Fetisch 1. Fetische sind
Dinge, denen menschliche oder übermenschliche Kräfte zugeschrieben
werden „Fetisch ...
(fetiche ... Zauberei, von lat. ‚facticius‘, durch Kunst hervorgebracht)
... die niedrigste Art von Götzen, indem ein beliebiger Gegenstand, ein
Stein, Holzstück etc. als Gott angesehen und verehrt wird ...“
Heyses Fremdwörterbuch, Hannover 1896. Im übertragenen Sinn:
Eine von Menschen geschaffene Sache, von der diese Menschen glauben, dass
sie Macht über sie habe. Im Fetischismus hat nicht der Mensch Macht über
die Sache, sondern die Sache hat Macht über den
Menschen. „Um daher eine
Analogie zu finden, müssen wir in die Nebelregion der religiösen Welt
flüchten. Hier scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eigenem
Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende
selbständige Gestalten. So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen
Hand. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt,
sobald sie als Waren produziert werden, ... “ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 86f.
„So leben die Agenten
der kapitalistischen Produktion in einer verzauberten Welt, und ihre
eigenen Bedingungen erscheinen ihnen als Eigenschaften der Dinge, der
stofflichen Elemente der Produktion.“ K. Marx, Theorien über den
Mehrwert III, MEW 26.3, 503.
„Der grobe
Materialismus der Ökonomen, die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse
der Menschen und die Bestimmungen, die die Sachen erhalten, ... als
natürliche Eigenschaften der Dinge zu betrachten, ist ein ebenso
großer Idealismus, ja Fetischismus, der den Dingen gesellschaftliche
Beziehungen als ihnen immanente Bestimmungen zuschreibt und sie so
mystifiziert.“ K. Marx, Grundrisse der
Kritik der politischen Ökonomie, 579.
2. Diverse Dinge, die
zum Fetisch gemacht werden Alle dauerhaften
gesellschaftlichen Verhältnissen, werden zum Fetisch, sobald man glaubt,
dass es ewige und unveränderliche Mächte sind, die uns beherrschen:
Nation, Staat, Familie, Ware, Geld, Kapital usw. „Es ist
nur das bestimmte gesellschaftliche Verhältnis der Menschen selbst,
welches hier für sie die trügerische Form eines
Verhältnisses von Dingen annimmt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
86.
2.1.
Warenfetisch „Das Geheimnisvolle
der Warenform besteht also einfach darin, dass sie den Menschen die
gesellschaftlichen Eigenschaften ihrer eigenen Arbeit als
gegenständliche Eigenschaften der Arbeitsprodukte selbst, als
gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt, ...
Durch diese Vertauschung der Abhängigkeiten werden die
Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche
Dinge.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 86.
2.2.
Geldfetisch „Um das Gold als Geld
festzuhalten und daher als Element der Schatzbildung, muss es verhindert
werden zu zirkulieren oder als Kaufmittel sich in Genussmittel aufzulösen.
Der Schatzbildner opfert daher dem Goldfetisch seine Fleischeslust. Er
macht Ernst mit dem Evangelium der Entsagung. Andererseits kann er der
Zirkulation nur in Geld entziehen, was er ihr in Ware gibt. Je mehr er
produziert, desto mehr kann er verkaufen. Arbeitsamkeit, Sparsamkeit und
Geiz bilden daher seine Kardinaltugenden, viel verkaufen, wenig kaufen,
die Summe seiner politischen Ökonomie.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
147.
2.3.
Kapitalfetisch „Im zinstragenden Kapital erreicht das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form. Wir haben hier G – G', Geld, das mehr Geld erzeugt, ... ohne den Prozess, der die beiden Extreme vermittelt. ... Im zinstragenden
Kapital ist daher dieser automatische Fetisch rein herausgearbeitet, ...
Geld ausbrütendes Geld, und trägt es in dieser Form keine Narben
seiner Entstehung mehr. Das gesellschaftliche Verhältnis ist vollendet als
Verhältnis eines Dings, des Geldes, zu sich selbst. ... Es wird ganz so
Eigenschaft des Geldes, Wert zu schaffen, Zins abzuwerfen, wie die eines
Birnbaums, Birnen zu tragen.“ K. Marx, Kapital III,
MEW 25, 404f.
2.4.
Staatsfetisch „Das materielle Leben
der Individuen, welches keineswegs von ihrem bloßen ‚Willen‘ abhängt,
ihre Produktionsweise und die Verkehrsform, die sich wechselseitig
bedingen, ist die reelle Basis des Staats und bleibt es auf allen Stufen,
auf denen die Teilung der Arbeit und das Privateigentum noch nötig sind,
ganz unabhängig vom Willen der Individuen. Diese wirklichen Verhältnisse sind keineswegs von der Staatsmacht geschaffen, sie sind vielmehr die sie schaffende Macht.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 311ff.
Der Staat ist „die Form der Organisation, welche sich die Bourgeois sowohl nach außen als nach innen hin zur gegenseitigen Garantie ihres Eigentums und ihrer Interessen notwendig geben.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 62.
„Nur der politische
Aberglaube bildet sich noch heutzutage ein, dass das bürgerliche Leben
vom Staat zusammengehalten werden müsse, während umgekehrt in der
Wirklichkeit der Staat von dem bürgerlichen Leben zusammengehalten wird.“
K. Marx, Hl. Familie, MEW 2, 128.
Siehe auch die Artikel:
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Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: „Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |