gewinnt z. B. in England oder in den Vereinigten Staaten die Arbeiterklasse die Mehrheit im Parlament oder Kongress, so könnte sie auf gesetzlichem Weg die ihrer Entwicklung im Weg stehenden Gesetze und Einrichtungen beseitigen" ein Zitat von Karl Marx. Dieser war, auch nach den Erfahrungen der Pariser Kommune, wohl schon der Meinung, dass, unter gewissen Umständen z.B. in einer Republik wie den damaligen USA oder England, die Arbeiterklasse in Form einer Vertretung, also einer Partei im Parlament, per Gesetze die Gesellschaft in ihrem Sinne umformen könne. Es gibt hier also in Marx' Werk auch nach der Pariser Kommune (so auch bei Engels) meiner Meinung nach einen gewissen Widerspruch, der keineswegs derart aussieht, dass Marx mit der Idee der Übernahme der Staatsmacht in Form einer politischen Partei (wie es bspw. die SPD zu seinen Lebzeiten) gebrochen hat. Wir stehen ja vielmehr auf der Seite einer libertären Auslegung der Marxschen Schriften. Was auch möglich ist, aber eben nicht nur. Aber das wäre ein anderes Thema.

  • Quote

    von dem Vermögen, das Du ansprichst, ist/war wieviel in Geld 'frei verfügbar'?
    Denn einfach Vermögen kannst Du mE nicht meinen, denn das wäre auch: Produktionsmittel, 'Perserteppich', Jacht und Geschmeide...
    ... welches erst 'verflüssigt' werden müßte, daß das 'eingezogen' werden kann.
    Oder doch?

    4% sind sicherlich als Geldform dabei, du glaubst doch nicht, dass halbwegs reiche Menschen ihr ganzes Geld verpulvern, schon gar nicht bei den ganzen Schwarzgeldern. Bei der Umverteilung geht es jedoch hauptsächlich um Steuern, mit einem erhöhten Spitzensteuersatz und einer Millionärssteuer wär auch schon so einiges getan. Mit der Vermögensverteilung wollte ich zeigen, was möglich gewesen wäre, hätte man früher angefangen mit härteren Maßnahmen vorzugehen. Hier muss also meinetwegen kein Kapitalist irgendetwas abgeben, dafür fällt eben die nächste Yacht aus.


    Quote

    Erklärst Du mir bitte außerdem, wie die Arbeiterklasse eine Mehrheit in einem Parlament erringen kann, da treten doch Parteien an?

    1. KommunistInnen als VertreterInnen der Arbeiterklasse
    2. ArbeiterInnen können auch einer Partei beitreten

  • Hallo Wat
    Weil es um das Hier und Jetzt geht, mußte ich es als hypothetischen Fall annehmen, in einer möglichen, späteren kommunistischen Gesellschaft, gibt es ja keine Lohnarbeiter mehr.
    Mir geht es darum festzustellen, wie groß das kapitalistische Gesamtprodukt ist (z.B. hier in Deutschland) und wohin dieses Gesamtprodukt ganz konkret hinfließt. Ein paar Anmerkungen habe ich dazu schon gemacht z.B. Reproduktion des Gesamtkapitals, Investitionsmittel, Auffüllung der Staatshaushalte. Wie viel Kapital fließt wirklich in die Realproduktion und wie viel wird für überwiegend spekulative Zwecke ("sogenannte Finanzprodukte") eingesetzt, mangels wirklicher Anlagemöglichkeit in der Realproduktion. Selbstverständlich ist alles nur Gedankenspielerei, da Lohnarbeiter nicht viel zu entscheiden haben (Manager nicht mitgezählt). Ich sehe es z.B. wie Wal, das die vorhandenen Bargeldmengen relativ gering sind. Meine Vermutung geht in die Richtung, das sich in der Gesamtproduktsauflistung genug Reserven zeigen, die eine "neoliberale Politik" überflüssig machen. Erst im kapitalistischen Alltag, mit seinen immanenten Regeln verschwinden die Mittel, die anderswo, außerhalb kapitalistischer Verwertungslogik zum Nutzen der Lohnarbeiter verwendet werden könnten.
    Weiterhin vermute ich , das das Gesamtprodukt (in Deutschland) in den letzten Jahren nicht kleiner geworden ist, der Anteil den die Lohnarbeiter davon erhalten eher gesunken ist.
    Gruß Jens

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