Kommune von Paris 1871 Die Pariser Kommune war die erste wirkliche
Arbeiterregierung und das politische Modell jeder künftigen sozialen
Emanzipations-bewegung. „Ihr wahres Geheimnis
war dies: Sie war wesentlich eine Regierung der Arbeiterklasse,
das Resultat des Kampfs der hervorbringenden gegen die aneignende Klasse,
die endlich entdeckte politische Form, unter der die ökonomische Befreiung
der Arbeit sich vollziehen konnte.“ Karl Marx, Bürgerkrieg
in Frankreich, MEW
17, 342. „Die
Kommune war eine Revolution gegen den Staat selbst, gegen diese
übernatürliche Fehlgeburt der Gesellschaft; sie war eine Wieder-belebung
durch das Volk und des eigenen gesellschaftlichen Lebens. Sie war nicht
eine Revolution, um die Staatsmacht von einer Fraktion der herrschenden
Klassen an die andere zu übertragen, sondern eine Revolution, um diese
abscheuliche Maschine der Klassenherrschaft selbst zu zerbrechen. ... Die
Kommune war die entschiedene Negation jener Staatsmacht und darum der
Beginn der sozialen Revolution des 19. Jahrhunderts. Was daher immer ihr
Geschick in Paris ist, sie wird ihren Weg um die Welt
machen.“ K.
Marx, Bürgerkrieg in
Frankreich,
MEW 17, 541f. 1. Zur Vorgeschichte
der Pariser Kommune „Am 4. September 1870,
als die Pariser Arbeiter die Republik proklamierten, der fast in demselben
Augenblick ganz Frankreich ohne eine einzige Stimme des Widerspruchs
zujubelte – da nahm eine Kabale stellenjagender Advokaten, mit Thiers als
Staatsmann und Trochu als General, Besitz vom Hôtel de Ville
(Stadthaus). ... Und dennoch, im
Sturm der Überrumpelung, mit den wirklichen Führern der Arbeiter noch in
Bonapartes Gefängnissen und mit den Preußen schon im vollen Marsch auf
Paris, duldete Paris ihre Ergreifung der Staatsmacht; aber nur auf die
ausdrückliche Bedingung hin, dass diese Staatsmacht dienen sollte einzig
und allein zum Zweck der nationalen Verteidigung. Paris aber war nicht zu
verteidigen, ohne seine Arbeiterklasse zu bewaffnen, sie in eine
brauchbare Kriegsmacht zu verwandeln und ihre Reihen durch den Krieg
selbst einzuschulen. Aber Paris in Waffen, das war die Revolution in
Waffen. Ein Sieg von Paris über den preußischen Angreifer wäre ein Sieg
gewesen des französischen Arbeiters über den französischen Kapitalisten
und seine Staatsparasiten. In diesem Zwiespalt
zwischen nationaler Pflicht und Klasseninteresse zauderte die Regierung
der nationalen Verteidigung keinen Augenblick sie verwandelte sich in eine
Regierung des nationalen Verrats.“ K.
Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 319. 2. Die Pariser Kommune war eine wirkliche Arbeiterregierung 2.1. Organisationsform
der Kommune
„Am Morgen des 18.
März 1871 wurde Paris geweckt durch den Donnerruf: ,Es lebe die Kommune!‘
Was ist die Kommune, diese Sphinx, die den Bourgeoisverstand auf so harte
Proben setzt? ,Die Proletarier von
Paris‘, sagte das Zentralkomitee in seinem Manifest vom 18. März,
,inmitten der Niederlagen und des Verrats der herrschenden Klassen, haben
begriffen, dass die Stunde geschlagen hat, wo sie die Lage retten müssen,
dadurch, dass sie die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten in ihre
eigenen Hände nehmen ... Sie haben begriffen, dass es ihre höchste Pflicht
und ihr absolutes Recht ist, sich zu Herren ihrer eigenen Geschicke zu
machen und die Regierungsgewalt zu ergreifen.‘ Aber die
Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz
nehmen und diese für ihre eigenen Zwecke in Bewegung
setzen. Die zentralisierte Staatsmacht, mit ihren allgegenwärtigen Organen stehende Armee, Polizei, Bürokratie, Geistlichkeit, Richterstand, Organe, geschaffen nach dem Plan einer systematischen und hierarchischen Teilung der Arbeit – stammt her aus den Zeiten der absoluten Monarchie, wo sie der entstehenden Bourgeoisgesellschaft als eine mächtige Waffe in ihren Kämpfen gegen den Feudalismus diente. Dennoch blieb ihre Entwicklung gehemmt durch allerhand mittelalterlichen Schutt, grundherrliche und Adelsvorrechte, Lokalprivilegien, städtische und Zunftmonopole und Provinzial-verfassungen. Der riesige Besen der französischen Revolution des 18. Jahrhunderts fegte alle diese Trümmer vergangener Zeiten weg und reinigte so gleichzeitig den gesellschaftlichen Boden von den letzten Hindernissen, die dem Überbau des modernen Staatsgebäudes im Wege gestanden. Dies moderne Staatsgebäude erhob sich unter dem ersten Kaisertum, das selbst wieder erzeugt worden war durch die Koalitionskriege des alten halbfeudalen Europas gegen das moderne Frankreich. Während der nachfolgenden Herrschaftsformen wurde die Regierung unter parlamentarische Kontrolle gestellt, d. h. unter die direkte Kontrolle der besitzenden Klassen. Einerseits entwickelte sie sich jetzt zu einem Treibhaus für kolossale Staatsschulden und erdrückende Steuern und wurde vermöge der unwiderstehlichen Anziehungskraft ihrer Amtsgewalt, ihrer Einkünfte und ihrer Stellenvergebung der Zankapfel für die konkurrierenden Fraktionen und Abenteurer der herrschenden Klassen – andererseits änderte sich ihr politischer Charakter gleichzeitig mit den ökonomischen Veränderungen der Gesellschaft. In dem Maß, wie der Fortschritt der modernen Industrie den Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit entwickelte, erweiterte, vertiefte, in demselben Maß erhielt die Staatsmacht mehr und mehr den Charakter einer öffentlichen Gewalt zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, einer Maschine der Klassenherrschaft. Nach jeder Revolution, die einen Fortschritt des Klassenkampfs bezeichnet, tritt der rein unterdrückende Charakter der Staatsmacht offner und offner hervor.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 335f. „Der gerade Gegensatz
des Kaisertums war die Kommune. Der Ruf nach der ,sozialen Republik‘,
womit das Pariser Proletariat die Februarrevolution einführte, drückte nur
das unbestimmte Verlangen aus nach einer Republik, die nicht nur die
monarchische Form der Klassenherrschaft beseitigen sollte, sondern die
Klassenherrschaft selbst. Die Kommune war die bestimmte Form dieser
Republik. Paris, der Mittelpunkt und Sitz der alten Regierungsmacht und gleichzeitig der gesellschaftliche Schwerpunkt der französischen Arbeiterklasse, Paris hatte sich in Waffen erhoben gegen den Versuch des Thiers und seiner Krautjunker, diese ihnen vom Kaisertum überkommne alte Regierungsmacht wiederherzustellen und zu verewigen. Paris konnte nur Widerstand leisten, weil es infolge der Belagerung die Armee losgeworden war, an deren Stelle es eine hauptsächlich aus Arbeitern bestehende Nationalgarde gesetzt hatte. Diese Tatsache galt es jetzt in eine bleibende Einrichtung zu verwandeln. Das erste Dekret der Kommune war daher die Unterdrückung des stehenden Heeres und seine Ersetzung durch das bewaffnete Volk.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 338. „Die Kommune bildete sich aus den durch allgemeines Stimmrecht in den verschiedenen Bezirken von Paris gewählten Stadträten. Sie waren verantwortlich und jederzeit absetzbar. Ihre Mehrzahl bestand selbstredend aus Arbeitern oder anerkannten Vertretern der Arbeiter-klasse. Die Kommune sollte nicht eine parlamentarische, sondern eine arbeitende Körperschaft sein, vollziehend und gesetzgebend zu gleicher Zeit. Die Polizei, bisher das Werkzeug der Staatsregierung, wurde sofort aller ihrer politischen Eigenschaften entkleidet und in das verant-wortliche und jederzeit absetzbare Werkzeug der Kommune verwandelt. Ebenso die Beamten aller anderen Verwaltungszweige. Von den Mitgliedern der Kommune an abwärts, musste der öffentliche Dienst für Arbeiterlohn besorgt werden. Die erworbenen Anrechte und die Repräsentationsgelder der hohen Staatswürdenträger verschwanden mit diesen Würdenträgern selbst. Die öffentlichen Ämter hörten auf, das Privateigentum der Handlanger der Zentralregierung zu sein. Nicht nur die städtische Verwaltung, sondern auch die ganze, bisher durch den Staat ausgeübte Initiative wurde in die Hände der Kommune gelegt.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 339. „Die Pariser Kommune sollte selbstverständlich allen großen gewerblichen Mittelpunkten Frankreichs zum Muster dienen. Sobald die kommunale Ordnung der Dinge einmal in Paris und den Mittelpunkten zweiten Ranges eingeführt war, hätte die alte zentralisierte Regierung auch in den Provinzen der Selbstregierung der Produzenten weichen müssen.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 339. „In einer kurzen
Skizze der nationalen Organisation, die die Kommune nicht die Zeit hatte,
weiter auszuarbeiten, heißt es ausdrücklich, dass die Kommune die
politische Form selbst des kleinsten Dorfs sein, und dass das stehende
Heer auf dem Lande durch eine Volksmiliz mit äußerst kurzer Dienstzeit
ersetzt werden sollte. Die Landgemeinden eines jeden Bezirks sollten ihre
gemeinsamen Angelegenheiten durch eine Versammlung von Abgeordneten in der
Bezirkshauptstadt verwalten, und diese Bezirksversammlungen dann wieder
Abgeordnete zur Nationaldelegation in Paris schicken; die Abgeordneten
sollten jederzeit absetzbar und an die bestimmten Instruktionen ihrer
Wähler gebunden sein. Die wenigen, aber wichtigen Funktionen, welche dann
noch für eine Zentralregierung übrig blieben, sollten nicht, wie dies
absichtlich gefälscht worden, abgeschafft, sondern an kommunale,
d. h. streng verantwortliche Beamte übertragen werden. Die Einheit
der Nation sollte nicht gebrochen, sondern im Gegenteil organisiert werden
durch die Kommunalverfassung; sie sollte eine Wirklichkeit werden durch
die Vernichtung jener Staatsmacht, welche sich für die Verkörperung dieser
Einheit ausgab, aber unabhängig und überlegen sein wollte gegenüber der
Nation, an deren Körper sie doch nur ein Schmarotzerauswuchs
war.
Während es galt, die bloß unterdrückenden Organe der alten Regierungsmacht abzuschneiden, sollten ihre berechtigten Funktionen einer Gewalt, die über der Gesellschaft zu stehen beanspruchte, entrissen und den verantwortlichen Dienern der Gesellschaft zurück-gegeben werden. Statt einmal in drei oder sechs Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament ver- und zertreten soll, sollte das allgemeine Stimmrecht dem in Kommunen konstituierten Volk dienen, wie das individuelle Stimmrecht jedem anderen Arbeitgeber dazu dient, Arbeiter, Aufseher und Buchhalter in seinem Geschäft auszusuchen. Und es ist bekannt genug, dass Gesellschaften ebenso gut wie einzelne, in wirklichen Geschäftssachen gewöhnlich den rechten Mann zu finden und, falls sie sich einmal täuschen, dies bald wieder gutzumachen wissen. Andererseits aber konnte nichts dem Geist der Kommune fremder sein, als das allgemeine Stimmrecht durch hierarchische Investitur zu ersetzen.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 340. „Das bloße Bestehen der Kommune führte, als etwas Selbstverständliches, die lokale Selbstregierung mit sich, aber nun nicht mehr als Gegengewicht gegen die, jetzt überflüssig gemachte, Staatsmacht.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 341. „Die Kommune machte
das Stichwort aller Bourgeoisrevolutionen – billige Regierung – zur
Wahrheit, indem sie die beiden größten Ausgabequellen, die Armee und das
Beamtentum, aufhob. Ihr bloßes Bestehen setzte das Nichtbestehen der
Monarchie voraus, die, wenigstens in Europa, der regelrechte Ballast und
der unentbehrliche Deckmantel der Klassenherrschaft ist. Sie verschaffte
der Republik die Grundlage wirklich demokratischer Einrichtungen. Aber
weder ,wohl-feile Regierung‘ noch die ,wahre Republik‘ war ihr Endziel;
beide ergaben sich nebenbei und von selbst. Die Mannigfaltigkeit
der Deutungen, denen die Kommune unterlag, und die Mannigfaltigkeit der
Interessen, die sich in ihr ausgedrückt fanden, beweisen, dass sie eine
durch und durch ausdehnungsfähige politische Form war, während alle
früheren Regierungsformen wesentlich unterdrückend gewesen waren. Ihr
wahres Geheimnis war dies: Sie war wesentlich eine Regierung der Arbeiterklasse,
das Resultat des Kampfs der hervorbringenden gegen die aneignende Klasse,
die endlich entdeckte politische Form, unter der die ökonomische Befreiung
der Arbeit sich vollziehen konnte. Ohne diese letzte Bedingung war die Kommunalverfassung eine Unmöglichkeit und eine Täuschung. Die politische Herrschaft des Produzenten kann nicht bestehen neben der Verewigung seiner gesellschaftlichen Knechtschaft. Die Kommune sollte daher als Hebel dienen, um die ökonomischen Grundlagen umzustürzen, auf denen der Bestand der Klassen und damit der Klassenherrschaft ruht. Einmal die Arbeit emanzipiert, so wird jeder Mensch ein Arbeiter, und produktive Arbeit hört auf, eine Klasseneigenschaft zu sein.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 341f. 2.2. Maßnahmen der
Kommune „Das stehende Heer und
die Polizei, die Werkzeuge der materiellen Macht der alten Regierung
einmal beseitigt, ging die Kommune sofort darauf aus, das geistliche
Unterdrückungswerkzeug, die Pfaffenmacht, zu brechen; sie dekretierte die
Auflösung und Enteignung aller Kirchen, soweit sie besitzende
Körperschaften waren. Die Pfaffen wurden in die Stille des Privatlebens
zurückgesandt, um dort, nach dem Bilde ihrer Vorgänger, der Apostel, sich
von dem Almosen der Gläubigen zu nähren. Sämtliche Unterrichtsanstalten
wurden dem Volk unentgeltlich geöffnet und gleichzeitig von aller
Einmischung des Staats und der Kirche gereinigt. Damit war nicht nur die
Schulbildung für jedermann zugänglich gemacht, sondern auch die
Wissenschaft selbst von den ihr durch das Klassenvorurteil und die
Regierungsgewalt auferlegten Fesseln befreit. Die richterlichen Beamten verloren jene scheinbare Unabhängigkeit, die nur dazu gedient hatte, ihre Unterwürfigkeit unter alle aufeinander folgenden Regierungen zu verdecken, deren jeder sie, der Reihe nach, den Eid der Treue geschworen und gebrochen hatten. Wie alle übrigen öffentlichen Diener, sollten sie fernerhin gewählt, verantwortlich und absetzbar sein.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 339. „Die Kommune hatte vollständig Recht, als sie den Bauern zurief: ,Unser Sieg ist eure Hoffnung!‘ Von allen den Lügen, die in Versailles ausgeheckt und von den ruhmvollen europäischen Presseorganen weiterposaunt wurden, war eine der ungeheuerlichsten die, dass die Krautjunker der Nationalversammlung die Vertreter der französischen Bauern seien.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 344. „Die Kommune dagegen
erklärte gleich in einer ihrer ersten Proklamationen, dass die wirklichen
Urheber des Krieges auch dessen Kosten tragen müssten. Die Kommune würde
dem Bauer die Blutsteuer abgenommen, ihm eine wohlfeile Regierung gegeben
und seine Blutsauger, den Notar, den Advokaten, den Gerichtsvollzieher und
andere gerichtliche Vampire, in besoldete Kommunalbeamte, von ihm selbst
gewählt und ihm verantwortlich, verwandelt haben. Sie würde ihn befreit
haben von der Willkürherrschaft des Flurschützen, des Gendarmen und des
Präfekten; sie würde an Stelle der Verdummung durch den Pfaffen die
Aufklärung durch den Schullehrer gesetzt haben. Und der französische Bauer
ist vor allem ein Mann, der rechnet. Er würde es äußerst vernünftig
gefunden haben, dass die Bezahlung des Pfaffen, statt von dem
Steuereinnehmer eingetrieben zu werden, nur von der freiwilligen
Betätigung des Frömmigkeitstriebs seiner Gemeinde abhängen
solle. Dies waren die großen unmittelbaren Wohltaten, die die Herrschaft der Kommune – und sie nur – den französischen Bauern in Aussicht stellte. Es ist daher ganz überflüssig, hier näher einzugehen auf die verwickelteren wirklichen Lebensfragen, die die Kommune allein fähig und gleichzeitig gezwungen war, zugunsten des Bauern zu lösen – die Hypothekenschuld, die wie ein Alb auf seiner Parzelle lastete, das ländliche Proletariat, das täglich auf ihr heranwuchs, und seine eigene Enteignung von dieser Parzelle, die mit stets wachsender Geschwin-digkeit durch die Entwicklung der modernen Ackerbauwirtschaft und die Konkurrenz des kapitalistischen Bodenbaus sich durchsetzte.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 345. „Die Kommune ließ alle Fremden (Immigranten) zu zu der Ehre, für eine unsterbliche Sache zu fallen. – Zwischen dem durch ihren Verrat verlorenen auswärtigen Krieg und dem durch ihre Verschwörung mit dem fremden Eroberer entzündeten Bürgerkrieg hatte die Bourgeoisie Zeit gefunden, ihren Patriotismus durch die Organisation von Polizeijagden auf die Deutschen in Frankreich zu betätigen. Die Kommune machte einen Deutschen zu ihrem Arbeitsminister (Leo Frankel). ... Die Kommune ehrte die Heldensöhne Polens, indem sie sie an die Spitze der Verteidigung von Paris stellte (Jaroslaw Dombrowski und Walery Wróblewski). Und, um ganz unverkennbar die neue geschichtliche Ära zu bezeichnen, die sie einzuleiten sich bewusst war, warf die Kommune, unter den Augen, hier der siegreichen Preußen, dort der von bonapartistischen Generalen geführten bonapartistischen Armee, das kolossale Symbol des Kriegsruhmes nieder, die Vendôme-Säule.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 346f. „Wenn sonach die Kommune die wahre Vertreterin aller gesunden Elemente der französischen Gesellschaft war, und daher die wahrhaft nationale Regierung, so war sie gleichzeitig, als eine Arbeiterregierung, als der kühne Vorkämpfer der Befreiung der Arbeit, im vollen Sinn des Worts international. Unter den Augen der preußischen Armee, die zwei französische Provinzen an Deutschland annektiert hatte, annektierte die Kommune die Arbeiter der ganzen Welt an Frankreich.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 346. „Die große soziale
Maßregel der Kommune war ihr eigenes arbeitendes Dasein. Ihre besondeen
Maßregeln konnten nur die Richtung andeuten, in der eine Regierung des
Volks durch das Volk sich bewegt. Dahin gehören die Abschaffung der
Nachtarbeit der Bäckergesellen; das Verbot, bei Strafe, der bei
Arbeitgebern üblichen Praxis, den Lohn herabzudrücken durch Auferlegung
von Geldstrafen auf die Arbeiter unter allerlei Vorwänden – ein Verfahren,
wobei der Arbeitgeber in einer Person Gesetzgeber, Richter und
Vollstrecker ist und obendrein das Geld einsteckt. Eine andere Maßregel
dieser Art war die Auslieferung von allen geschlossenen Werkstätten und
Fabriken an Arbeitergenossenschaften, unter Vorbehalt der Entschädigung,
gleich-viel, ob der betreffende Kapitalist geflüchtet war oder aber
vorzog, die Arbeit einzustellen. Die finanziellen Maßregeln der Kommune, ausgezeichnet durch ihre Einsicht und Mäßigung, konnten sich nur auf solche beschränken, die mit der Lage einer belagerten Stadt verträglich waren. In Anbetracht der ungeheuren Diebstähle, begangen an der Stadt Paris durch die großen Finanzkompanien und Bauunternehmer unter Haussmanns Herrschaft, hätte die Kommune ein weit größeres Recht gehabt, ihr Eigentum zu konfiszieren, als Louis Bonaparte das der Familie Orléans.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 347. „Aber in der Tat, die
Kommune machte keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit, wie dies alle die alten
Regierungen ohne Ausnahme tun. Sie veröffentlichte alle Reden und
Handlungen, sie weihte das Publikum ein in alle ihre
Unvollkommenheiten.
In jeder Revolution drängen sich, neben ihren wirklichen Vertretern, Leute anderen Gepräges vor. Einige sind die Überlebenden früherer Revolutionen, mit denen sie verwachsen sind; ohne Einsicht in die gegenwärtige Bewegung, aber noch im Besitz großen Einflusses auf das Volk durch ihren bekannten Mut und Charakter oder auch durch bloße Tradition. Andere sind bloße Schreier, die, jahrelang dieselben ständigen Deklamationen gegen die Regierung des Tages wiederholend, sich in den Ruf von Revolutionären des reinsten Wassers eingeschlichen haben. Auch nach dem 18. März kamen solche Leute zum Vorschein und spielten sogar in einigen Fällen eine hervorragende Rolle. Soweit ihre Macht ging, hemmten sie die wirkliche Aktion der Arbeiterklasse, wie sie die volle Entwicklung jeder früheren Revolution gehemmt haben. Sie sind ein unvermeidliches Übel; mit der Zeit schüttelt man sie ab; aber gerade diese Zeit wurde der Kommune nicht gelassen.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 348. Wenn alle großen Städte sich nach dem Muster von Paris als Kommunen organisierten, könnte keine Regierung diese Bewegung durch den plötzlichen Vorstoß der Reaktion unterdrücken. Gerade durch diesen vorbereitenden Schritt würde die Zeit für die innere Entwicklung, die Garantie der Bewegung gewonnen. Ganz Frankreich würde sich zu selbsttätigen und sich selbst regierenden Kommunen organisieren, das stehende Heer würde durch die Volksmiliz ersetzt, die Armee der Staatsparasiten beseitigt, die klerikale Hierarchie durch die Schullehrer ersetzt, die Staatsgerichte in Organe der Kommune verwandelt werden; die Wahlen in die nationale Vertretung wären nicht mehr eine Sache von Taschenspielerstücken einer allmächtigen Regierung, sondern der bewußte Ausdruck der organisierten Kommunen; die Staatsfunktionen würden auf einige wenige Funktionen für allgemeine nationale Zwecke reduziert. 2.4. Politische
Reaktionen auf die Kommune
„Die aristokratischen Krautjunker – dies war in der Tat ihre Haupt-befürchtung – wussten, dass drei Monate freien Verkehrs zwischen dem kommunalen Paris und den Provinzen einen allgemeinen Bauernaufstand zuwege bringen würden. Daher ihre ängstliche Eile, Paris mit einer Polizeiblockade zu umgeben und die Verbreitung der Rinderpest zu hemmen.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 346. „Es ist eine
eigentümliche Tatsache: Trotz all des großen Geredes und der
unermesslichen Literatur der letzten sechzig Jahre über Emanzipation der
Arbeiter – kaum nehmen die Arbeiter irgendwo die Sache in ihre eigenen
Hände, so ertönen auch sofort wieder die apologetischen Redensarten der
Fürsprecher der jetzigen Gesellschaft mit ihren beiden Polen: Kapital und
Lohnsklaverei (der Grundbesitzer ist jetzt nur noch der stille
Gesellschafter des Kapitalisten), als lebte die kapitalistische
Gesellschaft noch im Stande reinster jungfräulicher Unschuld, alle ihre
Grundsätze noch unentwickelt, alle ihre Selbst-täuschungen noch
unenthüllt, alle ihre prostituierte Wirklichkeit noch nicht
bloßgelegt! Die Kommune, rufen sie aus, will das Eigentum, die Grundlage aller Zivilisation, abschaffen! Jawohl, meine Herren, die Kommune wollte jenes Klasseneigentum abschaffen, das die Arbeit der vielen in den Reichtum der wenigen verwandelt. Sie beabsichtigte die Enteignung der Enteigner. Sie wollte das individuelle Eigentum zu einer Wahrheit machen, indem sie die Produktionsmittel, den Erdboden und das Kapital, jetzt vor allem die Mittel zur Knechtung und Ausbeutung der Arbeit, in bloße Werkzeuge der freien und assoziierten Arbeit verwandelt.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 342. „Aber dies ist der
Kommunismus, der ,unmögliche‘ Kommunismus! Nun, diejenigen Leute aus den
herrschenden Klassen, die verständig genug sind, die Unmöglichkeit der
Fortdauer des jetzigen Systems einzusehen und deren gibt es viele –, haben
sich zu zudringlichen und großmäuligen Aposteln der genossenschaftlichen
Produktion aufgeworfen. Wenn aber die genossenschaftliche Produktion nicht
eitel Schein und Schwindel bleiben, wenn sie das kapitalistische System
verdrängen, wenn die Gesamtheit der Genossenschaften die nationale
Produktion nach einem gemeinsamen Plan regeln, sie damit unter ihre eigene
Leitung nehmen und der beständigen Anarchie und den periodisch
wiederkehrenden Konvulsionen, welche das unvermeidliche Schicksal der
kapitalistischen Produktion sind, ein Ende machen soll – was wäre das
anderes, meine Herren, als der Kommunismus, der ,mögliche‘
Kommunismus? Die Arbeiterklasse verlangte keine Wunder von der Kommune. Sie hat keine fix und fertigen Utopien durch Volksbeschluss einzuführen. Sie weiß, dass, um ihre eigene Befreiung und mit ihr jene höhere Lebensform hervorzuarbeiten, der die gegenwärtige Gesellschaft durch ihre eigene ökonomische Entwicklung unwiderstehlich entgegenstrebt, dass sie, die Arbeiterklasse, lange Kämpfe, eine ganze Reihe geschichtlicher Prozesse durchzumachen hat, durch welche die Menschen wie die Umstände gänzlich umgewandelt werden. Sie hat keine Ideale zu verwirklichen; sie hat nur die Elemente der neuen Gesellschaft in Freiheit zu setzen, die sich bereits im Schoß der zusammenbrechenden Bourgeoisgesellschaft entwickelt haben. Im vollen Bewusstsein ihrer geschichtlichen Sendung und mit dem Heldenentschluss, ihrer würdig zu handeln, kann die Arbeiterklasse sich begnügen, zu lächeln gegenüber den plumpen Schimpfereien der Lakaien von der Presse wie gegenüber der lehrhaften Protektion wohlmeinender Bourgeoisdoktrinäre, die ihre unwissenden Gemeinplätze und Sektierer-marotten im Orakelton wissenschaftlicher Unfehlbarkeit abpredigen.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 343. „Als die Pariser
Kommune die Leitung der Revolution in ihre eigene Hand nahm; als einfache
Arbeiter zum ersten Mal es wagten, das Regierungsprivilegium ihrer
,natürlichen Obern‘, der Besitzenden, anzutasten, und, unter Umständen von
beispielloser Schwierigkeit, ihre Arbeit bescheiden, gewissenhaft und
wirksam verrichteten – sie verrichteten für Gehalte, deren höchstes kaum
ein Fünftel von dem war, was nach einem hohen wissenschaftlichen
Gewährsmann (Professor Huxley) das geringste ist für einen Sekretär des
Londoner Schulrats –, da wand sich die alte Welt in Wutkrämpfen beim
Anblick der roten Fahne, die, das Symbol der Republik der Arbeit über dem
Stadthause wehte. Und doch war dies die
erste Revolution, in der die Arbeiterklasse offen anerkannt wurde als die
einzige Klasse, die noch einer gesellschaftlichen Initiative fähig war;
anerkannt selbst durch die große Masse der Pariser Mittelklasse –
Kleinhändler, Handwerker, Kaufleute –, die reichen Kapitalisten allein
ausgenommen. Die Kommune hatte sie gerettet durch eine weise Erledigung
jener immer wiederkehrenden Ursache des Streits unter der Mittelklasse
selbst, der Frage zwischen Schuldnern und
Gläubigern. Derselbe Teil der
Mittelklasse hatte sich 1848 bei der Unterdrückung des Arbeiteraufstandes
vom Juni beteiligt; und unmittelbar darauf war er durch die
konstituierende Versammlung ohne alle Umstände seinen Gläubigern zum Opfer
gebracht worden. Aber dies war nicht der einzige Grund, weswegen er sich
jetzt an die Arbeiter anschloss. Er fühlte, dass es nur noch eine Wahl
gab: die Kommune oder das Kaisertum, gleich-viel unter welchem
Namen. Das Kaisertum hatte diese Mittelklasse ökonomisch ruiniert durch seine Verschleuderung des öffentlichen Reichtums, durch den von ihm großgezogenen Finanzschwindel, durch seine Beihülfe zur künstlich beschleunigten Zentralisation des Kapitals und die dadurch bedingte Enteignung eines großen Teils dieser Mittelklasse. Es hatte sie politisch unterdrückt, sie sittlich entrüstet durch seine Orgien, es hatte ihren Voltairianismus beleidigt durch Überlieferung der Erziehung ihrer Kinder an die ,unwissenden Brüderlein‘, es hatte ihr Nationalgefühl als Franzosen empört, indem es sie kopfüber in einen Krieg stürzte, der für alle die Verwüstung, die er anrichtete, nur einen Ersatz ließ – die Vernichtung des Kaisertums.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 343f. 3. Niederschlagung der
Kommune. Blutbad an den Pariser
Arbeitern „Der erste Versuch der
Sklavenhalterverschwörung zur Unterwerfung von Paris, wonach die Preußen
es besetzen sollten, scheiterte an Bismarcks Weigerung. Der zweite
Versuch, am 18. März, endigte mit der Niederlage der Armee und der Flucht
der Regierung nach Versailles, wohin ihr die gesamte
Verwaltungsmaschinerie folgen musste. Durch Vorspieglung von
Friedensunterhandlungen mit Paris gewann Thiers jetzt die Zeit, den Krieg
gegen Paris vorzubereiten. Aber woher eine Armee
nehmen? Die Überbleibsel der Linienregimenter waren schwach an
Zahl und unsicher von Stimmung. Seine dringenden Anrufe an die Provinzen,
Versailles mit ihren Nationalgarden und Freiwilligen zu Hülfe zu eilen,
stießen auf offene Weigerung. Nur die Bretagne sandte eine Handvoll
Chouans, die unter der weißen Fahne fochten, jeder mit dem Herzen Jesu in
weißem Linnen auf der Brust, und deren Schlachtruf war: Vive le Roi! (Es
lebe der König!). Thiers blieb also
darauf angewiesen, in aller Eile eine buntscheckige Bande
zusammenzutrommeln, Matrosen, Seesoldaten, päpstliche Zuaven, Valentins
Gendarmen, Piétris Stadtsergeanten und Mouchards (Spitzel). Diese Armee
wäre jedoch bis zur Lächerlichkeit ungenügend gewesen ohne die nach und
nach eintreffenden imperialistischen Kriegsgefangnen, die Bismarck in
Abschlagszahlungen losließ, hinrei-chend einerseits, den Bürgerkrieg in
Gang und andererseits Versailles in kriechender Abhängigkeit von Preußen
zu halten. Im Verlauf dieses Kriegs selbst hatte die Versailler Polizei
der Versailler Armee aufzupassen, während die Gendarmen diese Armee mit
sich fortreißen mussten, indem sie sich überall an den gefährlichsten
Posten zuerst aussetzten. Die Forts, welche fielen, wurden nicht genommen,
sondern gekauft. Der Heldenmut der Kommunalisten überzeugte Thiers, dass der Widerstand vor Paris nicht durch sein eigenes strategisches Genie und die ihm verfügbaren Bajonette zu brechen war.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 350f. „Sobald Mac-Mahon
imstande war, zu versprechen, dass er bald in Paris einrücken könne,
erklärte Thiers der Nationalversammlung, er ,werde in Paris einziehen mit
dem Gesetz in der Hand und volle Sühne verlangen von den Elenden,
die das Leben von Soldaten geopfert und öffentliche Denkmäler zerstört
hätten‘. Als der Augenblick der Entscheidung heranrückte, sagte er zur National-versammlung: ,Ich werde ohne Barmherzigkeit sein‘; zu Paris, sein Urteil sei gesprochen; und zu seinen bonapartistischen Banditen, sie hätten Staatserlaubnis, an Paris ihre Rache nach Herzenslust auszuüben.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 355. „Die Zivilisation und Gerechtigkeit der Bourgeoisordnung tritt hervor in ihrem wahren, gewitterschwangern Licht, sobald die Sklaven in dieser Ordnung sich gegen ihre Herren empören. Dann stellt sich diese Zivilisation und Gerechtigkeit dar als unverhüllte Wildheit und gesetzlose Rache. Jede neue Krise im Klassenkampf zwischen dem Aneigner und dem Hervorbringer des Reichtums bringt diese Tatsache greller zum Vorschein. Selbst die Scheußlichkeiten der Bourgeois vom Juni 1848 verschwinden vor der unsagbaren Niedertracht von 1871.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 355. „Der selbstopfernde
Heldenmut, womit das Pariser Volk – Männer, Weiber und Kinder – acht Tage
lang nach dem Einrücken der Versailler fortkämpften, strahlt ebenso sehr
zurück die Größe ihrer Sache, wie die höllischen Taten der Soldateska
zurückstrahlen den eingeborenen Geist jener Zivilisation, deren gemietete
Vorkämpfer und Rächer sie sind. Eine ruhmvolle Zivilisation in der Tat,
deren Lebensfrage darin besteht: wie die Haufen von Leichen loswerden, die
sie mordete, nachdem der Kampf vorüber war! Um ein Seitenstück zu
finden für das Benehmen des Thiers und seiner Bluthunde, müssen wir
zurückgehen zu den Zeiten des Sulla und der beiden römischen Triumvirate.
Dieselbe massenweise Schlächterei bei kaltem Blut; dieselbe Missachtung,
beim Morden, von Alter und Geschlecht; dasselbe System, Gefangne zu
martern; dieselben Ächtungen, aber diesmal gegen eine ganze Klasse;
dieselbe wilde Jagd nach den versteckten Führern, damit auch nicht einer
entkomme; dieselbe Angeberei gegen politische und Privatfeinde; dieselbe
Gleichgültigkeit bei der Niedermetzlung von dem Kampf ganz fremden Leuten.
Nur der eine Unterschied ist da, dass die Römer noch keine
Granatwerfer hatten, um die Geächteten schockweise abzutun, und
dass sie nicht ‘in ihren Händen das Gesetz’ trugen, noch auf ihren Lippen
den Ruf der ,Zivilisation‘. Und nach diesen
Schandtaten, seht jetzt auf die andere, noch ekelhaftere Seite dieser
Bourgeoiszivilisation, beschrieben durch ihre eigene
Presse! ,Während‘, schreibt der Pariser Korrespondent eines Londoner Tory-Blattes, ,während noch einzelne Schüsse in der Ferne ertönen und unverpflegte Verwundete zwischen den Grabsteinen des Père-Lachaise verenden, während 6.000 erschreckte Insurgenten im Todeskampf der Verzweiflung in den Irrgängen der Katakomben sich verloren haben und man Unglückliche noch durch die Straßen treiben sieht, um von den Granatwerfern schockweise niedergeschossen zu werden – ist es empörend, die Cafés gefüllt zu sehen mit Absinthtrinkern, Billard- und Dominospielern; zu sehen, wie weibliche Verworfenheit sich auf den Boulevards breit macht, und zu hören, wie der laute Schall der Schwelgerei aus den Privatzimmerchen vornehmer Restaurants die Nachtruhe stört.‘“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 356. „Die Verschwörung der
herrschenden Klasse zum Umsturz der Revolution durch einen unter dem
Schutz des fremden Eroberers geführten Bürgerkrieg – eine Verschwörung,
deren Spuren wir gefolgt sind vom September bis herab zum Einmarsch der
Mac-Mahonschen Prätorianer durch das St. Clouder Tor – gipfelte in dem
Blutbade von Paris. Bismarck schaut mit
vergnügten Sinnen auf die Trümmer von Paris, in denen er vielleicht die
,erste Rate‘ jener allgemeinen Zerstörung der großen Städte sah, die er
bereits erfleht hatte, als er noch ein einfacher Landadeliger in
der preußischen Ständekammer von 1849 war. Er schaut zufrieden auf
die Leichen des Pariser Proletariats. Für ihn ist dies nicht nur die
Austilgung der Revolution, sondern zugleich die Austilgung Frankreichs,
das jetzt in Wirklichkeit enthauptet ist, und durch die französische
Regierung obendrein. Mit der allen erfolgreichen Staatsmännern eigenen
Seichtigkeit sieht er nur die Oberfläche dieses ungeheuren geschichtlichen
Ereignisses. Wo hat je vorher die Geschichte das Schauspiel vorgeführt eines Siegers, der seinen Sieg damit krönt, dass er sich nicht nur zum Gendarmen, sondern auch zum gemieteten Söldner der besiegten Regierung hergibt? Zwischen Preußen und der Kommune von Paris war kein Krieg. Im Gegenteil, die Kommune hatte die Friedenspräliminarien angenommen, und Preußen hatte seine Neutralität erklärt. Preußen war also keine kriegführende Partei.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 360. „Nach Pfingstsonntag 1871 kann es keinen Frieden und keine Waffenruhe mehr geben zwischen den Arbeitern Frankreichs und den Aneignern ihrer Arbeitserzeugnisse. Die eiserne Hand einer gemieteten Soldateska mag beide Klassen, für eine Zeitlang, in gemeinsamer Unterdrückung niederhalten. Aber der Kampf muss aber und abermals ausbrechen, in stets wachsender Ausbreitung, und es kann kein Zweifel sein, wer der endliche Sieger sein wird – die wenigen Aneigner oder die ungeheure arbeitende Majorität. Und die französischen Arbeiter bilden nur die Vorhut des ganzen modernen Proletariats.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 361. „Das Paris der Arbeiter, mit seiner Kommune, wird ewig gefeiert werden als der ruhmvolle Vorbote einer neuen Gesellschaft. Seine Märtyrer sind eingeschreint in dem großen Herzen der Arbeiterklasse. Seine Vertilger hat die Geschichte schon jetzt an jenen Schandpfahl genagelt, von dem sie zu erlösen alle Gebete ihrer Pfaffen ohnmächtig sind.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 362. |
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Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: „Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |