JonnyMadFox: Eine neue (Arbeiter)Bewegung?

    • Hey Wal.

      Ich weiß, du magst keine Gastbeiträge, aber ich würde gerne mal deine Meinung zu etwas hören.


      Ich bin seit einiger Zeit aktiv bei ein paar Klimabewegungen und habe nun auch Erfahrung, wie man eine Bewegung aufbau.

      Nun ist es so, dass wir ganz dringend als linke Bewegungen ein neues Narrativ einer neuen Gesellschaftsform brauchen. Besonders brauchen wir eine neue Form der Organisation der Arbeit. Ich denke, da würdest du mir zustimmen.

      Jetzt kam dieses Jahr das Buch "The Class Matrix" von Vivek Chibber heraus. In diesem Buch legt er da, dass der Grund, warum die Arbeiter nicht mehr klassenkämpferisch sind, weniger seine Ursache im Konsenz zum System haben, sondern deswegen, weil sie keine Alternative mehr im Blick haben und im Großen und Ganzen resigniert haben.

      Ich denke, hier muss eine neue Bewegung ansetzen.

      Jetzt ist meine Idee, eine Bewegung zu gründen, die die Idee der demokratischen Betriebe verbreitet. Ich habe auch schon einige Aktionsformen im Sinn. Dabei soll aber auf keinen Fall Sozialismus, Kommunismus oder andere stark aufgeladene Begriffe verwendet werden, sondern nur das, was die Bürger kennen und wofür sie ein intuitives Verständnis haben, nämlich Demokratie und das fehler derselbigen am Arbeitsplatz.

      Jetzt ist das Problem, wie gehe ich mit Gegenargumenten um. Gerade in Deutschland gibt es Betriebsräte und Mitbestimmung. Diese reichen natürlich bei weitem nicht und sind reaktionäre Strukturen, die die Arbeiter in die Logik des Kapitals integrieren sollen. Aber wie könnte eine leicht vermittelbare Kritik an diesen beiden Institutionen aussehen?

      Dann noch ein paar Fragen, was Aktionsformen angeht:

      Meine Idee ist:

      5-10 Leute gehen in einen Betrieb, z. B. Edeka. Ausserhalb davon wird ein großer Banner gehalten, auf dem z. B. steht: "Du hast keine Lust mehr, ein Rad in der Maschine zu sein?" Oder ein Zitat von einer Studie "Jeder vierte Arbeiter hat innerlich gekündigt... ect." Dann ein Banner mit der Hauptaussage: "Die Arbeiter in diesem Edeka haben kein Mitspracherecht, bei der Gestaltung des Unternehmens." "Für demokratische Betriebe."

      Das sind nur Beispiele, man müsste noch genauer überlegen, wie man das formuliert.

      Was könnte es hier für Probleme geben? Ich denke, um der Anklage der Volksverhetzung zu entgehen, müsste auf jeden Fall die Rolle des Chefs noch erwähnt werden. Also das er z. B. enormen Stress ausgesetzt ist, weil er alles alleine kontrollieren muss oder so.

      Einige weitere Aktivisten gehen in den Edeka und verteilen "fake" Stimmkarten. Wo drauf steht "Deine Stimme zählt, jeder Arbeiter sollte ein Mitspracherecht haben." Die Karten sollen symbolische Stimmberechtigung im Unternehmen sein.


      Die Frage ist auch, wieso denn gerade der Edeka? Die autoritäre Lohnarbeit findet ja in jedem Unternehmen statt. Wie wähle ich hier ein Unternehmen aus?


      Was ist deine Meinung zu dem Ganzen?

  • Hallo JonnyMadFox:


    Zur Zeit gibt es nur moderierte Gastbeträge im Forum. Wie kommst du darauf, dass ich das nicht mag?


    Vivek Chibber kenne ich nicht. Aber ich sehe die Ursachen, warum die Lohnabhängigen keine Alternative mehr im Blick haben, ein bisschen anders.


    Ich will niemanden abhalten, sich nützlich zu machen, aber mein Rat ist, mit einer neuen Organisation der Arbeit sofort zu beginnen und sie nicht nur zu versprechen.


    Wenn du demokratische Betriebe erreichen willst, musst du selber schon in deinem täglichen Auftreten demokratisch sein: du musst dich mit denen beraten, die mittun sollen. Ihr müsst nach eurer Beratung gemeinsam entscheiden, was ihr wo tun wollt. Das Ziel, das wir erreichen wollen, liegt nicht in der Ferne, sondern beginnt heute, in der Gegenwart.


    Noch ein paar allgemeine Empfehlungen:

    Als „Arbeiter(innen)“ gelten Leute, die schmutzige Hände haben. Die Arbeiterklasse besteht jedoch nicht nur aus Handarbeitern, sondern auch aus Kopfarbeitern. Deshalb spreche ich lieber von Lohnarbeitern oder von der Lohnarbeiterklasse.


    Ansonsten beginnt man jede politische Arbeit an der eigenen Arbeitsstätte. Ein „Überfall“ auf fremde Arbeitsstätten, über die man keine internen Informationen besitzt, bringt meines Erachtens wenig bis nichts.


    Als „Führer“ bewährt man sich nur dadurch, dass man anderen einen Nutzen bringt – indem man gute Erklärungen liefert, indem man Misstände öffentlich macht, indem man einzelne Lohnarbeiter oder Lohnarbeitergruppen in ihren Alltagsauseinandersetzungen gegen das Kapital unterstützt und sachlich (auch juristisch) berät.


    Ich halte nichts von der Devise "Viel Feind, viel Ehr". Ganz im Gegenteil: Ich finde, man soll die politischen Gegner, die man angreift, zahlenmäßig möglichst beschränken. Gewerkschaftsführer schaden vielleicht durch Nichtstun oder auch durch dummes Geschwätz, aber es sind keine Kapitalisten, die von der Ausbeutung fremder Arbeitskraft leben. Ich finde, man sollte seine Kritik wirklich auf das Kapital und die bewussten Kapitalisten (das können auch hohe Manager sein) beschränken.


    Zuletzt: Welcher Lohnabhängige wird sich einem Nobody anschließen, der sich „JonnyMadFox“ nennt?

    So ein Name ist ziemlich unseriös. Damit kannst du im Internet auftreten, aber nicht im realen Leben.


    Gruß Wal

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