Angebot und Nachfrage 1. Angebot und Nachfrage
einer Einzelware Als Warenanbieter liefert der kapitalistische
Produzent ein Ding mit Doppelcharakter: Ware als Einheit von Gebrauchswert
und Warenwert. Dem Kapitalist (Verkäufer) ist nur der Warenwert
wichtig, den er in Geld verwandeln will. Aber er bekommt kein Geld für
seine Ware, wenn sie keinen Gebrauchswert hat. Als Warenverkäufer muss der
Kapitalist also glaubhaft machen, dass seine Ware einen Gebrauchswert hat,
d.h. ein vorhandenes Bedürfnis befriedigt. Der Verkäufer bietet also einen
Gebrauchswert an, seine Nachfrage richtet sich jedoch auf die Realisierung
des Warenwertes in Geld. Der potentielle Käufer möchte einen
Gebrauchswert, der ihm ein Bedürfnis geistiger oder körperlicher Art
befriedigt. Sofern der Käufer keine Möglichkeit hat, sich den gewünschten
Gebrauchswert durch eigene Arbeit zu schaffen, ist er auf die Ware des
Kapitalisten zur Bedürfnisbefriedigung angewiesen. Die Ware gehört aber
dem Kapitalisten und der gibt sie nur gegen Geld. Der Käufer kann seine
Nachfrage nach dem Gebrauchswert nur befriedigen, wenn er genügend Geld
hat und bereit ist das Geld herzugeben. Für den Kapitalisten ist der
Handel mit dem Käufer erfolgreich, sobald der Kauf getätigt wurde, und er
sein Geld hat oder mindestens ein Zahlungsversprechen. Für den
Konsumenten ist die Transaktion erst erfolgreich, wenn der gekaufte
Gebrauchswert den erwarteten Nutzen wirklich getan hat. Der Konsument
hat beim Kaufakt also wirkliches Geld (oder ein Zahlungsversprechen)
gegeben, aber dafür nur das Versprechen einer Bedürfnisbefriedigung
erhalten, nicht die Befriedigung selbst.
„Der Kapitalist
produziert nicht, um durch das Produkt ein ... Bedürfnis zu
befriedigen; er produziert überhaupt nicht mit unmittelbarer Rücksicht auf
die Konsumtion. Er produziert, um Mehrwert zu produzieren.“ K. Marx,
Theorien über den Mehrwert, MEW 26.1., 61f.
„Gehen wir zunächst von
der Zufuhr aus. Was ich zuführe, ist Ware, Einheit von
Gebrauchswert und Tauschwert, z.B. ein bestimmtes Quantum Eisen im Wert
von 1000 Euro. Ich bin Eisenfabrikant nach der Voraussetzung.
Ich führe einen Gebrauchswert zu, Eisen, und ich führe einen Wert zu,
nämlich den im Preis des Eisens von 1000 Euro ausgedrückten Wert.
... Dieses bestimmte Quantum Eisen ist wirklich von mir
auf den Markt geworfen. Dagegen existiert der Wert des Eisens nur
als sein Preis, der erst realisiert werden soll von dem Käufer des
Eisens, der für mich die Nachfrage nach Eisen darstellt. Die
Nachfrage des Eisenverkäufers besteht in der Nachfrage nach dem
Tauschwert des Eisens, der zwar im Eisen steckt, aber nicht
realisiert ist. ... Für den Käufer existiert meine Ware zunächst als
Gebrauchswert. ... Was er braucht, ist ein bestimmtes Quantum Eisen. ...
Soweit er Nachfragender für meine Ware ist, mag er entweder geringere
Quantität verlangen, als ich zuführe, oder die ganze Quantität, aber
unter ihrem Wert. Seine Nachfrage braucht sowenig meiner Zufuhr
entsprechen als die Quantität, die ich zuführe, und der Wert, zu dem ich
sie zuführe, identisch sind. ... Soweit ich Eisen zuführe, frage ich
nicht nach Eisen nach, sondern nach Geld. Ich führe einen besonderen
Gebrauchswert zu und frage nach dem Wert desselben. Meine Zufuhr und
Nachfrage sind also so verschieden wie Gebrauchswert und
Tauschwert. Soweit ich in dem Eisen selbst einen Wert zuführe,
frage ich nach der Realisation dieses Werts.... Die Nachfrage
nach der von mir zugeführten Quantität Gebrauchswert richtet sich aber
nicht nach dem Wert, den ich realisieren will, sondern nach der Quantität,
die der Käufer zu einem bestimmten Preis braucht.“ K. Marx, Theorien über
den Mehrwert, 26.3, 97-98.
2. Angebot
und Nachfrage bei kapitalistischer Massenproduktion 2.1. Allein
diese Trennung, dass der Verkäufer nach Geld (Tauschwert) nachfragt, der
Käufer aber nach Gebrauchswert, birgt den Keim
der Überproduktionskrise. „Sobald
W’ nämlich verkauft, in Geld verwandelt ist, kann es in die realen
Faktoren des Arbeitsprozesses und darum des Reproduktionsprozesses
rückverwandelt werden. Ob W’ daher vom endgültigen Konsumenten
gekauft ist oder vom Kaufmann, der es wieder verkaufen will, ändert
unmittelbar nichts an der Sache. Der Umfang der von der
kapitalistischen Produktion erzeugten Warenmassen wird bestimmt durch die
Stufenleiter dieser Produktion und das Bedürfnis der beständigen
Ausdehnung dieser letzteren, nicht durch einen vorherbestimmten
Kreis von Nachfrage und Angebot, von zu befriedigenden Bedürfnissen. Die
Massenproduktion kann für ihren unmittelbaren Käufer, außer anderen
industriellen Kapitalisten, nur den Großkaufmann haben. Innerhalb
gewisser Grenzen kann der Reproduktionsprozess auf derselben oder
erweiterter Stufe vorgehen, obgleich die aus ihm ausgestoßenen Waren nicht
wirklich in die individuelle oder produktive Konsumtion eingegangen sind.
Die Konsumtion der Waren ist nicht eingeschlossen in den Kreislauf des
Kapitals, aus dem sie hervorgegangen sind. Sobald das Garn z. B.
verkauft ist, kann der Kreislauf des im Garn dargestellten Kapitalwerts
von neuem beginnen, was auch immer zunächst aus dem verkauften Garn wird.
Solange das Produkt verkauft wird, geht vom Standpunkt des
kapitalistischen Produzenten alles seinen regelmäßigen Gang. Der Kreislauf
des Kapitalwerts, den er repräsentiert, wird nicht unterbrochen. ... Es
kann so die Produktion von Mehrwert und mit ihr auch die individuelle
Konsumtion des Kapitalisten wachsen, der ganze Reproduktionsprozess sich
im blühendsten Zustand befinden und dennoch ein großer Teil der Waren nur
scheinbar in die Konsumtion eingegangen sein, in Wirklichkeit aber
unverkauft in den Händen von Wiederverkäufern lagern, tatsächlich sich
also noch auf dem Markt befinden. Nun folgt Warenstrom auf Warenstrom,
und es tritt endlich hervor, dass der frühere Strom nur scheinbar von der
Konsumtion verschlungen ist. Die Warenkapitale machen sich
wechselseitig ihren Platz auf dem Markt streitig. Die Nachrückenden, um zu
verkaufen, verkaufen unter dem Preis. Die früheren Ströme sind noch nicht
flüssig gemacht, während die Zahlungstermine dafür fällig werden. Ihre
Inhaber müssen sich insolvent erklären oder verkaufen zu jedem Preis, um
zu zahlen. ... Dann bricht die Krise los. Sie wird sichtbar nicht in
der unmittelbaren Abnahme der konsumtiven Nachfrage, der Nachfrage für
individuelle Konsumtion, sondern in der Abnahme des Austauschs von Kapital
gegen Kapital, des Reproduktionsprozesses des Kapitals.“ MEW 24,
80f.
2.2. Wie beeinflussen im Kapitalismus Angebot und Nachfrage
die Werte und Preise der Waren? „Solange wir nur von den einzelnen
Waren handelten, konnten wir unterstellen, dass das Bedürfnis für diese
bestimmte Ware – in den Preis ist schon ihr Quantum eingeschlossen
– vorhanden sei, ohne uns auf das Quantum des zu befriedigenden
Bedürfnisses weiter einzulassen. Dies Quantum wird aber ein
wesentliches Moment, sobald das Produkt eines ganzen Produktionszweiges
auf der einen Seite und das gesellschaftliche Bedürfnis auf der anderen
Seite steht. Es wird jetzt notwendig, das Maß, d. h. das Quantum dieses
gesellschaftlichen Bedürfnisses zu betrachten.“ MEW 25, 194.
„Damit
Waren derselben Produktionssphäre, derselben Art und annähernd derselben
Qualität zu ihren Werten verkauft werden, ist zweierlei
nötig: Erstens müssen die verschiedenen individuellen Werte zu
einem gesellschaftlichen Wert, dem oben dargestellten Marktwert,
ausgeglichen sein, und dazu ist eine Konkurrenz unter den Produzenten
derselben Art Waren erfordert, ebenso wie das Vorhandensein eines Markts,
auf dem sie gemeinsam ihre Waren ausbieten. Damit der Marktpreis
identischer Waren ... dem Marktwert entspreche ... ist erfordert, dass der
Druck, den die verschiedenen Verkäufer aufeinander ausüben, groß genug
ist, um die Masse Waren auf den Markt zu werfen, die das gesellschaftliche
Bedürfnis nachfragt, d. h. die Quantität, wofür die Gesellschaft
fähig ist, den Marktwert zu zahlen. Überträfe die Produktenmasse das
Bedürfnis, so müssten die Waren unter ihrem Marktwert verkauft werden;
umgekehrt würden die Waren über ihrem Marktwert verkauft
werden, wenn die Produktenmasse nicht groß genug wäre ... Fällt der
Marktwert, so erweitert sich im Durchschnitt das gesellschaftliche
Bedürfnis (welches hier immer zahlungsfähiges Bedürfnis ist) und kann
innerhalb gewisser Grenzen größere Massen Ware absorbieren. Steigt der
Marktwert, so vermindert sich das gesellschaftliche Bedürfnis für
die Ware und geringere Massen davon werden absorbiert. Wenn daher
Nachfrage und Zufuhr den Marktpreis regulieren oder vielmehr die
Abweichungen der Marktpreise vom Marktwert, so reguliert andererseits der
Marktwert das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr ...“ MEW 25,
190. „Zweitens. Dass die Ware Gebrauchswert hat, heißt nur, dass
sie irgendein gesellschaftliches Bedürfnis befriedigt.“ MEW 25,
194.
2.2.1. Angebot (Zufuhr) „Die eigentliche
Schwierigkeit bei der allgemeinen Begriffsbestimmung der Nachfrage und
Zufuhr ist die, dass sie auf eine Tautologie hinauszulaufen
scheint. (D. h. sie ist eine Scheinerklärung, bei der zwei voneinander
abhängige Variablen sich gegenseitig erklären sollen, also nichts wirklich
erklärt wird.) Betrachten wir zunächst die Zufuhr ... Um nicht
in hier ganz nutzlose Details einzugehen, denken wir hier an die Masse der
jährlichen Reproduktion in jedem bestimmten Industriezweig ... Diese
jährliche Reproduktion drückt zunächst ein bestimmtes Quantum aus
...; es sind nicht nur Gebrauchswerte, die menschliche Bedürfnisse
befriedigen, sondern diese Gebrauchswerte befinden sich auf dem Markt in
einem gegebenen Umfang. Zweitens aber hat diese Warenmenge einen
bestimmten Marktwert ... Zwischen dem Quantum der auf dem Markt
befindlichen Artikel und dem Marktwert dieser Artikel findet nur dieser
Zusammenhang statt: Auf einer gegebenen Basis der Produktivität der Arbeit
benötigt in jeder besonderen Produktionssphäre die Herstellung
eines bestimmten Quantums Artikel ein bestimmtes Quantum
gesellschaftlicher Arbeitszeit ... Alle anderen Umstände gleichgesetzt:
Wenn das Quantum a einer Warensorte b Arbeitszeit kostet, so kostet das
Quantum na nb Arbeitszeit. Ferner: Soweit die
(Waren-)Gesellschaft Bedürfnisse befriedigen und einen
Artikel zu diesem Zweck produziert haben will, so muss sie ihn zahlen. In
der Tat, da bei der Warenproduktion Teilung der Arbeit vorausgesetzt ist,
kauft die Gesellschaft diese Artikel, indem sie auf ihre Produktion einen
Teil ihrer verfügbaren Arbeitszeit verwendet, kauft sie also durch
ein bestimmtes Quantum der Arbeitszeit, worüber diese Gesellschaft
verfügen kann. Der Teil der Gesellschaft, dem es durch die Teilung der
Arbeit zufällt, seine Arbeit in der Produktion dieser bestimmten Artikel
zu verwenden, muss ein Äquivalent erhalten durch gesellschaftliche Arbeit,
dargestellt in Artikeln, die seine Bedürfnisse befriedigen. Aber es
existiert kein notwendiger, sondern nur zufälliger Zusammenhang zwischen
dem Gesamtquantum der gesellschaftlichen Arbeit, das auf einen
gesellschaftlichen Artikel verwandt ist, ... also zwischen dem Umfang, den
die Produktion dieses Artikels in der Gesamtproduktion einnimmt,
einerseits, und zwischen dem Umfang andererseits, worin die Gesellschaft
Befriedigung des durch jenen bestimmten Artikel gestillten Bedürfnisses
verlangt.“ MEW 25, 195ff. „Obgleich jeder einzelne Artikel oder jedes
bestimmte Quantum einer Warensorte nur die zu seiner Produktion
nötige gesellschaftliche Arbeit enthalten mag und von dieser Seite
her betrachtet der Marktwert dieser gesamten Warensorte nur notwendige
Arbeit darstellt, so ist doch ein Teil der gesellschaftlichen Arbeitszeit
vergeudet, wenn die bestimmte Ware in einem das gesellschaftliche
Bedürfnis ... überschreitendem Maß produziert worden ist, ... und
die Warenmasse repräsentiert dann auf dem Markt ein viel kleineres Quantum
gesellschaftlicher Arbeit, als wirklich in ihr enthalten ist.“ MEW 25,
197. „(Nur wo die Produktion unter wirklicher vorherbestimmter
Kontrolle der Gesellschaft steht, schafft die Gesellschaft den
Zusammenhang zwischen dem Umfang der gesellschaftlichen Arbeitszeit,
verwandt auf die Produktion bestimmter Artikel, und dem Umfang des durch
diese Artikel zu befriedigenden gesellschaftlichen Bedürfnisses.)“ MEW 25,
197.
2.2.2. Nachfrage „Sehen wir uns nach der
anderen Seite um, der Nachfrage. Waren werden gekauft als
Produktionsmittel oder als Lebensmittel – wobei es nichts ändert, dass
manche Sorten Waren beiden Zwecken dienen können –, um in die produktive
oder individuelle Konsumtion einzugehen. Es findet also Nachfrage für
sie statt von den Produzenten ... und von den Konsumenten. Beides scheint
zunächst zu unterstellen auf Seite der Nachfrage ein gegebenes Quantum
gesellschaftlicher Bedürfnisse, dem auf der anderen Seite bestimmte Quanta
gesellschaftlicher Produktion in den verschiedenen Produktionszweigen
entsprechen. Soll die Baumwollindustrie ihre jährliche Reproduktion auf
gegebener Stufenleiter wieder ausführen, so ist dazu das herkömmliche Maß
... Baumwolle erforderlich. Ebenso mit Bezug auf die Lebensmittel. Die
Arbeiterklasse muss wenigstens dasselbe Quantum notwendiger Lebensmittel
... wieder vorfinden, soll sie in hergebrachter Durchschnittsweise
fortleben; und in Anbetracht des jährlichen Wachstums der Bevölkerung ein
zusätzliches Quantum; und so mit mehr oder minder Modifikation, für die
anderen Klassen.“ MEW 25, 197f. „Es scheint also, dass auf Seite der
Nachfrage eine gewisse Größe von bestimmtem gesellschaftlichem Bedürfnis
steht, das zu seiner Löschung bestimmte Menge eines Artikels auf dem Markt
nötig macht. Aber die quantitative Bestimmtheit dieses
Bedürfnisses ist durchaus elastisch und schwankend. Seine Fixität ist
Schein. Wären die Lebensmittel billiger oder der Geldlohn höher,
so würden die Arbeiter mehr davon kaufen, und es würde sich größeres
‚gesellschaftliches Bedürfnis‘ für diese Warensorten zeigen, ganz
abgesehen von den Verarmten etc., deren ‚Nachfrage‘ noch unter den
engsten Schranken ihres physischen Bedürfnisses steht.“ MEW 25,
198. „Die Grenzen, worin das auf dem Markt repräsentierte
Bedürfnis für Waren – die Nachfrage – quantitativ verschieden ist von dem
wirklichen gesellschaftlichen Bedürfnis, ist natürlich für
verschiedene Waren sehr verschieden; ich meine die Differenz zwischen dem
verlangten Quantum Waren und dem Quantum, das verlangt würde mit anderen
Geldpreisen der Waren oder anderen Geld- bzw. Lebensverhältnissen der
Käufer.“ MEW 25, 198.
2.2.3. Schlussfolgerungen „Bestimmt
Nachfrage und Zufuhr den Marktpreis, so andererseits der Marktpreis und in
weiterer Analyse der Marktwert die Nachfrage und Zufuhr. Bei der
Nachfrage ist dies augenscheinlich, da diese sich in umgekehrter Richtung
zum Preise bewegt, zunimmt, wenn dieser fällt, und umgekehrt. Aber auch
bei der Zufuhr. Denn die Preise der Produktionsmittel, die in die
zugeführte Ware eingehen, bestimmen die Nachfrage nach diesen
Produktionsmitteln und daher auch die Zufuhr der Waren, deren Zufuhr die
Nachfrage nach jenen Produktionsmitteln einschließt.“ MEW 25, 200f. „Zu
dieser Konfusion – Bestimmung der Preise durch die Nachfrage und Zufuhr
und daneben Bestimmung der Nachfrage und Zufuhr durch die Preise – kommt
hinzu, dass die Nachfrage die Zufuhr und umgekehrt die Zufuhr die
Nachfrage bestimmt, die Produktion den Markt und der Markt die
Produktion.“ MEW 25, 201. „Es ist nichts leichter als die
Ungleichmäßigkeiten von Nachfrage und Zufuhr einzusehen und die daraus
folgende Abweichung der Marktpreise von den Marktwerten. Die
eigentliche Schwierigkeit besteht in der Bestimmung dessen, was unter
Deckung von Nachfrage und Zufuhr zu verstehen ist. Nachfrage und Zufuhr
decken sich, wenn sie in solchem Verhältnis stehen, dass die Warenmasse
eines bestimmten Produktionszweigs zu ihrem Marktwert verkauft werden
kann, weder darüber noch darunter. Das ist das erste, was wir
hören. Das zweite: Wenn die Waren zu ihrem Marktwert verkaufbar
sind, decken sich Nachfrage und Zufuhr.“ MEW 25, 199. „Wenn
Nachfrage und Zufuhr sich decken, hören sie auf zu wirken, und eben
deswegen wird die Ware zu ihrem Marktwert verkauft. Wenn zwei Kräfte in
entgegengesetzter Richtung gleichförmig wirken, heben sie einander auf,
wirken sie gar nicht nach außen, und Erscheinungen, die unter dieser
Bedingung vorgehen, müssen anders als durch das Eingreifen dieser beiden
Kräfte erklärt werden. Wenn Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig
aufheben, hören sie auf, irgendetwas zu erklären, wirken sie nicht auf den
Marktwert und lassen uns erst recht im Dunkeln darüber, weshalb der
Marktwert sich gerade in dieser Summe Geld ausdrückt und in keiner
anderen. Die wirklichen inneren Gesetze der kapitalistischen Produktion
können offenbar nicht aus der Wechselwirkung von Nachfrage und Zufuhr
erklärt werden, ... da diese Gesetze nur dann rein verwirklicht
erscheinen, sobald Nachfrage und Zufuhr aufhören zu wirken
... Nachfrage und Zufuhr decken sich in der Tat niemals, oder wenn sie
sich einmal decken, so ist es zufällig, also wissenschaftlich = 0 zu
setzen, als nicht geschehen zu betrachten.“ MEW 25, 199. „In der
politischen Ökonomie wird aber unterstellt, dass sie sich decken,
warum? Um die Erscheinungen in ihrer gesetzmäßigen, ihrem Begriff
entsprechenden Gestalt zu betrachten, d. h. sie zu betrachten unabhängig
von dem durch die Bewegung von Nachfrage und Zufuhr hervorgebrachten
Schein. Andererseits, um die wirkliche Tendenz ihrer Bewegung
aufzufinden, gewissermaßen zu fixieren.“ MEW 25, 199. „Der Austausch
oder Verkauf der Waren zu ihrem Wert ist das Rationelle, das natürliche
Gesetz ihres Gleichgewichts; von ihm ausgehend sind die Abweichungen zu
erklären, nicht umgekehrt aus den Abweichungen das Gesetz selbst.“ MEW 25,
197. „Das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr erklärt daher einerseits
nur die Abweichungen der Marktpreise von den Marktwerten und andererseits
die Tendenz zur Aufhebung dieser Abweichung, d. h. zur Aufhebung der
Wirkung des Verhältnisses von Nachfrage und Zufuhr.“ MEW 25,
200. „Nachfrage und Zufuhr unterstellen die Verwandlung des Werts in
Marktwert, und soweit sie auf kapitalistischer Basis vorgehen, soweit die
Waren Produkte des Kapitals sind, unterstellen sie kapitalistische
Produktionsprozesse, also ganz anders verwickelte Verhältnisse als den
bloßen Kauf und Verkauf der Waren. Bei ihnen handelt es sich nicht um
die formelle Verwandlung des Werts der Waren in Preis, d. h. um bloße
Formveränderungen; es handelt sich um die bestimmten quantitativen
Abweichungen der Marktpreise von den Marktwerten und weiter von den
Produktionspreisen. Bei dem einfachen Kauf und Verkauf genügt es,
Warenproduzenten als solche sich gegenüber zu haben. Nachfrage und
Zufuhr, bei weiterer Analyse, unterstellen die Existenz der verschiedenen
Klassen und Klassenabteilungen, welche die Gesamtrevenue der Gesellschaft
unter sich verteilen und als Revenue unter sich konsumieren, die also die
von der Revenue gebildete Nachfrage bilden; während sie andererseits, zum
Verständnis der durch die Produzenten als solche unter sich gebildeten
Nachfrage und Zufuhr, Einsicht in die Gesamtgestaltung des
kapitalistischen Produktionsprozesses nötig macht.“ MEW 25,
204f.
2.3. Angebot (Zufuhr) und Nachfrage der Kapitalistenklasse
als Ganze „Der Kapitalist wirft weniger Wert in der Form von Geld
in die Zirkulation hinein, als er aus ihr herauszieht, weil er mehr Wert
in der Form von Ware hineinwirft, als er ihr in Form von Ware entzogen
hat. Soweit er bloß als Personifikation des Kapitals fungiert, als
industrieller Kapitalist, ist seine Zufuhr von Warenwert stets größer als
seine Nachfrage nach Warenwert. Deckung seiner Zufuhr und seiner
Nachfrage in dieser Beziehung wäre gleich Nichtverwertung seines Kapitals;
es hätte nicht als produktives Kapital fungiert; ...; er muss in der Tat
‚teurer verkaufen als er gekauft hat‘, aber dies gelingt ihm eben nur,
weil er vermittelst des kapitalistischen Produktionsprozesses die
billigere, weil minderwertige Ware (nämlich die
Arbeitskraft), die er gekauft hat, in eine mehrwertige, also teurere,
verwandelt hat (nämlich in eine Ware, die Mehrwert, also unbezahlte
Arbeit enthält). Er verkauft teurer, nicht weil er über den
Wert seiner Ware verkauft, sondern weil er Ware von einem
Wert verkauft, der über der Wertsumme ihrer Produktionsfaktoren
liegt.“ MEW 24, 120. „Die Rate, worin der Kapitalist sein Kapital
vermehrt, ist umso größer, je größer die Differenz zwischen seiner
Zufuhr und seiner produktiven Nachfrage, d. h. je größer der
Überschuss des Warenwerts, den er zugeführt, über den Warenwert, den er
nachfragt. Statt des Deckens beider ist das möglichste Nichtdecken, das
Überdecken seiner Nachfrage durch seine Zufuhr, sein Ziel. Was von dem
einzelnen Kapitalisten, gilt von der Kapitalistenklasse.“ MEW 24,
120f. „Soweit der Kapitalist bloß das industrielle Kapital
personifiziert, besteht seine eigene Nachfrage nur in der Nachfrage nach
Produktionsmitteln und Arbeitskraft. Seine Nachfrage nach Pm, ihrer
Wertigkeit nach betrachtet, ist kleiner als sein vorgeschossenes Kapital;
er kauft Produktionsmittel zu geringerem Wert als dem Wert seines
Kapitals, und daher von noch viel geringerem Wert als dem des
Warenkapitals, das er zuführt. Was seine Nachfrage nach Arbeitskraft
anbetrifft, so ist sie ihrer Wertigkeit nach bestimmt durch das Verhältnis
seines variablen Kapitals zu seinem Gesamtkapital, also = v : C, und ist
daher ... der Proportion nach betrachtet, wachsend kleiner als seine
Nachfrage nach Produktionsmitteln. Er ist in beständig zunehmendem Maß
größerer Käufer für Pm als für A. Sofern der Arbeiter seinen Lohn
allzumeist in Lebensmitteln umsetzt, und zum allergrößten Teil in
notwendige Lebensmittel, ist die Nachfrage des Kapitalisten nach
Arbeitskraft indirekt zugleich Nachfrage nach den in den Konsum der
Arbeiterklasse eingehenden Konsumtionsmitteln. Aber diese Nachfrage ist =
v und nicht ein Atom größer ... Die Maximalgrenze der Nachfrage des
Kapitalisten ist = C = c + v, aber seine Zufuhr ist = c + v + m; ist also
die Zusammensetzung seines Warenkapitals 80 c + 20 v + 20 m, so ist
seine Nachfrage = 80 c + 20 v, also der Wertigkeit nach betrachtet ein
Fünftel kleiner als seine Zufuhr.“ MEW 24, 121. „Kommen wir nun zur
Reproduktion. Sein Warenkapital war 80 c + 20 v + 20 m. Gesetzt,
der Kapitalist verzehre den ganzen Mehrwert g und setze nur die
ursprüngliche Kapitalgröße C wieder in produktives Kapital um. Jetzt
ist die Nachfrage des Kapitalisten gleichwertig mit seiner Zufuhr. Aber
nicht mit Bezug auf die Bewegung seines Kapitals; sondern als Kapitalist
übt er nur Nachfrage aus nach 4/5 seiner Zufuhr (der Wertgröße nach); 1/5
verzehrt er als Nichtkapitalist, nicht in seiner Funktion als Kapitalist,
sondern für sein Privatbedürfnis oder Vergnügen.“ MEW 24, 122f. „Seine
Rechnung ist dann prozentual gerechnet: als Kapitalist Nachfrage
= 100, Zufuhr = 120 als Lebemann Nachfrage = 20, Zufuhr = 0 Summe:
Nachfrage = 120, Zufuhr = 120.“ Kapital MEW 24, 123.
Wo
es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte
Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben modernisiert. Alle diese und die
kommentierenden Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in
kursiver Schrift. Wal Buchenberg, 10.7.2001, überarbeitet am
10.2.2003. |