Ein paar erste Anmerkungen zur "Kommunalisierung und Demokratisierung"

  • verfasst von Robert Schlosser(R), 17.01.2012, 14:10


    Dem „Bochumer Programm“ wird u.a. der Vorwurf gemacht, seine Forderungen seien beliebig, wirklichkeitsfremd etc.
    Dieser Vorwurf bezieht sich auch auf die zentrale Ausrichtung des Programms zur „Kommunalisierung und Demokratisierung“. Schaut man sich die Sache etwas näher an, dann erscheinen eher unsere Kritiker als wirklichkeitsfremd.


    Neben dem „Arbeitsplatz“ also dem „Betrieb“ im weitesten Sinne des Wortes (auch Schule, Krankenhaus, Verwaltung, etc.) sind die Kommunen die Orte, an denen unser gesellschaftliches Arbeiten und Leben stattfindet. Neben dem „Betrieb“ ist also die Kommune zentraler Ort für soziale Emanzipation, wenn diese tatsächlich den Alltag verändern soll!


    Kapitalistisch erzeugter „sozialer Sprengstoff“ sammelt sich heute nicht nur in den „Betrieben“ an, sondern auch in den Kommunen. Was im „Betrieb“ in der Form von Entlassungen, Lohnkürzungen, Verdichtung und Verlängerung der Arbeit etc. auf die Lohnabhängigen zukommt, begegnet ihnen auf der anderen Seite – in den Kommunen - als „Sparprogramme“, „Leistungskürzungen“, Privatisierung und Schließung „öffentlicher Einrichtungen“.


    „Kommunalpolitik“ ist heute eine weitgehend unangefochtene Domäne bürgerlicher Politik, Spielwiese für Konservative, Reaktionäre und Reformer. Trotzdem regt sich überall Widerstand.


    Die in den Kommunen aufbrechenden sozialen Widersprüche um die „finanziellen Handlungsspielräume“ für „Selbstverwaltung“, um „Sparprogramme“ bleiben heute weitgehend eingebunden in „Reformpolitik“, ohne sozialrevolutionäre Perspektive im Sinne einer „Selbstregierung der Kommunen“. Dafür zu streiten, dass sich das ändert, lohnt sich, weil sich die sozialen Widersprüche in den Kommunen weiter zuspitzen werden! Schon 2001 konnte man folgende Erklärung vom „deutschen Städtetag“ lesen:


    www.staedtetag.de/10/presseeck…9/174/zusatzfenster2.html


    Heute hat sich die Situation weiter verschärft. Im Ruhrgebiet hat sich ein bürgerliches „Aktionsbündnis gegen kommunale Schulden“ gebildet, dass sich u.a. um „Standortkonkurrenz“ sorgt:


    www.bochum.de/C125708500379A31/vwContentByKey/W282W9VQ764BOLDDE?open&MCL=StartseiteMCL


    In der realen Kommune Bochum fordert die Oberbürgermeisterin der Stadt die „BürgerInnen“ jetzt dazu auf, an „Sparprogrammen“ mitzuwirken. „Echte Partizipation“ also, Mitbestimmung, wie sie gewünscht wird. Die Leute sind aufgefordert zu sagen, worauf sie gerne verzichten würden und sollen gern weitere Sparvorschläge machen. Schaut euch das mal an, es gibt einen hervorragenden Einblick in Themen, um die sich KommunistInnen kümmern sollten:


    www.bochumer-buergerforum.de/


    So sieht Demokratie heute in den Kommunen aus: „BürgerInnen“ werden befragt und sollen „mitbestimmen“ bei der Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. Auf diese Weise soll aufkommender Widerstand vermieden oder abgeschwächt werden.


    Für die UnterstützerInnen des „Bochumer Programms“ gibt es einiges zu tun, um die Perspektive der „Kommunalisierung und Demokratisierung“ zu erläutern und zu popularisieren. Die Wirklichkeit arbeitet uns zu.


    Herzliche Grüße
    Robert


    Link zum alten Forum:
    http://marx-forum.de/diskussion/forum_entry.php?id=6517&page=14&category=0&order=time

  • ...aber kann zB das Bochumer Bürgerforum nicht auch verstanden werden als eine Möglichkeit, neue Strukturen im bürgerdialog zu schaffen? Wenn die Bürger spüren, unter welchen Zwängen Kommunen arbeiten müssen, könnte sich doch aus diesem daraus resultierendem Unmut Alternativen bieten; bis hin zu Vergemeinschaftungen.

  • Hallo Konkordanz


    Natürlich kann das so (von Menschen) verstanden werden, das soll es evtl. sogar.


    Die Frage ist mE, ist das tatsächlich so gewollt. Und diese Frage beantworte ich mit: NEIN.


    Versuchen könnt Ihr das schon. Mit der entsprechenden Beteiligung wird sich da vielleicht auch das eine oder andere 'reißen' lassen. Euch wird aber dabei kräftig der Wind entgegen kommen, denn hier soll in den vorgegebenen Strukturen entschieden werden, nicht über die Struktur selbst.
    Die Struktur sagt schließlich, was zur Entscheidung der Bürger 'frei' gegeben wird...


    ... was Einwohner einer solchen Kommune dann machen, wenn sie damit nicht wirklich zu ihren Zielen (welche auch immer das in der jeweiligen Kommune sind) kommen, entscheiden sie selbst - und dann egal, ob das von der Struktur so 'gewollt' ist oder nicht.
    Ich denke allerdings, die Alternativen 'bieten' sie sich nur selbst, kein anderer ;-)


    Liebe Grüße - Wat.

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