Krisen

 

Kapitalistische Krisen entwickeln sich notwendig aus dem normalen Verlauf der kapitalistischen Ökonomie. Die Krisentheorie von Karl Marx ergibt sich daher aus seiner Gesamtanalyse des Kapitalismus.

 

„... Wir (gehen) im ‚Kapital‘ nicht ein auf die Art und Weise, wie die Zusammenhänge durch den Weltmarkt, seine Konjunkturen, die Bewegung der Marktpreise, die Perioden des Kredits, die Zyklen der Industrie und des Handels, die Abwechslung der Prosperität und Krise, den Kapitalisten als übermächtige, sie willenlos beherrschende Naturgesetze erscheinen und sich ihnen gegenüber als blinde Notwendigkeit geltend machen. Deswegen nicht, weil die wirkliche Bewegung der Konkurrenz außerhalb unseres Plans liegt und wir nur die innere Organisation der kapitalistischen Produktionsweise, sozusagen in ihrem idealen Durchschnitt, dazustellen haben.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 839.

 

1. Krisenhaft sind die grundlegendsten kapitalistischen Verhältnisse

1.1. Zeitliches und örtliches Auseinanderfallen des Warentausches durch das Geld

„Beim unmittelbaren Tauschhandel ist der Hauptteil der Produktion von Seiten des Produzenten auf Befriedigung seines Selbstbedürfnisses oder bei etwas weiterer Entwicklung der Teilung der Arbeit, auf Befriedigung ihm bekannter Bedürfnisse seiner Mit-Produzenten gerichtet. Was als Ware auszutauschen ist, ist Überfluss, und es bleibt unwesentlich, ob dieser Überfluss ausgetauscht wird oder nicht.

Bei der Warenproduktion ist das Verwandeln des Produkts in Geld, der Verkauf, die unerlässliche Bedingung. Die unmittelbare Produktion für das eigene Bedürfnis fällt fort. Mit dem Nichtverkauf ist hier Krise da.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 509.

 

„In Zuständen, wo Männer für sich selbst produzieren, gibt es in der Tat keine Krisen, aber auch keine kapitalistische Produktion. Wir haben auch nie gehört, dass die Alten mit ihrer Sklavenproduktion jemals Krisen kannten, obgleich einzelne Produzenten, auch unter den Alten, Bankrott machten.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 503.

„Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.)

Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird.

So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 112.

 

„Es kann keine Krise existieren, ohne dass Kauf und Verkauf sich voneinander trennen und in Widerspruch treten oder dass die im Geld als Zahlungsmittel enthaltenen Widersprüche erscheinen, ohne dass also die Krise zugleich in der einfachen Form – dem Widerspruch von Kauf und Verkauf, dem Widerspruch des Gelds als Zahlungsmittel – hervortritt.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 512f.

 

„Darin, dass der Wert einer Ware nur in einer anderen Ware ausgedrückt und nur im Austausch gegen sie realisiert werden kann, liegt die Möglichkeit, dass der Austausch überhaupt nicht zustande kommt oder doch nicht den richtigen (= durchschnittlichen) Wert realisiert. ...

In der Wertform der Produkte stecken daher bereits im Keim ... die Krisen.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 289.

 

„Solange der gesellschaftliche Charakter der Arbeit als das Gelddasein der Ware und daher als ein Ding außer der wirklichen Produktion erscheint, sind Geldkrisen, unabhängig oder als Verschärfung wirklicher Krisen, unvermeidlich.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 533.

 

 

1.2. Trennung von Warenübergabe und Geldübergabe
durch den Kredit

„Analysieren wir ... zunächst den kommerziellen Kredit, d. h. den Kredit, den die in der Reproduktion beschäftigen Kapitalisten einander geben. Er bildet die Basis des Kreditsystems. Sein Repräsentant ist der Wechsel, Schuldschein mit bestimmtem Zahlungstermin, ... Jeder gibt Kredit mit der einen Hand und empfängt Kredit mit der anderen. Sehen wir zunächst ganz ab vom Bankierkredit, der ein ganz anderes, wesentlich verschiedenes Moment bildet.

Soweit diese Wechsel unter den Kaufleuten selbst wieder als Zahlungsmittel zirkulieren ... ist es nichts als eine Übertragung der Schuldforderung von A auf B und ändert absolut nichts am Zusammenhang. Er setzt nur eine Person an die Stelle einer anderen. ...

Es ist nun bei dem Kreislauf dieses rein kommerziellen Kredits zweierlei zu bemerken:

Erstens: Die Saldierung dieser wechselseitigen Schuldforderungen hängt ab vom Rückfluss des Kapitals; d. h. von der Verwandlung von Ware in Geld, dem Verkauf, das nur vertagt ist. Wenn der Spinner einen Wechsel vom Tuchfabrikanten erhalten hat, so kann der Tuchfabrikant zahlen, wenn das Tuch, das er auf dem Markt hat, in der Zwischenzeit verkauft ist. ...

Es hängen also diese Zahlungen ab von der Flüssigkeit der Reproduktion, d. h. des Produktions- und Konsumtionsprozesses. Da die Kredite aber wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich ab von der Zahlungsfähigkeit eines anderen; ...

Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Notwendigkeit barer Geldzahlungen. Einmal ist ein großer Teil der Auslagen stets bar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber z. B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhalten, ehe dieser Wechsel fällig ist, selbst einen fälligen Wechsel an D zu zahlen, und dafür muss er bares Geld haben. ...

Die Grenzen für diesen kommerziellen Kredit, für sich betrachtet, sind 1. der Reichtum der Industriellen und Kaufleute, d. h. ihre Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse; 2. diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert werden, oder die Warenpreise können in der Zwischenzeit fallen, oder die Ware kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung der Märkte.

Je langsichtiger die Wechsel, desto größer muss erstens das Reservekapital sein und desto größer ist die Möglichkeit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch Preisfall oder Überfüllung der Märkte. Und ferner sind die Rückflüsse umso unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Warenpreise bedingt war.

Es ist aber klar, dass mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktion beherrschen muss.

Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, dass sich das Kapital der Nation verdoppele, so dass der Handel für sich fähig wäre, mit eigenem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier unerlässlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsendem Wertumfang der Produktion und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und kaufmännischen Operationen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 496ff.

 

„Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht beim Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt.

In der Krise selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muss, um zu zahlen, ist die Masse ... des in seinem Reproduktionsprozess gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 500.

 

„Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. ...

Andererseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei (für einen fälligen Wechsel wird ein neuer Wechsel ausgestellt, der fällige Zahlungstermin wird verschoben), teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozess so sehr, dass der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 501.

 

„Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktions-prozess, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze getrieben wird, und zwar deshalb so weit getrieben wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehen als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst als Geschäftsmann fungiert.

Es tritt damit nur hervor, dass die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine innere Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird.

Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 457.

 

„Es ist Grundlage der kapitalistischen Produktion, dass das Geld als selbständige Form des Werts der Ware gegenübertritt oder dass der Tauschwert selbständige Form im Geld erhalten muss, und dies ist nur möglich, indem eine bestimmte Ware das Material wird, in deren Wert sich alle anderen Waren messen, dass sie eben dadurch die allgemeine Ware, die Ware im eigentlichen Sinn im Gegensatz zu allen anderen Waren wird.

Dies muss sich in doppelter Hinsicht zeigen, und namentlich bei kapitalistisch entwickelten Nationen, die das Geld in großem Maß ersetzen, einerseits durch Kreditoperationen, andererseits durch Kreditgeld.

In Zeiten der Klemme, wo der Kredit einschrumpft oder ganz aufhört, tritt plötzlich Geld als einziges Zahlungsmittel und wahres Dasein des Werts absolut den Waren gegenüber. Daher die allgemeine Entwertung der Waren, die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit, sie in Geld zu verwandeln, ...

Zweitens aber: das Kreditgeld selbst ist nur Geld, soweit es im Betrage seines Nominalwerts absolut das wirkliche Geld vertritt. ...

Eine Entwertung des Kreditgeldes (...) würde alle bestehenden Verhältnisse erschüttern.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 532.

 

 

1.3. Trennung von Produktion und Reproduktion/Zirkulation

(Produktion des Warenwerts und Rückverwandlung des Warenwerts in Geld und Wiederverwandlung in produktives Kapital)

„Die in der Warenzirkulation, weiter in der Geldzirkulation entwickelten Widersprüche – damit die Möglichkeiten der Krise – reproduzieren sich von selbst im Kapital, indem in der Tat nur auf Grundlage des Kapitals entwickelte Warenzirkulation und Geldzirkulation stattfindet.

Es handelt sich aber nun darum, die weitere Entwicklung der Krisenpotenz – die reale Krisis kann nur aus der realen Bewegung der kapitalistischen Produktion, Konkurrenz und Kredit, dargestellt werden – zu verfolgen, soweit sie aus den Formbestimmungen des Kapitals hervorgeht, die ihm als Kapital eigentümlich und nicht in seinem bloßen Dasein als Ware und Geld eingeschlossen sind.

Der bloße Produktionsprozess (unmittelbare) des Kapitals kann an sich hier nichts Neues zufügen. ... Hervortreten kann die Sache erst im Zirkulationsprozess (Kauf und Verkauf), der an und für sich zugleich Reproduktionsprozess ist (d. h. Wiederverwandlung der produ-zierten und verkauften Ware in Produktionsmittel, um den Produk-tionsvorgang wiederholen zu können).“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 513.

 

„Man kann also sagen: Die Krise in ihrer ersten Form ist die Verwandlung der Ware selbst, das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf.

Die Krise in ihrer zweiten Form ist die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel im Kreditverhältnis, wo das Geld in zwei verschiedenen zeitlich getrennten Momenten, in zwei verschiedenen Funktionen auftritt. (Zu Beginn des Kreditverhältnisses tritt es nur als Maß des Werts auf, der mit der Ware übertragen wird, d. h. Preis- bzw. Schuldfestsetzung, am Ende des Kreditverhältnisses jedoch als wirkliche Zahlung der eingegangenen Schuld, d. h. Realisierung des Werts in Geld.)

Zunächst also bei Betrachtung des Reproduktionsprozesses des Kapitals (der mit seiner Zirkulation zusammenfällt) ist nachzuweisen, dass jene obigen Formen (nämlich Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf und Auseinanderfallen von Warenübergabe und Geldübergabe) sich einfach wiederholen oder vielmehr hier erst einen Inhalt bekommen, eine Grundlage, auf der sie sich manifestieren können.

Betrachten wir die Bewegung, die das Kapital durchmacht, von dem Augenblick, wo es als Ware den Produktionsprozess verlässt ..., so hat das gesamte Warenkapital und jede einzelne Ware, woraus es besteht, den Prozess W – G – W durchzumachen (produzierte Ware verwandelt sich in Geld, Geld verwandelt sich wieder in andere Ware, nämlich produktives Kapital) ...

Die allgemeine Möglichkeit der Krise, die in dieser Form enthalten ist – das Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf – ist also in der Bewegung des Kapitals enthalten, soweit es auch Ware ist und nichts als Ware ist.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 511.

 

„Durch das Auseinanderfallen des Produktionsprozesses (unmittelbaren) und Zirkulationsprozesses ist wieder und weiter entwickelt die Möglichkeit der Krise, die sich bei der bloßen Metamorphose der Ware (Verkauf und Kauf) zeigte. Sobald sie nicht flüssig ineinander übergehen, sondern sich gegenseitig verselbständigen, ist die Krise da.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 508.

 

„1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals (Geldkapital-Warenkapital-Geld-kapital) selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, ... dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.

Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel zur Begleichung der Schuld funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungs-unfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.

Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.

Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel (in Kreditverhältnissen) entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. ...

2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.

3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Meta-morphose des Kapitals selbst (= Verwandlung von Geld in Produktionsmittel – Verwandlung der Produktionsmittel in Produkt – Verwandlung des Produkts in Geld – Verwandlung des Geldes wieder in Produktionsmittel), das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. ... Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum ... sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.

4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein. ...

5. Krisen, die aus Störungen der ersten Phase der Reproduktion hervorgehen; also gestörte Verwandlung der Waren in Geld oder Störung des Verkaufs.

Bei den Krisen der ersten Art geht die Krise aus Störungen im Rücklauf der Elemente des produktiven Kapitals hervor.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 516ff.

„Krise kann hervorgehen:

1. bei der Rückverwandlung in produktives Kapital;

2. durch Wertveränderungen in den Elementen des produktiven Kapitals, namentlich des Rohstoffs, z. B. wenn die Masse der Baumwollernte vermindert ist. Ihr Wert steigt damit. Wir haben es hier noch nicht mit Preisen, sondern Werten zu tun.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 517.

Krisenhafte Preisveränderungen können z. B. durch künstliche Produktionsdrosselung von Rohstoffen wie Erdöl entstehen.

„Die Gewinnung des Mehrwerts (Gewinns) bildet den unmittelbaren Produktionsprozess, ... Sobald die auspressbare Menge Mehrarbeit in Waren vergegenständlicht ist, ist der Mehrwert produziert. Aber mit dieser Produktion des Mehrwerts ist nur der erste Akt des kapitalistischen Produktionsprozesses, der unmittelbare Produktions-prozess beendet. ...

Nun kommt der zweite Akt des Prozesses. Die gesamte Warenmasse, das Gesamtprodukt, sowohl der Teil, der das konstante und variable Kapital ersetzt, wie der Teil, der den Mehrwert darstellt, muss verkauft werden. Geschieht das nicht oder nur zum Teil oder nur zu Preisen, die unter den Produktionspreisen stehen, so ist der Arbeiter zwar ausgebeutet, aber seine Ausbeutung realisiert sich nicht als solche für den Kapitalisten. Das kann mit gar keiner oder nur teilweiser Realisation des abgepressten Mehrwerts, ja mit teilweisem oder ganzem Verlust seines Kapitals verbunden sein.

Die Bedingungen der unmittelbaren Ausbeutung und die ihrer Realisation sind nicht identisch. Sie fallen nicht nur nach Zeit und Ort, sondern auch begrifflich auseinander. Die einen sind nur beschränkt durch die Produktivkraft der Gesellschaft, die anderen durch die Proportionalität der verschiedenen Produktionszweige durch die Konsum-tionskraft der Gesellschaft. Diese letztere ist aber bestimmt weder durch die absolute Produktionskraft noch durch die absolute Konsumtionskraft; sondern durch die Konsumtionskraft auf Basis antagonistischer Distributionsverhältnisse, welche die Konsumtion der großen Masse der Gesellschaft auf ein nur innerhalb mehr oder minder enger Grenzen veränderliches Minimum reduziert. Sie ist ferner beschränkt durch den Akkumulationstrieb, den Trieb nach Vergrößerung des Kapitals und nach Produktion von Mehrwert auf erweiterter Stufenleiter.

Dies ist Gesetz für die kapitalistische Produktion, gegeben durch die beständigen Revolutionen in den Produktionsmethoden selbst, die damit beständig verknüpfte Entwertung von vorhandenem Kapital, den allgemeinen Konkurrenzkampf und die Notwendigkeit, die Produktion zu verbessern und ihre Stufenleiter auszudehnen, bloß als Erhaltungsmittel und bei Strafe des Untergangs.

Der Markt muss daher beständig ausgedehnt werden, so dass seine Zusammenhänge und die sie regelnden Bedingungen immer mehr die Gestalt eines von den Produzenten unabhängigen Naturgesetzes annehmen, immer unkontrollierbarer werden.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 254f.

 

1.4. Zwang zur schrankenlosen Ausweitung der Produktion

„Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 685.

 

„Wir sahen, wie die aufs höchste gesteigerte Verbesserungsfähigkeit der modernen Maschinerie ... sich verwandelt in ein Zwangsgebot für den einzelnen industriellen Kapitalisten, seine Maschinerie stets zu verbessern, ihre Produktionskraft stets zu erhöhen. In ein ebensolches Zwangsgebot verwandelt sich für ihn die bloße faktische Möglichkeit, seinen Produktionsbereich zu erweitern. Die enorme Ausdehnungskraft der großen Industrie, gegen die diejenige der Gase ein wahres Kinderspiel ist, tritt uns jetzt vor die Augen als ein qualitatives und quantitatives Ausdehnungsbedürfnis, das jedes Gegendrucks spottet. Der Gegendruck wird gebildet durch die Konsumtion, den Absatz der Märkte für die Produkte der großen Industrie. Aber die Ausdehnungs-fähigkeit der Märkte, extensive wie intensive, wird beherrscht zunächst durch ganz andere, weit weniger energisch wirkende Gesetze. Die Ausdehnung der Märkte kann nicht Schritt halten mit der Ausdehnung der Produktion. Die Kollision wird unvermeidlich, und da sie keine Lösung erzeugen kann, solange sie nicht die kapitalistische Produktions-weise selbst sprengt, wird sie periodisch.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 256f.

 

„Sobald aber das Fabrikwesen eine gewisse Breite des Daseins und bestimmten Reifegrad gewonnen hat, ..... erwirbt diese Betriebsweise eine Elastizität, eine plötzliche sprungweise Ausdehnungsfähigkeit, die nur an dem Rohmaterial und dem Absatzmarkt Schranken findet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 474.

 

„Wir haben beim Produktionsprozess gesehen, dass das ganze Streben der kapitalistischen Produktion, möglichst viel Mehrarbeit einzu-saugen, also möglichst viel unmittelbare Arbeitszeit mit gegebenem Kapital zu materialisieren, sei es nun durch Verlängerung der Arbeitszeit, sei es durch Abkürzung der notwendigen Arbeitszeit, durch Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit, Anwendung von Koopera-tion, Teilung der Arbeit, Maschinerie etc. kurz, Produzieren auf großer Stufenleiter, also massenhaftes Produzieren. In dem Wesen der kapitalistischen Produktion liegt also Produktion ohne Rücksicht auf die Schranke des Markts.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 522.

 

„Die ungeheure Produktivkraft, im Verhältnis der Bevölkerung, die innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise sich entwickelt und, wenn auch nicht im selben Verhältnis, das Wachsen der Kapitalwerte (...), die viel rascher wachsen als die Bevölkerung, widerspricht der, relativ zum wachsenden Reichtum, immer schmaler werdenden Basis, für die diese ungeheure Produktivkraft wirkt, und den Verwertungs-verhältnissen dieses schwellenden Kapitals. Daher die Krisen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 277.

 

„Gleichzeitig mit den Antrieben zur wirklichen Vermehrung der beschäftigten Arbeiterbevölkerung, die aus der Vermehrung des als Kapital wirkenden Teils des gesellschaftlichen Gesamtprodukts stammen, wirken die Kräfte, die ein Arbeitslosenheer schaffen.

Gleichzeitig mit dem Fall der Profitrate wächst die Masse der Kapitale, und geht Hand in Hand mit ihr eine Entwertung des vorhandenen Kapitals, welche diesen Fall aufhält und der Akkumulation von Kapital-wert einen beschleunigten Antrieb gibt.

Gleichzeitig mit der Entwicklung der Produktivkraft entwickelt sich die höhere Zusammensetzung des Kapitals, die relative Abnahme des variablen Teils gegen den konstanten.

Diese verschiedenen Einflüsse machen sich bald mehr nebeneinander im Raum, bald mehr nacheinander in der Zeit geltend; periodisch macht sich der Konflikt der widerstreitenden Kräfte in Krisen Luft.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 259f.

 

„Es sind in der entwickelten Bewegung des Kapitals allerdings Momente, die diese Bewegung zur Überproduktion und Überak-kumulation von Kapital aufhalten, anders als durch Krisen; so z. B. die beständige Entwertung eines Teils des existierenden Kapitals; die Verwandlung eines großen Teils von Kapital in fixes Kapital, das nicht als Agent der direkten Produktion dient; unproduktive Vergeudung einer großen Portion des Kapitals (z. B. durch Raumfahrt oder Rüstung) etc.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 636.

 

„Da die Verselbständigung des Weltmarkts ... wächst mit der Entwick-lung der Geldverhältnisse ... und umgekehrt, der allgemeine Zusammenhang und die allseitige Abhängigkeit in Produktion und Konsumtion zugleich mit der Unabhängigkeit und Gleichgültigkeit der Konsumierenden und Produzierenden zueinander; da dieser Widerspruch zu Krisen führt etc., so wird gleichzeitig mit der Entwicklung dieser Entfremdung, auf ihrem eigenen Boden, versucht, sie aufzuheben; ständig aktualisierte Warenpreislisten, Wechselkurse, Verbindungen der Handelstreibenden untereinander durch Briefe, Telegrafen etc. (die Kommunikationsmittel wachsen natürlich gleichzeitig), worin Jeder Einzelne sich Auskunft über die Tätigkeit aller anderen verschafft und seine eigene danach auszugleichen sucht. (Das heißt, obgleich die Nachfrage und Zufuhr Aller von Allen unabhängig vor sich geht, so sucht sich jeder über den Stand der allgemeinen Nachfrage und Zufuhr zu unterrichten; und dies Wissen wirkt dann wieder praktisch auf sie ein.

Obgleich alles dies auf dem gegebenen Standpunkt die Fremdartigkeit nicht aufhebt, so führt es Verhältnisse und Verbindungen herbei, die die Möglichkeit, den alten Standpunkt aufzuheben, in sich schließen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 78.

 

2. Krisenursachen gibt es viele.

Dabei eskalieren grundlegende kapitalistische Gesetze

„Die Entwicklung der Möglichkeit der kapitalistischen Krise zur Wirklichkeit der kapitalistischen Krise erfordert einen ganzen Umkreis von Verhältnissen, die vom Standpunkt der einfachen Warenzirkulation noch gar nicht existieren.” K. Marx, Kapital I, MEW 23, 128.

 

„Die widerspruchsvolle Bewegung der kapitalistischen Gesellschaft macht sich ... am schlagendsten fühlbar in den Wechselfällen des periodischen Zyklus, den die moderne Industrie durchläuft, und deren Gipfelpunkt – die allgemeine Krise ist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 28.

„Die Weltmarktkrisen müssen als die reale Zusammenfassung und gewaltsame Ausgleichung aller Widersprüche der bürgerlichen Ökonomie gefasst werden. Die einzelnen Momente, die sich also in diesen Krisen zusammenfassen, müssen also in jeder Sphäre der bürgerlichen Ökonomie hervortreten und entwickelt werden, und je weiter wir in ihr vordringen, müssen einerseits neue Bestimmungen dieses Widerstreits entwickelt, andererseits die abstrakteren Formen desselben als wiederkehrend und enthalten in den konkreten nachgewiesen werden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 511.

 

„Die Krise als Erscheinung aller Widersprüche der bürgerlichen Ökonomie.“ (Kapitelüberschrift) K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 508.

 

„In den Weltmarktkrisen bringen es die Widersprüche und Gegensätze der bürgerlichen Produktion zum Eklat. Statt nun zu untersuchen, worin die widerstreitenden Elemente bestehen, die in der Katastrophe eskalieren, begnügen sich die Apologeten (Befürworter des Systems) damit, die Katastrophe selbst zu leugnen und ihrer gesetzmäßigen Periodizität gegenüber darauf zu beharren, dass die Produktion, wenn sie sich nach den Schulbüchern richtete, es nie zur Krise bringen würde. ...

Um nachzuweisen, dass die kapitalistische Produktion nicht zu allgemeinen Krisen führen kann, werden alle Bedingungen und ... alle spezifischen Merkmale, kurz die kapitalistische Produktion selbst geleugnet, und es wird in der Tat nur nachgewiesen, dass, wenn die kapitalistische Produktionsweise, ... eine andere Produktionsweise wäre, eine hinter ihren rohesten Anfängen liegende Produktionsweise ..., dass dann die ihr eigentümlichen Gegensätze, Widersprüche und daher auch deren Eskalation in den Krisen nicht existieren würden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 500f.

 

 

3. Krisenverlauf und Krisenfolgen für das Kapital

„In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.

Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 257.

 

„Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 476.

 

 

3.1. Teilkrisen werden Gesamtkrisen

„Es versteht sich übrigens bei der ganzen Betrachtung von selbst: Es soll nicht geleugnet werden, dass in einzelnen Sphären überproduziert und darum in anderen zu wenig produziert werden kann, Teilkrisen also aus einem Ungleichgewicht der Produktion ... entspringen können und eine allgemeine Form dieses Ungleichgewichts der Produktion mag Überproduktion von fixem oder andererseits Überproduktion von zirkulierendem Kapital sein.

(Als die Spinnmaschinen (= fixes Kapital) erfunden waren, fand Überproduktion von Garn (= zirkulierendes Kapital) im Verhältnis zur den Webereien statt. Dies Missverhältnis wurde aufgehoben, sobald mechanische Webstühle in der Weberei eingeführt waren.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 521 und Anm.

 

„Fast jede Handelskrise in unserer Zeit ist mit einer Verletzung der richtigen Proportion zwischen flüssigem und fixem Kapital verbunden gewesen. Welches Ergebnis muss dann das Wirken einer Institution wie der Großbanken haben, deren unmittelbarer Zweck es ist, so viel wie möglich von dem Leihkapital des Landes in Eisenbahnen, Kanälen, Bergwerken, Werften, Dampfschiffen, Eisenwerken und anderen industriellen Unternehmungen festzulegen, ohne jede Rücksicht auf die Produktionsmöglichkeiten des Landes?“ K. Marx, Credit mobilier, MEW 12, 33.

„Alle Widersprüche der bürgerlichen Produktion kommen in den allgemeinen Weltmarktkrisen kollektiv zum Ausbruch, in den besonderen Krisen (dem Inhalt und der Ausdehnung nach besonderen) nur zerstreut, isoliert, einseitig.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 535.

„Damit eine Krise (also auch die Überproduktion) allgemein sei, genügt es, dass sie die leitenden Handelsartikel ergreife.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 506.

 

 

3.2. Krisen werden zyklisch

„Nach Babbage (brit. Ökonom) dauert die Durchschnittsreproduktion der Maschinerie in England 5 Jahre; die reale daher vielleicht 10 Jahre. Es kann durchaus keinem Zweifel unterliegen, dass der Zyklus, den die Industrie durchläuft, seit der Entwicklung des fixen Kapitals in großem Maßstab, in einem mehr oder weniger zehnjährigen Zeitraum zusammenhängt mit dieser so bestimmten Gesamtreproduktionsphase des Kapitals. Wir werden auch andere Bestimmungsgründe finden. Aber dies ist einer.

Es gab auch früher gute und schlechte Zeiten für die Industrie, wie für die ... Landwirtschaft. Aber der in charakteristische Perioden, Epochen eingeteilte mehrjährige Indus-triezyklus gehört der großen Industrie an.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 608.

 

„Dieser zyklische Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem früheren Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 661.

„In demselben Maße ..., worin sich mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Wertumfang und die Lebensdauer des angewandten fixen Kapitals entwickelt, entwickelt sich das Leben der Industrie und des industriellen Kapitals in jeder besonderen Anlage zu einem vieljährigen, sage im Durchschnitt zehnjährigen. (Fixes Kapital sind hier die Bestandteile des produktiven Kapitals, die als Arbeitsmittel – Gebäude, Maschinen etc. – ihren Wert stückweise in den Wert des Produkts abgeben, aber nicht stofflich in das Produkt eingehen. Sie wirken stofflich so lange als Körper weiter, bis sie ihren Gebrauchswert verlieren und müssen dann in der Regel als Ganzes ersetzt werden.)

Wenn einerseits die Entwicklung des fixen Kapitals dieses Leben ausdehnt, so wird es andererseits abgekürzt durch die beständige Umwälzung der Produktionsmittel, die ebenfalls mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise beständig zunimmt. Mit ihr daher auch der Wechsel der Produktionsmittel und die Notwendigkeit ihres beständigen Ersatzes infolge des moralischen Verschleißes, lange bevor sie physisch ausgelebt sind.

Man kann annehmen, dass für die entscheidendsten Zweige der großen Industrie dieser Lebenszyklus jetzt im Durchschnitt ein zehnjähriger ist. Doch kommt es hier nicht auf die bestimmte Zahl an. So viel ergibt sich: Durch diesen eine Reihe von Jahren umfassenden Zyklus von zusammenhängenden Umschlägen, in welchen das Kapital durch seinen fixen Bestandteil gebannt ist, ergibt sich eine materielle Grundlage der periodischen Krisen, worin das Geschäft aufeinander folgende Perioden der Abspannung, mittleren Lebendigkeit, Überstürzung, Krise durch-macht.

Es sind zwar die Perioden, worin Kapital angelegt wird, sehr verschiedene und auseinander fallende. Indessen bildet die Krise immer den Ausgangspunkt einer großen Neuanlage. Also auch – die ganze Gesellschaft betrachtet – mehr oder minder eine neue materielle Grundlage für den nächsten Umschlagszyklus.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 185.

 

„Es verhält sich mit diesem industriellen Zyklus so, dass derselbe Kreislauf, nachdem der erste Anstoß einmal gegeben ist, sich periodisch reproduzieren muss.

Im Zustand der Abspannung sinkt die Produktion unter die Stufe, die sie im vorigen Zyklus erreicht und wofür jetzt die technische Basis gelegt ist. In der Prosperität – der Mittelperiode – entwickelt sie sich weiter auf dieser Basis. In der Periode der Überproduktion und des Schwindels spannt sie die Produktivkräfte auf das Höchste an, bis hinaus über die kapitalistischen Schranken des Produktionsprozesses.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 506f.

Dazu merkte Friedrich Engels im Jahr 1894 an: „Wie ich schon an anderer Stelle bemerkte, ist hier seit der letzten großen allgemeinen Krise eine Wendung eingetreten. Die akute Form des periodischen Prozesses mit ihrem bisherigen zehnjährigen Zyklus scheint in eine mehr chronische, länger gezogene, sich auf die verschiedenen Industrieländer verschiedenzeitig verteilende Abwechslung von relativ kurzer, matter Geschäftsbesserung mit relativ langen, entscheidungs-losem Druck gewichen zu sein.

Vielleicht aber handelt es sich nur um eine Ausdehnung der Dauer des Zyklus.

In der Kindheit des Welthandels, 1815–1847, lassen sich annähernd fünfjährige Zyklen nachweisen; von 1847–67 ist der Zyklus entschieden zehnjährig; sollten wir uns in der Vorbereitungsperiode eines neuen Weltkrachs von unerhörter Vehemenz befinden? Dahin scheint manches zu deuten.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 506 Anm. 8.

 

„Bis jetzt ist die periodische Dauer solcher Zyklen zehn oder elf Jahre, aber es gibt keinerlei Grund, diese Zahl als konstant zu betrachten. Im Gegenteil, aus den Gesetzen der kapitalistischen Produktion, wie wir sie eben entwickelt haben, muss man schließen, dass sie variabel ist und dass die Periode der Zyklen sich stufenweise verkürzen wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 662 Anm. 1.

 

 

3.3. Geld- und Kreditknappheit

„Die Bedeutung, die in Krisen das bare Geld bekommt, rührt nur daher, dass ... Verpflichtungen zu zahlen sind; dass neben der unterbrochenen Zirkulation (Verkauf und Kauf der Waren) eine Zwangszirkulation von Zwangsverkäufen stattfindet.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 494.

 

„Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel (= zur Begleichung einer Schuld) schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten ist, tritt es nicht als Zirkulationsmittel (= Tauschmittel für alle Waren) auf, als nur verschwindende und vermittelte Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit (= Verkörperung von Wert), selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware.

Dieser Widerspruch eskaliert in dem Moment der Produktions- und Handelskrise, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die aufeinander folgende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch normale Waren. ...

Eben noch erklärte der Bürger in prosperitätstrunkenem Aufklärungs-dünkel das Geld für leeren Wahn. Nur die Ware ist Geld.

Nur das Geld ist Ware! gellt es jetzt über den Weltmarkt. Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit seine Seele nach Geld, dem einzigen Reichtum.

In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 151f.

 

„...Den Höhepunkt erreicht die Menge des umlaufenden Geldes in der Periode der Überspannung und Überspekulation – da bricht die Krise herein und über Nacht sind die gestern noch so reichlichen Banknoten vom Markt verschwunden und mit ihnen die Diskontierer von Wechseln, die Vorschussleister auf Wertpapiere, die Käufer von Waren. ...

Sowie die Krise hereinbricht, handelt es sich nur noch um Zahlungs-mittel (= Bargeld zur Schuldtilgung). Da aber jeder vom anderen abhängig ist für den Eingang dieser Zahlungsmittel und keiner weiß, ob der andere imstand sein wird, am Verfalltag zu zahlen, tritt ein vollständiges Kirchturmrennen ein um die im Markt befindlichen Zahlungsmittel, d. h. für Banknoten. Jeder schatzt davon auf, so viele er erhalten kann, und so verschwinden die Noten aus der Zirkulation am selben Tag, wo man sie am nötigsten braucht.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 543.

„Dass es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln (= Bargeld zur Schuldtilgung) fehlt, ist selbsteinleuchtend. ... Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45 kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise besei-tigen.

In einem Produktionssystem, wo der ganze Zusammenhang des Reproduktionsprozesses auf dem Kredit beruht, wenn da der Kredit plötzlich aufhört und nur noch bare Zahlung gilt, muss augenscheinlich eine Krise eintreten, ein gewaltsamer Andrang nach Zahlungsmitteln.

Auf den ersten Blick stellt sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise dar. Und in der Tat handelt es sich nur um die Konvertibilität der Wechsel in Geld. Aber diese Wechsel repräsentieren der Mehrzahl nach wirkliche Käufe und Verkäufe, deren das gesellschaftliche Bedürfnis weit überschreitende Ausdehnung schließlich der ganzen Krise zugrunde liegt.

Daneben aber stellt auch die ungeheure Masse dieser Wechsel bloße Schwindelgeschäfte vor, die jetzt ans Tageslicht kommen und platzen;

ferner mit fremdem Kapital getriebene, aber verunglückte Spekula-tionen;

endlich Warenkapitale, die entwertet oder gar unverkäuflich sind, oder Rückflüsse, die nie mehr einkommen können.

Das ganze künstliche System gewaltsamer Ausdehnung des Repro-duktionsprozesses kann natürlich nicht dadurch kuriert werden, dass nun etwa eine Bank, z. B. die Bank von England, in ihrem Papier allen Schwindlern das fehlende Kapital gibt und die sämtlichen entwerteten Waren zu ihren alten Nominalwerten kauft.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 507.

 

„Wenn man die Umschlagszyklen betrachtet, worin sich die moderne Industrie bewegt – Zustand der Ruhe, wachsende Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krach, Stagnation, Zustand der Ruhe etc., – Zyklen, deren weitere Analyse außerhalb unserer Betrachtung fällt –, so wird man finden, dass meist niedriger Stand des Zinses den Perioden der Prosperität oder des Extraprofits entspricht, Steigen des Zinses der Scheide zwischen der Prosperität und ihrem Umschlag, Maximum des Zinses bis zur äußersten Wucherhöhe aber der Krise. ...

Allerdings kann andererseits ein niedriger Zins mit Stockung, und mäßig steigender Zins mit wachsender Belebung zusammengehen.

Der Zinsfuß erreicht seine äußerste Höhe während der Krisen, wo geborgt werden muss, um zu zahlen, was es auch koste. Es ist dies zugleich, da dem Steigen des Zinses ein Fallen im Preise der Wertpapiere entspricht, eine sehr artige Gelegenheit für Leute mit verfügbarem Geldkapital, um sich zu Spottpreisen solcher zins-tragenden Papiere zu bemächtigen, ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 372f.

 

„Sein Maximum erreicht der Zins ..., sobald die ... Krise hereinbricht, der Kredit plötzlich aufhört, die Zahlungen stocken, der Reproduktionsprozess gelähmt wird und, mit früher erwähnten Ausnahmen, neben fast absolutem Mangel von Leihkapital, Überfluss von unbeschäftigtem industriellen Kapital eintritt.

Im Ganzen also verläuft die Bewegung des Leihkapitals wie sie sich im Zinsfuß ausdrückt, in umgekehrter Richtung zu der des industriellen Kapitals.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 505.

 

„Die Geldkrise, wie sie hier im Text bestimmt wurde als besondere Phase jeder allgemeinen Produktions- und Handelskrise, ist wohl zu unterscheiden von der speziellen Sorte der Krise, die man auch Geldkrise nennt, die aber selbständig auftreten kann, so dass sie auf Industrie und Handel nur rückschlagend wirkt.

Es sind dies Krisen, deren Bewegungszentren das Geld-Kapital ist, und daher Bank, Börse, Finanz als ihre unmittelbare Sphäre hat.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 152 Anm. 99.

 

 

3.4. Überfluss und Entwertung des Warenkapitals (Deflation)

Es geht den Krisen meist eine allgemeine Preisinflation vorher in allen der kapitalistischen Produktion angehörigen Artikeln. Sie nehmen daher alle an dem nachfolgenden Crash teil und sind alle zu den Preisen, die sie vor dem Crash hatten, unverkäuflich auf dem Markt.

Der Markt kann eine Warenmasse absorbieren zu fallenden, unter ihren Kostpreisen gefallenen Preisen, die er zu ihren früheren Marktpreisen nicht absorbieren konnte. Die Preise, zu denen die Waren dann absorbiert werden, sind ruinierend für den Produzenten oder Kaufmann.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 506.

 

„Übrigens ist mit Bezug auf die in den Krisen zutage tretende Über-reichlichkeit des industriellen Kapitals zu bemerken: Das Warenkapital ist an sich zugleich Geldkapital, d. h. bestimmte Wertsumme, ausge-drückt im Preis der Ware. Als Gebrauchswert ist es eine bestimmte Menge bestimmter Gebrauchsgegenstände, und dies ist im Moment der Krise im Überfluss vorhanden. Aber als Geldkapital an sich, als potenzielles Geldkapital, ist es beständiger Ausdehnung und Schrumpfung unterworfen. Am Vorabend der Krise und innerhalb derselben ist das Warenkapital in seiner Eigenschaft als potenzielles Geldkapital geschrumpft. Es stellt für seinen Besitzer und dessen Gläubiger (wie auch als Sicherheit für Wechsel und Anleihen) weniger Geldkapital vor, als zur Zeit, wo es eingekauft wurde und wo die auf es begründete Diskontierung und Pfandgeschäfte abgeschlossen wurden. ...

Ein solcher Zusammenbruch der Preise gleicht übrigens nur ihre frühere Aufblähung aus.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 507f.

 

„In der Krise selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muss, um zu zahlen, ist die Masse ... des in seinem Reproduktionsprozess gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontrate am höchsten).

Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweise unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozess stockt. Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben.

Es ist gerade dann Überfluss von produktivem Kapital vorhanden, teils in Bezug auf den normalen, aber augenblicklich geschrumpften Maßstab der Reproduktion, teils in Bezug auf die gelähmte Konsumtion“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 500.

 

„Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkula-tions- und Reproduktionsprozess (Verkauf und Kauf) nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt.

Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie) mehr oder minder entwertet.

Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät.

Diese Störung und Stockung paralysiert die ... auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel (von Krediten), unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen, und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des ... Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 264.

 

3.5. Entwertung des fiktiven Kapitals (Wertpapiere)

„Aus dem Gesagten ergibt sich, dass das Warenkapital seine Eigenschaft, potenzielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert.

Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweise auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen (Einkommen), worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unter-nehmungen, die sie oft genug repräsentieren.

Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen.

Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 510.

 

 „Der Teil des Kapitalwerts, der bloß in der Form von Anweisungen auf künftige Anteile am Mehrwert, am Profit steht, in der Tat lauter Schuldscheine auf die Produktion unter verschiedenen Formen, wird sofort entwertet mit dem Fall der Einnahmen, auf die er berechnet ist.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 264.

 

„Was nun den Fall von bloß fiktivem Kapital, Staatspapieren, Aktien etc. betrifft – so – soweit er es nicht zum Bankrott des Staates und der Aktiengesellschaft treibt, soweit dadurch nicht überhaupt die Reproduktion gehemmt wird, insofern dadurch der Kredit industrieller Kapitalisten, die solche Papiere halten, erschüttert wird –, ist es bloß Übertragung des Reichtums von einer Hand in die andere und wird im Ganzen günstig auf die Reproduktion wirken, sofern die neureichen Emporkömmlinge, in deren Hand diese Aktien oder Papiere billig fallen, meist unternehmender sind als die alten Besitzer.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 496f.

 

„So drückt sich in der Krisenphase des industriellen Zyklus der allgemeine Fall der Warenpreise als Steigen des relativen Geldwerts, und in der Prosperitätsphase das allgemeine Steigen der Warenpreise als Fall des relativen Geldwerts aus.

Die sog. Currency-Schule schließt daraus, dass bei hohen Preisen zu viel, bei niedrigen zu wenig Geld zirkuliert. Ihre Ignoranz und völlige Verkennung der Tatsachen finden würdige Parallele in den Ökonomen, welche die Phänomene der beschleunigten oder verminderten Akkumulation von Kapital dahin deuten, dass das eine Mal zu wenig und das andere Mal zu viel Lohnarbeiter existieren.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 648.

 

 

3.6. Vernichtung von produktivem Kapital

„Wenn von Zerstörung von Kapital durch Krisen die Rede ist, so ist zweierlei zu unterscheiden.

Insofern der Reproduktionsprozess stockt, der Arbeitsprozess beschränkt wird oder stellenweise ganz stillgesetzt, wird wirkliches Kapital vernichtet. Die Maschinerie, die nicht gebraucht wird, ist nicht Kapital. Die Arbeit, die nicht ausgebeutet wird, ist so viel wie verlorene Produktion. Rohmaterial, das unbenutzt daliegt, ist kein Kapital. Gebäude, die entweder unbenutzt bleiben (ebenso wie neugebaute Maschinen) oder unvollendet bleiben, Waren, die verfaulen im Warenlager, alles dies ist Zerstörung von Kapital.

Alles das beschränkt sich auf Stockung des Reproduktionsprozesses und darauf, dass die vorhandenen Produktionsbedingungen nicht wirklich als Produktionsbedingungen wirken, in Wirksamkeit gesetzt werden. Ihr Gebrauchswert und ihr Tauschwert geht dabei zum Teufel.

Zweitens aber meint Zerstörung des Kapitals durch Krisen Entwertung von Wertmassen, die sie hindert, später wieder ihren Reproduktionsprozess als Kapital auf derselben Stufenleiter zu erneuern. Es ist der ruinierende Fall der Warenpreise. Damit werden keine Gebrauchswerte zerstört. Was der eine verliert, gewinnt der andere. Als Kapitalien wirkende Wertmassen werden verhindert, in derselben Hand sich als Kapital zu erneuern. Die alten Kapitalisten machen Bankrott.

War der Wert ihrer Waren, aus deren Verkauf sie ihr Kapital reproduzieren, = 1,2 Mio. Euro, wovon etwa 0,2 Mio. Euro Profit sind, und sinken sie zu 0,6 Mio. Euro, so kann dieser Kapitalist weder seine finanziellen Verpflichtungen zahlen, noch, wenn er selbst keine hätte, mit den 0,6 Mio. Euro auf demselben Maßstab wieder beginnen, da sein eingesetztes produktives Kapital, das den Profit von 0,2 Mio. Euro bringen konnte, einen Wert von 1 Mio. Euro hatte. Es ist so Kapital für 0,6 Mio. Euro vernichtet, obgleich der Käufer dieser Waren, da er sie zur Hälfte ihres Kostenpreises erstanden hat, bei wieder auflebendem Geschäft sehr gut vorangehen und selbst profitiert haben kann.

Ein großer Teil des nominellen Kapitals der Gesellschaft, d. h. des Tauschwerts des existierenden Kapitals, ist ein für allemal vernichtet, obgleich gerade diese Vernichtung, da sie den Gebrauchswert nicht trifft, die neue Reproduktion sehr fördern mag. Es ist dies zugleich die Epoche, wo das Geldkapital auf Kosten des Industriekapitals sich bereichert.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 496.

„Die eingetretene Stockung der Produktion hätte eine spätere Erweiterung der Produktion – innerhalb der kapitalistischen Grenzen – vorbereitet.

Und so würde der Zirkel von neuem durchlaufen. Ein Teil des Kapitals, das durch die Funktionsstockung entwertet war, würde seinen alten Wert wiedergewinnen. Im Übrigen würde mit erweiterten Produktions-bedingungen, mit einem erweiterten Markt und mit erhöhter Produktiv-kraft derselbe fehlerhafte Kreislauf wieder durchgemacht werden.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 265.

 

„Eine Brachlegung von einem Teil des alten Kapitals müsste unter allen Umständen stattfinden, ... Welchen Teil diese Brachlegung besonders träfe, entschiede der Konkurrenzkampf.

Solange alles gut geht, agiert die Konkurrenz, wie sich bei der Ausgleichung der allgemeinen Profitrate gezeigt hat, als praktische Brüderschaft der Kapitalistenklasse, so dass sie sich gemeinschaftlich, im Verhältnis zur Größe des von jedem eingesetzten Loses, in die gemeinschaftliche Beute teilt.

Sobald es sich aber nicht mehr um Teilung des Profits handelt, sondern um die Teilung des Verlustes, sucht jeder so viel wie möglich seinen Anteil an demselben zu verringern und dem anderen auf den Hals zu schieben.

Der Verlust ist unvermeidlich für die Klasse. Wie viel aber jeder Einzelne davon zu tragen, wie weit er überhaupt daran teilzunehmen hat, wird dann Frage der Macht und der List, und die Konkurrenz verwandelt sich dann in einen Kampf der feindlichen Brüder.

Der Gegensatz zwischen dem Interesse jedes einzelnen Kapitalisten und dem der Kapitalistenklasse macht sich dann geltend, ebenso wie vorher die Identität dieser Interessen sich durch die Konkurrenz praktisch durchsetzte.

Wie würde sich nun dieser Konflikt wieder ausgleichen und die der ‚gesunden‘ Bewegung der kapitalistischen Produktion entsprechenden Verhältnisse sich wieder herstellen?

Die Weise der Ausgleichung ist schon enthalten in dem bloßen Aussprechen des Konflikts, um dessen Ausgleichung es sich handelt.

Sie schließt eine Brachlegung und selbst eine teilweise Vernichtung von Kapital ein, ...

Obgleich, wie schon aus der Darstellung des Konflikts hervorgeht, die Verteilung des Verlusts in keiner Weise sich gleichmäßig auf die einzelnen Sonderkapitalien erstreckt, sondern sich in einem Konkurrenzkampf entscheidet, worin je nach den besonderen Vorteilen oder bereits errungenen Positionen der Verlust sich sehr ungleich und in sehr verschiedener Form verteilt, so dass ein Kapital brachgelegt, ein anderes vernichtet wird, ein drittes nur relativen Verlust hat oder nur vorübergehende Entwertung erfährt usw.

Unter allen Umständen aber würde sich das Gleichgewicht herstellen durch Brachlegung und selbst Vernichtung von Kapital in größerem oder geringerem Umfang. Dies würde sich erstrecken zum Teil auf die materielle Kapitalsubstanz; d. h. ein Teil der Produktionsmittel, fixes und zirkulierendes Kapital, würde nicht fungieren; ein Teil begonnener Produktionsbetriebe würde stillgesetzt werden.

Obgleich ... die Zeit alle Produktionsmittel (den Boden ausgenommen) angreift und verschlechtert, fände hier infolge der Funktionsstockung weit stärkere wirkliche Zerstörung von Produktionsmitteln statt. Die Hauptwirkung nach dieser Seite hin wäre jedoch, dass diese Produktionsmittel aufhörten, als Produktionsmittel tätig zu sein; eine kürzere oder längere Zerstörung ihrer Funktion als Produktionsmittel.

Die Hauptzerstörung, und mit dem akutesten Charakter, fände statt mit Bezug ... auf die Kapitalwerte.

Der Teil des Kapitalwerts, der bloß in der Form von Anweisungen auf künftige Anteile am Mehrwert, am Profit steht, in der Tat lauter Schuldscheine auf die Produktion unter verschiedenen Formen, wird sofort entwertet mit dem Fall der Einnahmen, auf die er berechnet ist.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 263f.

 

 

3.7. Profitrate und Krise

„Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch so viel produktiver sein oder um noch so viel die Rate des Mehrwerts vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert. Aber jede solche neue Produktionsweise verbilligt die Waren. Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem individuellen Produktionspreis, vielleicht über ihrem Wert. Er steckt die Differenz ein, die zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen, zu höheren Produktionskosten produzierten Waren besteht. ... Seine Produktionsprozedur steht über dem Durchschnitt der gesellschaft-lichen. Aber die Konkurrenz verallgemeinert sie ... Dann tritt das Sinken der Profitrate ein ..., das also ganz und gar unabhängig ist vom Willen der Kapitalisten.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 275.

 

„Sinkt die Profitrate, so entwickelt sich einerseits Anspannung des Kapitals, damit der einzelne Kapitalist durch bessere Methoden etc. den individuellen Wert seiner einzelnen Waren unter ihren gesellschaft-lichen Durchschnittswert herabdrückt und so, bei gegebenem Marktpreis, einen Extraprofit macht;

andererseits entwickelt sich Schwindel und allgemeine Begünstigung des Schwindels durch leidenschaftliche Versuche in neuen Produktionsmethoden, neuen Kapitalanlagen, neuen Abenteuern, um irgendeinen Extraprofit zu sichern, der vom allgemeinen Durchschnitt unabhängig ist und sich über ihn erhebt.

Die Profitrate, d. h. der verhältnismäßige Kapitalzuwachs ist vor allem wichtig für alle neuen, sich selbständig gruppierenden Kapitalableger. ... Die Profitrate ist die treibende Macht in der kapitalistischen Produk-tion, und es wird nur produziert, was und soweit es mit Profit produziert werden kann.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 269.

 

„Mit dem Fall der Profitrate wächst das Kapitalminimum, das in der Hand des einzelnen Kapitalisten zur produktiven Anwendung der Arbeit nötig ist; ... Und gleichzeitig wächst die Konzentration, weil jenseits gewisser Grenzen großes Kapital mit kleiner Profitrate rascher akkumuliert als kleines mit großer. Diese wachsende Konzentration führt ihrerseits wieder auf einer gewissen Höhe einen neuen Fall der Profitrate herbei.

Die Masse der kleinen zersplitterten Kapitale wird dadurch auf die Bahn der Abenteuer gedrängt: Spekulation, Kreditschwindel, Aktienschwindel, Krisen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 261.

 

„...; soweit die Rate der Verwertung des Gesamtkapitals, die Profitrate, der Stachel der kapitalistischen Produktion ist ..., verlangsamt ihr Fall die Bildung neuer selbständiger Kapitale und erscheint so als bedrohlich für die Entwicklung des kapitalistischen Produktionsprozesses; er befördert Überproduktion, Spekulation, Krisen, überflüssiges Kapital neben überflüssiger Arbeiterbevölkerung.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 251f.

 

„Die periodische Entwertung des vorhandenen Kapitals, die eine der kapitalistischen Produktionsweise immanentes Mittel ist, den Fall der Profitrate aufzuhalten und die Akkumulation von Kapitalwert durch Bildung von Neukapital zu beschleunigen, stört die gegebenen Verhältnisse, worin sich der Zirkulations- und Reproduktionsprozess des Kapitals vollzieht, und ist daher begleitet von plötzlichen Stockungen und Krisen des Produktionsprozesses.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 259f.

 

 

3.8. Außenhandel

„Mit Bezug auf Einfuhr und Ausfuhr ist zu bemerken, dass der Reihe nach alle Länder in die Krise verwickelt werden und dass es sich dann zeigt, dass sie alle, mit wenigen Ausnahmen, zu viel (Geld oder Waren) exportiert und zu viel (Geld oder Waren) importiert haben, also die Zahlungsbilanz gegen alle ist, die Sache also in der Tat nicht an der Zahlungsbilanz liegt. ...

(Allerdings tritt ein Unterschied ein zwischen dem Land, das auf Kredit exportiert, und denen, die nicht oder nur wenig gegen Kredit exportieren. Die letzteren importieren dann aber auf Kredit; ...).

Die Krise mag zuerst in ... dem Land ausbrechen, das den meisten Kredit gibt und am wenigsten nimmt (das waren 1929 die USA), weil die Zahlungsbilanz, die Bilanz der fälligen Zahlungen, die sofort liquidiert werden muss, gegen es, obgleich die allgemeine Handelsbilanz für es ist.

Dies letztere erklärt sich teils aus dem von ihm gegebenen Kredit, teils aus der Masse ans Ausland verliehener Kapitale, so dass eine Masse Rückflüsse in Waren, außer den eigentlichen Handelsrückflüssen, ihm zuströmen.

(Die Krise brach aber zuweilen auch zuerst in ... dem Land (aus), das den meisten Handels- und Kapitalkredit ... nimmt. ) (=„Emerging-Market-Crisis“) ...

Nun kommt die Reihe an ein anderes Land. Die Zahlungsbilanz war momentan für es; aber jetzt ist der in normalen Zeiten geltende Termin zwischen Zahlungsbilanz und Handelsbilanz weggefallen oder doch verkürzt durch die Krise; alle Zahlungen sollen auf einmal erledigt werden. Dieselbe Sache wiederholt sich nun hier. ...

Was in dem einen Land als Übereinfuhr, erscheint in dem anderen als Überausfuhr und umgekehrt. Es hat aber Übereinfuhr und Überausfuhr in allen Ländern stattgefunden (im einen Land Übereinfuhr von Geld und Überausfuhr von Waren, im anderen Land Übereinfuhr von Waren und Überausfuhr von Geld - wie zwischen den USA und Japan/China) (wir sprechen hier nicht von Missernten etc. sondern von allgemeiner Krise); d. h. Überproduktion befördert durch den Kredit und die ihn begleitende allgemeine Aufblähung der Preise. ...

Die Zahlungsbilanz ist in Zeiten der allgemeinen Krise gegen jede Nation, wenigstens gegen jede wirtschaftlich entwickelte Nation, aber stets bei einer nach der anderen, wie in einem Rottenfeuer, sobald die Reihe der Zahlungen an sie kommt; und die einmal ... ausgebrochene Krise drängt die Reihe dieser Termine in eine ganz kurze Periode zusammen.

Es zeigt sich dann, dass alle diese Nationen gleichzeitig überexportiert (also überproduziert) und überimportiert (also überhandelt) haben, dass in allen die Preise aufgetrieben waren und der Kredit überspannt ist. Und bei allen folgt derselbe Zusammenbruch.

Die Erscheinung des Goldabflusses (soweit der Goldstandard gilt. Bei Kreditgeld tritt eine Kreditverknappung und ein Fall des Wechselkurses ein, bis hin zur Zahlungsunfähigkeit.) kommt dann an alle der Reihe nach und zeigt eben durch ihre Allgemeinheit 1., dass der Goldabfluss bloßes Phänomen der Krise, nicht ihr Grund ist; 2., dass die Reihenfolge, worin er bei den verschiedenen Nationen eintritt, nur anzeigt, ... wann der Termin der Krise bei ihnen eingetreten und die latenten Elemente derselben bei ihnen zum Ausbruch kommen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 508f.

 

4. Krisenfolgen für andere Klassen

4.1. Krisenfolgen für Kleinkapitalisten und Selbständige

Das kleine Kapital und Selbständige werden in Krisen verstärkt in den Bankrott getrieben, teils weil sie von vornherein stärker verschuldet sind als das große Kapital, teils weil sie weniger Sicherheiten aufzuweisen haben und daher gerade in der Krise am wenigsten Kredit besitzen. Andererseits geht das kleine Kapital in Krisenzeiten schneller Bankrott, weil das große Kapital seine Profitrate senkt und Waren zu Preisen auf den Markt wirft, die für das weniger produktive kleine Kapital ruinös sind.

Gleichzeitig schrumpfen in der Krise besonders die Märkte für das kleine Kapital und für Selbständige, da ihre Kunden meist Lohnarbeiter oder andere kleine Dienstleister sind, und durch Arbeitslosigkeit, sinkenden Reallohn und sinkende Festeinkünfte (Renten etc) die Nachfrage nach den Waren und Dienstleistungen der kleinen Kapitalisten und Selbständigen in der Krise besonders stark zurückgeht.

Soweit Kleinkapitalisten und Selbständige Dienstleister oder Lieferanten für Großunternehmen sind, werden ihre Preise in der Krise vom großen Kapital gedrückt, sofern sie überhaupt in Anspruch genommen und bezahlt werden.

„Die oberflächlichste Betrachtung der Konkurrenz zeigt ..., dass unter gewissen Umständen, wenn der größere Kapitalist sich Raum auf dem Markt schaffen, die kleineren verdrängen will, wie in Zeiten der Krise, er ... seine Profitrate absichtlich heruntersetzt, um die kleineren aus dem Feld zu schlagen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 235.

„Die Einnahmen der unproduktiven Klassen und derer, die von festem Einkommen leben, bleiben zum größten Teil stationär während der Inflation, die mit der Überproduktion und Überspekulation Hand in Hand geht. Ihre Konsumtionsfähigkeit vermindert sich daher relativ und damit ihre Fähigkeit, den Teil der Gesamtreproduktion zu ersetzen, der normalerweise in ihre Konsumtion eingehen müsste. Selbst wenn ihre Nachfrage nominell dieselbe bleibt, nimmt sie in Wirklichkeit ab.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 508.

 

 

4.2. Krisenwirkungen auf die Lohnarbeiter.

Überarbeitung der einen, Arbeitslosigkeit der anderen –

Sinken des Reallohns

„Ihr alle wisst, dass die kapitalistische Produktion ... sich in bestimmten periodischen Zyklen bewegt. Sie macht nacheinander den Zustand der Stille, wachsenden Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation durch. Die Marktpreise der Waren und die Marktraten des Profits folgen diesen Phasen, bald unter ihren Durchschnitt sinkend, bald sich darüber erhebend. ...

Während der Phase sinkender Marktpreise, ebenso wie während der Phasen der Krise und der Stagnation, droht dem Arbeiter, falls er nicht überhaupt aufs Pflaster geworfen wird, einer Herabsetzung des Arbeitslohns ...

Wenn er nicht bereits während der Prosperitätsphase, solange Extraprofite gemacht werden, für eine Lohnsteigerung kämpfte, so käme er im Durchschnitt eines industriellen Zyklus nicht einmal zu seinem Durchschnittslohn oder dem Wert seiner Arbeitskraft. Es ist der Gipfel des Widersinns, zu verlangen, er solle, während sein Arbeitslohn notwendigerweise durch die ungünstigen Phasen des Zyklus beeinträchtigt wird, darauf verzichten, sich während der Prosperitäts-phase schadlos zu halten.“ K. Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 145f.

 

„Der Arbeiter soll sparen..., so dass sie im Alter, oder wenn Krankheiten, Krisen etc. dazwischenkommen, nicht den Armenhäusern, dem Staat, dem Bettel (in einem Wort der Arbeiterklasse selbst und namentlich nicht den Kapitalisten zur Last fallen und auf deren Tasche vegetieren), also sparen für die Kapitalisten; ihre Produktionskosten für dieselben vermindern.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 196.

 

„Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.

Die Unsicherheit und Unstetigkeit, denen der Industriebetrieb die Beschäftigung und damit die Lebenslage des Arbeiters unterwirft, werden normal mit diesem Periodenwechsel des industriellen Zyklus. Die Zeiten der Prosperität abgerechnet, rast zwischen den Kapitalisten heftigster Kampf um ihren individuellen Raumanteil am Markt. Dieser Anteil steht in direktem Verhältnis zur Billigkeit des Produkts.

Außer der hierdurch erzeugten Rivalität im Gebrauch verbesserter, Arbeitskraft ersetzender Maschinerie und neuer Produktionsmethoden tritt jedes Mal ein Punkt ein, wo Verbilligung der Ware durch gewaltsamen Druck des Arbeitslohnes unter den Wert der Arbeitskraft erstrebt wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 476.

 

„Im Großen und Ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Vergrößerung und Verkleinerung des industriellen Arbeitslosenheers, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen.

Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, ... durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 666.

 

Den partiellen und allgemeinen Krisen entspringt Unterbeschäftigung.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 568.

 

„Die Stockung der Produktion hätte einen Teil der Arbeiterklasse brachgelegt und dadurch den beschäftigten Teil in Verhältnisse gesetzt, worin er sich eine Senkung des Arbeitslohns, selbst unter den Durchschnitt, gefallen lassen müsste; eine Operation, die für das Kapital ganz dieselbe Wirkung hat, als wenn ... der relative oder absolute Mehrwert erhöht worden wäre.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 265.

 

Das industrielle Arbeitslosenheer drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und der Überspannung im Zaum. Der relative Arbeiterüberschuss ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. ...

Man erinnert sich, dass, wenn durch Einführung neuer oder durch Ausdehnung alter Maschinerie ein Stück variables Kapital (Lohn) in konstantes (Produktionsmittel) verwandelt wird, Arbeiter entlassen oder mindestens im Vergleich zur gestiegenen Produktion überflüssig gemacht werden. ...

Was freigesetzt wird, sind nicht nur die unmittelbar durch die Maschine verdrängten Arbeiter, sondern ebenso ihre Ersatzmannschaft der nachwachsenden Generation ...

Sie sind jetzt alle ‚freigesetzt‘, und jedes neue funktionslustige Kapital kann über sie verfügen. Ob es sie oder andere einstellt, die Wirkung auf die allgemeine Arbeitsnachfrage wird null sein, solange dies Kapital gerade hinreicht, um den Markt von ebenso viel Arbeitern zu befreien, als die Maschinen auf ihn geworfen haben. ...

D. h. also, der Mechanismus der kapitalistischen Produktion sorgt dafür, dass der absolute Zuwachs von Kapital von keiner entsprechenden Steigerung der allgemeinen Arbeitsnachfrage begleitet ist. ... Die Nachfrage nach Arbeit ist nicht identisch mit Wachstum des Kapitals, die Zufuhr der Arbeit nicht mit dem Wachstum der Arbeiterklasse, ...

Das Kapital agiert auf beiden Seiten zugleich. Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andererseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren ‚Freisetzung‘, während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.

Die Bewegung des Gesetzes von Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 668f.

 

„Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 675.

 

„Im Ganzen aber wächst der Widerstand der Arbeiter mit ihrer wachsenden Organisation doch derart, dass die allgemeine Lage – der Durchschnitt – sich ein Geringes hebt, dass keine Krise die Arbeiter dauernd unter oder nur auf den Nullpunkt, den niedrigsten Punkt der vorigen Krise wieder herabdrückt.

Was aber werden wird, wenn wir einmal eine lange, chronische, 5–6 Jahre umfassende allgemeine Industriekrise erleben sollten, das ist schwer zu sagen.“ F. Engels, Brief an Oppenheim (1891), MEW 38, 63.

 

 

5. Resümee

Kapitalistische Krisen sind Überproduktionskrisen. Waren und Produktionsmittel (d. h. Kapital) wurden über die kapitalis-tische Verwertbarkeit (= Verkauf bzw. Nutzung zum Durch-schnittsprofit) hinaus produziert.

„In den Handelskrisen wird ein großer Teil nicht nur der erzeugten Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion.

Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernich-tungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. ...

Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. –

Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“ K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 468.

 

„Überproduktion von Kapital heißt nie etwas anderes als Überproduktion von Produktionsmitteln – Arbeits- und Lebensmitteln –, die als Kapital fungieren können, d. h. zur Ausbeutung der Arbeit zu einem gegebenen Ausbeutungsgrad angewandt werden können; ...

Es ist kein Widerspruch, dass diese Überproduktion von Kapital begleitet ist von einer mehr oder minder großen relativen Arbeiter-Überbevölkerung (= Massenarbeitslosigkeit).

Dieselben Umstände, die die Produktivkraft der Arbeit erhöht, die Masse der Warenprodukte vermehrt, die Märkte ausdehnt, die Akkumulation des Kapitals, sowohl der Masse wie dem Wert nach, beschleunigt und die Profitrate gesenkt haben, dieselben Umstände haben eine relative Arbeiter-Überbevölkerung erzeugt und erzeugen sie beständig, eine Überbevölkerung von Arbeitern, die vom überschüssigen Kapital nicht angewandt wird wegen des niedrigen Ausbeutungsgrad der Arbeit, zu dem sie allein angewandt werden könnte, oder wenigstens wegen der niedrigen Profitrate, die sie bei gegebenem Ausbeutungs-grad abwerfen würde.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 266.

 

 

5.1. Überproduktion und Unterkonsumtion
sind ein und dasselbe

Ricardo übersieht, „dass die kapitalistische Produktion …, je mehr sie sich entwickelt, um so mehr gezwungen ist, auf einer Stufenleiter zu produzieren, die mit der unmittelbaren Nachfrage nichts zu tun hat, sondern von einer beständigen Erweiterung des Weltmarkts abhängt. Er übersieht, dass die Ware in Geld verwandelt werden muss. ...

Die Nachfrage der Arbeiter genügt nicht, da der Profit ja gerade dadurch herkommt, dass die Nachfrage der Arbeiter kleiner ist als der Wert ihres Produkts, und der Profit umso größer ist, je relativ kleiner diese Nachfrage ist. Die Nachfrage der Kapitalisten untereinander genügt ebenso wenig.

Die Überproduktion bringt keinen permanenten Fall des Profits hervor, aber sie ist permanent periodisch. Es folgt ihr Unterproduktion usw.

Die Überproduktion geht gerade daraus hervor, dass die Masse des Volkes nie mehr als die durchschnittliche Menge lebenswichtiger Güter konsumieren kann, ihre Konsumtion also nicht entsprechend wächst mit der Produktivität der Arbeit.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 469.

 

„Das Maß dieser Mehrproduktion ist das Kapital selbst, die vorhandene Stufenleiter der Produktionsbedingungen und der maßlose Bereiche-rungs-, Kapitalisationstrieb der Kapitalisten, keineswegs die Konsumtion, die von vornherein gebrochen ist, da der größte Teil der Bevölkerung, die Arbeiterbevölkerung, nur innerhalb sehr enger Grenzen ihre Konsumtion erweitern kann, andererseits im selben Maße, wie der Kapitalismus sich entwickelt, die Nachfrage nach Arbeit relativ abnimmt, obgleich sie absolut wächst.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 493.

 

„Die Überproduktion speziell hat das allgemeine Produktionsgesetz des Kapitals zur Bedingung, zu produzieren im Maß der Produktivkräfte (d. h. der Möglichkeit mit gegebener Masse Kapital größtmöglichste Masse Arbeit auszubeuten) ohne Rücksicht auf die vorhandenen Schranken des Markts oder der zahlungskräftigen Bedürfnisse, und dies durch beständige Erweiterung der Reproduktion und Akkumulation, daher beständige Rückverwandlung von Revenue in Kapital auszuführen, während andererseits die Masse der Produzenten auf das durch-schnittliche Maß von Bedürfnissen beschränkt bleibt und der Anlage der kapitalistischen Produktion nach beschränkt bleiben muss.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 535.

 

„Die Überproduktion geht gerade daraus hervor, dass die Masse des Volkes nie mehr als die durchschnittliche Menge lebenswichtiger Güter konsumieren kann, ihre Konsumtion also nicht entsprechend wächst mit der Produktivität der Arbeit.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 469.

 

Die große Industrie „produziert ... einerseits eine sich immer steigernde Proletarisierung der gesamten großen Volksmasse, andererseits eine immer größere Masse unabsetzbarer Produkte.

Überproduktion und Massenelend, jedes die Ursache des anderen, das ist der absurde Widerspruch, worin sie ausläuft ...“. F. Engels, Ludwig Feuerbach, MEW 21, 300.

 

„Wie ... die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, dass sie nur so lange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können.

Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, also ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 501.

 

„Das Wort Überproduktion führt an sich in die Irre. Solange die dringendsten Bedürfnisse eines großen Teils der Gesellschaft nicht befriedigt sind oder nur seine unmittelbarsten Bedürfnisse, kann natürlich von einer Überproduktion von Produkten – in dem Sinn, dass die Masse der Produkte überflüssig wäre im Verhältnis zu den Bedürfnissen für sie – absolut nicht die Rede sein. Es muss umgekehrt gesagt werden, dass auf Grundlage der kapitalistischen Produktion in diesem Sinn beständig unterproduziert wird.

Die Schranke der Produktion ist der Profit der Kapitalisten, keineswegs das Bedürfnis der Produzenten.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 528.

 

„Was hat die Überproduktion überhaupt mit den absoluten Bedürfnissen zu tun? Sie hat es nur mit den zahlungsfähigen Bedürfnissen zu tun. Es handelt sich nicht um absolute Überproduktion – Überproduktion an und für sich im Verhältnis zu der absoluten Bedürftigkeit oder dem Wunsch nach dem Besitz der Waren. In diesem Sinne existiert weder partielle noch allgemeine Überproduktion.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 507.

 

„Es werden nicht zu viel Lebensmittel produziert im Verhältnis zur vorhandenen Bevölkerung. Umgekehrt. Es werden zu wenig produziert, um der Masse der Bevölkerung anständig und menschlich zu genügen.

Es werden nicht zu viel Produktionsmittel produziert, um den arbeitsfähigen Teil der Bevölkerung zu beschäftigen. Umgekehrt.

Es wird erstens ein zu großer Teil der Bevölkerung produziert, der tatsächlich nicht arbeitsfähig ist, der durch seine Umstände auf Ausbeutung der Arbeit anderer angewiesen ist oder auf Arbeiten, die nur innerhalb einer miserablen Produktionsweise als solche gelten können.

Es werden zweitens nicht genug Produktionsmittel produziert, damit die ganze arbeitsfähige Bevölkerung unter den produktivsten Umständen arbeite, also ihre absolute Arbeitszeit verkürzt würde durch die Masse und Effektivität des während der Arbeitszeit angewandten konstanten Kapitals.

Aber es werden periodisch zu viel Arbeitsmittel und Lebensmittel produziert, um sie als Ausbeutungsmittel der Arbeiter zu einer gewissen Rate des Profits fungieren zu lassen.

Es werden zu viel Waren produziert, um den in ihnen enthaltenen Wert und darin eingeschlossenen Mehrwert unter den durch die kapitalistische Produktion gegebenen Verteilungsbedingungen und Konsumtionsver-hältnissen realisieren und in neues Kapital rückverwandeln zu können, ...

Es wird nicht zu viel Reichtum produziert. Aber es wird periodisch zu viel Reichtum in seinen kapitalistischen, gegensätzlichen Formen produziert.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 268.

 

Überproduktion ist notwendig auf der Basis „eines Zustandes, worin auf die Masse der Produzenten ... auf das Notwendige mehr oder minder beschränkt bleibt, dass diese größte Masse der Produzenten also von dem Konsum des Reichtums – soweit er über den Kreis des bloßen Lebensunterhaltes hinausgeht – mehr oder weniger ausgeschlossen bleibt.

Allerdings ist letzteres und in noch höherem Grade bei der antiken, auf Sklaverei gerichteten Produktion der Fall. Aber die Alten dachten auch nicht daran, das Mehrprodukt in Kapital zu verwandeln. Wenigstens nur in geringem Grade. (Das ausgedehnte Vorkommen der eigentlichen Schatzbildung bei ihnen zeigt, wie viel Mehrprodukt ganz brach lag.) Einen großen Teil des Mehrprodukts verwandelten sie in unproduktive Ausgaben für Kunstwerke, religiöse Werke, öffentliche Bauten.

Noch weniger war ihre Produktion auf Entfesselung und Entfaltung der materiellen Produktivkräfte – Teilung der Arbeit, Maschinerie, Anwendung von Naturkräften und Wissenschaft auf die Privatproduktion – gerichtet. Sie kamen in der Tat im Großen und Ganzen nie über Handwerksarbeit heraus. Der Reichtum, den sie für Privatkonsum schafften, war daher relativ klein und erscheint nur groß, weil er in wenigen Händen aufgehäuft war, die übrigens nichts damit zu machen wussten.

Gab es darum keine Überproduktion, so gab es Überkonsumtion der Reichen bei den Alten, die in den letzten Zeiten Roms und Griechen-lands in verrückte Verschwendung ausschlägt.

Es ist die unbedingte Entwicklung der Produktivkräfte und daher die Massenproduktion auf Grundlage der in den Kreis des Lebensunter-haltes eingeschlossenen Produzentenmasse einerseits und der Schranke durch den Profit der Kapitalisten andererseits, die die Grundlage der modernen Überproduktion bildet.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 528f.

 

 

5.2. In Krisen stößt die kapitalistische Produktionsweise an ihre Schranken

„Die Schranke der kapitalistischen Produktionsweise tritt hervor:

1. Darin, dass die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit im Fall der Profitrate ein Gesetz erzeugt, das ihrer eigenen Entwicklung auf einen gewissen Punkt feindlichst gegenübertritt und daher beständig durch Krisen überwunden werden muss.

2. Darin, dass ... der Profit und das Verhältnis dieses Profits zum angewandten Kapital, also eine gewisse Höhe der Profitrate über Ausdehnung und Beschränkung der Produktion entscheidet, statt des Verhältnisses der Produktion zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen, zu den Bedürfnissen gesellschaftlich entwickelter Menschen. ...

Die Produktion kommt zum Stillstand, nicht wo die Befriedigung der Bedürfnisse, sondern wo die Produktion und Realisierung von Profit diesen Stillstand gebietet.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 268f.

 

„In der Überproduktion, Kreditsystem etc. sucht die kapitalistische Produktion ihre eigene Schranke zu durchbrechen und über ihr Maß hinaus zu produzieren. Sie hat einerseits diesen Trieb.

Andererseits erträgt sie nur eine der profitablen Anwendung des existierenden Kapitals entsprechende Produktion. Daher die Krisen.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 119.

 

„Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandenen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.

Der Widerspruch ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, dass die kapitalistische Produktionsweise eine Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der Produktivkräfte, abgesehen vom Wert und dem in ihm eingeschlossenen Mehrwert, auch abgesehen von den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet; während sie andererseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und seine Verwertung im höchsten Maß (d. h. stets beschleunigten Anwachs dieses Werts) zum Ziel hat.

Ihr spezifischer Charakter ist auf den vorhandenen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwertung dieses Werts gerichtet. Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein: Abnahme der Profitrate, Entwertung des vorhandenen Kapitals und Entwicklung der Pro-duktivkräfte der Arbeit auf Kosten der schon produzierten Produktiv-kräfte. ...

Die kapitalistische Produktion strebt beständig, diese ihr immanenten Schranken zu überwinden, aber sie überwindet sie nur durch Mittel, die ihr diese Schranken aufs neue und auf gewaltigerem Maßstab entgegenstellen.

Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst, ist dies: dass das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion erscheint; dass die Produktion nur Produktion für das Kapital ist und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine stets sich erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind. ...

Das Mittel – unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktiv-kräfte – gerät in fortwährenden Konflikt mit dem beschränkten Zweck, der Verwertung des vorhandenen Kapitals.

Wenn daher die kapitalistische Produktionsweise ein historisches Mittel ist, um die materielle Produktivkraft zu entwickeln und den ihr entsprechenden Weltmarkt zu schaffen, ist sie zugleich der beständige Widerspruch zwischen dieser ihrer historischen Aufgabe und den ihr entsprechenden gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 259f.

 

Siehe auch die Artikel:

Kapital

Kapitalismus

Klassenlose Gesellschaft

Lohnarbeit

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.