Kapital 3.: 790 - 821
47. Kapitel Genesis der kapitalistischen
Grundrente I. Einleitendes „Man muss sich klarmachen, worin
eigentlich die Schwierigkeit der Behandlung der Grundrente, vom Standpunkt
der modernen Ökonomie, als des theoretischen Ausdrucks der
kapitalistischen Produktionsweise besteht.... Die Schwierigkeit besteht
nicht darin, das vom landwirtschaftlichen Kapital erzeugte
Mehrprodukt und den ihm entsprechenden Mehrwert überhaupt zu erklären.
Diese Frage ist vielmehr gelöst in der Analyse des Mehrwerts, den alles
produktive Kapital erzeugt, in welcher Sphäre es angelegt sei. Die
Schwierigkeit besteht darin, nachzuweisen, woher nach Ausgleichung des
Mehrwerts unter den verschiedenen Kapitalen zum Durchschnittsprofit, ....
nach der scheinbar bereits stattgefundenen Verteilung des
Mehrwerts, der überhaupt zu verteilen ist, woher da noch der überschüssige
Teil dieses Mehrwerts stammt, den das im Boden angelegte Kapital unter der
Form der Grundrente an den Grundeigentümer zahlt.“ K. Marx, Kapital 3. :
790. „Ein unrichtige Auffassung der Rente basiert auf dem Umstand, dass
aus der Naturalwirtschaft des Mittelalters her, und ganz den Bedingungen
der kapitalistischen Produktionsweise widersprechend, die Rente in
Naturalform zum Teil in den Zehnten der Kirche, zum Teil als Kuriosität,
durch alte Kontrakte verewigt, sich in die moderne Zeit herübergeschleppt
hat. Es gewinnt dadurch den Anschein, dass die Rente nicht aus dem Preis
des Agrikulturprodukts, sondern aus seiner Masse entspringt, also nicht
aus gesellschaftlichen Verhältnissen, sondern aus der Erde.“ K. Marx,
Kapital 3. : 795f. „Zugeben, dass die Erscheinung der Rente für das im
Ackerbau angelegte Kapital aus einer besonderen Wirkung der Anlagesphäre
selbst, aus der Erdkruste als solcher angehörigen Eigenschaft stamme - das
hieß verzichten auf den Wertbegriff selbst, also verzichten auf jede
Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis auf diesem Gebiet... Die
ganze Schwierigkeit in der Analyse der Rente bestand also darin, den
Überschuss des landwirtschaftlichen Profits über den
Durchschnittsprofit zu erklären, nicht den Mehrwert, sondern den dieser
Produktionssphäre eigentümlichen überschüssigen Mehrwert....“ K. Marx,
Kapital 3. : 790f. „Der Durchschnittsprofit selbst ist ... eine Bildung
des unter ganz bestimmten historischen Produktionsverhältnissen vor sich
gehenden sozialen Lebensprozesses... In Gesellschaftsformen also, wo
... also das Kapital sich die gesellschaftliche Arbeit noch nicht oder nur
sporadisch unterworfen hat, kann von der Rente im modernen Sinn,
von der Rente als einem Überschuss über den Durchschnittsprofit ...
überhaupt nicht die Rede sein.“ K. Marx, Kapital 3. : 791.
II. Die Arbeitsrente „Betrachtet man die
Grundrente in ihrer einfachsten Form, der Arbeitsrente, wo der
unmittelbare Produzent einen Teil der Woche mit faktisch oder juristisch
ihm gehörigen Arbeitswerkzeugen (Pflug, Vieh etc.) den ihm faktisch
gehörigen Boden bestellt und die anderen Tage der Woche auf dem Gute des
Grundherren arbeitet, für den Grundherrn, unentgeltlich, so ist hier die
Sache noch ganz klar, Rente und Mehrwert sind hier identisch. Die Rente
... ist die Form, worin sich hier die unbezahlte Mehrarbeit
ausdrückt.... Es unterscheidet sie dies von der Sklaven- oder
Plantagenwirtschaft, dass der Sklave hier mit fremden
Produktionsbedingungen arbeitet und nicht selbständig. Es sind also
persönliche Abhängigkeitsverhältnisse nötig, persönliche Unfreiheit, in
welchem Grad auch immer, und Gefesseltsein an den Boden als Zubehör
desselben, Hörigkeit im eigentlichen Sinn.“ K. Marx, Kapital 3. :
798f. „Mit Bezug auf die Arbeitsrente, die einfachste und
ursprünglichste Form der Rente, ist soviel einleuchtend: Die Rente ist
hier die ursprüngliche Form des Mehrwerts und fällt mit ihm zusammen.
Ferner aber bedarf das Zusammenfallen des Mehrwerts mit unbezahlter
fremder Arbeit hier keiner Analyse, da es noch in seiner sichtbaren,
handgreiflichen Form existiert, denn die Arbeit des unmittelbaren
Produzenten für sich selbst ist hier noch räumlich und zeitlich geschieden
von seiner Arbeit für den Grundherrn, und die letztere erscheint
unmittelbar in der brutalen Form der Zwangsarbeit für einen Dritten.“ K.
Marx, Kapital 3. : 800.
III. Die Produktenrente „Die Verwandlung der
Arbeitsrente in Produktrente ändert, ökonomisch gesprochen nichts am Wesen
der Grundrente. Dies besteht .... darin, dass ... sie die einzige
Mehrarbeit oder das einzige Mehrprodukt ist, welches der unmittelbare
Produzent, der sich im Besitz der zu seiner eigenen Reproduktion
nötigen Arbeitsbedingungen befindet, dem Eigentümer ... des Bodens,
zu leisten hat; und dass es andererseits nur der Boden ist, der ihm als in
fremdem Eigentum befindliche, ihm gegenüber verselbständigte und im
Grundeigentümer personifizierte Arbeitsbedingung gegenübertritt. Soweit
die Produktenrente herrschende und weitest entwickelte Form der Grundrente
ist, wird sie übrigens stets noch mehr oder minder begleitet von
Überbleibseln der früheren Form, d.h. von Rente, die direkt in Arbeit
abzutragen ist, also mit Fronarbeit, und dies gleichmäßig, ob der
Grundherr eine Privatperson oder der Staat sei." K. Marx, Kapital 3. :
802f. „Die Produktenrente unterstellt einen höheren Kulturzustand des
unmittelbaren Produzenten, also eine höhere Entwicklungsstufe seiner
Arbeit und der Gesellschaft überhaupt; und sie unterscheidet sich dadurch
von der vorhergehenden Form, dass die Mehrarbeit nicht mehr in ihrer
Naturalgestalt, also auch nicht mehr unter direkter Aufsicht und Zwang des
Grundherrn oder seiner Vertreter zu verrichten ist; vielmehr der
unmittelbare Produzent, durch die Macht der Verhältnisse statt durch
direkten Zwang und durch die gesetzliche Bestimmung statt durch die
Peitsche angetrieben, unter seiner eigenen Verantwortlichkeit sie zu
leisten hat. ... In diesem Verhältnis verfügt der unmittelbare
Produzent mehr oder minder über die Verwendung seiner ganzen Arbeitszeit,
obgleich nach wie vor ein Teil dieser Arbeitszeit, ursprünglich so
ziemlich der ganze überschüssige Teil derselben, dem Grundeigentümer
unentgeltlich gehört;“ K. Marx, Kapital 3. : 803.
IV. Die Geldrente „Unter Geldrente verstehen
wir hier - im Unterschied von der auf der kapitalistischen
Produktionsweise beruhenden industriellen oder kommerziellen Grundrente,
die nur ein Überschuss über den Durchschnittsprofit ist - die Grundrente,
die aus einer bloßen Formverwandlung der Produktenrente entspringt, wie
diese selbst nur die verwandelte Arbeitsrente war. Statt des Produkts
hat der unmittelbare Produzent hier seinem Grundeigentümer ... den Preis
desselben zu zahlen. Ein Überschuss an Produkt in seiner Naturalform
genügt also nicht mehr; er muss aus dieser Naturalform in die Geldform
verwandelt werden. Obgleich der unmittelbare Produzent nach wie vor
fortfährt, mindestens den größten Teil seiner Subsistenzmittel selbst zu
produzieren, muss jetzt ein Teil seines Produkts in Ware verwandelt, also
Ware produziert werden. Der Charakter der ganzen Produktionsweise wird
also mehr oder weniger verändert. Sie verliert ihre Unabhängigkeit, ihr
Losgelöstsein vom gesellschaftlichen Zusammenhang.“ K. Marx, Kapital 3. :
805. “Indes, die Basis dieser Art Rente, obgleich sie ihrer Auflösung
entgegengeht, bleibt dieselbe wie in der Produktenrente, die den
Ausgangspunkt bildet. Der unmittelbare Produzent ist nach wie vor
erblicher oder sonst traditioneller Besitzer des Bodens, der dem
Grundherrn als dem Eigentümer dieser seiner wesentlichsten
Produktionsbedingung, überschüssige Zwangsarbeit, d.h. unbezahlte, ohne
Äquivalent geleistete Arbeit in der Form des in Geld verwandelten
Mehrprodukts zu entrichten hat. Das Eigentum an den vom Boden
verschiedenen Arbeitsbedingungen, Ackergerätschaft und sonstigem Mobiliar,
verwandelt sich schon in den frühen Formen erst faktisch, dann auch
rechtlich in das Eigentum der unmittelbaren Produzenten, und noch mehr ist
dies für die Form der Geldrente vorausgesetzt.“ K. Marx, Kapital 3. :
805. „Die erst sporadisch, sodann auf mehr oder minder nationalem
Maßstab vor sich gehende Verwandlung der Produktenrente in Geldrente setzt
eine schon bedeutendere Entwicklung des Handels, der städtischen
Industrie, der Warenproduktion überhaupt und damit der Geldzirkulation
voraus. Sie setzt ferner voraus einen Marktpreis der Produkte, und dass
selbe mehr oder minder ihrem Wert annähernd verkauft werden, was unter den
früheren Formen keineswegs der Fall zu sein braucht.“ K. Marx, Kapital 3.
: 805. „Die Geldrente als verwandelte Form der Produktenrente, und im
Gegensatz zu ihr, ist aber die letzte Form und zugleich die Form der
Auflösung der Art von Grundrente, die wir bisher betrachtet haben, nämlich
der Grundrente als der normalen Form des Mehrwerts und der dem Eigentümer
der Produktionsbedingungen zu entrichtenden unbezahlten Mehrarbeit. In
ihrer reinen Form stellt diese Rente, wie die Arbeits- und Produktenrente,
keinen Überschuss über den Profit dar. Sie absorbiert ihn dem Begriff
nach.“ K. Marx, Kapital 3. : 806. „Mit Geldrente verwandelt sich
notwendig das traditionelle gewohnheitsrechtliche Verhältnis zwischen den,
einen Teil des Bodens besitzenden und bearbeitenden, Untersassen und dem
Grundeigentümer in ein kontraktliches, nach festen Regeln des positiven
Gesetzes bestimmten, reines Geldverhältnis. Der bebauende Besitzer wird
daher der Sache nach zum bloßen Pächter. K. Marx, Kapital 3. :
806. „...andererseits führt sie zum Loskauf des bisherigen Besitzers
von seiner Rentpflichtigkeit und zu seiner Verwandlung in einen
unabhängigen Bauer, mit vollem Eigentum an dem von ihm bestellten Boden.“
K. Marx, Kapital 3. : 807. “Diese Verwandlung wird ... unter sonst
geeigneten allgemeinen Produktionsverhältnissen, dazu benutzt, die alten
bäuerlichen Besitzer nach und nach zu enteignen und an ihre Stelle einen
kapitalistischen Pächter zu setzen; Die Verwandlung der Naturalrente in
Geldrente wird ferner nicht nur notwendig begleitet, sondern selbst
vorweggenommen durch Bildung einer Klasse besitzloser und für Geld
sich verdingender Taglöhner.“ K. Marx, Kapital 3. : 806. „Mit dem
Dazwischentreten des kapitalistischen Pächters zwischen den
Grundeigentümer und den wirklich arbeitenden Ackerbauern sind alle
Verhältnisse zerrissen, die aus der alten ländlichen Produktionsweise
entspringen. Der Pächter wird der wirkliche Kommandant dieser
Ackerarbeiter und der wirkliche Ausbeuter ihrer Mehrarbeit, während
der Grundeigentümer in einem direkten Verhältnis, und zwar einem bloßen
Geld- und Kontraktverhältnis, nur noch zu diesem kapitalistischen Pächter
steht. Damit verwandelt sich auch die Natur der Rente... Von der
normalen Form des Mehrwerts und der Mehrarbeit sinkt sie herab zum
Überschuss dieser Mehrarbeit über den Teil derselben, der vom
ausbeutenden Kapitalisten unter der Form des Profits angeeignet
wird; ... Es ist nur noch ein überschüssiger Teil dieses von ihm ...
durch direkte Ausbeutung seiner Landarbeiter extrahierten Mehrwerts, den
er als Rente an den Grundeigentümer weggibt. Wie viel oder wie wenig er
an ihn weggibt, ist bestimmt ... durch den Durchschnittsprofit, den das
Kapital in den nicht landwirtschaftlichen Produktionssphären
abwirft...“ K. Marx, Kapital 3. : 807f. „Es ist nicht mehr das Land,
sondern es ist das Kapital, welches sich und seiner Produktivität jetzt
selbst die Landarbeit unmittelbar unterworfen hat.“ K. Marx,
Kapital 3. : 808. „Große Industrie und industriell betriebene große
Agrikultur wirken zusammen. Wenn sie sich ursprünglich dadurch
scheiden, dass die erste mehr die Arbeitskraft und daher die Naturkraft
des Menschen, die letztere mehr direkt die Naturkraft des Bodens verwüstet
und ruiniert, so reichen sich später im Fortgang beide die Hand, indem das
industrielle System auf dem Land auch die Arbeiter entkräftet und
Industrie und Handel ihrerseits der Agrikultur die Mittel zur Erschöpfung
des Bodens verschaffen.“ K. Marx, Kapital 3. : 821. V. Die
Metäriewirtschaft und das bäuerliche Parzelleneigentum (über die
wirtschaftlichen und sozialen Schranken des kleinen
Parzelleneigentums)
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen. Wal
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