Konkurrenz

 

... Die Konkurrenz muss es auf sich nehmen, alle Begriffslosigkeiten der Ökonomen zu erklären, während die Ökonomen umgekehrt die Konkurrenz zu erklären hätten. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 873.

 

 

1. Konkurrenz ist die innere Natur des Kapitals,

die als äußere Wechselwirkung erscheint

Die freie Konkurrenz ... ist noch nie entwickelt worden von den Ökonomen, so viel von ihr geschwatzt wird und so sehr sie die Grundlage der ganzen bürgerlichen, auf dem Kapital beruhenden Produktion ist. Sie ist nur negativ verstanden worden: d. h. als Negation von Monopolen, Korporation, gesetzlichen Regulationen etc. Als Negation der feudalen Produktion. Sie muss aber doch auch etwas für sich sein, da bloß Null eine leere Negation ist ...

Begrifflich ist die Konkurrenz nichts als die innere Natur des Kapitals, seine wesentliche Bestimmung, erscheinend und realisiert als Wechselwirkung der vielen Kapitalien aufeinander, die innere Tendenz als äußerliche Notwendigkeit.

(Kapital existiert und kann nur existieren als viele Kapitalien und seine Selbstbestimmung erscheint daher als Wechselwirkung derselben aufeinander.) K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 317.

 

Die Konkurrenz, weil sie historisch als Auflösung von Zunftzwang, Regierungsmaßregelung, inneren Zöllen und dergleichen innerhalb eines Landes erscheint, auf dem Weltmarkt als Aufhebung von Absperrung, Schutzzoll, oder Einfuhrverbot kurz historisch erscheint als Kampfansage an die dem Kapital vorhergehenden Produktionsstufen eigentümlichen Grenzen und Schranken, ... ist nie auch nach dieser bloß negativen Seite, nach dieser ihrer bloß historischen Seite betrachtet worden, und hat andererseits zu der noch größeren Albernheit geführt, sie als den Zusammenstoß der entfesselten, nur durch ihre eigenen Interessen bestimmten Individuen zu betrachten ... und so als die absolute Daseinsform der freien Individualität in der Sphäre der Produk-tion und des Austauschs. Nichts kann falscher sein.

1) Wenn die freie Konkurrenz die Schranken früherer Produktions-verhältnisse und -weisen aufgelöst hat, so muss zunächst betrachtet werden, dass das, was für sie Schranke war, für frühere Produktions-weisen der Lebensraum war, worin sie sich naturgemäß entwickelten und bewegten. Schranken werden diese vorkapitalistischen Lebensräume erst, nachdem die Produktivkräfte und Verkehrs-verhältnisse sich hinreichend entwickelt hatten, damit das Kapital als solches beginnen konnte als das regelnde Prinzip der Produktion aufzutreten. Die Grenzen, die es niederriss, waren Schranken für seine Bewegung, Entwicklung, Verwirklichung. Es hob damit keineswegs alle Grenzen auf, noch alle Schranken. ...

2) Aber die Konkurrenz ist weit entfernt bloß diese historische Bedeutung zu haben oder bloß dies Negative zu sein. Die freie Konkurrenz ist die Beziehung des Kapitals auf sich selbst als ein anderes Kapital, d. h. das ... Verhalten des Kapitals als Kapital in der Realität. Die inneren Gesetze des Kapitals ... werden durch die Konkurrenz erst als Gesetze durchgesetzt.

Die auf das Kapital gegründete Produktion setzt sich nur in ihren adäquaten Formen durch, sofern und soweit sich die freie Konkurrenz entwickelt, denn sie ist die freie Entwicklung der auf das Kapital gegründeten Produktionsweise, die freie Entwicklung seiner Bedin-gungen ... Solange die auf dem Kapital ruhende Produktion die notwendige, daher die angemessenste Form für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft, erscheint das Bewegen der Individuen innerhalb der reinen Bedingungen des Kapitals als ihre Freiheit; die aber dann auch dogmatisch als solche Freiheit behauptet wird durch beständige Reflexion auf die von der freien Konkurrenz nieder-gerissenen Schranken.

Die freie Konkurrenz ist die verwirklichte Entwicklung des Kapitals. Durch sie wird als äußerliche Notwendigkeit für das einzelne Kapital durchgesetzt, was der Natur des Kapitals entspricht ... Der wechselseitige Zwang, den in ihr die Kapitalien aufeinander und auf die Lohnarbeiter etc. ausüben (die Konkurrenz der Arbeiter unter sich ist nur eine andere Form der Konkurrenz der Kapitalien), ist die freie, zugleich reale Entwicklung des Reichtums als Kapital.

So sehr ist dies der Fall, dass die tiefsten ökonomischen Denker, wie Ricardo z. B. die absolute Herrschaft der freien Konkurrenz voraus-setzen, um die adäquaten Gesetze des Kapitals ... studieren und formulieren zu können.

Die freie Konkurrenz ist aber die adäquateste Form des produktiven Prozesses des Kapitals. Je weiter sie entwickelt ist, um so reiner treten die Formen seiner Bewegung hervor. ...

Die Herrschaft des Kapitals ist die Voraussetzung der freien Kon-kurrenz ...

Was in der Natur des Kapitals liegt, wird nur reell herausgesetzt, als äußre Notwendigkeit; durch die Konkurrenz, die weiter nichts ist, als dass die vielen Kapitalien die immanenten Bestimmungen des Kapitals einander aufzwingen und sich selbst aufzwingen. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 542545.

 

Die freie Konkurrenz ... ist der wirkliche Prozess des Kapitals, der als Wechselwirkung der Kapitalien aufeinander erscheint ... K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 545.

 

Die freie Konkurrenz macht die immanenten Gesetze der kapitalis-tischen Produktion dem einzelnen Kapitalisten gegenüber als äußer-liches Zwangsgesetz geltend. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 286.

 

Der Einzelne wirkt hier nur als Teil einer gesellschaftlichen Macht, als Atom der Masse, und es ist in dieser Form, dass die Konkurrenz den gesellschaftlichen Charakter der Produktion und Konsumtion geltend macht. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 203.

 

Solange das Kapital schwach ist, sucht es selbst noch nach den Krücken vergangener oder mit seinem Erscheinen vergehender Produktions-weisen. Sobald es sich stark fühlt, wirft es die Krücken weg, und bewegt sich seinen eigenen Gesetzen gemäß.

Sobald es anfängt sich selbst als Schranke der Entwicklung zu fühlen und gewusst zu werden, nimmt es zu Formen Zuflucht, die ... durch Zügelung der freien Konkurrenz zugleich die Ankündiger seiner Auflösung und der Auflösung der auf ihm beruhenden Produktionsweisen sind. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 544.

 

Wenn man sich einbildet, dass es nur Verordnungen bedarf, um aus der Konkurrenz herauszukommen, wird man niemals von ihr befreit werden. K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 159.

 

 

2. Konkurrenz setzt die kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten durch, gibt aber kein korrektes Bild dieser Gesetzmäßigkeiten

Innerhalb der Konkurrenz erscheinen vielmehr alle ökonomischen Gesetze des Kapitalismus verkehrt.

Die Konkurrenz überhaupt, dieser wesentliche Motor der bürgerlichen Ökonomie, etabliert nicht ihre Gesetze, sondern ist deren Exekutor. Unbeschränkte Konkurrenz ist darum nicht die Voraussetzung für die Wahrheit der ökonomischen Gesetze, sondern die Folge die Erscheinungsform, worin sich die Notwendigkeit realisiert. ...

Die Konkurrenz erklärt daher nicht diese Gesetze, sondern sie lässt sie sehen, produziert sie aber nicht. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 450.

 

Was aber die Konkurrenz nicht zeigt, das ist die Wertbestimmung, die die Bewegung der Produktion beherrscht; das sind die Werte, die hinter den Produktionspreisen stehen und sie in letzter Instanz bestimmen.

Die Konkurrenz zeigt dagegen:

1. die Durchschnittsprofite, die unabhängig sind von der organischen Zusammensetzung des Kapitals in den verschiednen Produktionssphären, also auch von der Masse der von einem gegebnen Kapital in einer gegebnen Ausbeutungssphäre angeeigneten lebendigen Arbeit;

2. Steigen und Fallen der Produktionspreise infolge von Wechsel in der Höhe des Arbeitslohns eine Erscheinung, die dem Wertverhältnis der Waren auf den ersten Blick durchaus widerspricht;

3. Schwankungen der Marktpreise, die den Durchschnittsmarktpreis der Waren in einer gegebnen Zeitperiode reduzieren, nicht auf den Marktwert, sondern auf einen von diesem Marktwert abweichenden, sehr verschiedenen Marktproduktionspreis.

Alle diese Erscheinungen scheinen ebenso sehr der Bestimmung des Werts durch die Arbeitszeit, wie der aus unbezahlter Mehrarbeit bestehenden Natur des Mehrwerts zu widersprechen. Es erscheint also in der Konkurrenz alles verkehrt.

Die fertige Gestalt der ökonomischen Verhältnisse, wie sie sich auf der Oberfläche zeigt, in ihrer realen Existenz, und daher auch in den Vorstellungen, worin die Träger und Agenten dieser Verhältnisse sich über dieselben klar zu werden suchen, sind sehr verschieden von, und in der Tat verkehrt, gegensätzlich zu ihrer inneren, wesentlichen, aber verhüllten Kerngestalt und dem ihr entsprechenden Begriff. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 219.

 

 

2.1. Konkurrenz von Nachfrage und Zufuhr nähert den Marktpreis dem Marktwert an und treibt dazu, die Produktivität zu steigern und den Warenwert zu senken

Die Seite der Konkurrenz, die momentan die schwächere, ist zugleich die, worin der einzelne unabhängig von der Masse seiner Konkurrenten und oft direkt gegen sie wirkt und gerade dadurch die Abhängigkeit des einen von dem anderen fühlbar macht, während die stärkere Seite stets mehr oder minder als geschlossene Einheit dem Widerpart gegen-übertritt.

Ist für eine bestimmte Sorte Waren die Nachfrage größer als die Zufuhr, so überbietet innerhalb gewisser Grenzen ein Käufer den anderen und verteuert so die Ware für alle über den Marktwert, während auf der anderen Seite die Verkäufer gemeinsam zu einem hohen Marktpreis zu verkaufen suchen.

Ist umgekehrt die Zufuhr größer als die Nachfrage, so fängt einer an, billiger zu verkaufen, und die anderen müssen folgen, während die Käufer gemeinsam darauf hinarbeiten, den Marktpreis möglichst tief unter den Marktwert herabzudrücken.

Die gemeinsame Seite interessiert jeden nur, solange er mehr mit ihr gewinnt als gegen sie. Und die Gemeinsamkeit hört auf, sobald die Seite als solche die schwächere wird, wo dann jeder einzelne auf eigene Hand sich möglichst gut herauszuwinden sucht. ...

Hat eine Seite die Oberhand, so gewinnt jeder, der ihr angehört; es ist, als hätten sie ein gemeinschaftliches Monopol geltend zu machen. Ist eine Seite die schwächere, so kann jeder für seinen eigenen Teil suchen, der Stärkere zu sein (z. B. wer mit weniger Produktionskosten arbeitet) oder wenigstens so gut wie möglich davonzukommen, und hier schert er sich den Teufel um seinen Nebenmann, obgleich sein Wirken nicht nur ihn, sondern auch alle seine Kumpane mit berührt. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 203f.

 

Produziert ferner einer billiger und kann er mehr losschlagen, sich eines größeren Raums des Markts bemächtigen, indem er unter dem laufenden Marktpreis oder Marktwert verkauft, so tut er es, und so beginnt die Aktion, die nach und nach die anderen zwingt, die billigere Produktionsart einzuführen, und die die gesellschaftlich notwendige Arbeit auf ein neues, geringeres Maß reduziert. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 204.

 

 

2.2. Differenz von Marktpreis und Produktionspreis

Die Differenz von Marktpreis und Produktionspreis führt durch die Konkurrenz zum allgemeinen Unterbieten der Konkurrenzpreise und damit zum äußeren Zwang, die individuelle Produktivität jedes Unternehmens zu steigern.

Was die Konkurrenz, zunächst in einer Sphäre, fertig bringt, ist die Herstellung eines gleichen Marktwerts und Marktpreises aus den verschiedenen individuellen Werten der Waren. Die Konkurrenz der Kapitale in den verschiedenen Sphären aber bringt erst hervor den Produktionspreis, der die Profitraten zwischen den verschiedenen Sphären egalisiert. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 190.

 

Wird die Ware ... zu ihrem Wert verkauft, so wird ein Profit realisiert, der gleich dem Überschuss ihres Werts über ihren Kostpreis ist, also gleich dem ganzen im Warenwert steckenden Mehrwert.

Aber der Kapitalist kann die Ware mit Profit verkaufen, obgleich er sie unter ihrem Wert verkauft. Solange ihr Verkaufspreis über ihrem Kostpreis, wenn auch unter ihrem Wert steht, wird stets ein Teil des in ihr enthaltenen Mehrwerts realisiert, also stets ein Profit gemacht.

In unserem Beispiel ist der Warenwert = 600 Euro, der Kostpreis 500 Euro. Wird die Ware zu 510, 520, 530, 560, 590 Euro verkauft, so wird sie jeweils zu 90, 80, 70, 40, 10 Euro unter ihrem Wert verkauft und dennoch ein Profit von je 10, 20, 30, 60, 90 Euro aus ihrem Verkauf herausgeschlagen. Zwischen dem Wert der Ware und ihrem Kostpreis ist offenbar eine unbestimmte Reihe von Verkaufspreisen möglich. Je größer das aus Mehrwert bestehende Element des Warenwerts, desto größer der praktische Spielraum dieser Zwischenpreise.

Hieraus erklären sich ... alltägliche Erscheinungen der Konkurrenz, wie z. B. gewisse Fälle der Preisunterbietung (underselling), ... K. Marx, Kapital III, MEW 25, 47.

 

Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch so viel produktiver sein oder um noch so viel die Rate des Mehrwerts vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert. Aber jede solche neue Produktionsweise verbilligt die Waren. Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem individuellen Produktionspreis, vielleicht über ihrem Wert. Er steckt die Differenz ein, die zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen, zu höheren Produktionskosten produzierten Waren besteht. ... Seine Produktionsprozedur steht über dem Durchschnitt der gesellschaft-lichen.

Aber die Konkurrenz verallgemeinert sie ... Dann tritt das Sinken der Profitrate ein ..., das also ganz und gar unabhängig ist vom Willen der Kapitalisten. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 275.

 

 

2.3. Herstellung einer Durchschnittsprofitrate

Die Differenz der verschiedenen Profitraten und die damit verbundene Jagd nach Ex-traprofit führt durch die Konkurrenz zum Ausgleich aller Profitraten und zur Herstellung einer Durchschnittsprofitrate.

Es ist gesagt worden, dass die Konkurrenz die Profitraten der verschie-denen Produktionssphären zur Durchschnittsprofitrate ausgleicht und eben dadurch die Werte der Produkte dieser verschiedenen Branchen in Produktionspreise verwandelt. Und zwar geschieht dies durch fortwährende Übertragung von Kapital aus einer Branche in die andere, wo augenblicklich der Profit über dem Durchschnitt steht; ...

Diese ununterbrochene Aus- und Einwanderung des Kapitals, die zwischen verschiedenen Branchen der Produktion stattfindet, erzeugt steigende und fallende Bewegungen der Profitrate, die sich gegenseitig mehr oder weniger ausgleichen und dadurch die Tendenz haben, die Profitrate überall auf dasselbe gemeinsame und allgemeine Niveau zu reduzieren. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 218.

 

Siehe auch die Artikel:

Angebot und Nachfrage

Durchschnittsprofitrate

Monopol

Fall der Profitrate

Preis und Wert

Weltmarkt

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.