Eigentum
Eigentum ist Kommando über
fremde Arbeit. Die Selbstbestimmung aller Arbeiter erfordert daher
Beseitigung des Eigentums. Der Kapitalismus schafft dafür die
Voraussetzungen.
„Welches immer die gesellschaftlichen Formen
der Produktion, Arbeiter und Produktionsmittel bleiben stets ihre
Faktoren. Aber die einen und die anderen sind dies nur der Möglichkeit
nach im Zustand ihrer Trennung voneinander. Damit überhaupt produziert
werde, müssen sie sich verbinden. Die besondere Art und Weise, worin diese
Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiedenen
ökonomischen Epochen der Gesellschaftsstruktur.“ K. Marx, Kapital II, MEW
24, 42.
„Die
spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den
unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und
Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst
herauswächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. ... Es ist
jedes Mal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der
Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten ... worin wir das
innerste Geheimnis, die verborgene Grundlage der ganzen gesellschaftlichen
Konstruktion und daher auch der .... jedesmaligen spezifischen Staatsform
finden.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 799.
„Die ursprüngliche
Einheit zwischen Arbeiter und Arbeitsbedingungen ... hat zwei Hauptformen:
das orientalische Gemeinwesen (naturwüchsigen Kommunismus) und die
kleine Familienagrikultur (womit Hausindustrie verbunden ist) in
der einen oder anderen Form. Beide Formen sind Kinderformen und
gleich wenig geeignet, die Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und
die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit zu entwickeln. Daher die
Notwendigkeit der Trennung, der Zerreißung, des Gegensatzes zwischen
Arbeit und Eigentum (womit zu verstehen Eigentum an den
Produktionsbedingungen). ... Die äußerste Form dieser Zerreißung, worin
zugleich die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit am mächtigsten
entwickelt wird, ist die des Kapitals. Auf der materiellen Basis, die
es schafft, und vermittelst der Revolutionen, die im Prozess dieser
Schöpfung die Arbeiterklasse und die ganze Gesellschaft
durchmachen, kann erst wieder die ursprüngliche Einheit hergestellt
werden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert, MEW 26.3., 414f.
„Der
Kapitalist zahlt den Wert, bzw. davon abweichenden Preis der
Arbeitskraft und erhält im Austausch die Verfügung über die lebendige
Arbeitskraft selbst. Seine Nutznießung dieser Arbeitskraft zerfällt in
zwei Perioden. Während der einen Periode produziert der Arbeiter nur
einen Wert = Wert seiner Arbeitskraft... Für den vorgeschossenen Preis der
Arbeitskraft erhält so der Kapitalist ein Produkt vom selben
Preis... In der Periode der Mehrarbeit dagegen bildet die Nutznießung
der Arbeitskraft Wert für den Kapitalisten, ohne ihm einen Wertersatz zu
kosten. Er hat diese Flüssigmachung der Arbeitskraft umsonst. In diesem
Sinn kann die Mehrarbeit unbezahlte Arbeit heißen. Das Kapital ist also
nicht nur Kommando über Arbeit, wie A. Smith sagt. Es ist wesentlich
Kommando über unbezahlte Arbeit. ... Das Geheimnis von der
Selbstverwertung des Kapitals löst sich auf in seine Verfügung über ein
bestimmtes Quantum unbezahlter fremder Arbeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW
23, S. 556.
„In der weiteren Entwicklung ... wird sich ...
schließlich zeigen, dass das Privateigentum (im Kapitalismus, wb)
... identisch ist mit der Trennung von Arbeit und Eigentum; so dass Arbeit
= wird fremdes Eigentum schaffen und Eigentum = fremde Arbeit
kommandieren.“ Karl Marx, Grundrisse, S. 148.
(Wo es dem
Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter,
Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden
Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver
Schrift. Wal Buchenberg.) Anhang über das Eigentum
im Sowjetsystem: Die Ideologen des Sowjetsystems behaupten,
dass mit der juristischen Abschaffung des kapitalistischen Eigentums und
mit Beseitigung der Kapitalistenklasse als Kommandeure der Produktion die
Ausbeutung der Lohnarbeit beseitigt worden sei: „In den nationalisierten Betrieben
werden die kapitalistischen Produktionsverhältnisse von sozialistischen
abgelöst. Die zu gesellschaftlichem Eigentum gewordenen Produktionsmittel
hören damit auf, Kapital zu sein. Die Arbeitskraft ist bereits keine Ware
mehr. Die Arbeit wird aus einer Quelle der Bereicherung der Kapitalisten
zur Arbeit für sich, für die Gesellschaft. Die Ausbeutung des Menschen durch
den Menschen wird beseitigt. Der Mehrwert entfällt.“ (Lehrbuch Politische
Ökonomie, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. Vierte
überarbeitete Ausgabe, Berlin 1964, 354.) Diese Behauptungen
widersprechen sowohl den Erfahrungen der sowjetischen Werktätigen wie der
Marx’schen Theorie. 1. Erstens liegt nach Marx das Wesen des
Eigentums nicht in juristischen Titeln, sondern im „Kommando über fremde
Arbeit“: „...das Eigentum, das ... (nach) der Definition der modernen
Ökonomen ... die Verfügung über fremde Arbeitskraft ist.“ K. Marx, F.
Engels, Dt. Ideologie, MEW 3, S. 32. Solange also die wirklichen
Produzenten nicht selber über sich, über ihre Produktionsbedingungen und
über die Zwecke ihrer Produktion bestimmen, solange herrscht ein fremder
Wille und fremdes Eigentum über sie, egal ob dieser fremde Wille als
Kapitalist einen juristischen Eigentumstitel trägt oder ob - wie im
Sowjetsystem - der Wille der Planerbürokratie als sozialistischer
Treuhänder der Gesellschaft auftritt. Da die sowjetische Gesellschaft
gegenüber diesen „Treuhändern“ kein Weisungsrecht hatte, handelte es sich
nicht wirklich um Treuhänder, sondern um despotische Machthaber. Die
„Treuhänderschaft“ war nur der juristische Schein, der das wirkliche
„Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der
Produktion selbst herauswächst“ (K. Marx) verdecken
sollte.
2. Schon im Kapitalismus wird die Einheit von
juristischem Eigentum und Kommandogewalt über fremde Arbeit durch die
Manager aufgehoben, ohne dass dadurch die Ausbeutung der Lohnarbeit
aufhört: „Dass nicht die industriellen Kapitalisten, sondern die
industriellen Manager ‚die Seele unseres Industriesystems’ sind, hat schon
Herr Ure bemerkt. ... Die kapitalistische Produktion selbst hat es
dahin gebracht, dass die Arbeit der Oberleitung, ganz getrennt vom
Kapitaleigentum, auf der Straße herumläuft. Es ist daher nutzlos geworden,
dass diese Arbeit der Oberleitung vom Kapitalisten ausgeübt werde.“ K.
Marx, Kapital III. MEW 25, 400. „Die Aktienunternehmungen überhaupt
- entwickelt mit dem Kreditwesen - haben die Tendenz, diese
Verwaltungsarbeit (der Manager, wb) mehr und mehr zu trennen von
dem Besitz des Kapitals, sei es eigenes oder geborgtes. ... Indem aber
einerseits dem bloßen Eigentümer des Kapitals, dem Geldkapitalisten, der
fungierende Kapitalist gegenübertritt und mit der Entwicklung des Kredits
dies Geldkapital selbst einen gesellschaftlichen Charakter annimmt, in
Banken konzentriert und von diesen, nicht mehr von seinem unmittelbaren
Eigentümern ausgeliehen wird; indem andererseits aber der bloße
Manager, der das Kapital unter keinerlei Titel besitzt, weder leihweise noch
sonst wie, alle realen Funktionen versieht, die dem fungierenden
Kapitalisten als solchem zukommen, bleibt nur der Funktionär und
verschwindet der Kapitalist als überflüssige Person aus dem
Produktionsprozess.“ K. Marx, Kapital 3. S. 401. Dass das
Sowjetsystem erfolgreich bewiesen hat, dass der Kapitalist „als
überflüssige Person aus dem Produktionsprozess verschwinden“ kann und
muss, ist also kein Beweis für die Überlegenheit des
Sowjetsystems über den Kapitalismus. Im Sowjetsystem blieben - wie im
Kapitalismus - die Produzenten von allen wirtschaftlichen und politischen
Entscheidungen ausgeschlossen. Sie konnten weder über sich selber
entscheiden, noch über ihre Produktionsbedingungen, noch gehörte ihnen ihr
eigenes Arbeitsprodukt: „Das Produkt oder der Wert des Produkts der
Arbeit gehört nicht dem Arbeiter.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert I.,
MEW 26.1, 43. Das Sowjetsystem war ein anderes
Wirtschaftssystem als der Kapitalismus, aber kein grundsätzlich
besseres. Ausführlicher dazu: www.marx-forum.de: Geschichte/
Sowjetunion/ Kritik der politischen Ökonomie der Sowjetunion. Wal
Buchenberg, 23.09.2001 |