Milliardäre
in Deutschland G - H
Gerling, Rolf 3,4 Mrd. Euro (1996) (2002: 2,0
Mrd. Euro)
Mit 70 %
Mehrheitsbesitzer und
Aufsichtsratsvorsitzender der Gerling Konzern Versicherungsbeteiligungs AG
in Köln, dem größten deutschen Industrie-Versicherungs-Unternehmen.
(Umsatz 1995: 11,1 Mrd. DM, Beschäftigte: 9900.) Die Deutsche Bank hält 30
% der Anteile. Sohn von Dr. Hans Gerling, der den Konzern in der
Nachkriegszeit leitete. Nach dem Konkurs der Kölner Herstatt-Bank 1974, an
welcher der Konzern beteiligt war, geriet auch Gerling ins Trudeln, wurde
aber von der Versicherungsholding der deutschen Industrie gestützt. Rolf
Gerling engagiert sich für ein ökologisches Management.
In der
Versicherungsbranche stellen sich viele die Frage, ob Gerling als
Familienunternehmen groß und finanzstark genug ist, die Wende in der
Industrieversicherung wirklich zu nutzen. Der Versicherer gehört zu 70
Prozent Rolf Gerling, dem Enkel des Gründers, und zu 30 Prozent der
Deutschen Bank. Die seit drei Jahren immer wieder genannten Pläne für
einen Börsengang, bei dem Rolf Gerling die Mehrheit behalten wollte,
wurden angesichts der Börsenlage mehrfach verschoben und vor drei Monaten
erst mal auf Eis gelegt. Die Deutsche Bank wird sicherlich kein
frisches Geld einschießen. Im Gegenteil, seit sich Rolf Gerling 1998
weigerte, ihm die Mehrheit zu verkaufen, will Bankchef Rolf-E. Breuer den
Anteil loswerden. Ein anderer Versicherer hat kaum Interesse an einer
Minderheit. Deshalb sollte die Holding an die Börse gebracht werden, das
hätte den Frankfurtern einen eleganten Ausstieg ermöglicht. ...
Während die Hoffnungen für die unmittelbare Zukunft groß sind, musste
Gerling im eigentlichen Versicherungsgeschäft auch 2000 noch herbe
Verluste hinnehmen. "Aber wir haben besser abgeschnitten als andere",
sagte Zech. Mit einem tiefen Griff in die Bewertungsreserven durch den
Verkauf von Aktien konnte der Konzern seinen Gewinn nach Steuern von 22
Mio. Euro im Tränenjahr 1999 auf 185 Mio. Euro in 2000 hochfahren. Die
Aktionäre erhielten unverändert 27 Prozent oder 32 Mio. Euro
Dividende. FTP,
20.6.2001.
Haffa, Thomas
Haffa war
im vergangenen Jahr noch mit vier Mrd. USD geführt worden. Jetzt
bescheinigten die Geldzähler von "Forbes" ihm nur noch 250 Mio. USD, was
nicht mehr für eine Platzierung reichte. FTP, 22.4.2001. Zu den großen
Verlierern gehört der deutsche Medienunternehmer Thomas Haffa, der den größten Teil seines Vermögens an der Börse
einbüßte und aus dem Milliardärs-Club hinausflog. FTP,
22.4.2001.
Haniel-Familie 8 Mrd. Euro (1996) (2002:
?)
Der Mischkonzern Haniel & Cie hält 33,3 % des Handelsriesen
Metro. Weitere Konzernsparten sind Waschraumhygiene, Baustoffe, Reedereien
und Industrie-Logistik. Die Industriellenfamilie aus Duisburg hat ca. 930
Mitglieder, unter ihnen 420 Gesellschafter der Haniel & Cie. Umsatz
1995: 24,2 Mrd. DM, Gewinn: 275,2 Mio. DM. Beschäftigte 28485. Die Familie
hält enge Verbindung zum Mehrheitsgesellschafter von Metro, Otto Beisheim
(Nr. 8), und beherrscht mit 50,32 % die GEHE AG, Stuttgart, ein
Pharma-Großhandelsunternehmen, das 25 % des europäischen Marktes
kontrolliert.
Haub, Erivan und Familie 4,3 Mrd. Euro (1996)
(2002: 4,5 Mrd. Euro)
Besitzt ein Imperium von Lebensmittel- und
Spezialmärkten: u.a. den Branchenriesen Tengelmann mit 7.500 Filialen,
Kaiser‘s, Plus, LeDi, Grosso, Magnet, OBI, Wissoll-Schokolade und in den
USA 54 % von A & P. Der alleingeschäftsführende Gesellschafter Erivan
Haub (64) gilt als Vorreiter in Sachen nachhaltiges Wirtschaften. Er
übertrug 1997 seinem Sohn Karl-Erivan (37) das operative Geschäft. Die
beiden anderen Söhne Georg und Christian haben ebenfalls leitende
Positionen. Umsatz 1994/95: 49,9 Mrd. DM, davon in Deutschland 25,5 Mrd.
DM, Gewinn: nicht veröffentlicht, Beschäftigte weltweit: rund 200
000.
Der Lebensmittel- und Einzelhandelskonzern Tengelmann erwartet
für das laufende Geschäftsjahr 2001/02 wieder Gewinne. Doch das
Deutschland-Geschäft bleibt schwierig. Europa-Chef Karl-Erivan-Haub
sagte am Mittwoch in Mülheim, die Verluste seien im abgelaufenen
Geschäftsjahr 2000/01 (30.6.) weiter abgebaut worden. Vor Jahresfrist
hatte Deutschlands fünftgrößter Lebensmittel-Einzelhandelskonzern noch ein
Minus in dreistelliger Millionenhöhe vermeldet. Der Umsatz stieg um 7,6
Prozent auf 26,65 Mrd. Euro (51,34 Mrd DM). "Lagen wir 1999/2000 noch auf
der Intensivstation, kamen wir im vergangenen Jahr auf die Wachstation und
befinden uns mittlerweile in ambulanter Behandlung", kommentierte Haub die
wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Vor zwei Jahren befand sich die
Gruppe noch in massiven Schwierigkeiten.... Die Zahl der Plus-Filialen
in Europa (ohne Deutschland) will Tengelmann langfristig von 800 auf 1500
ausbauen. In Deutschland unterhält Plus rund 2700 Filialen. Bei den
"Kd"-Drogeriemärkten sieht Tengelmann "der Nulllinie entgegen", bestätigte
Haub. Die Kette sei aber zu klein, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu sein.
Tengelmann suche deshalb einen Partner und könnte auch in die
Minderheitsposition gehen. ... Positiv entwickelte sich nach Haubs Angaben
auch die Baumarktkette Obi, die Marktführer in Deutschland ist. Lange sei
mit dem britischen Einzelhändler und Baumarktkonzern Kingfisher über eine
Kooperation gesprochen worden. "Nun ist entschieden, wir gehen alleine und
können das auch", sagte Haub. Am Vortag hatte Kingfisher den Einstieg bei
der Baumarktkette Hornbach bekannt gegeben. Kein Thema ist für den als
offene Handelsgesellschaft firmierenden Konzern jedoch die Umwandlung in
eine AG. Die Familie prüfe derzeit alle Optionen für eine andere
Rechtsform. "Die AG steht (bei den Überlegungen) ganz hinten", sagte Haub.
Von der Umstellung auf den Euro erwartet die Gruppe keine zusätzlichen
Einnahmen. Angesichts des harten Wettbewerbs im deutschen Handel sei eher
vom Gegenteil auszugehen, schließlich müssten sich neue Schwellenpreise
erst einpendeln. Tengelmann betreibt in 16 Ländern rund 7000 Filialen und
beschäftigt rund 185.000 Menschen. FTP, 28.11.2001. Brüggen bestätigte,
dass Biedenkopf eine Wohnung in einer Villa am Radebeuler Lößnitzhang
bezieht. Die "Dresdner Morgenpost" hatte am Mittwoch berichtet, dass
Biedenkopf das Anwesen am Samstag bereits besichtigt hat. Das Haus gehört
laut Bericht dem Chef der Tengelmann-Gruppe, Erivan Haub. Schon Anfang
Juli könnte Biedenkopf einziehen, hieß es weiter. FTP,
6.6.2001.
Hector, Hans-Werner 1,1 Mrd. Euro (1996) (2002:
1,6 Mrd. Euro)
Mitbegründer von SAP. Verkaufte seine Anteile aber
bis auf 5 %. Will sich am Multimedia-Unternehmen Neurotec Hochtechnologie
GmbH in Friedrichshafen beteiligen und soll Aufsichtsratsvorsitzender
werden.
Henkel-Familie und Albrecht Woeste 4,5 Mrd. Euro (1996)
(2002: 0,9 Mrd. Euro)
Die Henkel KGaA stellt u.a. Persil, Spee,
Pril und Pattex her und ist in der Chemieindustrie tätig. 1995 übernahm
der Konzern die Schwarzkopf-Gruppe (Schauma, Kaloderma, Bac u.a.). Konrad
Henkel, das Familienoberhaupt, übergab 1990 den Vorsitz des
Gesellschafterausschusses und des Aufsichtsrates an Albrecht Woeste aus
der vierten Henkel-Generation. Er blieb aber in beiden Gremien
Ehrenvorsitzender. Woeste ist Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank und
besitzt die Metallfirma R. Woeste & Co. in Düsseldorf. Henkels Frau
Gabriele profiliert sich als Kunstmäzenin und pflegt gute Kontakte in
Politik und Gesellschaft. Die Familie besitzt alle stimmberechtigten
Vorzugsaktien (Familien von Fritz Henkel 40 %‚ Hugo Henkel 40 % und Emmy
Henkel 20 %) und 33 % der Vorzugsaktien. Den Rest halten 41000 Aktionäre,
die erst seit 1996 stimmberechtigte Aktien kaufen können. Die
Stimmenmehrheit das Henkel-Clans ist bis 2016 vertraglich fixiert. Umsatz
1995: 14,2 Mrd. DM, Gewinn: 488 Mio. DM, Beschäftigte weltweit:
41644.
Bereits im September hatte Henkel den umfassenden Umbau
seiner Geschäfte angekündigt, um Synergieeffekte zu heben. Ab dem
kommenden Jahr wollen sich die Düsseldorfer auf ihre beiden Säulen
Markenartikel und Industrieprodukte konzentrieren. Derzeit hat das
Unternehmen noch vier Geschäftsbereiche: Klebstoffe,
Kosmetik/Körperpflege, Wasch-/Reinigungsmittel,
Hygiene/Oberflächentechnik. Die Chemiesparte rund um das Unternehmen
Cognis wurde im September für 2,5 Mrd. Euro an die Investorengemeinschaft
Schroder Ventures und Goldman Sachs Capital Partners verkauft. Die
Investorengemeinschaft habe ihr Rücktrittrecht nicht in Anspruch genommen,
sagte Lehner. Die Übertragung von Cognis auf seine Käufer sei für den 30.
November vereinbart. Mit den Sparmaßnahmen und dem Geld aus dem
Verkauf von Cognis will Lehner die Finanzkraft des Konzern verbessern, um
in den Kerngeschäften Marken und Industrie weiter zu expandieren. Der
Verkaufspreis für Cognis wurde zwar angesichts der schwachen
konjunkturellen Lage um 100 Mio. Euro auf 2,5 Mrd. Euro gesenkt. Der Deal
spült Henkel nach Abzug eines Darlehens an die Käufer sowie der Schulden
und Pensionsrückstellungen aber rund 1,25 Mrd. Euro in die Kasse. Die
Investitionsmittel erhöhen sich damit auf rund 7 Mrd. Euro. Bereits im
vergangenen Jahr hat Henkel Übernahmen im Wert von 1 Mrd. Euro getätigt
und dabei hauptsächlich das Industriegeschäft ausgebaut. Es trägt nun rund
30 Prozent zum Gesamtumsatz bei. In den ersten neun Monaten hat Henkel
mit einem Erlösplus um 6,1 Prozent auf 10 Mrd. Euro das interne
Wachstumsziel von fünf bis sieben Prozent erreicht. Das Betriebsergebnis
enttäuschte jedoch mit einem Minus um 3,6 Prozent auf 679 Mio. Euro. Der
Aktienkurs fiel daraufhin im Tagesverlauf um 1,45 Prozent auf 64,40 Euro.
Der Jahresüberschuss in den ersten neun Monaten kletterte um 1,7 Prozent
auf 365 Mio. Euro. ...
Antriebsmotor beim Umsatz waren vor
allem Kosmetik und der Bereich Wasch-/Reinigungsmittel. Das Stammgeschäft
wuchs hier um 4,2 beziehungsweise um 3,1 Prozent. Inklusive der Übernahmen
kletterten die Erlöse hier um 4,3 beziehungsweise 9,7 Prozent. Bei
Hygiene/Oberflächentechnik lag das Plus bei zwei Prozent. In der Chemie
waren es insgesamt plus 2,3 Prozent. Vor allem die Klebstoffsparte war
für den Gewinnrückgang verantwortlich: Das Betriebsergebnis sank hier um
24,9 Prozent auf 145 Mio. Euro. Das Geschäft mit Konstruktionsklebstoffen
rund um das Unternehmen Loctite litt unter den Einbrüchen in der
Elektronik- und Automobilindustrie. Das schwache Heimwerker- und
Baugeschäft sorgte für einen Ergebnisrückgang bei Konsumentenklebstoffen.
Auch die Hygiene- und Oberflächentechnik verbuchte ein Minus beim Gewinn
von 9,9 Prozent auf 109 Mio. Euro. FTP, 13.11.2001.
Herz,
Günter und Familie 3,1 Mrd. Euro (1996) (2002: 3,9 Mrd.
Euro)
Besitzer der Tchibo Holding AG in Hamburg, die auch 75,1 %
der Anteile des Reemtsma Zigarettenkonzerns und 25,9 % des Chemie-Konzerns
Beiersdorf (Nivea, Hansaplast, 8 x 4 Deo, Labello, Tesafilm u.a., Medizin-
und Pharmaprodukte) hält. Firmengründer Max Herz hinterließ 1965 das
Firmenvermögen seiner Frau Ingeburg und den fünf Kindern Günter, Michael,
Joachim, Wolfgang und Daniela Herz-Schnoeckl. Alle Familienmitglieder sind
an der Tchibo Holding und vielen anderen Firmen beteiligt. Günter Herz
(57) leitet den Konzern. 1996 übernahm Tchibo den Hauptkonkurrenten
Eduscho. Die Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH in Hamburg (West, Peter
Stuyvesant, R1, R6, Ernte 23, Cabinet, Davidoff, John Players, Attika
u.a.) hält in Deutschland einen Marktanteil von 23,7 %. Umsatz des
Gesamtkonzerns 1995: 12,9 Mrd. DM (nach Abzug der Tabaksteuer 6,2 Mrd.
DM), Gewinn: 301,4 Mio. DM, Beschäftigte: 13609.
Der Familienkonzern mit einem
Umsatz von im Vorjahr knapp 5,4 Mrd. Euro nach Abzug der Tabaksteuern
steht an der Schwelle zu einer neuen Ära: Zu Beginn des Jahres legte
Vorstandschef Günter Herz nach 35 Jahren an der Spitze sein Amt nieder.
Handfeste Differenzen unter den fünf Kindern des Firmengründers Max Herz
machen es in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich, dass wieder ein
Familienmitglied an die Spitze des Konzerns rückt. Mit dem
Übergangskandidaten Ludger Staby steht bis Ende des Jahres erstmals ein
familienfremder Manager dem Unternehmen vor. Für die Zeit danach sucht der
Aufsichtsrats-Vorsitzende Jens Odewald fieberhaft nach einem Nachfolger.
Er wird nach jetzigem Stand der Dinge auf einen Konzern ohne
Zukunftsstrategie treffen. Grund: Die Herz-Geschwister sind sich nicht
einig. Für Tchibo sei es gut, auf alles vorbereitet zu sein, sagte Staby
am Wochenanfang der FTD. ...
"Wenn die Familie etwas ändert,
dann vermutlich zuerst den Status von Reemtsma", sagt ein Insider. Staby
machte allerdings deutlich, dass es dabei keine Eile gebe, und die
Geschäfte bis auf weiteres normal weiterliefen. Zwar liegt Reemtsma
auf dem Weltmarkt gemeinsam mit Altadis oder Gallaher abgeschlagen hinter
den großen drei Philip Morris (Marlboro), British American Tobacco (Lucky
Strike, Rothmans) und Japan Tobacco. Der große Vorteil der Hamburger, die
2000 alleine auf einen Umsatz von 2,5 Mrd. Euro kamen: Sie sind extrem
diversifiziert - mit der Zahl der Marken ebenso wie mit der Zahl ihrer
Auslandsmärkte: Außerhalb Deutschlands setzte Reemtsma im vorigen Jahr
knapp drei Viertel seiner Zigaretten ab. FTP, 4.10.2001.
Mit dem Hamburger Rücktritt
entlud sich, was sich zuvor über Monate zusammengebraut hatte: ein in
Deutschland wohl beispielloser Streit über die Führung eines
Familien-Konzerns. Was als Ränkespiel in Hamburg begann, als harmloser
Zwist in der Familie Herz, bedroht inzwischen die Zukunft des
Milliarden-Unternehmens. Die Geschichte in Kürze: Verwickelt sind all
die Familienmitglieder, die Firmengründer Max Herz vor 35 Jahren mit
stattlichen Anteilen bedachte: neben der Witwe seine vier Söhne und seine
Tochter. Seit gut drei Jahren drängen Günter Herz’ drei Brüder -
Michael, Wolfgang und Joachim - darauf, neue Manager an die Konzernspitze
zu lassen, die nicht dem Herz-Clan angehören. Mit anderen Worten: Der
ergraute Günter, inzwischen 60 Jahre alt, soll sich um einen Nachfolger
kümmern. Ein Vorschlag, der zunächst auch von Günter Herz und seiner
Schwester Daniela wortreich unterstützt wird. Doch aus den
Absichtserklärungen wird nichts. Das Herz-Duo ziert sich, dem Ansinnen des
Trios nachzukommen - zunächst behutsam, dann immer deutlicher; schließlich
blocken die beiden ganz ab, sobald das Thema zur Sprache kommt.
...
Was zunächst zu
Verstimmungen führte, mündet schließlich in einer offenen Konfrontation.
Wenn die Kinder zusammen kommen, knallt es: "Das ist inzwischen wie in
einem verfahrenen Ehe-Streit. Man weiß nicht mehr genau, wieso man sich
genau streitet", sagt ein Vertrauter der Herz-Familie. "Aber zueinander
kann man auch nicht mehr kommen." Den Keim des Bruderzwists hatte
ausgerechnet der Firmengründer selbst gelegt. Als Max Herz am 12. Mai 1965
mit 59 Jahren an einem Herzinfarkt stirbt, setzt er in seinem Testament
Günter, damals 24 Jahre alt, und Michael, 21, als persönlich haftende
Gesellschafter ein. Sie treten das Erbe des Mannes an, der sich schon zu
Lebzeiten den Ruf erwarb, Deutschlands Kaffee-König zu sein. Rund 400
deutsche Tchibo-Filialen gibt es bereits in den 60er Jahren; den Umsatz
hatte Herz auf rund 500 Mio.DM hochgetrieben. Schnell übernimmt Günter
die Führung. Michael bleibt im Vorstand nur die Nebenrolle, gibt sich
damit jedoch zufrieden. Nur selten kommt es zu Reibereien, zu erfolgreich
führt Günter den Konzern. Zusammen mit seinem Finanzvorstand Horst
Pastuczek kauft Günter die Mehrheit am Hamburger Zigaretten-Konzern
Reemtsma (West, R1, Roth-Händle), erwirbt knapp 26 Prozent am Hamburger
Kosmetik-Unternehmen Beiersdorf (Nivea). Glücksgriffe: Bis heute werfen
beide Investments glänzende Renditen ab; der Preiskampf in Tchibos
Stamm-Geschäft dagegen lässt die Margen bedenklich zusammenschrumpfen.
Doch Herz’ Position ist unumstritten. Selbst ein Wettbewerber räumt ein,
das Unternehmen sei "in sehr guter Verfassung". Lange Zeit akzeptieren
die Geschwister deshalb das zunehmend selbstherrliche Gehabe ihres
Bruders. "Ich würde ihm jede Mark anvertrauen", sagt ein
Aufsichtsrat."Aber ein Bier würde ich mit ihm nicht trinken." Längst
geht es nicht mehr um persönliche Animositäten; jetzt steht die Zukunft
des Unternehmens auf dem Spiel - und die lässt sich nur mit einem
erfahrenen Konzernchef meistern. Zwar ist Tchibo mit dem Kaffee-Geschäft
in Deutschland und Osteuropa stark, das in Westeuropa dagegen gleicht
einem einzigen weißen Fleck; Tchibo ist dort kaum vertreten. Seit
wenigen Wochen erst testen die Hamburger ihre Läden in den britischen
Kleinstädten Romford und Slough. Sie fürchten, der US-Konzern Starbucks
mit seinen trendigen Steh-Cafés werde sie ansonsten in Europa umzingeln.
Auch das Zigarettengeschäft muss auf neue Märkte
ausgeweitet werden: Bislang ist die Tchibo-Tochter Reemtsma nur in
Deutschland und Osteuropa stark; um weiter expandieren zu können, könnten
die Hamburger mittelfristig jedoch einen Partner gut gebrauchen. Daraus
wird konzernintern kein Hehl gemacht. Die Mittel für Zukäufe oder große
Marketing-Kampagnen könnte sich die Herz-Familie durch einen Börsengang
beschaffen. FTP, 11.1.2001.
"Unter den Aktionären des Einzelhandelskonzerns Tchibo
bahnt sich ein neuer Streit an. Großaktionär Günter Herz kündigte am
Dienstag (18.2.03) seinen Widerstand gegen die geplante Wahl von Dieter
Ammer zum neuen Vorstandschef an.
"Das ist weder
abgestimmt noch akzeptiert", sagte er der FTD. Er werde unverzüglich
entsprechende Maßnahmen einleiten, sagte Herz. Was das sein könnte, ließ
er völlig offen. Im Vorjahr hatte Herz angekündigt, bei anhaltendem Streit
mit seinen Geschwistern müsse man eine Trennung in Betracht ziehen. Das
war als eine mögliche Verkaufsabsicht interpretiert worden. Günter Herz
vertritt 40 Prozent der Anteile an Tchibo. Darunter sind auch die seiner
Schwester Daniela. Den Rest halten seine Mutter sowie die Brüder Joachim,
Wolfgang und Michael. Weder Günter noch Daniela Herz sitzen im
Aufsichtsrat von Tchibo, der über die Bestellung Ammers entscheidet.
Mit Ammer würde erstmals ein familienfremder Manager Tchibo führen. Am
Dienstag bestätigte der Konzern Informationen der FTD, dass der bisherige
Chef der Brauerei Beck & Co. zum 1. Juni neuer Vorstandschef des
Konzerns mit einem Umsatz von zuletzt rund 3 Mrd. Euro werden soll.
(...) Die Wahl Ammers dürfte Tchibo rasch zu einem Unternehmen mit
neuer Struktur machen: Der Konzern hat aus dem Verkauf der
Zigarettentochter Reemtsma im vorigen Jahr rund 5 Mrd. Euro auf dem Konto.
Das Geld wird ständig wieder als Festgeld angelegt, weil Tchibo dafür
bislang keine Verwendung findet. Gerne würde Tchibo das Geld für
Beiersdorf ausgeben: Tchibo hält 30 Prozent, der Finanzkonzern Allianz
rund 44 Prozent. Die Münchner wollen verkaufen, erhoffen sich aber von
einem Käufer aus der Branche einen höheren Preis als von Tchibo. Bereits
seit Monaten verhandelt die Allianz unter anderem mit dem US-Konzern
Procter & Gamble, ohne bislang zu einem Ergebnis zu kommen. Das
Zünglein an der Waage ist Tchibo: Die Hamburger halten mehr als die
Sperrminorität und wollen nicht verkaufen. Vor allem Joachim Herz gilt als
Gegner. Selbst haben sie aber bislang keinen Preis geboten, der die
Allianz überzeugt hätte. Sollte der Zukauf bei Beiersdorf nicht
funktionieren, will Tchibo voraussichtlich mehrere kleinere Akquisitionen
vornehmen. (...)" Aus: Financial
Times Deutschland, 19.2.03
Hopp, Dietmar und Söhne 3,1 Mrd.
Euro (1996) (2002: 2,4 Mrd. Euro)
Mitbegründer und
Vorstandsvorsitzender des Walldorfer Softwarekonzerns SAP, dem
Weltmarktführer für Unternehmenssoftware. Hopp und seinen Söhnen Oliver
und Daniel gehören 18,46 % von SAP, zum Teil über die Dietmar Hopp
Stiftung GmbH i.G. Der Rest der Aktien liegt bei Hasso Plattner und Klaus
Tschira. Mitbegründer Hans-Werner Hector (Nr. 40) hat nach internen
Querelen seine Anteile bis auf 5 % verkauft. SAP wurde 1972 von fünf
ehemaligen IBM-Managern gegründet, 1988 in eine AG umgewandelt und erfreut
sich bei Anlegern und Analysten steigender Beliebtheit. Umsatz 1996: 3,7
Mrd. DM, Gewinn: 567 Mio. DM, Beschäftigte: etwa 9000.
Zuvor hatte
SAP bekannt gegeben, dass die Vorzugsaktien im Verhältnis eins zu eins in
Stammaktien umgetauscht werden sollen. Damit näherten sie sich dem Niveau
der Vorzugsaktien an, die um 0,6 Prozent auf 171 Euro nachgaben. Durch
die Umstellung wird sich auch der Anteil der Alteigentümer am Unternehmen
verkleinern. Die drei verbliebenen Gründer Hasso Plattner, Dieter Hopp und
Klaus Tschira besitzen dann nur noch 39 Prozent des stimmberechtigten
Kapitals. Zuvor waren es 63 Prozent gewesen. FTP, 1.3.2001. "Wir wollen Unternehmenszukäufe nicht
ausschließen, auch wenn aktuell keine geplant sind", meint Sprecher
Heitmann. Bereits im abgelaufenen Jahr hat SAP rund 900 Mio. $ in Commerce
One, einen Hersteller von Software für Internetmarktplätze, und in Top
Tier, einen Hersteller von Software für Unternehmensportale, investiert.
Mit frischem Geld ließen sich auch Schulden abbauen. Bislang steht der
weltgrößte Hersteller für Unternehmenssoftware mit Verbindlichkeiten von
831 Mio. Euro, bezogen auf den Jahresabschluss 2000, in der Kreide. FTP,
19.12.2001.
Text
in Kursiv stammt aus: Financial Times Deutschland, div.
Ausgaben. Text in Normalschrift stammt aus: Beck, Dorothee/Meine,
Hartmut: Wasserprediger und Weintrinker. Wie Reichtum vertuscht und Armut
verdrängt wird. Göttingen 1997. Zahlen für 2002 (Januar) aus: Manager
Magazin.
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