Wer herrscht in kapitalistischen Unternehmen?

  • In den ersten Zeilen des Bochumer Programms hatten die Unterzeichner geschrieben:

    "In den Unternehmen herrschen die Kapitalisten immer noch über uns Lohnarbeiter wie Könige. In Staat und Gesellschaft sorgen neben Lobbyarbeit und Bestechung die „ökonomischen Notwendigkeiten“ dafür, dass die Interessen der Kapitaleigner an erster Stelle stehen."


    Man sollte meinen, solche Feststellungen seien Binsenweisheiten für alle Linken. Leider weit gefehlt.

    Vor allem der erste Satz stieß auch bei radikalen Linken auf Widerspruch.


    Ich hatte auf diesen Widerspruch mit einem Hinweis auf Karl Marx reagiert, der explizit schrieb:

    „Das Eigentum ist jedenfalls auch eine Art von Gewalt. Die Ökonomen nennen das Kapital z. B. ,die Gewalt über fremde Arbeit‘.“ K. Marx, Moralisierende Kritik, MEW 4, 337.


    „Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 653.


    „Die industriellen Kapitalisten ... (sind) neue Potentaten ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 743.


    Die Macht asiatischer und ägyptischer Könige .... ist in der modernen Gesellschaft auf den Kapitalisten übergegangen, ob er nun als vereinzelter Kapitalist auftritt, oder, wie bei Aktiengesellschaften, als kombinierter Kapitalist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 353.


    Kurz: Das Kapital ist nicht nur eine anonyme Macht - das ist es auch. Das Kapital bedingt auch eine Macht von Menschen über Menschen. *

    Diese Gewalt der Kapitalisten und ihrer Helfer, den leitenden Angestellten, beginnt mit dem Bewerbungsgespräch und an jedem Arbeitstag mit der Zeiterfassung und setzt sich fort in der Festsetzung der Tätigkeiten und der Kontrolle der Arbeit durch die Vorgesetzten.


    Kapitalisten haben von ihrer Macht offenbar ein höheres Bewusstsein als viele radikale Linken.

    Das Kapitalistenblatt "The Economist" (February 8th, Leader) verkündet heute: "Chief executives have vast power. The 500 people who run America's largest listed firms hold sway over 26m staff." (Auf Deutsch: Geschäftsführer haben große Macht. Die 500 Leute, die die größten Aktiengesellschaften der USA leiten, herrschen über 26 Millionen Untergebene.)


    Wal Buchenberg, 7. Februar 2020


    *P.S. (Diese Gewalt der Kapitalisten über ihre Lohnarbeiter kann mehr oder minder beschränkt sein. Die Kapitalistenmacht über die Lohnarbeiter ist niemals "absolut". Das verhindert der Klassenkampf der Lohnarbeiter. In Deutschland haben wir durch das Betriebsverfassungsgesetz und durch die Arbeit der Betriebsräte quasi ein "konstitutionelles Königtum" der Kapitalisten.)

    Meine Erklärung für das linke Leugnen der persönlichen Herrschaft der Kapitalisten und ihrer Helfer hat einen bitteren Geschmack: Ich denke, diese linke Leugner haben keine Vorstellung, wie diese innerbetriebliche Despotie über die Arbeiter jemals beseitigt werden könnte. Diese Linken sehen die Despotie über die Arbeiter nicht als Merkmal kapitalistischer Produktion, sondern als Merkmal jeder (industriellen) Produktion.

    Siehe auch:


    Wer sich als Avantgarde sieht, beginnt mit Selbstüberschätzung und endet bei der Verachtung der Lohnarbeiter


    Wer sich als Avantgarde sieht, beginnt mit Selbstüberschätzung und endet bei der Verachtung der Lohnarbeiter


    Klassenanalyse- verschwindet der Kapitalist


    Kapitalisten als Kriminelle


    Wo sehen Kapitalisten ihre Zukunft?


    Wer ist heute die "herrschende Klasse"?


    Klassenanalyse- verschwindet der Kapitalist


    Kapitalisten sind die Meister der Linken





  • Ich finde es schon wichtig, die ökonomische Herrschaft von der politischen zu unterscheiden. Es ist gerade das Besondere, dass beides im Kapitalismus auseinanderfällt. Wenn man den Unternehmer nicht "nur" als Kommendeur fremder Arbeit kritisiert, sondern ihn mit der Metapher König betitelt, liegt der Verdacht nahe, dass diese Trennung der Herrschaft nicht verstanden wurde. Diese Metapher suggeriert eine willkürliche freie Herrschaft, wo aber nur die staatliche Lizenz zu wirtschaftlicher Ausbeutung besteht nach den gesetzlichen Vorschriften - dass die nicht immer eingehalten werden, widerspricht dem nicht. Der Kapitalist übt keinerlei politische Gewalt aus, er macht keine Gesetze.


    Der zweite Satz im Zitat aus dem "Bochumer Programm" verdeutlicht diesen traditionsmarxistischen Fehler. Durch die besondere bis korrupte Beeinflussung der staatlichen Herrschaft seitens der Unternehmer würden "die Interessen der Kapitaleigner an erster Stelle stehen" im Staat stehen. Der Staat dient aber nicht den einzelnen Unternehmern, sondern ist am Wachstum im ganzen nationalen Standort interessiert, an dem er sich bedient. Der Staat rettet nicht jedes Unternehmen, das in der Konkurrenz nicht mithalten kann und bankrott geht.


    Es ist gerade der Witz am (fertigen) Kapitalismus, dass die Gleichheit vor dem Recht die nachhaltigste Ausbeutung ermöglicht (zumindes, wenn die Rechnungen aufgehen), d.h. weder das Interesse von Kapital noch das von der Lohnarbeit stehen vor dem anderen "an erster Stelle". Die gerechte Anerkennung der (ökonomischen) Interessen der abhängig Beschäftigten (heißt: im Kapitalismus) ist längst verwirklicht, mit ihrer Anerkennung als Vertragspartner des Kapitals (vor allem: Koalitionsfreiheit, Tarifautonomie und Streikrecht) und mit dem sozialstaatlichen Schutz ihrer Arbeitskraft vor (übermäßigem) Verschleiß beim Arbeitgeber und Schutz vor den "Lebensrisiken" als Arbeitnehmer (dass dieser Schutz nichts Angenehmes ist, hat mit seinem staatlichen Zweck zu tun). Dass die Verfolgung der Interessen der Lohnarbeiter eben als Lohnarbeiter im Kapitalismus eine schädliche Angelegenheit ist, wollte ich damit auch noch anmerken.

    Nebenbei: Politisch ist die Arbeiterklasse ebenfalls (zumindest in vielen, mindestens den wichtigsten kapitalistischen Staaten) emanzipiert, die Arbeiter dürfen sich politisch repräsentieren lassen, Arbeiterparteien sind erlaubt und freie und gleiche Wahlen schaffen ehemalige Privilegien einzelner Klassen ab - aber den Schaden der Ausgebeuteten noch lange nicht.

  • Du unterstellst mir/uns, wir hätten politische und ökonomische Herrschaft nicht (genügend) unterschieden. Es kommt uns aber gerade auf den Zusammenhang von ökonomischer und politischer Herrschaft an.


    Bei den Kapitalisten pochst du darauf, politische und ökonomische Herrschaft streng zu trennen - so als wären die Kapitalisten NICHT die (ökonomisch UND politisch) herrschende Klasse.

    Bei der Lohnarbeiterklasse jedoch entdeckst du weder eine politische Unterwerfung noch eine ökonomische Unmündigkeit, und behauptest, die Lohnarbeiter seien "emanzipiert", weil sie "Vertragspartner" seien und sich "politisch repräsentieren" lassen.


    Im Resultat ist bei dir Herrschaft und Unterdrückung in der Gesellschaft ebenso verschwunden wie die Ausbeutung durch Kommando über fremder Arbeit in den kapitalistischen Unternehmen. Das ist keine kapitalismuskritische Analyse, sondern eine den Kapitalismus beschönigende Ideologie aus dem Sozialkundebuch.

  • Herrschaft und "ökonomische Notwendigkeiten"


    Sei mir eine Bemerkung erlaubt: in seiner "Judenfrage" schreibt Marx (ich zitiere frei): "Der Kapitalist überlässt gerne den Arbeitern die politische Macht in den Parlamenten; solange er selber Herr über ihre eigenen Lebensgrundlagen bleibt."


    Das heißt: Marx hat schon damals ganz klar gesehen, dass der Kapitalist die (direkte) politische Herrschaft gar nicht nötig hat, um seine - reale, denn ökonomische, und somit existentielle - Herrschaft aufrechterhalten zu können.


    Genauso aber kann man analog auch konstatieren, dass der Kapitalist es gar nicht nötig hat, seine Herrschaft in direkter Manier als "König" auszuüben. Beides kann durchaus stattfinden (also direkte politische Herrschaft oder zumindest Dominanz, genauso wie brutales "Ausquetschen" des Arbeiters. Aber - es ist nicht der Kern der Sache.


    Übrigens: auch dort wo in Produktionsfirmen dieses "Ausquetschen" wirklich stattfindet, auch da übt sie kaum der "Kapitalist" selbst, sondern (jedenfalls in großen Firmen) die zuständigen (Schicht)manager. Und sie denken dabei wohl kaum an den Kapitalisten selber - sondern sie sind dazu schlicht und einfach genötigt durch den Konkurrenzkampf, also durch die Notwendigkeit, ausreichend Unternehmensgewinn zu produzieren.


    Damit soll Folgendes ausgesagt werden: es hat wirklich wenig Sinn, auf die "Kapitalisten" zu schimpfen (sei es auf ihre politische Herrschaft, sei es auf die "Ausbeutung" im gängigen Sinn). Die Kapitalisten selbst sind faktisch nur eine Verkörperung, eine Personifizierung einer bestimmten Funktion im Gesamtkomplex der marktwirtschaftlich-kapitalistischen Produktionsweise. Diese Funktion (bzw. Position) ist unter gegebenen Umständen objektiv, und nicht abzuschaffen.


    Das Einzige worum sich da wirklich handelt ist die Frage, ob man diesen Gesamtkomplex von gesellschaftlicher Produktion derart ändern (bzw. modifizieren) kann, dass positive und notwendige Elemente des bestehenden ökonomischen Modells (freie Marktwirtschaft) separiert werden können von den negativen Elementen (Herrschaft der entfremdeten Mechanismem über den Menschen selbst).


    Bei dieser Frage ist dann entscheidend, was wir mir dem Prinzip der Konkurrenz machen, es einstufen wollen: als etwas Willkürliches, nur dem Kapitalismus Immanentes - oder aber doch als "ökonomische Notwendigkeit". (Denn dass das Unternehmen selbst einen Gewinn produzieren muss, wird wohl unbestritten sein.)


    Damit es zu keinem Missverständnis kommt: ich will keineswegs behaupten, dass man kein Recht hätte (im Rahmen der üblichen politischen und ideologischen Auseinandersetzungen), etwaige Versuche der kapitalistischen Klasse auch die rein politische Macht an sich zu reißen bzw. die Auswüchse der direkten Ausbeutung zu kritisieren; aber ich wiederhole noch einmal, dass sind letztendlich nur Symptome, aber der eigentliche Kern der ganzen Sache liegt woanders.

  • Hallo Jopol,


    „Eigentum ... bezeichnet die umfassendste Sachherrschaft...“

    Das BGB definiert Eigentum als „Herrschaft einer Person über eine Sache“. Eigentum ist das Recht, eine Sache willkürlich zu gebrauchen oder sie zu missbrauchen.


    Privates Eigentum ist in sich antisozial und anachronistisch. Erst recht ist Eigentum antisozial und anachronistisch, wo das Eigentum sich auf die Nutzung von Arbeitskraft bezieht.

    Unsere Arbeitskraft ist untrennbar mit unserem Menschsein verbunden. Da geschieht es zwangsläufig, dass die Fabrikdespotie, mit der der kollektive, kapitalistische Arbeitsprozess organisiert ist, sich zerstörerisch auf unser gesamtes (Lohnarbeiter)Menschsein auswirkt.


    Deshalb ist es auch passend, in einem politischen Manifest, die anachronistische Unternehmensherrschaft über die eigenen Lohnarbeiter mit der ebenso anachronistischen Königsherrschaft zu vergleichen.


    Von seinem Begriff und Wesen des Eigentums her herrscht der Eigentümer unbeschränkt über "seine Sache". Beschränkungen des kapitalistischen Eigentums können einem Eigentümer nur von Außen her aufgezwungen werden (andere Eigentümer und vor allem von den Lohnarbeitern in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitssicherheit, Gesundheitswesen etc. - aber auch: Anti-AKW, Kampf gegen Großprojekte, Klimabewegung u.ä.)


    Alles, was hier an Einwänden vorgebracht wurde, ist im Detail nicht verkehrt, schwächt aber den (innerbetrieblichen) Gegensatz von Kapital=Herrschaft und Lohnarbeit=Unmündigkeit und Unterworfensein ab und beschönigt ihn.

    Auch bei dem zweiten Gegensatz, dem zwischen Staatsmacht und "Staatsbürger" (=Untertan) kamen nur Einwände, die den im Kern gewaltsamen und gewalttätigen Widerspruch zwischen Staatsmacht und untertänigem Volk beschönigen und in mildem Licht darstellen.


    Wie schon gesagt: Das ist Ideologie aus der "Sozialkunde".


    Gruß Wal

  • Hallo Wal,


    danke für die Antwort.


    Also der Reihe nach; zunächst zu der "Schwächung" des (Klassen)gegensatzes.


    Gewiss: jede Problematisierung eines politisch und ideologisch aufgeladenen Sachverhalts schwächt zunächst einmal eben diesen politischen und sozialen Impuls. Aber: da muss man sich entscheiden, ob man wirklich (nur) Ideologie, oder aber eine echte Theorie betreiben will. Ob man also politische Parolen bevorzugt, oder aber eine sachliche und objektive Analyse der sozial-ökonomischen Gegebenheiten. Auf lange Sicht kann das Bestreben um einen grundlegenden Systemwechsel am meisten gerade das schwächen, wenn man sich allzu weit von den realen Verhältnissen entfernt hat. Anders herum: die Realität zu akzeptieren (mit ihrer ganzen, immanenten Widersprüchlichkeit), das kann tatsächlich zunächst den unmittelbaren politisch-ideologischen Kampf schwächen; aber nur so kann man reale Kraft für Veränderungen in der Zukunft gewinnen.


    So viel im Allgemeinen. Jetzt zu den einzelnen Punkten. Zunächst zur Definition des "Eigentums". Falls ich mich noch richtig an die - schon sehr entfernten - Zeiten meines Jura-Studiums erinnere, wird das Eigentum schon seit dem römischen Recht definiert als "das Recht über eine Sache zu verfügen, nach dem eigenen Willen und im eigenen Interesse". Insofern sind die beiden von uns vorgebrachten Definitionen nicht so weit voneinander entfernt; in der römischen Definition ist freilich vom etwaigen "Missbrauch" keine Rede. (Im alten Rom ist man wohl von der Annahmen ausgegangen, dass der typische Eigentümer kein Spinner ist, um sein Eigentum kaputt zu machen; sondern dass er das natürliche Bestreben hat, dieses vernünftig zu handhaben.)


    "Privates Eigentum ist ist sich antisozial a anachronistisch." - Das ist zunächst einmal ein ziemlich großer Sprung, vom "Eigentum überhaupt" zum "Privateigentum".


    Obwohl, möglicherweise genau im Gegenteil: vielleicht ist es in Wirklichkeit überhaupt kein Sprung. Als Erstes müssten wir nämlich die Frage entscheiden, ob überhaupt ein "Eigentum" möglich ist, ohne dass es gleichzeitig ein Privateigentum wäre.


    Wenn ich nämlich mein Eigentum - legitim - nutzen und verwalten soll, dann muss ich automatisch und natürlich einen etwaigen Zugriff von anderen Personen auf mein Eigentum ausschließen; und genau das (also dieses Ausschließen) ist ein Wesensmerkmal des Privateigentums. Oder vielleicht besser umgekehrt: "Privateigentum" ist ein Wesensmerkmal von jedem Eigentum überhaupt. Sofern wir also das Eigentum nicht pauschal verwerfen wollen - dann müssen wir akzeptieren, dass es immer zumindest einige Züge vom "Privateigentum" tragen, beinhalten würde.


    "Privateigentum als Anachronismus" - wenn man das Institut des Privateigentums pauschal als "Anachronismus" verwerfen und abschaffen will, dann müsste man gleichzeitig imstande sein, eine - real funktionierende - Alternative anzubieten. Ob es uns gefällt oder nicht, es ist reine Tatsache, dass alle historischen Versuche, konsequent kollektivistische Eigentumsformen der gesellschaftlichen Produktion einzuführen, restlos gescheitert sind. Es ist die nackte Realität; und es hätte wenig Sinn, vor dieser Realität die Augen zu verschließen.


    Die entscheidende Frage lautet: welche Eigentumsformen sind mit der modernen Produktionsweise kompatibel? Wenn wir das Privateigentum abschaffen möchten und das absolut kollektivistische Staatseigentum versagt hat - welche (neuen) Formen von Eigentum können wir uns denken, bzw. erdenken?


    Jedenfalls wäre ich wirklich sehr vorsichtig damit, das Privateigentum als schlichtweg "anachronistisch" abzustempeln.


    "Privateigentum als antisozial" - ich muss einräumen, derart apodiktische Sprüche sind mir doch etwas übertrieben. Ich muss jetzt wohl erwähnen, dass ich selber mehr oder weniger direkt aus der Produktion komme. Aus der Produktion (in einem großen internationalen, also natürlich "kapitalistischen" Konzern); mit einer Arbeitsweise, die wirklich sehr anstrengend, manchmal geradezu brutal hart war. Und mit unseren Kollegen haben wir oft durchaus ungeniert von einer "Sklavenarbeit" gesprochen; und jeder wusste ohne Weiteres, was damit gemeint ist.


    Und trotzdem: es war gleichzeitig immer noch Arbeit - also an sich, objektiv sinnvolle Tätigkeit, eine Dienstleistung, die durchaus gesellschaftlich nützlich war. Und jeder von uns wusste: es ist eine Arbeit, die schlicht und einfach gemacht werden muss. Die gemacht werden muss, in einem ganz bestimmten Zeitlimit, sonst wären anschließende Arbeitsprozesse unwiederbringlich verpasst. Kurzum: der Druck von oben auf unsere Leistung war gewaltig; aber gleichzeitig war unser Arbeitseinsatz und unsere Anstrengungen (unter gegebenen Umständen) notwendig, um die Produktion effektiv und rational gestalten zu können.


    Einfach gesagt: trotz aller "Sklavenarbeit" haben wir durchaus auch das Gefühl und das Bewusstsein gehabt, dass wir immer noch im Grunde nützliche und sinnvolle Arbeit verrichten; und dass zu einer effektiven Arbeitsorganisation doch auch der Beitrag unserer Vorgesetzten notwendig und nützlich ist.


    Gerade dass ist etwas, was sich die marxistisch orientierte Linke nur selten ihr Bewusstsein hereinlassen will: dass nämlich auch unter den Bedingungen des Kapitalismus (also des Privateigentums) immer noch an sich nützliche Gebrauchswerte produziert werden. Anders gesagt: dass selbst im Kapitalismus nicht nur abstrakte (also Wert- und Mehrwert schaffende), sondern auch konkrete, reale Gebrauchswerte schaffende Arbeit gemacht wird.


    Das heißt: selbst im Kapitalismus ist die Arbeit nicht durchgängig und hundertprozentig entfremdet; sondern auch hier bleibt noch ein wesentlicher Anteil von realer, also nützlich-konkreter Arbeit.


    Aus diesem Grund wiederhole ich noch einmal: die Arbeitsorganisation, die auf Privateigentum gegründet ist, schlichtweg als "antisozial" zu bezeichnen, scheint unter dem Strich doch zu einseitig. Und deshalb würde ich doch darauf bestehen, was ich schon gestern geschrieben habe: das (kapitalistische) Privateigentum hat ohne Zweifel bestimmte Elemente von Herrschaftsverhältnissen; aber man kann sich die Sache doch nicht so einfach machen, dass man die Arbeitsorganisation unter den Bedingungen des Privateigentums pauschal nur als "antisozial" abstempeln würde. So einfach ist die gelebte Realität nun mal wirklich nicht.

  • @Jopol


    Im Marx-(Diskussions-)Forum geht es nicht um persönliche Befindlichkeiten.

    Auch dein nächster (letzter?) persönlicher Beitrag ohne Themenbezug wurde nicht freigeschaltet.

    Sorry und Gruß!

    Wal

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