Kapital 3.: 345 - 349
„Es macht also nicht
die geringste Schwierigkeit einzusehen, warum das Kaufmannskapital als
historische Form des Kapitals erscheint, lange bevor das Kapital sich die
Produktion selbst unterworfen hat. Seine Existenz und Entwicklung zu einer
gewissen Höhe ist selbst historische Voraussetzung für die Entwicklung der
kapitalistischen Produktionsweise, 1. als Vorbedingung der
Konzentration von Geldvermögen, und 2. weil die kapitalistische
Produktion für den Handel voraussetzt: Absatz im großen und nicht an
den einzelnen Kunden, also auch einen Kaufmann, der nicht zur Befriedigung
seines persönlichen Bedürfnisses kauft, sondern die Kaufakte vieler in
seinem Kaufakt konzentriert. Andererseits wirkt alle Entwicklung des
Kaufmannskapital darauf hin, der Produktion einen mehr und mehr auf den
Tauschwert gerichteten Charakter zu geben, die Produkte mehr und mehr in
Waren zu verwandeln. Doch ist seine Entwicklung, für sich genommen, wie
wir ... noch weiter sehen werden, unzureichend, um den Übergang einer
Produktionsweise in die andere zu vermitteln und zu erklären.“ K. Marx,
Kapital 3. S. 339.
Kaufmannskapital und
Frühkapitalismus „Es unterliegt keinem Zweifel - und gerade
diese Tatsache hat ganz falsche Anschauungen erzeugt -, dass im 16. und
17. Jahrhundert die großen Revolutionen, die mit den geographischen
Entdeckungen im Handel vorgingen und die Entwicklung des Kaufmannskapitals
rasch steigerten, ein Hauptmoment bilden in der Förderung des Übergangs
der feudalen Produktionsweise in die kapitalistische. Die plötzliche
Ausdehnung des Weltmarkts, die Vervielfältigung der umlaufenden Waren, der
Wetteifer unter den europäischen Nationen, sich der asiatischen Produkte
und der amerikanischen Schätze zu bemächtigen, das Kolonialsystem, trugen
wesentlich bei zur Sprengung der feudalen Schranken der
Produktion. Indes entwickelte sich die moderne Produktionsweise, in
ihrer ersten Periode, der Manufakturperiode, nur da, wo die Bedingungen
dafür sich innerhalb des Mittelalters erzeugt hatten. Man vergleiche z. B.
Holland mit Portugal. Und wenn im 16. und zum Teil noch im 17.
Jahrhundert die plötzliche Ausdehnung des Handels und die Schöpfung eines
neuen Weltmarkts einen überwiegenden Einfluss auf den Untergang der alten
und den Aufschwung der kapitalistischen Produktionsweise ausübten, so
geschah dies umgekehrt auf Basis der einmal geschaffenen kapitalistischen
Produktionsweise. Der Weltmarkt bildet selbst die Basis dieser
Produktionsbasis.“ K. Marx, Kapital 3. S. 345. „Andererseits, die
derselben immanente Notwendigkeit, auf stets größerer Stufenleiter zu
produzieren, treibt zur
beständigen Ausdehnung des Weltmarkts, so dass der Handel hier nicht die
Industrie, sondern die Industrie beständig den Handel revolutioniert. Auch
die Handelsherrschaft ist jetzt geknüpft an das größere oder geringere
Vorwiegen der Bedingungen der großen Industrie. Man vergleiche z. B.
England und Holland. Die Geschichte des Untergangs Hollands als
herrschender Handelsnation ist die Geschichte der Unterordnung des
Handelskapitals unter das industrielle Kapital.“ K. Marx, Kapital 3. S.
345f. „Der Übergang aus der feudalen Produktionsweise macht sich
doppelt. Der Produzent wird Kaufmann und Kapitalist, im Gegensatz zur
landwirtschaftlichen Naturalwirtschaft und zum zünftig gebundenen
Handwerk der mittelalterlichen städtischen Industrie. Dies ist der
wirklich revolutionierende Weg. Oder aber, der Kaufmann bemächtigt sich
der Produktion unmittelbar. Sowenig der letztere Weg historisch als
Übergang wirkt - wie z. B. der englische Tuchhändler des 17. Jahrhunderts,
der die Weber, die aber selbständig sind, unter seine Kontrolle bringt,
ihnen ihre Wolle verkauft und ihr Tuch abkauft -, sowenig bringt er es an
und für sich zur Umwälzung der alten Produktionsweise, die er vielmehr
konserviert und als seine Voraussetzung beibehält.“ K. Marx, Kapital 3. S.
347. „Diese Manier steht überall der wirklichen kapitalistischen
Produktionsweise im Wege und geht unter mit deren Entwicklung. Ohne die
Produktionsweise umzuwälzen, verschlechtert sie nur die Lage der
unmittelbaren Produzenten, verwandelt sie in bloße Lohnarbeiter und
Proletarier unter schlechteren Bedingungen als die direkt unter dem
Kapital unterworfenen und eignet sich ihre Mehrarbeit auf Basis der
alten Produktionsweise an.“ K. Marx, Kapital 3. S. 347. „Es findet also
ein dreifacher Übergang statt: Erstens, der Kaufmann wird direkt
Industrieller; dies ist der Fall bei den auf den Handel gegründeten
Gewerben, namentlich bei Luxusindustrien, welche von den Kaufleuten
mitsamt den Rohstoffen und den Arbeitern aus der Fremde eingeführt
werden... Zweitens, der Kaufmann macht die kleinen Meister zu
seinen Zwischenschiebern oder kauft auch direkt vom Selbstproduzenten; er
lässt ihn nominell selbständig und lässt seine Produktionsweise
unverändert. Drittens der Industrielle wird Kaufmann und
produziert direkt im großen für den Handel.“ K. Marx, Kapital 3. S. 348.
“Statt dass z.B. der Tuchwebermeister seine Wolle nach und nach in kleinen
Portionen vom Kaufmann erhält und mit seinen Gesellen für diesen arbeitet,
kauft er selbst Wolle oder Garn und verkauft sein Tuch an den Kaufmann.
Die Produktionselemente gehen als von ihm selbst gekaufte Waren in den
Produktionsprozess ein. Und statt für den einzelnen Kaufmann zu
produzieren oder für bestimmte Kunden, produziert der Tuchweber jetzt für
die Handelswelt. Der Produzent ist selbst Kaufmann. Das Handelskapital
verrichtet nur noch den Zirkulationsprozess.“ K. Marx, Kapital 3. S. 348.
„Ursprünglich war der Handel Voraussetzung für die Verwandlung des
zünftigen und ländlich-häuslichen Gewerbes und des feudalen Ackerbaus in
kapitalistische Betriebe. Er entwickelt das Produkt zur Ware, teils indem
er ihm einen Markt schafft, teils indem er neue Warenäquivalente und der
Produktion neue Roh- und Hilfsstoffe zuführt und damit Produktionszweige
eröffnet, die von vorneherein auf den Handel gegründet sind, sowohl auf
Produktion für den Markt und Weltmarkt wie auf Produktionsbedingungen, die
aus dem Weltmarkt herstammen. Sobald die Manufaktur einigermaßen
erstarkt, und noch mehr die große Industrie, schafft sie sich ihrerseits
den Markt, erobert ihn durch ihre Waren. Jetzt wird der Handel Diener der
industriellen Produktion, für die beständige Erweiterung des Markts
Lebensbedingung ist. Eine stets ausgedehntere Massenproduktion
überschwemmt den vorhandenen Markt und arbeitet daher stets an der
Ausdehnung dieses Marktes, an Durchbrechung seiner Schranken. Was diese
Massenproduktion beschränkt, ist nicht der Handel (soweit dieser nur
existierende Nachfrage ausdrückt), sondern die Größe des funktionierenden
Kapitals und die entwickelte Produktivkraft der Arbeit. Der
industrielle Kapitalist hat beständig den Weltmarkt vor sich, vergleicht,
und muss beständig vergleichen, seine eigenen Kostpreise mit den
Marktpreisen nicht nur der Heimat, sondern der ganzen Welt.“ K. Marx,
Kapital 3. S. 349. Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen. Wal
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