Intensivierung der Arbeit

 

1. Intensivierung der Arbeit erzwingt mehr Arbeitsleistung in gleicher Zeit

Sie verkürzt den bezahlten Teil des Arbeitstags und verlängert den unbezahlten Teil (Mehrarbeitszeit).

„Der Ausbeutungsgrad der Arbeit, die Aneignung von Mehrarbeit und Mehrwert wird erhöht namentlich durch Verlängerung des Arbeitstags und Intensivierung der Arbeit. Diese beiden Punkte sind ausführlich entwickelt in Buch I bei der Produktion des absoluten und des relativen Mehrwerts.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 242.

 

„Es ist klar: Variiert das Wertprodukt des Arbeitstags, etwa von 100 auf 125 Eu­ro, so können beide Teile dieses Wertprodukts, Preis der Arbeitskraft und Mehr­wert, gleichzeitig wachsen, sei es in gleichem oder ungleichem Grad. ...

Preiserhöhung der Arbeitskraft schließt hier nicht notwendig Steigerung ihres Preises über ihren Wert ein. Sie kann umgekehrt von einem Fall unter ihren Wert begleitet sein. Dies findet stets statt, wenn die Preiserhöhung der Arbeitskraft ih­ren beschleunigten Verschleiß nicht kompensiert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 547.

 

„Ökonomie der Arbeit durch Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit bezweckt in der kapitalistischen Produktion also durchaus nicht Verkürzung des Arbeitstages. Sie bezweckt nur Verkürzung der für Produktion eines bestimmten Warenquantums notwendigen Arbeitszeit.

Dass der Arbeiter bei gesteigerter Produktivkraft seiner Arbeit in einer Stunde z. B. 10-mal mehr Ware als früher produziert, also für jedes Stück Ware 10-mal weniger Arbeitszeit braucht, verhindert durchaus nicht, ihn nach wie vor 8 Stunden arbeiten und in den 8 Stunden 1200 Stück statt früher 120 Stück produzieren zu lassen. ...

Die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, innerhalb der kapitalistischen Produktion, bezweckt, den Teil des Arbeitstags, den der Arbeiter für sich selbst arbeiten muss (= notwendige Arbeitszeit, in der der Gegenwert für die Lohnkosten geschaffen wird), zu verkürzen, um grade dadurch den andren Teil des Arbeitstags, den er für den Kapitalisten umsonst arbeiten kann (und so Mehrwert schafft), zu verlängern.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 339f.

 

„Vorausgesetzt, die Arbeitskraft werde zu ihrem Wert bezahlt, stehen wir dann vor dieser Alternative: Die Produktivität der Arbeit und ihren Normalgrad von Intensität gegeben, ist die Rate des Mehrwerts nur erhöhbar durch absolute Ver­längerung des Arbeitstags; andererseits, bei gegebener Grenze des Arbeitstags, ist die Rate des Mehrwerts nur erhöhbar durch relativen Größenwechsel seiner Be­standteile, der notwendi­gen Arbeit und der Mehrarbeit, was seinerseits, soll der Lohn nicht unter den Wert der Arbeitskraft sinken, Wechsel in der Produktivität oder Intensität der Ar­beit voraussetzt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 534.

 

 

2. Seit Einführung einer gesetzlichen Arbeitszeitbegrenzung wurde die Intensivierung der Arbeit zum bevorzugten Mittel verstärkter Ausbeutung

„Die maßlose Verlängerung des Arbeitstags, welche die Maschinerie in der Hand des Kapitals produziert, führt, wie wir sahen, später eine Reaktion der in ihrer Lebenswurzel bedrohten Gesellschaft herbei und damit einen gesetzlich be­schränkten Normalarbeitstag. Auf Grundlage des letzteren entwickelt sich ein Phänomen, das uns schon früher begegnete, zu entscheidender Wichtigkeit – nämlich die Intensifikation (Intensivierung) der Arbeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 431.

 

„Es ist selbstverständlich, dass mit dem Fortschritt des Maschinen-wesens und der gehäuften Erfahrung einer eigenen Klasse von Maschinenarbeitern die Ge­schwindigkeit und damit die Intensität der Arbeit naturwüchsig zunehmen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 432.

 

„Es ist klar, dass diese unmittelbare Abhängigkeit der Arbeiten und daher der Ar­beiter voneinander jeden einzelnen zwingt, nur die notwendige Zeit zu seiner Funktion zu verwenden, und so eine ganz andere Kontinuität, Gleichförmigkeit, Regelmäßigkeit, Ordnung und namentlich auch Intensität der Arbeit erzeugt wird als im unabhängigen Handwerk oder selbst der einfachen Kooperation.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 365f.

 

„So geht in England während eines halben Jahrhunderts die Verlängerung des Ar­beitstags Hand in Hand mit der wachsenden Intensität der Fabrikarbeit. Indes be­greift man, dass ... ein Knotenpunkt eintreten muss, wo Ausdehnung des Arbeits­tags und Intensität der Arbeit einander ausschließen, so dass die Verlängerung des Arbeitstags nur mit schwächerem Intensitätsgrad der Arbeit und umgekehrt ein erhöhter Intensitätsgrad nur mit Verkürzung des Arbeitstags verträglich bleibt.

Sobald die allmählich anschwellende Empörung der Arbeiterklasse den Staat zwang, die Arbeitszeit gewaltsam zu verkürzen und zunächst der eigentlichen Fa­brik einen Normalarbeitstag zu diktieren, von diesem Augenblick also, wo ge­steigerte Produktion von Mehrwert durch Verlängerung des Arbeitstags ein für alle Mal abgeschnitten war, warf sich das Kapital mit aller Macht und vollem Be­wusstsein auf die Produktion von relativem Mehrwert (= Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit) durch beschleunigte Ent­wicklung des Maschinensystems.

Gleichzeitig tritt eine Änderung in dem Charakter des relativen Mehrwerts ein. Im Allgemeinen besteht die Produktionsmethode des relativen Mehrwerts darin, durch gesteigerte Produktivkraft der Arbeit den Arbeiter zu befähigen, mit der­selben Arbeitsausgabe in derselben Zeit mehr zu produzieren. Dieselbe Arbeits­zeit setzt nach wie vor dem Gesamtprodukt denselben Wert zu, obgleich dieser unveränderte Tauschwert sich jetzt in mehr Gebrauchswerten darstellt und daher der Wert der einzelnen Ware sinkt.

Anders jedoch, sobald die ... Verkürzung des Arbeitstags ... zugleich vergrößerte Arbeitsausgabe in derselben Zeit, erhöhte Anspannung der Arbeitskraft, dichtere Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit, d. h. Kondensation der Arbeit dem Arbeiter zu einem Grad aufzwingt, der nur innerhalb des verkürzten Arbeitstags erreichbar ist.

Diese Zusammenpressung einer größeren Masse Arbeit in eine gegebene Zeitpe­ri­ode zählt jetzt als was sie ist, als größeres Arbeits-quantum. Neben das Maß der Arbeitszeit als ‚ausgedehnter Größe‘ tritt jetzt das Maß ihres Verdichtungsgrads.

Die intensivere Stunde des zehnstündigen Arbeitstags enthält jetzt so viel oder mehr Arbeit, d. h. verausgabte Arbeitskraft, als die porösere Stunde des zwölf­stündigen Arbeitstags. Ihr Produkt hat daher so viel oder mehr Wert als das der poröseren 1 1/5 Stunden. Abgesehen von der Erhöhung des relativen Mehrwerts durch die gesteigerte Produktivkraft der Arbeit liefern jetzt z. B. 3 1/3 Stunden Mehrarbeit auf 6 2/3 Stunden notwendiger Arbeit dem Kapitalisten dieselbe Wertmasse wie vorher 4 Stunden Mehrarbeit auf 8 Stunden notwendiger Arbeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 432f.

 

 

2.1. Methoden der Intensivierung der Arbeit

„Es fragt sich nun, wie wird die Arbeit intensiviert?“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 433.

 

„Die erste Wirkung des verkürzten Arbeitstags beruht auf dem selbstverständli­chen Gesetz, dass die Wirkungsfähigkeit der Arbeitskraft im umgekehrten Ver­hältnis zu ihrer Wirkungszeit steht. Es wird daher, innerhalb gewisser Grenzen, am Grad der Kraftäußerung gewonnen, was an ihrer Dauer verloren geht.

Dass der Arbeiter aber auch wirklich mehr Arbeitskraft flüssig macht, dafür sorgt das Kapital durch die Methode der Zahlung. (Anm. 158: Namentlich durch den Stücklohn, eine Form, die im sechsten Abschnitt entwickelt wird. Vgl. Kapital I, MEW 23, 574ff.)“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 433.

 

„Sobald die Verkürzung des Arbeitstags, welche zunächst die ... Fähigkeit des Arbeiters schafft, mehr Kraft in gegebener Zeit flüssig zu machen, zwangsgesetz­lich wird, wird die Maschine in der Hand des Kapitals zum objektiven und syste­matisch angewandten Mittel, mehr Arbeit in derselben Zeit zu erpressen. Es ge­schieht dies in doppelter Weise: durch erhöhte Geschwindigkeit der Maschinen und erweiterten Umfang der von demselben Arbeiter zu überwachenden Maschi­nerie oder seines Arbeitsfeldes.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 434.

 

„Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, dass die Tendenz des Kapitals, so­bald ihm Verlängerung des Arbeitstags ein für alle Mal durch das Gesetz abge­schnitten ist, sich durch systematische Steigerung des Intensitätsgrads der Arbeit gütlich zu tun und jede Verbesserung der Maschinerie in ein Mittel zu größerer Aussaugung der Arbeitskraft zu verkehren, bald wieder zu einem Wendepunkt treiben muss, wo abermalige Abnahme der Arbeitsstunden unvermeidlich wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 440.

 

Durch Anwendung arbeitssparender Technologie „wird in der Tat die Menge zur Produktion eines gewissen Gegenstandes nötige Arbeit auf ein Minimum reduziert, aber nur, damit ein Maximum von Arbeit in dem Maximum solcher Gegenstände verwertet werde“. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 589.

 

 

3. Intensivierte Arbeit erhöht den Warenwert

„Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht ... ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch die Menge der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‘ der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst misst sich an ihrer Zeitdauer ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 53. Der Warenwert ist abhängig von der Menge der darin enthaltenen Arbeit. Die Arbeitsmenge misst sich an ihrer Zeitdauer. Sinngemäß wäre hier noch zu ergänzen: und an ihrer Intensität.

„Wachsende Intensität der Arbeit unterstellt vermehrte Ausgabe von Arbeit in demselben Zeitraum. Der intensivere Arbeitstag verkörpert sich daher in mehr Produkten als der minder intensive von gleicher Stundenzahl. Mit erhöhter Pro­duktivkraft liefert zwar auch derselbe Arbeitstag mehr Produkte (aber im Prinzip ohne vermehrte Arbeitsausgabe).

Aber im letzteren Fall (der steigenden Produktivität) sinkt der Wert des einzelnen Produkts, weil es weniger Arbeit als vorher kostet, im ersteren Fall (der steigen­den Arbeitsintensität) bleibt er unverändert, weil das Produkt nach wie vor gleich viel Arbeit kostet. Die Anzahl der Produkte steigt hier ohne Fall ihres Preises. ...

Bei gleich bleibender Stundenzahl verkörpert sich also der intensivere Arbeitstag in höherem Wertprodukt ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 547.

 

„... Die durchschnittlichen Intensitätsgrade der Arbeit ... sind ... bei verschiedenen Nationen unterschieden und modifizieren daher die Anwendung des Wertgeset­zes auf unterschiedene Nationalarbeitstage. Der intensivere Arbeitstag der einen Nation stellt sich in höherem Geldausdruck dar als der minder intensive der ande­ren.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 548.

Siehe auch die Artikel:

 Ausbeutung

Ausbeutungsrate

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.