Kleinbürger (kleine Selbständige &
Kleinkapitalisten) Kleinbürger sind ökonomisch ein Mittelding zwischen
Lohnarbeiter und Kapitalist. Mit dem Lohnarbeiter haben sie gemeinsam,
dass sie von eigener Arbeit leben müssen, mit dem Kapitalisten haben sie
gemeinsam, dass sie ihre eigene Produktionsmittel benutzen und ihr
Arbeitsprodukt als ihnen gehörende Ware verkaufen. In ihrer Mehrheit sind
es Einzelarbeiter. Der Kleinbürger ist „ein Arbeiter, der
sich vom modernen Proletarier dadurch unterscheidet, dass er noch im
Besitz seiner Arbeitsmittel ist; also ein Überbleibsel einer vergangenen
Produktionsweise.“ F. Engels, Bauernfrage, MEW 22, 488.
„Innerhalb
der EU gibt es ca. 18 Millionen Selbständige, das entspricht 13 % der
erwerbstätigen Gesamtbevölkerung.“ LitDokAB 99/2000-1, a-902.
In
Deutschland gehören 9 % aller Erwerbstätigen zu den Selbständigen
(Stat. Bundesamt, 2001). Im Jahr 1960 gab es rund 20 % und im Jahr
1880 noch rund 35 % Selbständige in Deutschland. Die statistische Summe
der Selbständigen in Deutschland (9 % aller Erwerbstätigen) enthält die
Kapitalisten, die von fremder Arbeit leben (können) (= ca. 1 % aller
Erwerbstätigen), die
Kleinkapitalisten und selbständige Handwerker, die teils selber
produktiv arbeiten, teils fremde Arbeitskraft ausbeuten, (= ca. 3,5 %
aller Erwerbstätigen) und zu 50 % die Einzelarbeiter, die nur sich selber
ausbeuten (= 4,5 % aller Erwerbstätigen). „Selbständige
Einzelarbeiter ohne sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter machen 50 %
aller Selbständigen aus.“ LitDokAB 99/2000-1, a-898.
1.
Selbständige Einzelarbeiter sind keine Kapitalisten. „Zersplitterte
Produktionsmittel, die den Produzenten selbst als Beschäftigungs- und
Subsistenzmittel dienen, ohne sich durch Einverleibung fremder Arbeit zu
verwerten, sind kein Kapital.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
731.
„Wie verhält es sich aber dann mit selbständigen
Handwerkern oder Bauern, die keine Arbeiter anwenden, also nicht als
Kapitalisten produzieren? ... Ihre Produktion ist nicht unter die
kapitalistische Produktionsweise subsumiert. Es ist möglich, dass diese
Produzenten, die mit eigenen Produktionsmitteln arbeiten, nicht nur ihr
Arbeitsvermögen reproduzieren, sondern Mehrwert schaffen, indem ihre
Position ihnen erlaubt, ihre eigene Mehrarbeit oder einen Teil
derselben (indem ein Teil ihnen unter der Form von Steuern etc.
weggenommen wird) sich anzueignen. ... Der unabhängige Bauer oder
Handwerker wird in zwei Personen zerschnitten. ... Als Besitzer der
Produktionsmittel ist er Kapitalist, als Arbeiter ist er sein eigener
Lohnarbeiter. Er zahlt sich also seinen Lohn als Kapitalist und
zieht seinen Profit aus seinem Kapital, d.h. er beutet sich selbst
als Lohnarbeiter aus und zahlt sich in dem Mehrwert den
Tribut, den die Arbeit dem Kapital schuldet. Vielleicht zahlt er sich
noch einen dritten Teil als Grundbesitzer (Rente)... Die
Produktionsmittel werden nur Kapital, soweit sie als selbständige Macht
der Arbeit gegenüber verselbständigt sind. Im angegebenen Fall ist der
Produzent .... Besitzer, Eigentümer seiner Produktionsmittel. Sie sind
also nicht Kapital, sowenig wie er ihnen gegenüber Lohnarbeiter
ist. ... Der Produzent schafft zwar im angegebenen Fall seinen
eigenen Mehrwert (der Fall gesetzt, dass er seine Ware zu ihrem
Wert verkauft), ... dass er aber das ganze Produkt seiner eigenen Arbeit
sich selbst aneignen kann und es nicht von einem dritten
Herrn angeeignet wird, ... verdankt er nicht seiner Arbeit - die
ihn nicht von anderen Arbeitern unterscheidet -, sondern dem Besitz
seiner Produktionsmittel. ...“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert
I., MEW 26.1, 382-384.
„Die kapitalistische Produktion
beginnt, wie wir sahen, in der Tat erst, wo dasselbe individuelle Kapital
eine größere Anzahl Arbeiter gleichzeitig beschäftigt, der Arbeitsprozess
also seinen Umfang erweitert und Produkt auf größerer quantitativer
Stufenleiter liefert.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23,
341.
Vorausgesetzt ein Arbeiter kann durch 6 Stunden täglicher
Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreiten. „Wäre dieser Arbeiter im
Besitz seiner eigenen Produktionsmittel und begnügte er sich als Arbeiter
zu leben, so genügte ihm die zur Reproduktion seiner Lebensmittel
notwendige Arbeitszeit, sage von 6 Stunden täglich... Der
Kapitalist dagegen, der ihn außer diesen 6 Stunden sage 2
Stunden Mehrarbeit verrichten lässt, bedarf einer zusätzlichen
Geldsumme... Unter unserer Annahme jedoch müsste er schon drei
Arbeiter anwenden, um von dem täglich angeeigneten Mehrwert wie ein
Arbeiter leben, d.h. seine notwendigen Bedürfnisse befriedigen zu
können. In diesem Fall wäre bloßer Lebensunterhalt der Zweck seiner
Produktion, nicht Vermehrung des Reichtums... Damit er nur doppelt so
gut lebe wie ein gewöhnlicher Arbeiter und die Hälfte des produzierten
Mehrwerts in Kapital zurückverwandle, müsste er zugleich mit der
Arbeiterzahl das Minimum des vorgeschossnen Kapitals um das
Neunfache steigern.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 326. (Jeder
Arbeiter liefert in dem Beispiel 2 Stunden Mehrarbeit. Das Doppelte eines
Arbeitereinkommens wird dann in 12 Stunden von 6 Arbeitern geschafften;
die Hälfte des Mehrwerts, nämlich das Produkt von 3 Arbeitern in 6 Stunden
Mehrarbeit soll akkumuliert werden. Also sind insgesamt 9 Arbeiter
nötig.)
„Ein gewisser Höhegrad der kapitalistischen Produktion
bedingt, dass der Kapitalist die ganze Zeit, während deren er als
Kapitalist ... funktioniert,
zur Aneignung und daher Kontrolle fremder Arbeit und zum Verkauf der
Produkte dieser Arbeit verwenden könne. Dann verwandelt sich
„der Geld- oder Warenbesitzer ... erst wirklich in einen Kapitalisten.“ K.
Marx, Kapital I. MEW 23, 326f.
„Allerdings kann er selbst, gleich
seinem Arbeiter, unmittelbar Hand im Produktionsprozess anlegen, aber ist
dann auch nur ein Mittelding zwischen Kapitalist und Arbeiter, ein
Kleinkapitalist oder Kleinbürger.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23,
326.
„Aus der bisherigen Betrachtung der Produktion des Mehrwerts
ergibt sich, dass nicht jede beliebige Geld- oder Wertsumme in Kapital
verwandelbar ist, zu dieser Verwandlung vielmehr ein bestimmtes
Minimum von Geld oder Tauschwert in der Hand des einzelnen Geld- oder
Warenbesitzers vorausgesetzt ist.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23,
326.
„Das Minimum der Wertsumme, worüber der einzelne Geld- oder
Warenbesitzer verfügen muss, um sich in einen Kapitalisten zu entpuppen,
wechselt auf verschiednen Entwicklungsstufen der kapitalistischen
Produktion und ist, bei gegebner Entwicklungsstufe, verschieden in
verschiednen Produktionssphären, je nach ihren besonderen technischen
Bedingungen.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 327.
2. Aus den
kleinen, selbständigen Warenproduzenten wuchs geschichtlich das große
Kapital hervor. Andererseits werden die kleinen Warenproduzenten durch die
Konkurrenz des großen Kapitals vernichtet. „Das Privateigentum des
Arbeiters an seinen Produktionsmitteln ist die Grundlage des
Kleinbetriebs, der Kleinbetrieb eine notwendige Bedingung für die
Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion und der freien
Individualität des Arbeiters selbst. Allerdings existiert diese
Produktionsweise auch innerhalb der Sklaverei, Leibeigenschaft und andrer
Abhängigkeitsverhältnisse. Aber sie blüht nur..., wo der Arbeiter freier
Privateigentümer seiner von ihm selbst gehandhabten Arbeitsbedingungen
ist, der Bauer des Ackers, den er bestellt, der Handwerker des
Instruments, worauf er als Virtuose spielt. Diese Produktionsweise
unterstellt Zersplitterung des Bodens und der übrigen Produktionsmittel.
Wie die Konzentration der Produktionsmittel, so schließt sie auch die
Kooperation, Teilung der Arbeit innerhalb derselben Produktionsprozesse,
gesellschaftliche Beherrschung und Reglung der Natur, freie Entwicklung
der gesellschaftlichen Produktivkräfte aus. Sie ist nur verträglich mit
engen naturwüchsigen Schranken der Produktion und der Gesellschaft. ...
Auf einem gewissen Höhegrad bringt sie die materiellen Mittel ihrer
eigenen Vernichtung zur Welt. Von diesem Augenblick an regen sich Kräfte
und Leidenschaften im Gesellschaftsschoß, welche sich von ihr gefesselt
fühlen. Die Produktionsweise der individuellen und selbständigen
Warenproduzenten muss vernichtet werden, sie wird vernichtet. Ihre
Vernichtung, die Verwandlung der individuellen und zersplitterten
Produktionsmittel in gesellschaftlich konzentrierte... daher die
Enteignung der großen Volksmasse von Grund und Boden und
Lebensmitteln und Arbeitsinstrumenten, diese furchtbare und schwierige
Enteignung der Volksmasse bildet die Vorgeschichte des Kapitals....
Was jetzt zu enteignen ist, ist nicht länger der
selbstwirtschaftende Arbeiter, sondern der viele Arbeiter
ausbeutende Kapitalist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
789.
„Die kleineren Kapitale drängen sich unter dem
Konkurenzdruck des großen Kapitals ... in Produktionssphären, deren
sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt
hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im
umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet
stets mit dem Untergang vieler kleinerer Kapitalisten, deren Kapitale
teils in die Hand des Siegers übergehen, teils untergehen.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 654.
„Der Besitz der Produktionsmittel durch die
einzelnen Produzenten verleiht heutzutage diesen Produzenten keine
wirkliche Freiheit mehr... Seine Existenz ist unsicherer als die des
Proletariers, der wenigstens dann und wann ruhige Tage erlebt....“ F.
Engels, Bauernfrage, MEW 22, 492.
„Und der Handwerker oder Bauer,
der mit seinen eigenen Produktionsmitteln produziert, wird sich entweder
nach und nach in einen kleinen Kapitalisten verwandeln, der auch fremde
Arbeit ausbeutet, oder er wird seiner Produktionsmittel verlustig
gehen (dies mag zunächst geschehen, obgleich er ihr nomineller
Eigentümer bleibt, wie beim Hypothekenwesen) und in einen Lohnarbeiter
verwandelt werden. Dies ist die Tendenz in der Gesellschaftsform, worin
die kapitalistische Produktionsweise vorherrscht.“ K. Marx, Theorien über
den Mehrwert I., MEW 26.1, 382-384.
2.1. Auf dem Boden neuer
Technologien entsteht jedoch das Kleinbürgertum immer wieder
neu. „Sofern eine einzelne Arbeitsmaschine an die Stelle der
Kooperation oder der Manufaktur tritt, kann sie selbst wieder zur
Grundlage handwerksmäßigen Betriebs werden.“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23,
484) So eine einzelne Arbeitsmaschine, die die Kooperation vieler
Arbeiter ersetzen kann, waren z. B. der Elektromotor, die Nähmaschine und
jüngst der Computer. Durch diese neuen Technologien können solche
selbstarbeitenden Produktionsmittelbesitzer als „Reproduktion des
Handwerks auf Grundlage der Maschinerie“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 484
Anm. 247) immer wieder neu entstehen.
„...Wie das Beispiel
der modernen Heimarbeit zeigt, werden gewisse Zwitterformen auf dem
Hintergrund der großen Industrie stellenweise reproduziert, wenn auch mit
gänzlich veränderter Physiognomie.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
533.
„In den Vereinigten Staaten ist derartige Reproduktion des
Handwerks auf Grundlage der Maschinerie häufig. Die Konzentration, bei dem
unvermeidlichen Übergang in den Fabrikbetrieb, wird eben deswegen ... dort
mit Siebenmeilenstiefeln marschieren.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 484
Anm. 247. Einige dieser „modernen Handwerker auf maschineller
Grundlage“ schaffen es, zum erfolgreichen Kapitalisten aufzusteigen wie
ein Bill Gates, andere werden proletarisiert. Sie verlieren ihr
Betriebseigentum und werden in Lohnarbeiter verwandelt.
„In den
Ländern, wo sich die moderne Zivilisation entwickelt hat, hat sich eine
neue Kleinbürgerschaft gebildet, die zwischen dem Proletariat und der
Bourgeoisie schwebt und als ergänzender Teil der bürgerlichen Gesellschaft
stets von neuem sich bildet, deren Mitglieder aber beständig durch die
Konkurrenz in Proletariat hinabgeschleudert werden, ja selbst mit der
Entwicklung der großen Industrie einen Zeitpunkt herannahen sehen, wo sie
als selbständiger Teil der modernen Gesellschaft gänzlich verschwinden...“
K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 484.
3.
Widerspruchsvoll wie sein gesellschaftliches Dasein ist die politische
Stellung des Kleinbürgers. „Widerspruchsvoll wie sein
gesellschaftliches Dasein ist seine politische Stellung;“ F. Engels,
Militärfrage, MEW 16, 67f.
„In einer fortgeschrittenen Gesellschaft
und durch den Zwang seiner Lage wird der Kleinbürger
einesteils Sozialist, anderenteils Ökonom, d.h. er ist geblendet von der
Herrlichkeit der großen Bourgeoisie und hat Mitgefühl für die Leiden des
Volkes. Er ist Bourgeois und Volk zugleich. Im Innersten seines Gewissens
schmeichelt er sich, unparteiisch zu sein, das rechte Gleichgewicht
gefunden zu haben... Ein solcher Kleinbürger vergöttlicht den
Widerspruch, weil der Widerspruch der Kern seines Wesens ist. Er
selber ist bloß der soziale Widerspruch in Aktion.“ K. Marx an Annenkow,
1846, MEW 4, 557.
„Der Kleinbürger ist ... zusammengesetzt aus ein
Einerseits und Andererseits. So in seinen ökonomischen Interessen, und
daher in seiner Politik, seinen religiösen, wissenschaftlichen und
künstlerischen Anschauungen. So in seiner Moral, so in allem. Er ist
der lebendige Widerspruch. ... Wissenschaftlicher Scharlatanismus und
politische Kompromissbereitschaft sind von solchem Standpunkt
unzertrennlich. Es bleibt nur noch ein treibendes Motiv, die
Eitelkeit des Kleinbürgers, und er sorgt sich,
wie bei allen Eitlen, nur noch um den Erfolg des Augenblicks, um das
Aufsehen des Tages.“ K. Marx, Über Proudhon, MEW 16, 31f.
„Für den Kleinbürger, der in der
Warenproduktion den Gipfelpunkt menschlicher Freiheit und
individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es natürlich sehr
wünschenswert, der mit dieser Form verbundenen Missstände enthoben
zu sein...“ K. Marx, Kapital I., 82, Anm. 24.
„Aber der Demokrat,
weil er das Kleinbürgertum vertritt, also eine Übergangsklasse,
worin die Interessen zweier Klassen sich zugleich abstumpfen, dünkt sich
über den Klassengegensatz überhaupt erhaben.“ K. Marx, 18. Brumaire, MEW
8, 144.
„Die demokratischen Kleinbürger, weit entfernt, für die
revolutionären Proletarier die ganze Gesellschaft umwälzen zu wollen,
erstreben eine Änderung der gesellschaftlichen Zustände, wodurch ihnen die
bestehende Gesellschaft möglichst erträglich und bequem gemacht
wird. Sie verlangen daher vor allem Verminderung der Staatsausgaben
durch Beschränkung der Bürokratie und Verlegung der Hauptsteuer auf die
großen Grundbesitzer und Bourgeois. Sie verlangen ferner die Beseitigung
des Drucks des großen Kapitals auf das kleine durch öffentliche
Kreditinstitute und Gesetze gegen den Wucher... Um dies alles
durchzuführen, bedürfen sie einer demokratischen ... Staatsverfassung, die
ihnen und ihren Bundesgenossen, den Bauern, die Majorität gibt. ... Was
die Arbeiter angeht, so steht vor allem fest, dass sie Lohnarbeiter
bleiben sollen wie bisher, nur wünschen die demokratischen Kleinbürger den
Arbeitern besseren Lohn und eine gesicherte Existenz und hoffen dies durch
teilweise Beschäftigung von Seiten des Staates und durch
Wohltätigkeitsmaßregeln zu erreichen, kurz, sie hoffen die Arbeiter durch
mehr oder minder versteckte Almosen zu bestechen und ihre revolutionäre
Kraft durch momentane Erträglichmachung ihrer Lage zu brechen.... Diese
Forderungen können der Partei des Proletariats aber keineswegs genügen.“
K. Marx, Rundschreiben an den Bund der Kommunisten, 1850, MEW 7,
247.
„Was die Kleinbürger, Handwerksmeister und Krämer betrifft, so
werden sie sich immer gleich bleiben. Sie hoffen in das Großbürgertum sich
emporzuschwindeln, sie fürchten ins Proletariat hinabgestoßen zu werden.
Zwischen Furcht und Hoffnung werden sie während des Kampfes ihre werte
Haut schützen und nach dem Kampf sich dem Sieger anschließen. Das
ist ihre Natur.“ F. Engels, Bauernkrieg, MEW 16, 398.
„Es sind die
Repräsentanten des Kleinbürgertums, die sich anmelden, voll Angst, das
Proletariat, durch seine revolutionäre Lage gedrängt, möge ‚zu weit
gehen’. Statt entschiedener politischer Opposition - allgemeine
Vermittlung; statt des Kampfs gegen Regierung und Bourgeoisie - der
Versuch sie zu gewinnen und zu überreden; statt trotzigen Widerstands
gegen Misshandlungen von oben - demütige Unterwerfung und das
Zugeständnis, man habe die Strafe verdient. Alle historisch notwendigen
Konflikte werden umgedeutet in Missverständnisse und alle Diskussion
beendigt mit der Beteuerung: in der Hauptsache sind wir ja alle einig ...;
der Sturz der kapitalistischen Ordnung (liegt) in unerreichbarer Ferne,
hat also absolut keine Bedeutung für die politische Praxis der
Gegenwart...“ K. Marx/ F. Engels, Rundschreiben an die SPD-Führung, 1879,
MEW 19, 163.
„Im allgemeinen jedoch ist die ‚reine Demokratie’ ...
korrektester Ausdruck des Kleinbürgers. Sein politischer Beruf ist
der, die Bourgeoisie in ihrem Kampf gegen die Reste der alten Gesellschaft
und namentlich gegen ihre eigene Schwäche und Feigheit voranzutreiben und
diejenigen Freiheiten erkämpfen zu helfen - Pressefreiheit, Vereins- und
Versammlungsfreiheit, allgemeines Wahlrecht, lokale Selbstregierung -,
ohne welche ... eine schüchterne Bourgeoisie wohl auskommen kann,
ohne welche die Arbeiter aber nie ihre Emanzipation erobern können.“ F.
Engels, Militärfrage, MEW 16, 68.
4. Das Kleinbürgertum ist ein
politischer Bündnispartner der Lohnarbeiterklasse. (Dass es ein
unsicherer Bündnispartner ist, besagt gar nichts. JEDER mögliche
Bündnispartner der Revolution hat jeweils nur eine teilweise
Übereinstimmung mit den Interessen der Lohnarbeiter.) „Die
Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der
Handwerker, der Bauer, sie alle bekämpfen das große Kapital, um
ihre Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also
nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär,
denn sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Sind sie
revolutionär, so sind sie es im Hinblick auf den ihnen bevorstehenden
Übergang ins Proletariat, so verteidigen sie nicht ihre gegenwärtigen,
sondern ihre zukünftigen Interessen, so verlassen sie ihren eigenen
Standpunkt, um sich auf den des Proletariats zu stellen.“ K. Marx,
Kommunistisches Manifest, MEW 4, 472.
„Die Befreiung der
Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein. Es ist
selbstredend, dass sie sich weder von den Kapitalisten und
Großgrundbesitzern, ihren Gegnern und Ausbeutern, befreien lassen kann,
noch von den Kleinbürgern und Kleinbauern, die, von der Konkurrenz der
großen Ausbeuter erdrückt, keine andere Wahl haben, als entweder diesen
oder den Arbeitern Heeresfolge zu leisten.“ F. Engels, Kritik des
Programmentwurfs von 1891. MEW 22, 240.
„Wer hat denn je
bestritten, dass in der Reichstagsfraktion der SPD nicht
nur, sondern auch in der ganzen Partei, die kleinbürgerliche Richtung
ebenfalls vertreten ist? Einen rechten und einen linken Flügel hat jede
Partei, und dass der rechte Flügel der Sozialdemokratie kleinbürgerlicher
Art ist, liegt in der Natur der Sache. Wenn’s weiter nichts ist, wozu dann
all der Lärm?“ F. Engels an P. Ernst, 1.10.1890. MEW 22, 84.
„Das Kleinbürgertum (wird) ein
integrierender Bestandteil aller sich vorbereitenden sozialen Revolutionen
sein...“ K. Marx an Annenkow, 28.12.1846, MEW 4, 557.
Wo es dem
Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und
teilweise auch Zahlenangaben
modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich
von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Wal Buchenberg,
22.3.2002
Anhang: Neue Selbständigkeit und
Scheinselbständigkeit als sozialer Abstieg aus der Lohnarbeit „Die
,neuen Selbständigen' finden sich zunehmend in Arbeitsbereichen, die
traditionell von Arbeitnehmern ausgeführt wurden." LitDokAB 2000,
a-1080.
„Insbesondere Engländer treten bevorzugt auf deutschen
Baustellen als vorgeblich selbständige Unternehmer auf. Sie verrichten
aber typische Tätigkeiten eines unselbständigen Arbeiters.“ LitDokAB
1998/99 a-1638.
„Die Zahl der selbständig Erwerbstätigen in
Deutschland hat seit Beginn der 80er Jahre leicht und seit Beginn der 90er
Jahre verstärkt zugenommen. ... Verstärkt wandten sich Frauen oder
Ausländer dieser Erwerbsform zu.“ LitDokAB 99/2000-1,
a-898.
„Freigesetzte Fach- und Führungskräfte - zu jung für die
Pensionierung - müssen sich selbständig machen.“ LitDokAB 1998/99
a-1501.
„At the
same time, going self-employed has become an increasingly common escape
route from unemployment.“ LitDokAB 1998/99 b-1017.
„Im Jahre
1995 suchten in Deutschland mehr als 5,3 Millionen Personen eine neue
Tätigkeit, davon 177.000 oder fast 3 % eine selbständige. Arbeitslose
haben einen zunehmenden Anteil an der Zahl der Arbeitsuchenden, die
selbständig werden wollen." LitDokAB 2000, a-513.
„Die
Bereitschaft von Arbeitslosen, sich selbständig zu machen, ist in den
alten Bundesländern ausgeprägter“. LitDokAB 1998/99 a-1509. vgl. Institut
für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (Hrsg.): Aus der Arbeitslosigkeit in
die Selbständigkeit. Nürnberg 1997. LitDokAB
1998/99
„Im
Arbeits- und Sozialrecht ist der Unterschied zwischen geschützter
abhängiger Arbeit einerseits und ungeschützter selbständiger Tätigkeit
andererseits so krass, dass der Anreiz, abhängige Beschäftigung in ‚neue
Selbständigkeit’ umzuwandeln groß ist.“ LitDokAB 99/2000-2,
b-1330. Soweit nicht anders vermerkt, stammen diese Daten und Zitate
aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg.
von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg. |