Warentausch und Geld
Entstehung des Geldes im alten Griechenland
Über den gerechten Tausch
schrieb der Philosoph Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. (Aristoteles,
Nikomachische Ethik, 1133b): Vorausgesetzt, „a sei ein Haus, b
zehn Minen, c ein Bett. a ist nun ½ b, wenn das Haus fünf Minen wert oder
ihnen gleich ist. Das Bett sei 1/10 b.
So sieht man dann, wie viel
Betten dem Haus gleich sind, nämlich fünf. Dass in dieser Weise der
Austausch vor sich ging, bevor das Geld aufkam, ist klar. Denn es macht
nichts, ob man fünf Betten für ein Haus gibt oder den Geldwert der fünf
Betten.“
Sein Beispiel ist von verführerischer Einfachheit.
Erst bestimmte Aristoteles den Geldwert eines Hauses („die Hälfte von
zehn Minen“), dann den Geldwert einer Polsterliege („ein Zehntel
von zehn Minen“), dem wichtigsten und teuersten Möbelstück der alten
Griechen, und bekommt als selbstverständliches Ergebnis, „wie viel
Betten dem Haus gleich sind“.
Überhaupt nicht selbstverständlich
ist jedoch, dass aus dieser Rechnung klar werde, wie Aristoteles behauptet, in
welcher Weise „der Austausch vor sich ging, bevor das Geld
aufkam.“
Indem Aristoteles die Geldwerte zweier Waren bestimmt,
kann er ohne weiteres das Preisverhältnis dieser beiden Waren bestimmen.
Niemand, auch wenn er Aristoteles heißt, kann jedoch aus einem Schluss,
der Geldwerte voraussetzt, einen logischen Schluss auf Verhältnisse
ziehen, in denen es weder Geld noch Geldwerte gibt.
Aristoteles stellt
das Frühere, nämlich den Warenwert,
als Folge des Späteren, nämlich des Geldes hin. So wird weder klar,
wie der Warentausch vor sich ging, bevor es Geld gab, noch wie und warum
das Geld aufkam.
Warentausch existierte lange vor dem Geld und die
Natur des Geldes ist aus dem Warentausch zu erklären, nicht umgekehrt.
„Die Schwierigkeit liegt nicht darin, zu begreifen, dass Geld Ware ist,
sondern wie, warum, wodurch Ware Geld ist.“ (K. Marx, Kapital I. MEW
23,107)
7.1. Gebrauchsmittel und Tauschmittel
Der
älteste Handel, von dem die griechische Literatur berichtet, war der
Eintausch einer Frau im Haushalt des Odysseus, „welche ... Laertes mit
seinem Gute gekauft, in jungfräulicher Blüte, für zwanzig
Rinder.“ (Odyssee 1, 430-431). Dass Frauen wie Vieh gehandelt wurden,
war keine griechische Besonderheit und bedeutete schon ein Fortschritt
gegenüber dem vorher üblichen Frauenraub.
Zwanzig Rinder für eine
Frau waren jedenfalls ein märchenhaft hoher Preis. Durchleuchten wir
einmal, welche unterschiedliche Rollen die beiden Handelspartner und ihre
Handelsgüter dabei spielten:
Laertes, der Vater des Odysseus, hatte das
Bedürfnis nach einer zweiten Frau und konnte zwanzig Ochsen entbehren. Die
Braut wollte er als
Gebrauchsmittel besitzen, auf die zwanzig Rinder konnte er als
überflüssiges Nichtgebrauchsmittel verzichten. Laertes bot sein eigenes
Nichtgebrauchsmittel für ein Gebrauchsmittel in fremder Hand. Was für den
jungen Laertes ein Brautkauf, war ein Ochsenkauf für die Brauteltern. Sie
hatten ein Bedürfnis nach zwanzig Ochsen und wollten die Tochter zum
günstigen Zeitpunkt ihrer „jungfräulichen Blüte“ weggeben. Für sie
waren die zwanzig fremden Rinder ein ersehntes Gebrauchsmittel, die eigene
Tochter ein Nichtgebrauchsmittel.
Die Handelspartner stellten im Tausch zwei Produkte in bestimmter
Menge gegenüber, die im Wert gleich galten, deren Funktionen im Tausch
jedoch doppelt waren: Jedes Tauschobjekt, die 20 Rinder wie die Braut, war
gleichzeitig Gebrauchsmittel für den Nichtbesitzer und
Nichtgebrauchsmittel für den Besitzer.
Der Besitz eines fremden
Gebrauchsmittels war für beide Parteien Zweck des Tausches. Aber jede
Seite erreichte ihren Zweck nur, indem sie ein geeignetes Tauschmittel in
der passenden Menge anbot, das für die andere Seite Zweck des Tausches und
damit Gebrauchsmittel war. „Im unmittelbaren Produktentausch ist jede
Ware unmittelbar Tauschmittel für ihren Besitzer.“ ( Karl Marx, Das Kapital Bd. 1, MEW 23, S.
103)
Je nach Sicht der handelnden Personen verkörperte sowohl
die Braut wie die 20 Ochsen den Tauschzweck wie das Tauschmittel. Das
waren die komplizierten Vorbedingungen, die den direkten Tausch
ermöglichten.
Als Tauschmittel erfüllten die Ochsen wie die Braut
im direkten Tausch die Funktion von Geld, ohne schon Geld zu sein. Das
Tauschmittel war noch kein Geld, weil es noch nicht an eine bestimmte
Warenart gebunden war, sondern in jede Warengestalt schlüpfen musste, die
getauscht wurde. Die Geldfunktion des Tauschmittels war eine
vorübergehende Vermittlerfunktion, die das Kunststück fertig brachte, den
Nichtgebrauchswert des früheren Besitzers in einen Gebrauchswert des neuen
Besitzers zu verwandeln.
Solange nur einige, bekannte
Arbeitsprodukte innerhalb einer Gemeinschaft getauscht wurden, wussten
alle Beteiligten, wie viel Arbeitszeit und damit wie viel Wert in jeder
Ware steckte. Menschen konnten auf dieser Stufe mit Vieh getauscht werden,
weil diese Menschen Herren über sich hatten, denen sie wie Vieh gehörten
und die sie wie Vieh benutzten. Der Brautvater, der seine Tochter
verkaufte, war ebenso Herr über ihr Schicksal wie der Bräutigam, der sie
kaufte. Die verkaufte Braut war wie das Vieh nicht einfach nur
Naturprodukt, sondern ebenso Produkt menschlicher Arbeit. Das Menschenvieh
hatte Arbeit durch seine Ernährung, Bekleidung, Behausung, Pflege,
Erziehung und Ausbildung gemacht, ganz so wie das richtige Vieh Arbeit
durch Zähmung, Pflege, Aufsicht, Fütterung u. ä. gekostet hatte.
In
Mensch und Tier vermischt sich das Wirken der Natur und die Arbeit der
Menschen wie in allen Produkten, die der Mensch schafft: „Die
Gebrauchswerte, ... die Warenkörper, sind Verbindungen von zwei Elementen,
Naturstoff und Arbeit.... In dieser Arbeit der Formung selbst wird er
beständig unterstützt von Naturkräften. Arbeit ist also nicht die einzige
Quelle der von ihr produzierten Gebrauchswerte... Die Arbeit ist sein
Vater ... und die Erde seine Mutter.“ (Karl Marx, Das Kapital Bd. 1, MEW 23, S.
57-58) Dass aber die neue Frau des Laertes volle 20 Rinder wert
war, lag wohl daran, dass sie aus vornehmem Hause stammte und königliche
Ernährung und Erziehung genossen hatte. Je nach gewohnheitsmäßigem Wert
gaben beide tauschenden Parteien mehr oder weniger von ihrem Tauschmittel
her.
Im Außenhandel mit neuen, fremden Waren musste diese
Wertbestimmung erst durch Erfahrung erlernt werden. Herodot erzählte
davon, dass ein Schiff von der Insel Samos von Nordafrika an die
Atlantikküste der iberischen Halbinsel verschlagen wurde, und dort zu
einer Stadt kam, „die noch nie besucht worden war... weshalb diese
Samier bei ihrer Rückkehr... den größten Gewinn von ihrer Ladung hatten.“
(Herodot 4, 143)
7.2. Eine besondere
Geldware als Zirkulationsmittel
Sobald der Tausch zur Gewohnheit
und zum Bedürfnis wird, treten auf dieser Entwicklungsstufe spezifische
Probleme auf.
Wenn einem griechischen Weinbauern ein irdener
Mischkrug zerbrochen war, konnte er sich mit etwas Wein auf den Weg zum
nächsten Markt machen. Dort bot ihm ein Töpfer zwar ein schönes Mischgefäß
an, hatte aber vielleicht alle seine Vorratskrüge schon gefüllt und
brauchte daher keinen Wein mehr. Ohne einen Weinbedarf des Töpfers taugte
der Wein des Bauern nicht zum Tauschmittel. Der Handel kam nicht
zustande.
Vielleicht kam zufällig am selben Tag ein Hirte zum
Markt, um Wein zu erhandeln und bot dafür ein Lämmchen. Jeder der drei
hatte ein Arbeitsprodukt als Nichtgebrauchsmittel anzubieten, trotzdem
konnte kein Handel zustande kommen, weil sie keinen Tauschpartner fanden,
für den ihr Nichtgebrauchsmittel ein begehrenswertes Gebrauchsmittel war.
Ohne den passenden Partner hatte niemand das passende
Tauschmittel.
Die drei wären aber dumm gewesen, wenn sie
unverrichteter Dinge nach Hause gegangen wären. Es gab für ihr Problem
mehrere Lösungen, die aber einige Zeit in Anspruch nahmen. Zum Beispiel
konnte der Weinbauer den Töpfer dazu überreden, für einige Krüge Wein das
Lamm von dem Hirten zu erstehen, um dann wieder Platz und Bedarf für Wein
zu haben. Dann könnte er für den Wein des Bauern seine Töpferware
verkaufen. Bauer und Hirte hätten dann, was sie wollten, der eine Wein,
der andere einen Mischkrug. Der Töpfer hätte Wein und einen Krug verkauft,
und dafür ein Lamm erhalten, das er dann seinerseits verkaufen musste,
wenn er es nicht mit seinen Freunden verspeisen wollte.
Beim
Tauschhandel muss jeder Warenbesitzer für sein Nichtgebrauchsmittel einen
passenden Gegenüber finden, der es als Gebrauchswert ansieht, damit sich
das Nichtgebrauchsmittel in ein Tauschmittel verwandeln kann. Diese Suche
nach passenden Interessenten wurde um so länger, je mehr sich die Zahl der
Warenarten auf dem Markt vermehrte.
Bei Homer wird von phönizischen
Kauffahrern erzählt, die trotz einer Aufforderung, ihren Handel zu
beschleunigen, einen ganzen Sommer brauchten, um eine einzige
Schiffsladung in Waren für die Rückfahrt zu tauschen: „Und die
Phönizier weilten ein ganzes Jahr auf der Insel, kauften und schleppten
ins Schiff unzählige Güter zusammen.“
(Odyssee 15, 454ff) Weil in den
Wintermonaten das Mittelmeer für die antiken Schiffe zu gefährlich war,
mussten die Phönizier bis zum Frühjahr auf die Rückfahrt warten.
Am
schnellsten konnte jemand ein fremdes Gebrauchsmittel erhandeln, wenn er
im Besitz einer Ware war, die sich allgemeiner Beliebtheit erfreute. Ein
gefragtes Gebrauchsmittel für die einen war ein günstiges Tauschmittel für
die andern. Solche gefragten Warenarten mussten sich zu besonderen
Geldwaren entwickeln, die sich jeder zu verschaffen suchte, um sie als
Tauschmittel zu benutzen. Zu ihrem normalen Zweck als Gebrauchsmittel trat
der besondere Zweck hinzu, ein günstiges Tauschmittel zu sein. „Der
Gebrauchswert der Geldware verdoppelt sich. Neben ihrem besonderen
Gebrauchswert als Ware, wie Gold z. B. zum ... Rohmaterial von Luxuswaren
usw. dient, erhält sie einen formalen Gebrauchswert, der aus ihren
spezifischen gesellschaftlichen Funktionen entspringt.“ (Karl Marx,
Das Kapital Bd. 1, MEW 23, S. 104)
In ein Tauschmittel hatte
sich jede Ware verwandeln müssen, die im direkten Tausch einen bestimmten
Käufer suchte, dessen spezielles Bedürfnis sie befriedigte. Indem eine
besondere Ware zu Geldware wird, die viele fremde Kaufwünsche auf sich
zieht, wird sie vom individuellen Tauschmittel zum allgemeinen
Tauschmittel oder Zirkulationsmittel, das den Austausch oder die
Zirkulation vieler Waren ermöglicht.
Welche Warenart in diese Rolle
schlüpfte, hing von der lokalen Beliebtheit ab. Besonders beliebt waren
entweder solche Waren, die in dem jeweiligen Umkreis besonders häufig
waren, z. B. Rinder, Wein und Getreide, oder solche Waren, die aus der
Fremde kamen und daher besonders selten und begehrenswert waren. Bei Homer
waren das z. B. Gerätschaften aus Silber und Gold, aber auch
Eisenwerkzeuge und Rohmetall. Sobald eine dieser bestimmten Waren zur
Geldware geworden war, wurde sie in ihrem Geltungskreis allgemeines
Tauschmittel oder Zirkulationsmittel. Ohne ihr Dazwischentreten war dann
ein Tausch nicht mehr möglich. So wie im Beispiel vom Weinbauer und Töpfer
ohne Mithilfe einer dritten Person, dem Hirten, kein Verkauf zustande kam,
so tritt jetzt statt einer vermittelnden Person die besondere Geldware als
Mittler zwischen die Käufer. „Als Vermittler der Warenzirkulation
erhält das Geld die Funktion des Zirkulationsmittels.“ (Karl Marx, Das Kapital Bd. 1, MEW 23, S.
128)
Bevor unser Weinbauer seinen Krug kaufen konnte, musste
er zuerst an die Geldware kommen. Er ging vielleicht zum Hirten und
verkaufte ihm seinen Wein, für den er die Geldware erhielt. Dann kaufte er
damit beim Töpfer seinen Mischkrug. Er tauschte also immer noch Wein gegen
Krug, Ware A gegen Ware B, aber der Tausch wurde jetzt vermittelt durch
das Dazwischentreten einer Geldware. Ware A tauschte sich erst mit
Geldware, dann tauschte sich die Geldware mit Ware B. Um an die Geldware
zu kommen, brauchte der Weinbesitzer zwar immer noch als dritte Person
einen Geldbesitzer, aber die Suche nach diesem Vermittler verkürzte und
vereinfachte sich in dem Maße, in dem sich die Geldware jetzt in vielen
Händen befand und nicht nur in den Händen von denen, die diese besondere
Ware produzierten.
Die Verwandlung eines Lamms in Wein und von Wein
in einen Mischkrug oder die Umwandlung eines Nichtgebrauchsmittels in ein
Tauschmittel und dann in ein Gebrauchsmittel sind ganz erstaunliche
Erscheinungen. Die Entwicklung des griechischen Handelsverkehrs wurde zur
Geburtshelferin des dialektischen Denkens. Das Schmiede- und
Töpferhandwerk und den Handel seiner Heimatstadt Ephesos hatte Anfang des
5. Jahrhunderts v. Chr. der Vater der Dialektik, Heraklit, vor Augen, als
er von der Verwandlungskraft des Feuers sprach: „Alles ist austauschbar
gegen Feuer und Feuer gegen alles, wie Waren gegen Gold und Gold gegen
Waren.“ (Die Vorsokratiker I, Heraklit
63)
7.3. Geld als
allgemeines Wertmaß und Rechengeld
Auch wer weder Geld besitzt,
noch Geld benutzt, kann das Geld, das andere benutzen als Wertmaß nehmen.
Als Homer deutlich machen wollte, wie verrückt der Tausch zwischen einer
goldenen und einer bronzenen Rüstung war, sagte er: „Aber dann nahm
Zeus ... ihm seinen Verstand, dass er seine goldene Rüstung ... gegen eine
aus Bronze vertauschte, den Wert von hundert Ochsen gegen den Wert von
neun Ochsen.“ (Ilias 6, 234-236)
Die Ochsen sind hier
das Wertmaß der Rüstungen, und ihr Unterschied wird mit hundert zu neun
quantifiziert. Homer nahm an, dass seinen Zuhörern der Wert von goldenen
Rüstungen unbekannt war und setzte den Wert der unbekannten Ware mit einem
bestimmten Quantum einer allgemein üblichen Ware, den Ochsen, gleich.
Homer bestimmte die Werte der Rüstungen als Ochsenwerte.
So werden
heutzutage internationale Statistiken auch in Ländern, in denen der Dollar
keine Währung ist, oft in US-Dollar berechnet. Historische Preisvergleiche
werden häufig in Gold berechnet, obwohl nur noch im internationalen
Geldverkehr zwischen Regierungen und Notenbanken Gold als Geld eine Rolle
spielt.
In ihrer Rolle als Wertmaßstab dient die besondere Geldware
auch als Rechengeld, das man zur Preisangabe benutzt, auch wenn man diese
Ware nicht selber besitzt. Die Griechen kannten längst ausländisches Geld
als Rechengeld, bevor sie wirklich damit zahlten: „Als man den
Anacharsis fragte, wozu die Hellenen das Geld brauchen, antwortete er: zum
Rechnen.“ (Athenaeus, „Deipn.“ I. IV.
49, v. 2)
Ende des 7. Jahrhunderts berechnete der Athener
Solon bei seiner Vermögenseinteilung „ein Schaf und eine Drachme ist
gleich einem Scheffel Getreide“. (Plutarch,
Solon 23) Der Scheffel Getreide ist hier die Größe, deren Wert
Solon angeben wollte, „ein Schaf und eine Drachme“ sind ihr
Wertgleiches oder ihr „Äquivalent“. Als Wertmaß dienten Solon zwei
Geldwaren: Schafe und Drachmen.
Im Austausch waren also „ein
Schaf und eine Drachme“ die passende Menge Tauschmittel oder der
eigene Tauschwert, der für einen Scheffel Getreide als begehrten
Gebrauchswert gegeben werden musste.
Für den Getreidebesitzer galt das
Umgekehrte: Sein Scheffel Getreide war ihm der Tauschwert, für den er
„ein Schaf und eine Drachme“ als direkten Gebrauchswert oder als
Tauschmittel, d.h. indirekten Gebrauchswert, erwarten konnte.
Die
griechischen Geldnamen „Drachme“ und „Obolos“ waren Mengenbezeichnungen
aus der Zeit des Eisengeldes. Ein „Obolos“ war eine Stange oder
Pfeilspitze aus Eisen, sechs davon konnte man in einer Hand halten und
hießen „Drachme“, „eine Hand voll“.
Die anderen beiden griechischen
Geldnamen „Talent“ und „Mine“ hatten sich aus Gewichtsmaßen entwickelt.
„Talent“ war ursprünglich eine menschliche oder tierische Traglast und
wechselte je nach Gegend im Gewicht zwischen rund 26 kg und 39 kg. Eine
„Mine“ war davon der sechzigste Teil.
Mine und Drachme wurden in
verschiedenen Teilungsverhältnissen aufeinander bezogen. In Athen wurden
im Laufe der Zeit 105, 138 und 150 Drachmen pro Mine gerechnet. In diesen
Größenveränderungen der Wertmaße spiegelten sich wohl Wertveränderungen
wichtiger Waren wider.
7.4. Geldware Edelmetall und Geld als
Schatz
Aristoteles erklärte die „Erfindung“ von Gold als Geld aus
Nützlichkeitserwägungen im „internationalen“ Güterverkehr: „Natürlich
war in der ursprünglichen Gemeinschaft eines Familienverbandes ein
Tauschhandel nicht nötig. Dieser wurde erst dann zur Notwendigkeit, als
die Gemeinschaften größer wurden. In der ursprünglichen Gemeinschaft
hatten alle Anteil am gemeinschaftlichen Besitz, in der vergrößerten
Gemeinschaft hatten die einen Überfluss an dem, die anderen an jenem. Dies
musste also nach den jeweiligen Bedürfnissen direkt ausgetauscht werden,
so wie es auch jetzt noch viele von den unzivilisierten Völkern tun. Sie
tauschen gegenseitig nur diese Gebrauchsgüter, also Wein gegen Korn usw.
...
Durch die Einfuhr dessen, was man entbehrte, und die Ausfuhr des
eigenen Überschusses dehnte sich diese Hilfeleistung über die
Landesgrenzen hinaus, und so ergab sich mit Notwendigkeit die Verwendung
von Geld. Denn nicht alle normalerweise notwendigen Güter sind leicht zu
transportieren. Also kam man überein, beim Tausch gegenseitig eine Sache
zu nehmen und zu geben, die selbst nützlich und im täglichen Verkehr
handlich war, wie Eisen, Silber usw. Zuerst bestimmte man sie einfach nach
Größe und Gewicht, schließlich drückte man ihr ein Zeichen auf, um sich
das Abmessen zu ersparen. Denn die Prägung wurde als Zeichen der Quantität
gesetzt.“ (Aristoteles, Politik
1257a)
Aristoteles
leitete hier die „notwendige Verwendung von Geld“ aus dem
internationalen Warenverkehr ab. K. Marx stimmte hier mit Aristoteles ganz
überein: „Ich habe früher darauf hingewiesen, wie das Geldwesen
überhaupt sich ursprünglich entwickelt im Produktentausch zwischen
verschiedenen Gemeinwesen. Es entwickelt sich der Geldhandel, der Handel
mit der Geldware, daher zunächst aus dem internationalen Verkehr.“
(K. Marx, Kapital III. MEW 25,
329.)
Wie heute in verschiedenen Ländern verschiedene
Währungen nebeneinander bestehen, so existierten in der antiken
Mittelmeerwelt verschiedene Geldwaren als Währungen nebeneinander. Die
Spartaner benutzen Eisenwährung, die Ägypter kamen im Innern lange ohne
Warenverkehr und Geld aus und benutzten im Außenhandel Gold, Nomadenvölker
benutzten Rinder oder Pferde als besondere Geldware.
Das Beispiel
von Solons Getreidescheffel zeigte auch, dass innerhalb einer Stadt
mehrere Geldwaren als Währungen nebeneinander bestehen konnten. Dass sich
in dieser Vielfalt der konkurrierenden Währungen Metalle als Geldware
allmählich durchsetzten, hat ebenso praktische Gründe der Zeit- und
Arbeitsersparnis wie der Übergang vom direkten Tausch zu einer besonderen
Geldware als Tauschmittler.
Was Gold und Silber vor anderen
Geldwaren auszeichnet, ist einmal die beliebige Teilbarkeit und
Zusammensetzbarkeit, wobei jede Teilmenge dieselbe gleichförmige Qualität
wie alle anderen Stücke aufweist. Es ist ihre relative Unzerstörbarkeit
und es ist im Vergleich zu ihrem Gewicht der relativ hohe Wert.
Keine
andere Geldware vereinte alle diese Bedingungen auf sich: Vieh konnte
nicht in „Kleingeld“ unterteilt werden, Wein und Getreide wurden relativ
schnell schlecht und verloren an Wert. Eisen war im Vergleich zu seinem
Wert recht schwer, und seine Verwendung als Tauschmittel machte einen
Großkauf zur Schwerstarbeit.
Der Erfolg von Edelmetall als
besondere Geldware muss also zu den Zeiten und an den Orten eingetreten
sein, wo relativ große Warenmengen in vielfältiger Warengestalt mit
relativ großen Wertsummen umgeschlagen wurden. Diese Bedingungen sind
zuerst gegeben, wo Gemeinwesen (Staaten bzw. ihre Regierungen) miteinander
in wirtschaftlichen Kontakt traten.
Vom persischen König berichtete
Herodot, dass dieser alles als Tribut bzw. Steuern aus den beherrschten
Ländern und Gebieten eingegangene Gold einschmelzen und in Tongefäße
gießen ließ. „Braucht er aber Geld, so schlägt er davon so viel ab, als
er jedes Mal benötigt.“ (Herodot 3,
91) Solche Bruchstücke mussten vom Verkäufer wie vom Käufer
abgewogen werden, damit der eine wusste, wie viel Gold er als Tauschmittel
gab und der andere, wie viel Gold (direktes Gebrauchsmittel) oder Geld
(indirektes Gebrauchsmittel) er bekam.
Warum Münzen?
Wir
wissen, dass die Lyder zwischen 640 und 600 v. Chr. begannen, aus
Weißgoldstücken oder Elektron, einer Gold-Silber-Legierung, die in
Kleinasien natürlich vorkam, Münzen zu prägen. Dass die Lyder schon vor
den geprägten Münzen Weißgold als Tausch- oder Zirkulationsmittel
benutzten, wissen wir aus einem Schatzfund, der in das Fundament des
Artemistempels von Ephesos eingemauert war. Der Schatz von Ephesos enthält
sowohl unbehandelte Metallklümpchen wie solche mit einer eingeprägten
regelmäßigen Riffelung auf der Oberfläche, die den Grad einer Abnutzung
anzeigen konnte. Das waren die ersten Münzen. Der Schatzfund enthält auch
schon Metallstücke mit Bildprägungen, einem Löwenkopf oder Löwentatzen.
Das chemische Material weist auf den lydischen Ursprung, und die
unterschiedlichen Formen zeigen die ältesten Entwicklungsstufen des
Münzwesens. (vgl. Boardman, S.
119)
Klar ist, dass
weiteres Abwiegen beim Kauf erspart wird, wenn die Metallstücke im Gewicht
genormt sind und entweder eine Markierung tragen, die die Abnutzung
sichtbar macht, oder ein Zeichen zur Beglaubigung ihrer Gewichtsnormung
tragen, die gleichzeitig als Abnutzungsmarkierung dienen kann.
Dass die
Lyder die ersten waren, die zu dieser Methode griffen, Goldteile als Münze
zu kennzeichnen, lag wohl auch an den physikalisch Eigenschaften von
Weißgold, deren genauer Goldgehalt und damit ihr Wert, nicht ohne
Einschmelzen bestimmbar war.
In Griechenland hatte nach der
griechischen Tradition die damalige Handelsmetropole Aigina (um 570 v.
Chr.) als erste Stadt
Münzgeld eingeführt. Dann folgten bald Korinth und Athen und im weiteren
Verlauf des sechsten Jahrhunderts die meisten anderen griechischen Städte.
(Murray, S. 296)
Andere Regionen,
die ebenfalls im Mittelmeerhandel eine Rolle spielten, wie Karthago,
Ägypten oder auch Rom, übernahmen diesen Brauch erst einige hundert Jahre
später. In Karthago und Rom wurden sogar erst im 3. Jahrhundert v. Chr.
Münzen geprägt. (Pekáry, S.
5)
Daraus und aus der Tatsache, dass kaum aiginetische
Münzfunde außerhalb Aiginas gefunden wurden, haben Pekáry und andere den
falschen Schluss gezogen, „... dem Handel scheinen diese Münzen anfangs
wenig gedient zu haben: die Münzen des 6. und teilweise noch des 5. Jh. v.
Chr. werden meist nur in den Gebieten gefunden, wo sie hergestellt wurden.
Daher können sie im Handel noch kaum eine Rolle gespielt haben.“ (Pekáry, S.
31). Deutlicher kann man seine ökonomisches
Unkenntnis nicht demonstrieren. In vielen griechischen Städten war
die Verwendung auswärtiger Münzen ausdrücklich verboten. Tatsächlich
gelten auch heute nationale Währungen nur im jeweiligen
Herrschaftsbereich. Wo der Machtbereich endet, dort endet auch der Wert
einer Währung. Wo dagegen gegensätzliche Machtbereiche aufeinandertreffen,
dort ist ungemünztes Barrengold als „Weltgeld“ immer noch
unverzichtbar.
Die lydischen Münzen im Tempel von Ephesos haben
jetzt 2600 Jahre überstanden, ohne an Aussehen oder Gewicht viel eingebüßt
zu haben. Die relative Unzerstörbarkeit der Edelmetalle machte sie zum
bevorzugten Schatzbildner. Von Homer wissen wir, dass in alter Zeit meist
zu Gegenständen verarbeitetes Gold und Silber als Schatz gehortet - die
Griechen sagten „gerettet“ - worden sind. Schatzbildung war Vorratsbildung
für Notzeiten und spielte in allen alten Gesellschaften eine viel größere
Rolle als heute. Die ersten „Schatzhäuser“ waren die gemeinschaftlichen
Getreidespeicher der frühen despotischen „Planwirtschaften“ in
Mesopotamien und Ägypten.
7.5. Geld als Zahlungsmittel,
Kredit
Im griechischen Rechtsdenken war ein Kauf erst dann
rechtsgültig, wenn er vollständig bezahlt war, also wenn beide Waren
vollständig die Hände gewechselt hatten. Trotzdem entstanden Schuld- und
Kreditbeziehungen naturwüchsig aus den wirtschaftlichen
Verhältnissen.
Die ersten Schuldverhältnisse mussten in der
Landwirtschaft entstehen, weil die Bedürfnisse der Bauern in kurzen
Zeiträumen, täglich oder wöchentlich, nach Befriedigung verlangten, aber
nur in langen Zeiträumen die Produkte reiften und verkaufsfertig wurden,
mit denen sie ihre Bedürfnisbefriedigung über die Eigenproduktion hinaus
bezahlen konnten. Getreide wurde jährlich geerntet. Olivenbäume brauchten
sogar zehn oder zwölf Jahre bis zur ersten Ernte.
Ein Bauer konnte also
durch Krankheit, Unglück oder Unwetter leicht in die Lage kommen, dass er
kaufen musste, bevor er wieder ein Arbeitsprodukt hatte, mit dem er zahlen
konnte. Er wurde zum Schuldner, der reiche Nachbar, der ihm Lebensmittel
oder Geld vorstreckte, wurde Gläubiger.
Ebenso fiel der
Händewechsel von Ware und Geld im Fernhandel zeitlich auseinander.
Schiffsladungen von Waren fanden in Athen einen seefahrenden Käufer, der
aber erst seine Fracht bezahlen konnte, nachdem er die Ladung an einem
weit entfernten Marktplatz verkauft hatte und zurückgekehrt war. Aus dem
zeitlich kurzen Handelsakt von Käufer und Verkäufer - Ware gegen Ware -
wurde die längerfristige Bindung von Gläubiger und Schuldner – Ware gegen
ein Zahlungsversprechen.
Soweit uns die athenischen Seefrachten
bekannt sind, hatten sie beim Auslaufen meist einen Wert zwischen 2.000 -
5.000 Drachmen (Hasebroek, S. 99), das waren rund 16 bis 40
Jahreslöhne aus einfacher Arbeit. Die athenischen Seefahrer der
klassischen Zeit waren aber einfache „Handwerker“ bzw. Seeleute, die den
Wert ihrer Fracht vor der Ausfahrt von aristokratischen Großgrundbesitzern
vorgestreckt bekommen mussten. Ein griechischer Kauffahrer belud so in
Athen sein Schiff mit Handelsware, die er erst nach seiner Rückkehr - mit
dem erwarteten Handelsgewinn von 20 Prozent - zu bezahlen
hatte.
Als Zahlungsmittel vermittelt das Geld keinen Warentausch,
sondern schließt ihn ab. Mit seinem Seehandelsdarlehen gab der athenische
Aristokrat nur Geld, um mehr Geld dafür zu bekommen. In den Augen des
aristokratischen Geldgebers - aber nur aus seiner Sicht - findet dabei
kein Warentausch mehr statt. „Die Wertgestalt der Ware, Geld, wird also
jetzt zum Selbstzweck des Verkaufs durch eine den Verhältnissen des
Zirkulationsprozesses selbst entspringende, gesellschaftliche
Notwendigkeit.“ (Karl Marx, Das Kapital
Bd. 1, MEW 23, S. 150) An dieser Bewegung des Geldes - Geld
geben, um mehr Geld zu bekommen - erkannte Aristoteles richtig: „Daher
hat denn auch dieser Reichtum, der aus dieser Art Erwerbskunst fließt,
kein Ende und keine Schranke.“ (Aristoteles, Politik 1257 b
24)
7.6. Dämonisierung des Geldes
Im Gegensatz zu
Karl Marx konnte sich Aristoteles die scheinbar austauschlose
Geldvermehrung des Gläubigers noch nicht erklären und meinte daher, dass
sie „naturwidrig“ sei, weil das Geld dabei nicht zu dem Zweck
verwendet werde, „wofür das Geld da ist. Denn das Geld ist um des
Tausches willen erfunden worden.“ (Aristoteles, Politik 1258 b5). „Wofür
das Geld da ist“, hat jedoch Aristoteles dogmatisch festgelegt und
nicht ökonomisch untersucht. Aristoteles akzeptierte den Handel nur als
Austausch von Gebrauchsgütern. Handel als Bereicherung lehnte er ebenso
ab, wie jedes Wirtschaften, das Bereicherung zum Ziel hat.
Allerdings
hatte sich die Menschheit weder in ihrer politischen noch in ihrer
wirtschaftlichen Geschichte um die moralischen Zeigefinger der Philosophen
gekümmert.
In der „Antigone“ klagt König Kleon: „Denn unter
allem, was in Brauch ist bei den Menschen, erwuchs so schlimm nichts wie
das Geld! Dies zerstört selbst Städte, dies treibt Männer aus von Hof und
Herd; dies lehrt und verkehrt den rechten Sinn der Menschen, üblem Tun
sich zuzuwenden.“ (Sophokles,
Antigone)
Woher kam diese Macht des Geldes?
Kleon sah
zwar, dass der Umgang mit Geld ein „gewachsener Brauch“ der Menschen ist, aber offenbar
war dieser Brauch den Menschen über den Kopf gewachsen.
Solange die
Geldfunktion im Warentausch nicht an einer besonderen Geldware haftete,
entstand und verschwand sie durch freie Vereinbarung zweier Warenbesitzer,
die sich auf ein Tauschmittel einigten.
Als besondere Geldware mit der
Aufgabe, als allgemeines Tauschmittel oder Zirkulationsmittel zu dienen,
war Geld eine gemeinsame Schöpfung aller am Austausch beteiligten
Warenproduzenten. Die Geldfunktion verwandelte sich aus einem
individuellen Willensakt zweier Warenbesitzer in einen
überindividuellen, gesellschaftlichen Willen und damit scheinbar in
eine übermenschliche Macht, die über dem Willen der Individuen steht.
Scheinbar regierte von nun an das Geld den Austausch, die Produktion und
die Produzenten.
Eine Wirtschaftsweise ohne Geld ist keine Utopie,
sondern wird -stückweise- längst praktiziert: innerhalb jeder Familie,
früher innerhalb eines Klosters, heute innerhalb jedes kapitalistischen
Unternehmens - überall dort, wo Dienstleistungen und Produkte ohne
Warentausch und ohne Kauf und Verkauf hergestellt und verteilt
werden.
Die Sowjetwirtschaft hat bewiesen, dass mit despotischen
Mitteln die Macht des Geldes nur beschränkt, nicht beseitigt werden kann.
Die Freiwirtschaft nennt sich zwar „frei“, aber letztlich muss sie auch
sie ihr „Freigeld“ den Gesellschaftsmitglieder aufzwingen.
Über
„Arbeitsgeld“ urteilte K. Marx:
„Die Lehre von der Arbeitszeit als
unmittelbarer Maßeinheit des Geldes ist zuerst systematisch entwickelt
worden von John Gray. Er lässt eine nationale Zentralbank vermittelst
ihrer Zweigbanken die Arbeitszeit vergewissern, die in der Produktion der
verschiedenen Waren verbraucht wird. Im Austausch für die Ware erhält der
Produzent ein offizielles Zertifikat des Werts, d.h. einen Empfangsschein
für so viel Arbeitszeit, als seine Ware enthält, und diese Banknoten von 1
Arbeitswoche, 1 Arbeitstag, 1 Arbeitsstunde usw. dienen zugleich als
Anweisung auf ein Äquivalent in allen anderen in den Bankdocks gelagerten
Waren. Das ist das Grundprinzip ... Die Produkte sollen als Waren
produziert, aber nicht als Waren ausgetauscht werden. Gray überträgt
einer Nationalbank die Ausführung dieses frommen Wunsches. Einerseits
macht die Gesellschaft in der Form der Bank die Individuen unabhängig von
den Bedingungen des Privattausches und andererseits lässt sie dieselben
fortproduzieren auf der Grundlage des Privattausches.
Die innere
Konsequenz indes treibt Gray, eine bürgerliche Produktionsbedingung nach
der anderen wegzuleugnen, obgleich er bloß das aus dem Warenaustausch
hervorgehende Geld ‚reformieren’ will. So verwandelt er Kapital in
Nationalkapital, das Grundeigentum in Nationaleigentum, und wenn seiner
Bank auf die Finger gesehen wird, findet sich, dass sie nicht bloß mit der
einen Hand Waren empfängt und mit der anderen Zertifikate gelieferter
Arbeit ausgibt, sondern die Produktion selbst reguliert. ...(Was
nichts anderes ist als eine „zentrale Planwirtschaft“, wb)
Was bei
Gray versteckt und vor allem ihm selbst verborgen bleibt, nämlich dass das
Arbeitsgeld eine ökonomisch klingende Phrase ist für den frommen Wunsch,
das Geld, mit dem Geld den Tauschwert, mit dem Tauschwert die Ware, und
mit der Ware die kapitalistische Form der Produktion loszuwerden, wird
geradezu herausgesagt von einigen englischen Sozialisten, die teils vor,
teils nach Gray schrieben.
Herrn Proudhon aber und seiner Schule
blieb es vorbehalten, die Entwertung des Geldes und die Himmelfahrt
der Ware ernsthaft als Kern des Sozialismus zu predigen und damit
den Sozialismus in ein elementares Missverständnis über den notwendigen
Zusammenhang zwischen Ware und Geld aufzulösen.“ K. Marx, Kritik der
Politischen Ökonomie, MEW 13, 66 - 68.
Geld ist aus der
Warenproduktion und dem Warentausch entstanden. Es gehört zur
Warenproduktion wie der Schatten zum Licht. Daher kann und wird das Geld
nur mit der Warenproduktion verschwinden.
Erst wenn alle
Gesellschaftsmitglieder - oder wenigstens ihre übergroße Mehrheit -
freiwillig und mit Bewusstsein ihre Arbeit nach ihren eigenen Bedürfnissen
und Möglichkeiten verwalten und organisieren, wird Geld überflüssig, weil
dann nur quasi „auf Bestellung“ das produziert und an Dienstleistungen
bereitgestellt wird, was vorher von den Gesellschaftsmitgliedern als ihr
eigener Bedarf festgestellt und mit ihren Arbeitsmöglichkeiten abgeglichen
worden ist.
Wal Buchenberg, 30.7.2002
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