Ludwig Feuerbach

Ludwig Feuerbach „begann als Schüler Hegels, wandte sich aber von ihm bald ab, indem er den ‚absoluten Geist‘ als den ‚abgeschiedenen Geist der Theologie‘ bezeichnete, der in Hegels Philosophie noch als Gespenst umgehe; diese sei nur eine scheinbare Negation der Theologie, in Wahrheit aber selbst wieder Theologie.
Seine Hauptwerke sind das ‚Wesen des Christentums‘ vom Jahr 1841 und die ‚Vorlesungen über das Wesen der Religion‘, die, im Winter 1848 auf 1849 in Heidelberg gehalten, bald darauf in Buchform erschienen.
Der Grundgedanke, den er in allen seinen Schriften mit lästiger Unermüdlichkeit wiederholt, liegt in dem Satz: ‚Wie die Natur, aber als ein Gegenstand und Wesen der menschlichen Wünsche und der menschlichen Einbildungskraft, der Kern der Naturreligion ist, so ist der Mensch, aber als Gegenstand und Wesen der menschlichen Wünsche, der menschlichen Einbildungs- und Abstraktionskraft, der Kern der Geistesreligion, der christlichen Religion.“
Homo homini deus est – Gott schuf sich nicht die Menschen nach seinem Bilde, sondern die Menschen schufen sich Gott und Götter nach ihrem Bild; der Mensch ist Anfang, Mittelpunkt und Ende der Religion; das Geheimnis der Theologie ist die Anthropologie.
Ein Gedanke von idiotischer Einfachheit, der alle Rätsel mit einem Schlage löst und Feuerbach zu der Konstatierung veranlasst: ‚Im Gebiete der Natur gibt es noch genug Unbegreifliches, aber die Geheimnisse der Religion, die aus dem Menschen entspringen, kann er bis auf den letzten Grund erkennen.“
Die Ethik, die aus dieser neuen Theologie fließt, ist etwa folgende: wie ... der Kranke nicht mehr vom Gebet Heilung erhofft, sondern vom Arzt, so wird man mit der Zeit auch aufhören, die Sittengesetze als Gebote Gottes zu betrachten. An die Stelle des Glaubens an Gott wird der Glaube an uns selbst treten ....“

Aus: Egon Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit. München, S. 1075.

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