Klassenteilung und
Arbeitsteilung
1. Arbeitsteilung ist eine Form der
gesellschaftlichen Produktion. Sie verteilt an die Gesellschaftsmitglieder
eine Unterschiedlichkeit der einzelnen Arbeit und erreicht dadurch eine
produktivere gesellschaftliche Gesamtarbeit. „Der gesellschaftliche
Produktionsorganismus (stellt)... seine unterschiedlichen
Glieder im System der Teilung der Arbeit dar.“ K. Marx, Kapital I,
122. „die Teilung der Arbeit, d.h. ... gesellschaftlicher Charakter der
Produktion.“ K. Marx, Grundrisse, S. 64. „Hält man nur die Arbeit
selbst im Auge, so kann man die Trennung der gesellschaftlichen Produktion
in ihre großen Gattungen, wie Agrikultur, Industrie usw. als Teilung der
Arbeit im allgemeinen, die Sondierung dieser Produktionsgattungen in Arten
und Unterarten als Teilung der Arbeit im besonderen, und die Teilung der
Arbeit innerhalb einer Werkstatt als Teilung der Arbeit im einzelnen
bezeichnen.“ K. Marx, Kapital I,
371.
2. Die Geschichte der Arbeitsteilung ist die
Entwicklungsgeschichte der Menschheit. „Wie weit die
Produktionskräfte einer Nation entwickelt sind, zeigt am
augenscheinlichsten der Grad, bis zu dem die Teilung der Arbeit entwickelt
ist. Jede neue Produktivkraft ... hat eine neue Ausbildung der Teilung der
Arbeit zur Folge. ... Die Teilung der Arbeit innerhalb einer Nation
führt zunächst die Trennung der industriellen und kommerziellen von der
ackerbauenden Arbeit und damit die Trennung von Stadt und
Land und den Gegensatz der Interessen beider herbei. ... Zur
gleichen Zeit entwickeln sich durch die Teilung der Arbeit innerhalb
dieser verschiedenen Branchen wieder verschiedene Abteilungen unter den zu
bestimmten Arbeiten zusammenwirkenden Individuen. ... Die verschiedenen
Entwicklungsstufen der Teilung der Arbeit sind ebensoviel verschiedene
Formen des Eigentums; d. h. die jedesmalige Stufe der Teilung der Arbeit
bestimmt auch die Verhältnisse der Individuen zueinander in Beziehung auf
das Material, Instrument und Produkt der Arbeit.“ K. Marx, F. Engels,
Deutsche Ideologie, MEW 3, 21f.
2.1 Ursprüngliche oder
natürliche Arbeitsteilung: „Wo ihn das Kleidungsbedürfnis zwang,
hat der Mensch jahrtausendelang geschneidert, bevor aus einem Menschen ein
Schneider ward.“ K. Marx,
Kapital I, 57. „Die erste
Form des Eigentums ist das Stammeigentum. Es entspricht der unentwickelten
Stufe der Produktion, auf der ein Volk von Jagd und Fischfang, von
Viehzucht oder höchstens vom Ackerbau sich nährt. Es setzt in diesem
letzteren Falle eine große Masse unbebauter Ländereien voraus. Die
Teilung der Arbeit ist auf dieser Stufe noch sehr wenig entwickelt und
beschränkt sich daher auf eine Ausdehnung der Familie: patriarchalische
Stammhäupter, unter ihnen die Stammmitglieder...“ K. Marx, F. Engels,
Deutsche Ideologie, MEW 3, 22. Eine dauerhafte Teilung der Arbeit
begann entlang der vorgefundenen natürlichen Lebensverhältnisse zunächst
mit der Herausentwicklung der Viehzuchtvölker aus dem ursprünglichen Jagen
und daneben der Herausbildung von Ackerbauvölkern aus der ursprünglichen
Sammlertätigkeit. Als erfolgreichste, weil produktivste
Wirtschaftsweise verschmolz beides zu einer Verbindung von Ackerbau und
Viehzucht. Auch diese Produktionsweise ruhte immer noch auf dem
gemeinsamen Eigentum der Sippe oder des Stammes. Selbstverständlich
waren auch solche autarken
Sippen oder Stämme in sich schon arbeitsteilig gegliedert. Ihre
Arbeitsteilung erwuchs aber aus den natürlichen Unterschieden von Alter
und Geschlecht und war noch nicht dauerhaft mit den Individuen
verhaftet. Die erwachsenen Männer erledigten die schweren und
gefährlicheren körperlichen Arbeiten, die von den erfahrensten alten
Männern geleitet und koordiniert wurden, Die Kinder und Jugendlichen
erfüllten Hilfstätigkeiten, die später zunehmend von Sklaven übernommen
wurden. Die Frauen und die Alten sorgten für Aufbewahrung des
gemeinschaftlichen Produkts und die Verteilung unter die Mitglieder der
Sippschaft bzw. Gesellschaft. Aus diesen gesellschaftlichen
Dienstleistungen der Planung und Koordinierung der Produktion wie der
Aufbewahrung und Verteilung des ursprünglich gemeinschaftlichen Produkts
entwickelten sich allmählich die Wetterkunde und Astronomie wie die
Mathematik und Schrift. Selbst als sich diese je nach Umständen und
Alter eintretende Arbeitsteilung zu einer mehr oder minder lebenslangen
beruflichen Arbeitsteilung mit der Scheidung in Handwerker und Bauern
verfestigte, basierte die Gesellschaft noch auf dem Gemeineigentum. In
besonders fruchtbaren Gegenden nahm dies die Form der sogenannten
Tempelwirtschaft an, bei der alle Gesellschaftsmitglieder ihr gesamtes
Arbeitsprodukt in den gemeinsamen Speicher („Tempel“) lieferten -
gleichgültig ob es Getreide, Brot oder Werkzeuge und Waffen waren, um von
dort wieder ihre sämtlichen Produktionsmittel wie ihre Lebensmittel zu
beziehen. Aus dieser gemeinschaftlichen, aber arbeitsteiligen
Speicherwirtschaft erwuchsen z.B. die sumerische und die ägyptischen
Kultur. Wo die natürlichen Bedingungen ungünstiger waren und nicht
solche Konzentrierung des gesellschaftlichen Reichtums erlaubten,
entwickelten sich seit der Sesshaftigkeit mehr oder minder autonome
Landgemeinden, die sich irgendwann zu größeren Verbänden - einer Polis -
zusammenschlossen. Daraus entstanden z.B. die griechische und die römische
Kultur. „Eine gründlichere Geschichtsforschung findet das
Gemeineigentum als Ausgangspunkt bei allen Kulturvölkern wieder.“ K.
Marx, Grundrisse, S. 764. „Die Geschichte zeigt vielmehr Gemeineigentum
... als die ursprünglichere Form, eine Form, die unter der Gestalt des
Gemeindeeigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielt.“ K. Marx,
Grundrisse, S. 9. Marx nannte diese gemeinschaftliche, aber
arbeitsteilige Produktionsweise „patriarchalische“ oder „asiatische“
Produktionsweise. („Asiatisch“ heißt hier so viel wie
„orientalisch“.) „Die Kooperation im Arbeitsprozess, wie wir sie in den
Kulturanfängen der Menschheit, bei Jägervölkern oder etwa in der
Agrikultur indischer Gemeinwesen vorherrschend finden, beruht einerseits
auf dem Gemeineigentum an den Produktionsbedingungen, andererseits darauf,
dass das einzelne Individuum sich von der Nabelschnur des Stammes oder des
Gemeinwesens noch ebenso wenig losgerissen hat wie das Bienenindividuum
vom Bienenstock. Beides unterscheidet sie von der kapitalistischen
Kooperation.“ K. Marx, Kapital I, 353f.
2.2. Klassenteilung ist
eine Form der Arbeitsteilung Die Aneignung von fremder
Mehrarbeit und damit eine herrschende Ausbeuterklasse erwuchs mit
steigendem Reichtum aus den gesellschaftlichen Dienstleistungen der
Planung und Koordinierung, des Verwalten und Verteilens. In dem Maße, in
dem diese ursprünglichen Diener und Dienerinnen der Gesellschaft sich zu
Herrschern fortentwickelten, wurde auch ein staatlicher Zwangsapparat
nötig. „Braucht der Arbeiter alle seine Zeit, um die zur Erhaltung
seiner selbst und seiner Rasse nötigen Lebensmittel zu produzieren, so
bleibt ihm keine Zeit, um unentgeltlich für dritte Personen zu arbeiten.
Ohne einen gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche disponible
Zeit für den Arbeiter, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und
daher keine Kapitalisten, aber auch keine Sklavenhalter, keine
Feudalbarone, in einem Wort, keine Großbesitzerklasse.“ K. Marx, Kapital
I, 534. „Die Gunst der Naturbedingungen liefert immer nur die
Möglichkeit, niemals die Wirklichkeit der Mehrarbeit, also des Mehrwerts
oder des Mehrprodukts.“ K. Marx, Kapital I, 537. „die durch die Teilung der Arbeit
bereits bedingten Klassen, ... von denen eine alle anderen beherrscht...“
K. Marx, F. Engels, Deutsche Ideologie, MEW 3, 33. „Solange die
wirklich arbeitende Bevölkerung von ihrer notwendigen Arbeit so sehr in
Anspruch genommen wird, dass ihr keine Zeit zur Besorgung der gemeinsamen
Geschäfte der Gesellschaft - Arbeitsteilung, Staatsgeschäfte,
Rechtsangelegenheiten, Kunst, Wissenschaft etc. - übrigbleibt, solange
musste stets eine besondere Klasse bestehen, die, von der wirklichen
Arbeit befreit, diese Angelegenheiten besorgte; wobei sie denn nie
verfehlte, den arbeitenden Massen zu ihrem eigenen Vorteil mehr und mehr
Arbeitslast aufzubürden.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 169. „War
doch der letzte Grund, womit der Klassenunterschied verteidigt wurde,
stets: Es muss eine Klasse geben, die sich nicht mit der Produktion ihres
täglichen Lebensunterhaltes abzuplacken hat, damit sie die Zeit behält,
die geistige Arbeit der Gesellschaft zu besorgen.“ F. Engels,
Wohnungsfrage, MEW 18, 221. „Die Spaltung der Gesellschaft in eine
ausbeutende und eine ausgebeutete, eine herrschende und eine unterdrückte
Klasse war die notwendige Folge der früheren geringen Entwicklung der
Produktion. Solange die gesellschaftliche Gesamtarbeit nur einen Ertrag
liefert, der das zur notdürftigen Existenz Aller Erforderliche nur um
wenig übersteigt, solange also die Arbeit alle oder fast alle Zeit der
großen Mehrzahl der Gesellschaftsmitglieder in Anspruch nimmt, solange
teilt sich diese Gesellschaft notwendig in Klassen. Neben der
ausschließlich der Arbeit frönenden großen Mehrheit bildet sich eine von
direkt-produktiver Arbeit befreite Klasse, die die gemeinsamen
Angelegenheiten der Gesellschaft besorgt: Arbeitsleitung, Staatsgeschäfte,
Justiz, Wissenschaften, Künste usw. Es ist also das Gesetz der
Arbeitsteilung, das der Klassenteilung zugrunde liegt. Aber das hindert
nicht, dass diese Einteilung in Klassen nicht durch Gewalt und Raub, List
und Betrug durchgesetzt worden ist und dass die herrschende Klasse,
einmal im Sattel, nie verfehlt hat, ihre Herrschaft auf Kosten der
arbeitenden Klasse zu befestigen und die gesellschaftliche Leitung
umzuwandeln in gesteigerte Ausbeutung der Massen. Aber wenn hiernach
die Einteilung in Klassen eine gewisse geschichtliche Berechtigung hat, so
hat sie eine solche doch nur für einen gegebenen Zeitraum, für gegebene
gesellschaftliche Bedingungen. Sie gründet sich auf die Unzulänglichkeit
der Produktion; sie wird weggefegt werden durch die volle Entfaltung der
modernen Produktivkräfte. Und in der Tat hat die Abschaffung der
gesellschaftlichen Klassen zur Voraussetzung einen geschichtlichen
Entwicklungsgrad, auf dem das Bestehen nicht bloß dieser oder jener
bestimmten herrschenden Klasse, sondern einer herrschenden Klasse
überhaupt, also des Klassenunterschiedes selbst, ein Anachronismus
geworden, veraltet ist. Sie hat also zur Voraussetzung einen Höhegrad
der Entwicklung der Produktion, auf dem die Aneignung der
Produktionsmittel und Produkte und damit der politischen Herrschaft, des
Monopols der Bildung und der geistigen Leitung durch eine besondere
Gesellschaftsklasse nicht nur überflüssig, sondern auch ökonomisch,
politisch und intellektuell ein Hindernis der Entwicklung geworden
ist. Dieser Punkt ist jetzt erreicht.“ F. Engels, Entwicklung des
Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW 19, 225.
2.3.
Durch die kapitalistische Arbeitsteilung wurde erreicht, dass
Klassenunterschiede und Klassenherrschaft heute verschwinden können und
heute verschwinden müssen. Die Herausbildung des privaten
Eigentums und damit der Warenproduktion, entwickelte die Fähigkeiten und
Kenntnisse der Individuen und emanzipierte sie als Privateigentümer von
der „Nabelschnur des Stammes oder des Gemeinwesens“, fesselte sie aber
gleichzeitig lebenslang an ihre einseitig gewordenen Tätigkeiten, was wir
bei den alten Griechen am reinsten studieren können. “Die Teilung
der Arbeit verwandelt das Arbeitsprodukt in Ware ... Unsre
Warenbesitzer entdecken daher, dass dieselbe Teilung der Arbeit, die sie
zu unabhängigen Privatproduzenten und den gesellschaftlichen
Produktionsprozess ... von ihnen selbst unabhängig macht, dass die
Unabhängigkeit der Personen voneinander sich in einem System allseitiger
sachlicher Abhängigkeit sich ergänzt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S.
122. „Vor der kapitalistischen Produktion ... bestand allgemeiner
Kleinbetrieb auf Grundlage des Privateigentums der Arbeiter an ihren
Produktionsmitteln: der Ackerbau der kleinen freien oder hörigen Bauern,
das Handwerk der Städte. Die Arbeitsmittel - Land, Ackergerät,
Werkstatt, Handwerkszeug - waren Arbeitsmittel des Einzelnen, nur für den
Einzelgebrauch berechnet, also notwendig kleinlich, zwerghaft, beschränkt.
Aber sie gehörten eben deshalb auch in der Regel dem Produzenten selbst.
Diese zersplitterten, engen Produktionsmittel zu konzentrieren,
auszuweiten, sie in die mächtig wirkenden Produktionshebel der Gegenwart
umzuwandeln, war grade die historische Rolle der kapitalistischen
Produktionsweise und ihrer Trägerin, der Bourgeoisie ... Aber die
Bourgeoisie ... konnte jene beschränkten Produktionsmittel nicht in
gewaltige Produktivkräfte verwandeln, ohne sie aus Produktionsmittel des
Einzelnen in gesellschaftliche, nur von einer Gesamtheit von
Menschen anwendbare Produktionsmittel zu verwandeln. ... Und wie
die Produktionsmittel, so verwandelte sich die Produktion selbst aus einer
Reihe von Einzelhandlungen in eine Reihe gesellschaftlicher Akte und die
Produkte aus Produkten Einzelner in gesellschaftliche Produkte.“ F.
Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 250. „Das ‚Schuster bleib bei deinem
Leisten!’, der Gipfelpunkt handwerksmäßiger Weisheit, wurde zur
furchtbaren Narrheit von dem Moment, wo der Uhrmacher Watt die
Dampfmaschine, der Barbier Arkwright den Kettenstuhl, der Juwelierarbeiter
Fulton das Dampfschiff erfunden hatte.“ K. Marx, Kapital I, 512f. „Die moderne Industrie
betrachtet und behandelt die vorhandene Form eines Produktionsprozesses
nie als definitiv. Ihre technische Basis ist daher revolutionär, während
die aller früheren Produktionsweisen wesentlich konservativ war. Durch
Maschinerie, chemische Prozesse und andere Methoden wälzt sie beständig
mit der technischen Grundlage der Produktion die Funktionen der Arbeiter
und die gesellschaftlichen Kombinationen des Arbeitsprozesses um. Sie
revolutioniert damit ebenso beständig die Teilung der Arbeit im Innern der
Gesellschaft und schleudert unaufhörlich Kapitalmassen und Arbeitermassen
aus einem Produktionszweig in den anderen. Die Natur der großen Industrie
bedingt daher Wechsel der Arbeit, Fluss der Funktionen, allseitige
Beweglichkeit des Arbeiters. ... Es unterliegt ebenso wenig einem
Zweifel, dass die kapitalistische Form der Produktion und die ihr
entsprechenden ökonomischen Arbeiterverhältnisse im diametralen
Widerspruch stehen mit solchen Umwälzungsfermenten und ihrem Ziel, der
Aufhebung der alten Teilung der Arbeit. Die Entwicklung der Widersprüche
einer geschichtlichen Produktionsform ist jedoch der einzig geschichtliche
Weg ihrer Auflösung und Neugestaltung.“ K. Marx, Kapital I, 510 - 512. „Die universal
entwickelten Individuen, deren gesellschaftliche Verhältnisse als ihre
eigenen, gemeinschaftlichen Beziehungen auch ihrer eigenen
gemeinschaftlichen Kontrolle unterworfen sind, sind kein Produkt der
Natur, sondern der Geschichte. Der Grad und die Universalität der
Entwicklung der Vermögen, worin diese Individualität möglich wird, setzt
eben die Produktion auf der Basis der Tauschwerte voraus, die ... die
Allgemeinheit und Allseitigkeit der Beziehungen und Fähigkeiten
des Individuums erst produziert.“ K. Marx, Grundrisse, S.
80. „Persönliche Abhängigkeitsverhältnisse (zuerst ganz naturwüchsig)
sind die ersten Gesellschaftsformen, in denen sich die menschliche
Produktivität nur in geringem Umfang und auf isolierten Punkten
entwickelt. Persönliche Unabhängigkeit auf sachlicher Abhängigkeit
gegründet ist die zweite große Form, worin sich erst ein System des
allgemeinen gesellschaftlichen Stoffwechsels, der universalen Beziehungen,
allseitiger Bedürfnisse, und universeller Vermögen bildet. Freie
Individualität, gegründet auf die universelle Entwicklung der Individuen
und die Unterordnung ihrer gemeinschaftlichen gesellschaftlichen
Produktivität, als ihres gesellschaftlichen Vermögens, ist die dritte
Stufe. Die zweite schafft die Bedingungen der dritten.“ Marx, Grundrisse,
S. 75. Die kapitalistische Arbeitsteilung schafft die Bedingungen
für allseitig entwickelte Individuen einerseits dadurch, dass Ausbildung
und Bildungsstand der Lohnarbeiter immer weiter steigen und andererseits
sich die individuell immer beschränkten Kenntnisse und Fähigkeiten durch
die gesellschaftliche Organisation der Arbeit zu staunenswerten
gesellschaftlichen Leistungen vereinigen, die alle Helden und Genies der
bisherigen Geschichte in den Schatten stellen. Durch das Zusammenwirken
der Lohnarbeiter im gesellschaftlichen Arbeitsprozess werden
weltumspannende Unternehmen in Gang gehalten, Computer entwickelt,
Weltraumstationen gebaut und die Gene des Menschen entschlüsselt. Im
gemeinsamen, d.h. gesellschaftlich organisierten Arbeitsprozess verkörpert
heute die Gesamtheit der Lohnarbeiter, d.h. die Arbeiterklasse, alles
Geschick und alle Intelligenz dieser Welt. In diese moderne Arbeiterklasse
gibt es keine Kenntnisse mehr „von außen hineinzutragen“, wie Lenin
meinte. Indem die handwerksmäßige Fesselung an eine einzige Tätigkeit -
sei sie körperlich oder geistig - durch die industrielle Arbeitsweise
beseitigt wird und beseitigt wurde, ist der Boden bereitet, auf dem eine
neue Vielseitigkeit der Fähigkeiten und Kenntnisse der Individuen
erwächst.
3. Arbeitsteilung in der klassenlosen
Gesellschaft „Die Gleichgültigkeit gegen die bestimmte Arbeit
entspricht einer Gesellschaftsform, worin die Individuen mit Leichtigkeit
aus einer Arbeit in die andere übergehen und die bestimmte Art der Arbeit
ihnen zufällig, daher gleichgültig ist. Die Arbeit ... hat aufgehört
als Bestimmung mit den Individuen in einer Besonderheit verwachsen zu
sein.“ K. Marx, Grundrisse, S. 25. „Erst die durch die große Industrie
erreichte ungeheure Steigerung der Produktivkräfte erlaubt, die Arbeit auf
alle Gesellschaftsmitglieder ohne Ausnahme zu verteilen und dadurch die
Arbeitszeit eines jeden so zu beschränken, dass für alle hinreichend freie
Zeit bleibt, um sich an den allgemeinen Angelegenheiten der Gesellschaft -
theoretischen wie praktischen - zu beteiligen. Erst jetzt also ist jede
herrschende und ausbeutende Klasse überflüssig, ja ein Hindernis der
gesellschaftlichen Entwicklung geworden, und erst jetzt wird sie
unerbittlich beseitigt werden, mag sie auch noch so sehr im Besitz der
‚unmittelbaren Gewalt’ sein.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20,
169. „Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat Jeder
einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt
wird, aus dem er nicht heraus kann; er ist Jäger, Fischer oder Hirt oder
kritischer Kritiker und muss es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum
Leben verlieren will - während in der kommunistischen Gesellschaft, wo
Jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich
in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine
Produktion regelt und mir eben dadurch möglich macht, heute dies, morgen
jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht
zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe, ohne
je Jäger, Fischer, Hirt oder Kritiker zu werden.“ K. Marx, F. Engels,
Deutsche Ideologie, MEW 3, 33. „Einmal die Arbeit emanzipiert, so wird jeder Mensch
ein Arbeiter, und produktive Arbeit hört auf, eine Klasseneigenschaft zu
sein.“ K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 342.
Siehe auch: Wechsel der Arbeit
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