Kapital 2.: 354 - 358
„Im ersten Abschnitt dieses II. Buchs wurden die verschiedenen Formen betrachtet, die das Kapital in seinem Kreislauf annimmt, und die verschiedenen Formen dieses Kreislaufs selbst. Zu der im I. Buch betrachteten Arbeitszeit kommt jetzt die Zirkulationszeit hinzu.
Im zweiten Abschnitt wurde der Kreislauf als periodischer, d.h. als Umschlag betrachtet.
Es wurde einerseits gezeigt, wie die verschiedenen Bestandteile des Kapitals (fixes und zirkulierendes) den Kreislauf der Formen in verschiedenen Zeiträumen vollbringen und in verschiedener Weise;
es wurden andererseits die Umstände untersucht, wodurch verschiedne Länge der Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode bedingt wird.
Es zeigte sich der Einfluss der Kreislaufperiode und des verschiedenen Verhältnisses ihrer Bestandteile auf den Umfang des Produktionsprozesses selbst wie auf die Jahresrate des Mehrwerts.
In der Tat, wenn im ersten Abschnitt hauptsächlich betrachtet wurde die aufeinanderfolgenden Formen, die das Kapital in seinem Kreislauf beständig annimmt und abstreift, so im zweiten Abschnitt, wie innerhalb dieses Flusses und Aufeinanderfolge von Formen ein Kapital von gegebener Größe sich gleichzeitig, wenn auch in wechselndem Umfang, in die verschiedenen Formen von produktivem Kapital, Geldkapital und Warenkapital teilt, so dass sie nicht nur miteinander abwechseln, sondern verschiedene Teile des gesamten Kapitalwerts beständig in diesen verschiedenen Zuständen sich nebeneinander befinden und fungieren.
Das Geldkapital namentlich stellte sich dar in einer Eigentümlichkeit, die sich nicht in Buch I zeigt.
Es wurden bestimmte Gesetze gefunden, nach denen verschieden große Bestandteile eines gegebenen Kapitals, je nach den Bedingungen des Umschlags, beständig in der Form von Geldkapital vorgeschossen und erneuert werden müssen, um ein produktives Kapital von gegebenem Umfang beständig in Funktion zu halten.
Es handelte sich aber im ersten wie im zweiten Abschnitt immer nur um ein individuelles Kapital... K. Marx, Kapital 2.: 352-353.
„Die Kreisläufe der individuellen Kapitale verschlingen sich aber ineinander, setzen sich voraus und bedingen einander und bilden gerade in dieser Verschlingung die Bewegung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals.“ K. Marx, Kapital 2.: 353f.
„Es ist nun der Zirkulationsprozess ... der individuellen Kapitale als Bestandteile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, also der Zirkulationsprozess dieses gesellschaftlichen Gesamtkapitals zu betrachten.“ K. Marx, Kapital 2.: 354.

II. Die Rolle des Geldkapitals
 
„Bei Betrachtung des Umschlags des individuellen Kapitals hat sich das Geldkapital von zwei Seiten gezeigt.
Erstens: Es bildet die Form, worin jedes individuelle Kapital auf die Bühne tritt, ... Es erscheint daher als der erste Anstoß, anstoßgebend dem ganzen Prozess.
Zweitens: Je nach der verschiedenen Länge der Umschlagsperiode und dem verschiedenen Verhältnis ihrer beiden Bestandteile - Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode - ist der Bestandteil des vorgeschossenen Kapitalwerts, der beständig in Geldform vorgeschossen und erneuert werden muss, verschieden im Verhältnis zu dem produktiven Kapital, das er in Bewegung setzt...“ K. Marx, Kapital 2.: 354

Zum ersten Punkt: Die  Warenproduktion unterstellt die Warenzirkulation, und die Warenzirkulation unterstellt die Darstellung der Ware als Geld, die Geldzirkulation; die Verdopplung der Ware in Ware und Geld ist ein Gesetz der Darstellung des Produkts als Ware. Ebenso unterstellt die kapitalistische Warenproduktion - gesellschaftlich sowohl wie individuell betrachtet - das Kapital in Geldform oder das Geldkapital als ersten Anstoß für jedes neu beginnende Geschäft und als kontinuierlichen Motor.... Der ganze vorgeschossene Kapitalwert, d.h. alle Bestandteile des Kapitals, die aus Waren bestehen, Arbeitskraft, Arbeitsmittel und Produktionsstoffe müssen beständig mit Geld gekauft und wieder gekauft werden.
Was hier für das individuelle Kapital gilt, gilt für das gesellschaftliche Kapital, das nur in der Form vieler individueller Kapitale fungiert.
Aber wie schon im Buch I gezeigt, folgt daraus keineswegs, dass ... die Stufenleiter der Produktion ... ihren absoluten Schranken nach abhängt vom Umfang des fungierenden Geldkapitals ist.
Dem Kapital sind Produktionselemente einverleibt, deren Dehnung, innerhalb gewisser Grenzen, von der Größe des vorgeschossenen Geldkapitals unabhängig ist.“ K. Marx, Kapital 2.: 355.

Ausdehnung der Produktion ohne zusätzliches Geldkapital:
„Bei gleicher Zahlung der Arbeitskraft kann sie extensiv oder intensiv stärker ausgebeutet werden. ...
Der produktiv ausgebeutete Naturstoff - der kein Wertelement des Kapitals bildet -, Erde, Meer, Erze, Waldungen usw. wird mit größerer Spannung derselben Anzahl von Arbeitskräften intensiv oder extensiv stärker ausgebeutet, ohne vermehrten Vorschuss von Geldkapital. ...
Dieselben Arbeitsmittel, also dasselbe fixe Kapital, kann sowohl in der Verlängerung seiner täglichen Gebrauchszeit wie in der Intensität seiner Anwendung wirksamer vernutzt werden ohne zuschüssige Geldauslage für fixes Kapital. Es findet dann nur rascherer Umschlag des fixen Kapitals statt, aber auch die Elemente seiner Reproduktion werden rascher geliefert.
Von dem Naturstoff abgesehen, können Naturkräfte, die nichts kosten, als Agenten dem Produktionsprozess mit stärkerer oder schwächerer Wirksamkeit einverleibt werden. ...
Dasselbe gibt von der gesellschaftlichen Kombination der Arbeitskraft im Produktionsprozess und von der gehäuften Geschicklichkeit der individuellen Arbeiter.“ K. Marx, Kapital 2.: 356.
„Soweit die Organisation der gesellschaftliche Arbeit selbst ... verlangt, dass auf großer Stufenleiter produziert und daher Geldkapital vom Einzelkapitalisten in großen Massen vorgeschossen wird, ist bereits in Buch I gezeigt, dass dies zum Teil durch Zentralisation der Kapitale in wenigen Händen geschieht, ohne dass der Umfang der fungierenden Kapitalwerte und daher auch der Umfang des Geldkapitals, worin sie vorgeschossen werden, absolut zu wachsen braucht.“ K. Marx, Kapital 2.: 356.
 „Es ist endlich im vorigen Abschnitt gezeigt worden, dass Verkürzung der Umschlagsperiode erlaubt, entweder mit weniger Geldkapital dasselbe produktive Kapital oder mit demselben Geldkapital mehr produktives Kapital in Bewegung zu setzen.“ K. Marx, Kapital 2.: 356f.

„Dies alles ... zeigt..., dass das vorgeschossene Kapital ... nach seiner Verwandlung in produktives Kapital produktive Potenzen einschließt, deren Schranken nicht durch seine Wertschranken gegeben sind... Die Wertgröße des vorzuschießenden Kapitals ist bestimmt. Aber der Umfang, worin dies Kapital als Wert- und Produktbildner wirkt, ist elastisch und variabel.“ K. Marx, Kapital 2.: 357.

Zum zweiten Punkt. ... Je nach der Größe der Umschlagsperiode ist größere oder geringere Masse von Geldkapital nötig, um das produktive Kapital in Bewegung zu setzen. Ebenso haben wir gesehen, dass die Teilung der Umschlagsperiode in Arbeitszeit und Zirkulationszeit eine Vermehrung des in Geldform latenten oder suspendierten Kapitals bedingt. ...

Auf Basis der kapitalistischen Produktion ... bedingen ausgedehntere Operationen von längerer Dauer größere Vorschüsse von Geldkapital für längere Zeit. Die Produktion in solchen Sphären ist also abhängig von den Grenzen, innerhalb derer der einzelne Kapitalist über Geldkapital verfügt.
Diese Schranke wird durchbrochen durch Kreditwesen und damit zusammenhängende Assoziation, z.B. Aktiengesellschaften. Störungen im Geldmarkt setzen daher solche Geschäfte still, während diese selben Geschäfte ihrerseits Störungen im Geldmarkt hervorrufen.“ K. Marx, Kapital 2.: 357-358.

„Auf Basis gesellschaftlicher Produktion ist zu bestimmen der Maßstab, worin diese Operationen, die während längerer Zeit Arbeitskraft und Produktionsmittel entziehen, ohne während dieser Zeit ein Produkt als Nutzeffekt zu liefern, ausgeführt werden können, ohne die Produktionszweige zu schädigen, die kontinuierlich oder mehrmals während des Jahres nicht nur Arbeitskraft und Produktionsmittel entziehen, sondern auch Lebensmittel und Produktionsmittel liefern.
Bei gesellschaftlicher ebenso wie bei kapitalistischer Produktion werden nach wie vor die Arbeiter in Geschäftszweigen von kürzeren Arbeitsperioden nur für kürzere Zeit Produkte entziehen, ohne Produkte wieder zu geben; während die Geschäftszweige mit langen Arbeitsperioden für längere Zeit fortwährend die Geschäftszweige mit langen Arbeitsperioden für längere Zeit fortwährend entziehen, bevor sie zurückgeben.
Dieser Umstand entspringt also aus den sachlichen Bedingungen des betreffenden Arbeitsprozesses, nicht aus seiner gesellschaftlichen Form.
Das Geldkapital fällt bei gesellschaftlicher Produktion fort. Die Gesellschaft verteilt Arbeitskraft und Produktionsmittel in die verschiedenen Geschäftszweige. Die Produzenten mögen meinetwegen papierene Anweisungen erhalten, wofür sie den gesellschaftlichen Konsumtionsvorräten ein ihrer Arbeitszeit entsprechendes Quantum entziehen. Diese Anweisungen sind kein Geld. Sie zirkulieren nicht.“ K. Marx, Kapital 2.: 358.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg