Kapital 3.: 686 - 746
40. Kapitel
Zweite Form der Differentialrente (Differentialrente II)
„Differentialrente II, entspringend aus aufeinanderfolgende Kapitalanlage auf demselben Boden.“ K. Marx, Kapital 3. : 736.
“Wir haben bisher die Differentialrente nur betrachtet als das Resultat der verschiedenen Produktivität gleicher Kapitalanlagen auf gleichen Bodenflächen von verschiedener Fruchtbarkeit, so dass die Differentialrente bestimmt war durch die Differenz zwischen dem Ertrag des Kapitals, das im schlechtesten, rentelosen Boden angelegt ist, und dem des Kapitals, das im besseren angelegt ist....
Kann es nun einen Unterschied machen, wenn Kapitalmassen mit verschiedener Produktivität nacheinander auf demselben Bodenstück und wenn sie nebeneinander auf verschiedenen Bodenstücken angelegt werden, vorausgesetzt nur, dass die Resultate dieselben sind?“ K. Marx, Kapital 3. : 686.
“Es ist ... von vorneherein klar: .... dass es für das Gesetz der Bildung der Extraprofite nichts ändert, ob gleiche Kapitale mit ungleichen Resultaten nebeneinander auf gleich großen Bodenstrecken oder ob sie nacheinander auf demselben Bodenteil angelegt werden...“ K. Marx, Kapital 3. : 687.
„Das in Maschinen usw. angelegte fixe Kapital verbessert sich nicht durch den Gebrauch, sondern verschleißt im Gegenteil. Infolge neuer Erfindungen können auch hier einzelne Verbesserungen angebracht werden, aber die Entwicklung der Produktivkraft als gegeben vorausgesetzt, kann sich die Maschine nur verschlechtern. Bei rascher Entwicklung der Produktivkraft muss die ganze alte Maschinerie durch vorteilhaftere ersetzt werden, also verloren gehen.
Die Erde dagegen, richtig behandelt, verbessert sich fortwährend. Der Vorzug der Erde, dass aufeinanderfolgende Kapitalanlagen Vorteil bringen können, ohne dass die früheren verloren gehen, schließt zugleich die Möglichkeit der Ertragsdifferenz dieser aufeinanderfolgenden Kapitalanlagen ein.“ K. Marx, Kapital 3. : 789.
„Zu untersuchen ist Differentialrente II
a) bei stationärem,
b) bei fallendem,
c) bei steigendem Produktionspreis.“ K. Marx, Kapital 3. : 736.
Zusammenfassung des Herausgebers, F. Engels:
{... Es bleibt dem Herausgeber ... auch noch übrig, aus der ganzen bisherigen Untersuchung der Differentialrente II in ihren drei Hauptfällen und neun Unterfällen die sich ergebenden allgemeinen Schlüsse zu ziehen. Für diesen Zweck aber passen die im Manuskript gegebenen Beispiele nur wenig. ... Um aber für die unten folgenden Resultate der Untersuchung eine anschauliche Grundlage zu erhalten, gebe ich in folgendem eine neue Reihe von Tabellen....“ K. Marx, Kapital 3. : 727.
„Diese Tabellen ergeben nun folgendes.
Zunächst, dass die Reihe der Renten sich genau verhält wie die Reihe der Fruchtbarkeitsunterschiede, den rentelosen, regulierenden Boden als Nullpunkt genommen. Nicht die absoluten Erträge, sondern nur die Ertragsdifferenzen sind für die Rente bestimmend...“ K. Marx, Kapital 3. : 733.
„Weit wichtiger aber ist das Resultat in Beziehung auf die Gesamtrentenerträge bei wiederholter Kapitalanlage auf demselben Boden.
In fünf Fällen aus den untersuchten dreizehn verdoppelt sich mit der Kapitalanlage auch die Gesamtsumme der Renten; ...
In einem Fall steigt sie, aber nicht auf den doppelten Betrag...
Endlich, nur in drei Fällen bleibt die Gesamtrente bei zweiter Kapitalanlage für alle Bodenarten zusammen, auf demselben Stand wie bei der ersten Anlage...; es sind dies die Fälle, wo Boden A außer Konkurrenz gesetzt und Boden B regulierend und damit rentelos wird. Die Rente für B fällt also nicht nur weg, sie wird auch von jedem folgenden Glied der Rentenreihe abgezogen; dadurch ist das Ergebnis bedingt....}“ K. Marx, Kapital 3. : 734.
„Dies heißt also: in der großen Mehrzahl aller möglichen Fälle steigt die Rente, sowohl per Hektar des Rente tragenden Bodens, wie namentlich in ihrer Gesamtsumme, infolge vermehrter Kapitalanlage auf den Boden...
Je mehr Kapital also auf den Boden verwandt wird, je höher die Entwicklung des Ackerbaus und der Zivilisation überhaupt in einem Lande steht, desto höher steigen die Renten per Hektar sowohl wie die Gesamtsumme der Renten, desto riesiger wird der Tribut, den die Gesellschaft den Großgrundbesitzern in der Gestalt von Extraprofit zahlt - solange die einmal in Bebauung genommenen Bodenarten alle konkurrenzfähig bleiben.“ K. Marx, Kapital 3. : 734.
„Dies Gesetz erklärt die wunderbare Lebenszähigkeit der Klasse der großen Grundbesitzer. Keine Gesellschaftsklasse lebt so verschwenderisch, ... keine häuft so leichten Herzens Schulden über Schulden auf. Und doch fällt sie immer wieder auf die Füße - dank dem in den Boden gesteckten Kapital anderer Leute, das ihr Renten einträgt, ganz außer allem Verhältnis zu den Profiten, die der Kapitalist daraus zieht.
Dasselbe Gesetz erklärt aber auch, warum diese Lebenszähigkeit des großen Grundbesitzers allmählich sich erschöpft....“ K. Marx, Kapital 3. : 735.
„Die transozeanischen Dampfschiffe und die nord- und südamerikanischen und indischen Eisenbahnen brachten ganz eigentümliche Landstrecken in die Lage, auf den europäischen Kornmärkten zu konkurrieren.“ K. Marx, Kapital 3. : 735.
“Und gegen diese Konkurrenz - des jungfräulichen Steppenbodens wie des .... russischen und indischen Bauern - konnte der europäische Pächter und Bauer bei den alten Renten nicht aufkommen. Ein Teil des Bodens in Europa kam definitiv für den Kornbau außer Konkurrenz, die Renten fielen überall. ... Glücklicherweise ist noch lange nicht alles Steppenland in Bebauung genommen; es ist noch übrig genug vorhanden, um den ganzen europäischen großen Grundbesitz zu ruinieren und den kleinen obendrein. F.E.}
„Als allgemeines Resultat bei der Betrachtung der Differentialrente überhaupt ergibt sich:
Erstens: Die Bildung von Extraprofiten kann auf verschiedenen Wegen erfolgen.
Einerseits auf Basis der Differentialrente I, d.h. auf Basis der Anlage des gesamten Agrikulturkapitals auf einer Bodenfläche, welche aus Bodenarten verschiedener Fruchtbarkeit besteht.
Ferner als Differentialrente II, auf Basis der verschiedenen Differentialproduktivität aufeinanderfolgenden Kapitalanlagen auf demselben Boden, d.h. hier größerer Produktivität.... Wie diese Extraprofite aber auch entstehen mögen, ihre Verwandlung in Rente, also ihre Übertragung vom Pächter auf den Grundeigentümer, setzt als vorausgehende Bedingung stets voraus, dass die verschiedenen wirklichen individuellen Produktionspreise ... vorher zu einem individuellen Durchschnittsproduktionspreis ausgeglichen werden.
Der Überschuss des allgemeinen, regulierenden Produktionspreises des Produkts eines Hektars über diesen seinen individuellen Durchschnittsproduktionspreis bildet und misst die Rente per Hektar.
Bei Differentialrente I sind die Differentialresultate an und für sich unterscheidbar, weil sie auf unterschiedenen, außer- und nebeneinanderliegenden Bodenteilen, bei einer als normal angenommenen Kapitalauslage per Hektar und ihr entsprechender Normalbebauung stattfinden.
Bei der Differentialrente II müssen sie erst unterscheidbar gemacht werden; sie müssen in der Tat in die Differentialrente I rückverwandelt werden.“ K. Marx, Kapital 3. : 736f.
Zweitens: Bei abnehmender Rate der Produktivität der zuschüssigen Kapitalanlagen ... folgt aus dem eben Entwickelten, dass die Grenze, wo die Gesamtkapitalanlage auf den Hektar von B keine Rente mehr bilden würde, die ist, wo der individuelle Durchschnittsproduktionspreis des Produkts per Hektar von B auf den Produktionspreis per Hektar von A steigen würde.“ K. Marx, Kapital 3. : 738.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg