Produktionsverhältnisse (Produktionsweise)

 

1. Allgemeines

Meine Untersuchung mündete in dem Ergebnis, dass Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der so genannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln ...

Das allgemeine Resultat, das sich mir ergab und, einmal gewonnen, meinen Studien zum Leitfaden diente, kann kurz so formuliert werden:

In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesell-schaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseins-formen entsprechen.

Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozess überhaupt.

Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein (ihre Praxis), sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein (ihre Praxis), das ihr Bewusstsein (ihre Theorien) bestimmt.

Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. ...

Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktions-verhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenz-bedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann, denn genauer betrachtet wird sich stets finden, dass die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozess ihres Werdens begriffen sind. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 8f.

 

In der Produktion wirken die Menschen nicht allein auf die Natur, sondern auch aufeinander. Sie produzieren nur, indem sie auf eine bestimmte Weise zusammenwirken und ihre Tätigkeiten gegeneinander tauschen.

Um zu produzieren, treten sie in bestimmte Beziehungen und Verhältnisse zueinander, und nur innerhalb dieser gesellschaftlichen Beziehungen und Verhältnisse findet ihre Einwirkung auf die Natur, findet die Produktion statt.

Je nach dem Charakter der Produktionsmittel werden natürlich diese gesellschaftlichen Verhältnisse, worin die Produzenten zueinander treten, die Bedingungen, unter welchen sie ihre Tätigkeiten austauschen und an dem Gesamtakt der Produktion teilnehmen, verschieden sein.

Mit der Erfindung eines neuen Kriegsinstruments, des Feuergewehrs, änderte sich notwendig die ganze innere Organisation der Armee, verwandelten sich die Verhältnisse, innerhalb deren Individuen eine Armee bilden und als Armee wirken können, änderte sich auch das Verhältnis verschiedener Armeen zueinander.

Die gesellschaftlichen Verhältnisse, worin die Individuen produzieren, die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse ändern sich also, verwandeln sich mit der Veränderung und Entwicklung der materiellen Produktionsmittel, der Produktivkräfte. Die Produktionsverhältnisse in ihrer Gesamtheit bilden das, was man die gesellschaftlichen Verhält-nisse, die Gesellschaft nennt, und zwar eine Gesellschaft auf bestimmter, geschichtlicher Entwicklungsstufe, eine Gesellschaft mit eigentümlichem, unterscheidendem Charakter. K. Marx, Lohnarbeit und Kapital, MEW 6, 407f.

 

... Die Menschen (fertigen) Tuch, Leinwand, Seidenstoffe unter bestimmten Produktionsverhältnissen an ... Diese bestimmten sozialen Verhältnisse (sind) ebenso gut Produkte der Menschen wie Tuch, Leinen etc.

Die sozialen Verhältnisse sind eng verknüpft mit den Produktivkräften. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse.

Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampf-mühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten. K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 130.

Siehe auch die Artikel: Arbeitsmittel, Eigentum, Geschichte

 

 

2. Historische Epochen von Produktionsverhältnissen

Die antike Gesellschaft, die feudale Gesellschaft, die bürgerliche Gesellschaft sind solche Gesamtheiten von Produktionsverhältnissen, deren jede zugleich eine besondere Entwicklungsstufe in der Geschichte der Menschheit bezeichnet. K. Marx, Lohnarbeit und Kapital, MEW 6, 407f.

 

In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als fortschreitende Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 9.

 

2.1. Gemeineigentum

2.1.1. Gemeineigentum bei Hirtenvölkern

... Eine gründlichere Geschichtsforschung findet das Gemein-eigentum ... als Ausgangspunkt bei allen Kulturvölkern wieder. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 764.

 

Bei wandernden Hirtenstämmen und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd erscheint die Erde gleich den anderen Naturbedingungen in elementarischer Unbegrenztheit, z. B. in den asiatischen Steppen und der asiatischen Hochebene. Sie wird abgeweidet etc., konsumiert durch die Herden, an denen wieder die Herdenvölker existieren.

Sie verhalten sich zu ihr als ihrem Eigentum, obgleich sie dies Eigentum nie fixieren.

Der Jagdgrund so bei den wilden Indianerstämmen in Amerika; der (Indianer-)Stamm betrachtet eine gewisse Region als sein Jagdgebiet und behauptet es gewaltsam gegen andere Stämme, oder sucht andere Stämme aus dem von ihnen behaupteten zu vertreiben.

Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die Gemeinde in der Tat stets vereinigt, Reisegesellschaft, Karawane, Horde, und die Formen der Über- und Unterordnung entwickeln sich aus den Bedingungen dieser Lebensweise. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

 

Als die erste große Produktivkraft erscheint das Gemeinwesen selbst. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 395.

 

Die Geschichte zeigt ... das Gemeineigentum (z. B. bei den Indern, Slawen, alten Kelten etc.) als die ursprünglichere Form, eine Form, die unter der Gestalt des Gemeindeeigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielt. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 9.

Durch das Jagen der Stämme wird eine Erdregion erst zum Jagdrevier; durch den Ackerbau die Erde, der Grund und Boden erst als der verlängerte Leib des Individuums gesetzt. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 393.

Die erste Form des Eigentums ist das Stammeigentum. Es entspricht der unentwickelten Stufe der Produktion, auf der ein Volk von Jagd und Fischfang, von Viehzucht oder höchstens vom Ackerbau sich nährt. Es setzt in diesem letzteren Falle eine große Masse unbebauter Ländereien voraus.

Die Teilung der Arbeit ist auf dieser Stufe noch sehr wenig entwickelt und beschränkt sich auf eine weitere Ausdehnung der in der Familie gegebenen naturwüchsigen Teilung der Arbeit. Die gesellschaftliche Gliederung beschränkt sich daher auf eine Ausdehnung der Familie: patriarchalische Stammhäupter, unter ihnen die Stammmitglieder, endlich Sklaven. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 22.

Siehe auch den Artikel: Gemeineigentum

 

2.1.2. Gemeineigentum bei Sesshaftigkeit (asiatische Produktionsweisen)

Mit dem Begriff asiatische Produktionsweisen werden Produktionsweisen wie in Mesopotamien, Indien und China bezeichnet. Dort erhielt sich auch nach der Sesshaftigkeit (ab ca. 8000 v. Chr.) von der Natur erzwungen (Be- und Entwässerung in großem Maßstab) die ursprüngliche kollektive Arbeitsweise des Stammes. Dabei verfestigte sich die ursprünglich naturwüchsige patriarchalische Leitungstätigkeit zu einer dauerhaften und damit staatlichen Spitze. Erst durch fremde Eroberer und insofern sich das Eigeninteresse der Leitungsbeamten verselbständigte, tritt diese gesellschaftlich notwendige Leitungstätigkeit in Gegensatz zur Masse der Produzenten.

Es kann ... die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem einzigen Haupt der Stamm-familie repräsentiert ist (= asiatischer Despotismus), oder als die Beziehung der Familienväter aufeinander (= patriarchale Demokratie).

Danach entwickelt sich eine entweder mehr despotische oder demokratische Form dieses Gemeinwesens. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 377.

 

Die Notwendigkeit, eine Naturkraft gesellschaftlich zu kontrollieren, damit hauszuhalten, sie durch Werke von Menschenhand auf großem Maßstab erst anzueignen oder zu zähmen, spielt die entscheidendste Rolle in der Geschichte der Industrie. So z. B. die Wasserreglung in Ägypten, ... Oder in Indien, Mesopotamien usw., wo die Überrieslung durch künstliche Kanäle dem Boden nicht nur das unentbehrliche Wasser, sondern mit dessen Schlamm zugleich den Mineraldünger von den Bergen zuführt. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 537.

 

Da die Einheit der wirkliche Eigentümer ist und die wirkliche Voraussetzung des gemeinschaftlichen Eigentums - so kann diese selbst als ein Besonderes über den vielen wirklichen besonderen Gemeinwesen erscheinen, wo der Einzelne dann in der Tat eigentumslos ist, oder das Eigentum ... für ihn vermittelt erscheint durch das Ablassen der Gesamteinheit die im Despoten realisiert ist als dem Vater der vielen Gemeinwesen ...

Das Mehrprodukt das übrigens legal bestimmt wird infolge der wirklichen Aneignung durch Arbeit gehört damit von selbst dieser höchsten Einheit. Mitten im orientalischen Despotismus und der Eigentumslosigkeit, die juristisch in ihm zu existieren scheint, existiert daher in der Tat als Grundlage dieses Stamm- oder Gemeindeeigentum, erzeugt meist durch eine Kombination von Handwerk und Landwirtschaft innerhalb der kleinen Gemeinde, die so durchaus selbstversorgend wird und alle Bedingungen der Reproduktion und Mehrproduktion in sich selbst enthält.

Ein Teil ihrer Mehrarbeit gehört der höheren Gemeinschaft, die zuletzt als Person existiert, und diese Mehrarbeit macht sich geltend sowohl im Tribut etc. wie in gemeinsamen Arbeiten zur Verherrlichung der Einheit, teils des wirklichen Despoten, teils des gedachten Stammwesens, des Gottes.

Diese Art Gemeindeeigentum kann nun ... entweder so erscheinen, dass die kleinen Gemeinden unabhängig nebeneinander vegetieren und in sich selbst der Einzelne auf dem ihm angewiesenen Landteil unabhängig mit seiner Familie arbeitet; (eine bestimmte Arbeit dient für gemein-schaftlichen Vorrat, Versicherung sozusagen, einerseits, und für Bestreitung der Kosten des Gemeinwesens als solchen, also für Krieg, Gottesdienst etc. ...); das herrschaftliche Dominium (Herrengut) im ursprünglichsten Sinn findet sich erst hier, z. B. in den slawischen Gemeinden, in den rumänischen etc. Hierin liegt der Übergang in Frondienst etc.); oder die Einheit kann auf die Gemeinschaftlichkeit in der Arbeit selbst sich erstrecken, die ein förmliches System sein kann, wie in Mexiko, Peru besonders, bei den alten Kelten, einigen indischen Stämmen.

Es kann ferner die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist ...

Die gemeinschaftlichen Bedingungen der wirklichen Aneignung durch die Arbeit, Wasserleitungen etc. ... erscheinen dann als Werk der höheren Einheit der über den kleinen Gemeinden schwebenden despotischen Regierung. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 376f.

 

Gesellschaftliche Produktion irgendeiner Art (z. B. die der naturwüchsigen indischen Gemeinwesen oder die des mehr künstlich entwickelten Kommunismus der Peruaner) vorausgesetzt, kann stets unterschieden werden zwischen dem Teil der Arbeit, dessen Produkt unmittelbar von den Produzenten und ihren Angehörigen individuell konsumiert wird, und abgesehen von dem Teil, der der produktiven Konsumtion anheimfällt einem anderen Teil der Arbeit, der immer Mehrarbeit ist, dessen Produkt stets zur Befriedigung allgemeiner gesellschaftlicher Bedürfnisse dient, wie immer dies Mehrprodukt verteilt werde und wer immer als Repräsentant dieser gesellschaftlichen Bedürfnisse fungiere. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 884f.

 

 

2.2. Klassengesellschaften

Braucht der Arbeiter (= Produzent) alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und seiner Rasse nötigen Lebensmittel zu produzieren, so bleibt ihm keine Zeit, um unentgeltlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche verfügbare Zeit für den Arbeiter, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine Kapitalisten, aber auch keine Sklavenhalter, keine Feudalbarone, in einem Wort keine Großbesitzerklasse ...

Nur sobald die Menschen sich aus ihren ersten Tierzuständen herausgearbeitet haben, ihre Arbeit selbst also schon in gewissem Grad vergesellschaftet ist, treten Verhältnisse ein, worin die Mehrarbeit des einen zur Existenzbedingung des andern wird. In den Kulturanfängen sind die erworbenen Produktivkräfte der Arbeit gering, aber so sind die Bedürfnisse, die sich mit und an den Mitteln ihrer Befriedigung entwickeln. Ferner ist in jenen Anfängen die Proportion der Gesell-schaftsteile, die von fremder Arbeit leben, verschwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Produzenten. Mit dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst diese Proportion absolut und relativ. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 534f.

 

Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus dem unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervorwachsen-den Gemeinwesens und damit zugleich seine spezifische politische Gestalt. Es ist jedes Mal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten ein Verhältnis, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft entspricht , worin wir das innere Geheimnis, die verborgene Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion und daher auch der politischen Form des Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisses, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staats-form finden.

Dies hindert nicht, dass dieselbe ökonomische Basis dieselbe den Hauptbedingungen nach durch zahllos verschiedene empirische Umstände, Naturbedingungen, Rassenverhältnisse, von außen wirkende geschichtliche Einflüsse usw., unendliche Variationen und Abstufungen in der Erscheinung zeigen kann, die nur durch Analyse dieser empirisch gegebenen Umstände zu begreifen sind. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 799f.

Siehe auch den Artikel: Klassen und Klassenkampf

 

2.2.1. Antike Produktionsweise

Eine relative Selbständigkeit der Einzelfamilie innerhalb der Stammesgemeinschaft führt zur Herausbildung von Privateigentum zunächst als Familieneigentum.

Was wir aus Geschichtsbüchern als klassische Blüte der Antike kennen, erwächst auf den Ruinen ursprünglichen Gemeineigentums.

Privateigentum, als Gegensatz zum gesellschaftlichen, kollektiven Eigentum, besteht nur da, wo die Arbeitsmittel und die äußeren Bedingungen der Arbeit (= Land) Privatleuten gehören. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 789.

 

Je weniger faktisch das Eigentum des Einzelnen nur verwertet (d. h. vermehrt) werden kann durch gemeinsame Arbeit also z. B. wie die Wasserleitungen im Orient , je mehr der rein naturwüchsige Charakter des Stammes durch historische Bewegung, Wanderung, gebrochen; je mehr ferner der Stamm sich entfernt von seinem ursprünglichen Sitz und fremden Boden okkupiert, also in wesentlich neue Arbeitsbedingungen tritt und die Energie des Einzelnen mehr entwickelt ist ..., umso mehr sind die Bedingungen gegeben, dass der Einzelne Privateigentümer von Grund und Boden einer besonderen Parzelle wird, deren besondere Bearbeitung ihm und seiner Familie anheimfällt. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

 

Damit die Gemeinde fortexistiere in der alten Weise, als solche, ist die Reproduktion ihrer Glieder unter den vorausgesetzten objektiven Bedin-gungen nötig. Die Produktion selbst, Fortschritt der Bevölkerung ... hebt notwendig nach und nach diese Bedingungen auf; zerstört sie statt sie zu reproduzieren ... und damit geht das Gemeinwesen unter mit den Eigentumsverhältnissen, auf denen es gegründet war. ...

Verändert der Einzelne sein Verhältnis zur Gemeinde, so verändert er damit und wirkt zerstörend auf die Gemeinde; wie auf ihre ökonomische Voraussetzung; andererseits wird die Änderung dieser ökonomischen Voraussetzung durch ihre eigene Dialektik hervorgebracht, Verarmung etc.

Namentlich der Einfluss des Kriegswesens und der Eroberung, der in Rom z. B. wesentlich zu den ökonomischen Bedingungen der Gemeinde selbst gehört, hebt auf das reale Band, worauf sie beruht. ...

Die Entwicklung der Sklaverei, die Konzentration des Grundbesitzes, Austausch, Geldwesen, Eroberung etc. so bei den Römern, obgleich alle diese Elemente bis zu einem gewissen Punkt verträglich zu sein scheinen mit der Grundlage und sie teils nur unschuldig zu erweitern scheinen, teils als bloße Missbräuche aus ihr hervorzuwachsen scheinen. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 386.

 

Abgesehen von allen von außen kommenden schädlichen Einflüssen trägt die Gemeinde in ihrem eigenen Innern die sie zerstörenden Elemente.

Das Privateigentum an Grund und Boden hat sich bereits dorthin eingeschlichen in Gestalt eines Hauses mit seinem Hof, es kann sich zu einem starken Bollwerk verwandeln, von wo aus der Angriff gegen das gemeinschaftliche Land vorbereitet wird. ...

Aber das Wesentliche ist die parzellierte Arbeit als Quelle der privaten Aneignung. Sie lässt der Akkumulation beweglicher Güter Raum, z. B. von Vieh, Geld, bisweilen sogar von Sklaven oder Leibeigenen. Dieses bewegliche, von der Gemeinde unkontrollierbare Eigentum Gegenstand individuellen Tausches, wobei List und Zufall leichtes Spiel haben, wird auf die ganze ländliche Ökonomie einen immer größeren Druck ausüben. Das ist das zersetzende Element der ursprünglichen ökonomischen und sozialen Gleichheit. Es führt heterogene Elemente ein, die im Schoße der Gemeinde Interessenkonflikte und Leiden-schaften schüren, die geeignet sind, zunächst das Gemeineigentum an Ackerland, dann das an Wäldern, Weiden, Brachland etc. anzugreifen, die einmal in Gemeindeanhängsel des Privateigentums umgewandelt, ihm schließlich zufallen werden. K. Marx, Brief an V. Sassulitsch, Entwurf von 1881, MEW 19, 404.

 

In der antiken Welt resultiert die Wirkung des Handels und die Entwicklung des Kaufmannskapitals stets in Sklavenwirtschaft; je nach dem Ausgangspunkt auch nur in Verwandlung eines patriarchalischen, auf Produktion unmittelbarer Subsistenzmittel gerichteten Sklavensystems in ein auf Produktion von Mehrwert gerichtetes. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 344.

 

Von der sehr frühen Zeit an, wo Sklavenfängerei und Sklavenausbeutung getrennte Geschäftszweige wurden, mussten die Ausbeuter von Sklavenarbeit die Sklaven kaufen, die Herrschaft über den Menschen erst durch die Herrschaft über die Dinge, über den Kaufpreis, die Unterhalts- und Arbeitsmittel des Sklaven erwerben. F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 173.

Und selbst der direkte Raub von Sklaven setzte einen Überfluss an Lebens- und Produktionsmitteln (d. h. ein Mehrprodukt) voraus, der es erlaubte, ein Raubschiff mit Mannschaft zur Sklavenjagd auszurüsten und bis zur Rückkehr zu unterhalten.

Beim Sklaven erscheint ... auch der bezahlte Teil seiner Arbeit als unbezahlt. Natürlich muss der Sklave, um zu arbeiten, leben, und ein Teil seines Arbeitstages geht drauf als Ersatz des zu seiner eigenen Erhaltung verbrauchten Werts. Da aber zwischen ihm und seinem Herrn kein Handel abgeschlossen wird ..., so erscheint alle seine Arbeit als Gratisarbeit. K. Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 134f.

 

Die in der Familie latente Sklaverei entwickelt sich erst allmählich mit der Vermehrung der Bevölkerung und der Bedürfnisse und mit der Ausdehnung des äußeren Verkehrs, sowohl des Kriegs wie des Tauschhandels. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 22.

 

Die zweite Form des Eigentums ist das antike Gemeinde- und Staatseigentum, das namentlich aus der Vereinigung mehrerer Stämme zu einer Stadt durch Vertrag oder Eroberung hervorgeht und bei dem die Sklaverei fortbestehen bleibt.

Neben dem Gemeindeeigentum entwickelt sich schon das mobile und später auch das immobile Privateigentum, aber als eine abnorme, dem Gemeindeeigentum untergeordnete Form.

Die Staatsbürger besitzen nur in ihrer Gemeinschaft die Macht über ihre arbeitenden Sklaven und sind schon deshalb an die Form des Gemeindeeigentums gebunden. Es ist das gemeinschaftliche Privat-eigentum der aktiven Staatsbürger, die den Sklaven gegenüber gezwungen sind, in dieser naturwüchsigen Weise der Assoziation zu bleiben. ... Das Klassenverhältnis zwischen Bürgern und Sklaven ist vollständig ausgebildet. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 22f.

Siehe auch den Artikel: Sklaverei

 

2.2.2. Feudale Produktionsweise

Die dritte Eigentumsform ist das feudale oder ständische Eigentum. Wenn das Altertum von der Stadt und ihrem kleinen Gebiet ausging, so ging das Mittelalter vom Lande aus. ... Im Gegensatz zu Griechenland und Rom beginnt die feudale Entwicklung daher auf einem viel ausgedehnteren, durch die römischen Eroberungen und die anfangs damit verknüpfte Ausbreitung der Landwirtschaft vorbereiteten Terrain. ...

Das feudale Eigentum beruht, wie das Stamm- und Gemeindeeigentum wieder auf einem Gemeinwesen, dem aber nicht wie dem antiken die Sklaven, sondern die leibeigenen kleinen Bauern als unmittelbar produzierende Klasse gegenüberstehen. ... Die hierarchische Gliederung des Grundbesitzes und die damit zusammenhängenden bewaffneten Gefolgschaften gaben dem Adel die Macht über die Leibeigenen. Diese feudale Gliederung war ebenso gut wie das antike Gemeindeeigentum eine Assoziation gegenüber der beherrschten produzierenden Klasse. ...

Dieser feudalen Gliederung des Grundbesitzes entsprach in den Städten das korporative Eigentum, die feudale Organisation des Handwerks. ...

Das Haupteigentum bestand während der Feudalepoche also in Grundeigentum mit daran geketteter Leibeigenenarbeit und eigener Arbeit mit kleinem, die Arbeit von Gesellen beherrschendem Kapital andererseits. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 24f.

Die Macht des Feudalherrn, wie jedes Souverän, beruhte nicht auf der Länge seiner Rentrolle (= Einkünfte), sondern auf der Zahl seiner Untertanen, und letztere hing von der Zahl selbstwirtschaftender Bauern ab. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 745.

Japan, mit seiner rein feudalen Organisation des Grundeigentums und seiner entwickelten Kleinbauernwirtschaft, liefert ein viel treueres Bild des europäischen Mittelalters als unsre sämtlichen, meist von bürgerlichen Vorurteilen diktierten Geschichtsbücher. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 745 Anm.

 

Die ursprüngliche Produktionsweise von Feudalherren und Fron-bauern in Rumänien war auf Gemeineigentum gegründet. ... Ein Teil der Ländereien wurde als freies Privateigentum von den Mitgliedern der Gemeinde selbständig bewirtschaftet, ein anderer Teil der ager publicus gemeinsam von ihnen bestellt.

Die Produkte dieser gemeinsamen Arbeit dienten teils als Reservefonds für Missernten und andere Zufälle, teils als Staatsschatz zur Deckung für die Kosten von Krieg, Religion und anderen Gemeindeausgaben.

Im Laufe der Zeit eigneten sich kriegerische und kirchliche Würden-träger mit dem Gemeineigentum die Leistungen für dasselbe an. Die Arbeit der freien Bauern auf ihrem Gemeindeland verwandelte sich in Fronarbeit für die Diebe des Gemeindelandes. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 252.

 

Der Fronbauer arbeitete z. B. 3 Tage für sich auf seinem eigenen oder dem ihm zugewiesenen Feld, und die drei folgenden Tage verrichtete er zwangsweise Gratisarbeit auf dem herrschaftlichen Gut. Hier waren also der bezahlte und der unbezahlte Teil der Arbeit sichtbar getrennt, zeitlich und räumlich getrennt. K. Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 135.

 

Bei Völkern von festsitzendem Ackerbau ... wo dieser vorherrscht wie bei den Antiken und Feudalen, hat selbst die Industrie und ihre Organisation und die Formen des Eigentums, die ihr entsprechen, mehr oder minder grundeigentümlichen Charakter; sie ist entweder ganz von ihm abhängig wie bei den älteren Römern oder, wie im Mittelalter, ahmt sie die Organisation des Landes in der Stadt und ihren Verhältnissen nach. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 27.

 

In Zeiten der Auflösung vorbürgerlicher Verhältnisse kommen sporadisch freie Arbeiter vor, deren Dienstleistung gekauft wird, nicht zum Zweck der Konsumtion, sondern der Produktion; aber erstens auf großer Stufenleiter selbst nur zur Produktion von unmittelbaren Gebrauchswerten; nicht von Werten; und zweitens, wenn der Adelige z. B. den freien Arbeiter zuzieht zu seinen Leibeigenen, auch Teil seines Produkts wieder verkauft, und der freie Arbeiter ihm so Wert schaffte, so findet dieser Austausch nur für den Überfluss statt und geschieht nur im Interesse des Überflusses, der Luxuskonsumtion; ist also im Grunde genommen nur ein verkleideter Ankauf fremder Arbeit für unmittelbaren Konsum oder als Gebrauchswert. Übrigens, wo diese freien Arbeiter sich vermehren, und dies Verhältnis zunimmt, ist die alte Produktionsweise erst patriarchalische Gemeinde ... dann feudale Gemeinde etc. in der Auflösung begriffen und bereiten sich die Elemente für die wirkliche Lohnarbeit vor. Diese freien Knechte können aber auch auftauchen, wie z. B. in Polen etc. und wieder verschwinden; ohne dass sich die Produktionsweise änderte. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 373.

Siehe auch die Artikel:

Feudalismus, Ursprüngliche Akkumulation, Handelskapital, Wucher

 

2.2.3. Kapitalistische Produktionsweise

Kapitalistisches Privateigentum an den nur kooperativ, d. h. gesellschaftlich nutzbaren Produktionsmitteln ist die Basis der wirtschaftlichen Kommandogewalt von Nichtproduzenten über die Arbeit der eigentumslosen und daher lohnabhängigen Produzenten.

Die wissenschaftliche Analyse der kapitalistischen Produktionsweise beweist ..., dass sie eine Produktionsweise von besonderer Art, von spezifischer historischer Bestimmtheit ist; dass sie, wie jede andere bestimmte Produktionsweise, eine gegebene Stufe der gesellschaft-lichen Produktivkräfte und ihrer Entwicklungsformen als ihre geschichtliche Bedingung voraussetzt: eine Bedingung, die selbst das geschichtliche Resultat und Produkt eines vorhergegangenen Prozesses ist und wovon die neue Produktionsweise als von ihrer gegebenen Grundlage ausgeht; dass die dieser spezifischen, historisch bestimmten Produktionsweise entsprechenden Produktionsverhältnisse Verhältnisse, welche die Menschen in ihrem gesellschaftlichen Lebensprozess, in der Erzeugung ihres gesellschaftlichen Lebens eingehen einen spezifischen, historischen und vorübergehenden Charakter haben; ... K. Marx, Kapital III, MEW 25, 885.

 

Der Kapitalist zahlt den Wert, bzw. davon abweichenden Preis der Arbeitskraft und erhält im Austausch die Verfügung über die lebendige Arbeitskraft selbst.

Seine Nutznießung dieser Arbeitskraft zerfällt in zwei Perioden.

Während der einen Periode produziert der Arbeiter nur einen Wert der gleich ist dem Wert seiner Arbeitskraft, ... Für den vorgeschossenen Preis der Arbeitskraft erhält so der Kapitalist ein Produkt vom selben Preis. ...

In der Periode der Mehrarbeit dagegen bildet die Nutznießung der Arbeitskraft Wert für den Kapitalisten, ohne ihm einen Wertersatz zu kosten. Er hat diese Flüssigmachung der Arbeitskraft umsonst. In diesem Sinn kann die Mehrarbeit unbezahlte Arbeit heißen.

Das Kapital ist also nicht nur Kommando über Arbeit, wie A. Smith sagt. Es ist wesentlich Kommando über unbezahlte Arbeit. ...

Das Geheimnis von der Selbstverwertung des Kapitals löst sich auf in seine Verfügung über eine bestimmte Menge unbezahlter fremder Arbeit. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 556.

 

Das soziale Verhältnis, Produktionsverhältnis, zwischen Kapital und Arbeit erscheint in der Tat als ein noch wichtigeres Resultat des Prozesses als seine materiellen Resultate. Und zwar produziert innerhalb dieses Prozesses der Arbeiter sich selbst als Arbeitsvermögen und das ihm gegenüberstehende Kapital, wie andererseits der Kapitalist sich produziert als Kapital und das ihm gegenüberstehende lebendige Arbeitsvermögen. Jedes reproduziert sich selbst, indem es sein Anderes, seine Negation reproduziert. Der Kapitalist produziert die Arbeit als fremde; die Arbeit produziert das Produkt als fremdes. Der Kapitalist produziert den Arbeiter und der Arbeiter den Kapitalisten etc. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 362.

 

Die ursprüngliche Einheit zwischen Arbeiter (d. h. Produzent) und Arbeitsbedingungen ... hat zwei Hauptformen: das orientalische Gemeinwesen (naturwüchsigen Kommunismus) und die kleine Familienagrikultur (womit Hausindustrie verbunden ist) in der einen oder anderen Form.

Beide Formen sind Kinderformen und gleich wenig geeignet, die Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und die Produktivkräfte der gesellschaft-lichen Arbeit zu entwickeln. Daher die Notwendigkeit der Trennung, der Zerreißung, des Gegensatzes zwischen Arbeit und Eigentum (womit zu verstehen Eigentum an den Produktionsbedingungen). ...

Die äußerste Form dieser Zerreißung, worin zugleich die Produktiv-kräfte der gesellschaftlichen Arbeit am mächtigsten entwickelt wird, ist die des Kapitals.

Auf der materiellen Basis, die es schafft, und vermittelst der Revolu-tionen, die im Prozess dieser Schöpfung die Arbeiterklasse und die ganze Gesellschaft durchmachen, kann erst wieder die ursprüngliche Einheit hergestellt werden. K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 414f.

 

Die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende kapitalis-tische Aneignungsweise, daher das kapitalistische Privateigentum, ist die erste Negation (Beseitigung) des individuellen, auf eigene Arbeit gegründeten Privateigentums.

Aber die kapitalistische Produktion erzeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigene Negation (Beseitigung). ... Diese stellt nicht das Privateigentum wieder her, wohl aber das individuelle Eigentum auf Grundlage der Errungenschaften der kapitalistischen Ära: der Kooperation und des Gemeinbesitzes der Erde und der durch die Arbeit selbst produzierten Produktionsmittel. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 791.

 

Siehe auch die Artikel:

Kapital

Kapitalismus

Klassenlose Gesellschaft

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.