Unternehmertum in Deutschland

Lars W. ist seit dem 14. Lebensjahr Unternehmer. In einem Alter, in dem andere vielleicht mit Hasch oder Pariser handeln, importierte Lars W. Computer aus China und verkaufte sie an Jugendliche. Mit 19 machte seine Firma einen jährlichen Umsatz von 180 Millionen Mark. Und das "German Wunderkind" durfte mit Helmut Kohl, Michael Douglas und anderen VIPs seiner Zeit plaudern.

In Zeiten, wo andere sich neue Freundinnen suchen, gründete Lars W. immer neue Unternehmen. Er besaß Firmen in London, Hongkong und Lissabon. Lars W. trug 2000 Euro teure Schuhe und ließ sich im Privatflieger zu Hotelsuiten jetten, die jede Nacht 25.000 Euro kosteten.

In dieser Zeit tauchen aber nicht nur bewundernde, sondern auch warnende Stimmen auf. Ein Geschäftspartner, der Lars W. 10 Millionen Euro geliehen hatte, wartet heute noch auf Rückzahlung seines Geldes. Wer genaue Geschäftszahlen von den Unternehmen wollte, die Lars W. besaß, wurde mit Versprechungen abgespeist.

2004 musste Mr. Windbeutel dann Insolvenz anmelden. Damals schuldete er seinen Gläubigern 81 Millionen, die er nicht bedienen konnte. Ein Amtsgericht in Berlin sprach ihnen aus der verbliebenen Konkursmasse insgesamt 1,55 Mio. Euro zu. Knapp 80 Millionen Euro waren verpulvert.

Wer meinte, nun sei es vorbei mit dem Unternehmertum von Lars W., der sah sich getäuscht. Im Jahr 2006 wurde er für schlappe 5.500 Euro Monatsgehalt von einem seiner Gläubiger, einem südafrikanischen Investor, als Geschäftsführer der europäischen Investgesellschaft Vatas angeheuert.

Lars W. legte wieder los: Er investierte bei Freenet und verlor 43 Prozent seines Investments. Er kaufte Aktien von Air Berlin und stieß sie mit einem Verlust von 38 Prozent ab. Sein Engagement bei Balda kostete zwei Drittel seiner Einlage. Die Financial Times Deutschland beziffert die aktuellen Verluste von Lars W. auf knapp 260 Mio. Euro.

Im letzten Jahr bestellte Lars W. anonym über eine Schweizer Bank bei der Nord/LB in Hannover ein Aktienpaket verschiedener, kleiner Firmen mit einem Gesamtwert von 234 Millionen Euro. Als dann kurzfristig die Kurse abstürzten, weigerte sich der Vorzeigeunternehmer, das Aktienpaket abzunehmen und zu bezahlen. Der Verlust allein aus diesem Geschäft betrug rund 100 Millionen Euro, die nun bei der Nord/LB hängen.

Ende Dezember 2007 stürzte das Flugzeug ab, mit dem Lars W. geschäftlich in Kasachstan unterwegs war. Einer der beiden Piloten starb. Lars W. erlitt Verbrennungen und Schnittwunden, nahm aber bald wieder seine Geschäfte auf.

Man könnte meinen, Lars W. sei ein Ausnahme- und Einzelfall. Tatsächlich ist Lars W. als Unternehmer ein exemplarischer Fall, der seiner Zeit um einiges voraus ist. Fremdes Geld aufnehmen und damit gewagte Transaktionen machen, das ist das Geschäftsmodell von Millionen Unternehmern, gerade in den reichen Ländern.

Wie aus der Grafik "Gläubiger der Welt - Schuldner der Welt" hervorgeht, haben sich Unternehmer in den (immer noch) reichen Ländern Europas, Amerikas und Australiens immer tiefer verschuldet. Sie leben längst über ihre Verhältnisse und lassen andere für sich zahlen. Für sie zahlen die "Spar- und Gläubigerländer" - die OPEC-Länder, China und Japan.

In der Dreieck-Grafik darunter ist zu sehen, womit die Reichen der westlichen Welt ihre weltweiten Geschäfte betreiben: Ganz unten in der Spitze steht das Bargeld, das nur 1 Prozent des in der Welt umlaufenden Kapitals ausmacht und 9% des Welt-BSP.

Festgeld oder Termingelder machen 10 Prozent des umlaufenden Kapitals aus, aber schon 122% des Welt-BSP. Das weltweite Bargeld und Termingeld zusammen repräsentiert also schon einen Wert von 131% des weltweiten BSP. Soweit dieser Geldbetrag das BSP eines Jahres übersteigt, werden damit Dinge gehalten und gehandelt, die noch gar nicht produziert und geschaffen sind.

Als wäre das noch nicht genug, gibt es noch die pfand- und hypothekengesicherten Kredite, die weitere 138% des weltweiten BSP ausmachen (11% der Geldmenge).

Und am windigsten sind die Finanzderivate, wo mit Titeln und Rechten gehandelt wird, die fast dem 10fachten des weltweiten BSP entsprechen (78% der weltweiten Geldmenge).

Hier wird gleichsam das weltweite BSP eines Jahres 10 Mal gekauft und wieder verkauft. Oder anders: Die Weltproduktion der nächsten 10 Jahre wurde hier schon verkauft, ohne dass auch nur ein Finger dafür gerührt wurde. Dass solche Geschäfte nicht nachhaltig sind, weiß jeder ohne sich in Finanzdingen weiter auszukennen.

Auch die beteiligten Unternehmer wissen, dass solche Geschäfte nicht nachhaltig sind. Aber so lange sie noch Geschäftspartner finden, die ihnen ihre faulen Früchte für gutes Geld abnehmen, handeln sie nach der Devise: Ich habe mein Schäfchen im Trockenen, nach mir die Sintflut!

Inzwischen vermeldet der Weltwährungsfonds IWF, der selber finanziell klamm ist und darum sein Gold verkauft: "Eine Ausbreitung der Verschlechterung bei Krediten wird wahrscheinlich den Druck auf systemisch wichtige Finanzinstitute erhöhen." Was folgen wird, ist eine Finanz- und Bankenkrise.

Quellen:

Financial Times Deutschland

Wikipedia

Wal Buchenberg, 08.04.2008

Diskussionsforum