Kapital 2.: 345-350

I. Einfache Reproduktion
„Bei einfacher Reproduktion wird der jährlich oder mit mehreren Umschlägen innerhalb des Jahres periodisch produzierte und realisierte Mehrwert individuell, d.h. unproduktiv, konsumiert von seinen Eignern, den Kapitalisten.“ K. Marx, Kapital 2.: 326.
„Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein Geschäft eröffnet, z.B. einen Pächter. Während des ersten Jahres schießt er ein Geldkapital, sage von 500000 Euro vor, in Zahlung von Produktionsmitteln (400000 Euro) und von Arbeitskraft (100000 Euro). Die Mehrwertrate sei 100 %, der von ihm angeeignete Mehrwert = 100000 Euro. Die obigen 500000 Euro schließen alles Geld ein, was er als Geldkapital vorschießt.
Aber der Mann muss auch leben, und er nimmt kein Geld ein vor Ende des Jahres. Sein Konsum betrage 100000 Euro. Diese muss er besitzen. Er schießt dies Geld nicht vor als Kapital. Er verausgabt es, zahlt es fort für ein Äquivalent in Lebensmitteln, die er verzehrt. Dieser Wert ist von ihm in Geld verausgabt, in die Zirkulation geworfen und in Warenwerten entzogen worden. Diese Warenwerte hat er verzehrt. ....
Am Ende des Jahres nun wirft er in die Zirkulation einen Warenwert von 600000 Euro und verkauft ihn. Damit fließt für ihn zurück: 1. sein vorgeschossenes Geldkapital von 500000 Euro; 2. der versilberte Mehrwert von 100000 Euro.
Er hat 500000 Euro als Kapital vorgeschossen, in die Zirkulation geworfen, und entzieht ihr 600000 Euro, 500000 Euro für Kapital und 100000 Euro für Mehrwert.
Die letzteren 100000 Euro sind versilbert mit dem Geld, das er selbst nicht als Kapitalist, sondern als Konsument in die Zirkulation geworfen, nicht vorgeschossen, sondern verausgabt hat. Sie kehren jetzt zu ihm zurück als Geldform des von ihm produzierten Mehrwerts. Und von nun an wiederholt sich diese Operation jährlich.“ K. Marx, Kapital 2.: 336.
“Wenn also nicht nur der Mehrwert, in Form von Waren, vom Kapitalisten für seinen Konsumtionsfonds dem Warenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld, womit er diese Waren kauft, an ihn zurückfließt, so hat er offenbar die Waren ohne Äquivalent der Zirkulation entzogen. Sie kosten ihm nichts, obgleich er sie mit Geld zahlt.“ K. Marx, Kapital 2.: 470f.

II. Akkumulation und erweiterte Reproduktion
Bei der Akkumulation wird der jährlich oder mit mehreren Umschlägen innerhalb des Jahres periodisch produzierte und realisierte Mehrwert aufgeteilt in die beiden Teile Revenue (= Konsumtionsfonds des Kapitalisten) und zusätzlicher Kapitalvorschuss. Ein Teil des Mehrwerts wird also verwandelt in Kapital.

„Wir haben Buch I, Kap. XXII (Verwandlung von Mehrwert in Kapital) gesehen, dass die Akkumulation, die Verwandlung von Mehrwert in Kapital, ihrem realen Gehalt nach Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter ist, ganz gleich, ob diese Erweiterung extensiv in Gestalt der Zufügung neuer Fabriken zu den alten oder in der intensiven Ausdehnung der bisherigen Stufenleiter des Betriebs sich ausdrücke.“ K. Marx, Kapital 2.: 322.
„Die Erweiterung der Produktionsleiter kann in kleineren Dosen vor sich gehen, indem ein Teil des Mehrwerts zu Verbesserungen angewandt wird, die entweder nur die Produktivkraft der angewandten Arbeit erhöhen oder zugleich erlauben, sie intensiver auszubeuten.
Oder auch, wo der Arbeitstag nicht gesetzlich beschränkt ist, genügt eine zuschüssige Ausgabe von zirkulierendem Kapital (in Produktionsstoffen und in Arbeitslohn = für Überstunden), um die Produktionsleiter zu erweitern, ohne Ausdehnung des fixen Kapitals, dessen tägliche Gebrauchszeit so nur verlängert, während seine Umschlagsperiode entsprechend verkürzt wird.
Oder der kapitalisierte Mehrwert mag, bei günstigen Marktkonjunkturen, Spekulationen in Rohstoff erlauben, Operationen, wozu das ursprünglich vorgeschossene Kapital nicht hingereicht hätte usw.“ K. Marx, Kapital 2.: 322.
„Indes ist es klar, dass ... Perioden eintreten werden, in denen weder der Arbeitstag zu verlängern noch Einzelverbesserungen anzubringen sind; während andererseits Ausdehnung des ganzen Geschäfts auf proportioneller Stufenleiter ... nur innerhalb weiterer oder engerer Schranken möglich ist und zudem einen Umfang von zuschüssigem Kapital erheischt, wie er nur durch mehrjährige Akkumulation des Mehrwerts geliefert werden kann.
Neben der wirklichen Akkumulation oder Verwandlung des Mehrwerts in produktives Kapital (und entsprechender Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter) läuft also Geldakkumulation, Zusammenscharren eines Teils des Mehrwerts als latentes Geldkapital, das erst später, sobald es gewissen Umfang erreicht, als zuschüssiges Kapital fungieren soll.“ K. Marx, Kapital 2.: 323.
„So stellt sich die Sache vom Standpunkt des einzelnen Kapitalisten dar. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktion entwickelt sich jedoch gleichzeitig das Kreditsystem. Das Geldkapital, das der Kapitalist noch nicht in seinem Geschäft anwenden kann, wird von anderen angewandt, von denen er Zinsen dafür erhält. Es fungiert für ihn als Geldkapital im spezifischen Sinne, als eine vom produktiven Kapital unterschiedene Sorte Kapital. Aber es wirkt als Kapital in anderer Hand.
Es ist klar, dass mit der häufigeren Realisation des Mehrwerts und der steigenden Stufenleiter, worauf er produziert wird, die Proportion wächst, worin neues Geldkapital oder Geld als Kapital auf den Geldmarkt geworfen und von hier aus wenigstens großenteils wieder für erweiterte Produktion absorbiert wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 323.
Akkumulation und Geldmenge allgemein:

„Soweit die Akkumulation in der Form von Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter stattfindet, ist es klar, dass sie kein neues Problem mit Bezug auf die Geldzirkulation bietet.
Was zunächst das zuschüssige Geldkapital betrifft, das nötig ist zur Funktion des wachsenden produktiven Kapitals, so wird es geliefert durch den Teil des realisierten Mehrwerts, der als Geldkapital, statt als Geldform der Revenue, von den Kapitalisten in Zirkulation geworfen wird. Das Geld ist bereits in der Hand der Kapitalisten, bloß seine Anwendung ist verschieden.“ K. Marx, Kapital 2.: 345. Die Anwendung des Mehrwerts ist verschieden, aber nicht seine Gesamtgröße, insofern die Größe des Mehrwerts bei der Akkumulation gegenüber der einfachen Reproduktion nicht gewachsen ist, sondern sich nur auf andere Warenarten verteilt, nämlich sowohl auf Konsumtionsmittel wie auf Produktionsmittel und nicht nur auf Konsumtionsmittel allein wie in der einfachen Reproduktion.

„Von dem Teil des jährlichen Produkts, der Mehrwert in Warenform darstellt, gilt ganz dasselbe, was von dem andren Teil des jährlichen Produkts. Zu seiner Zirkulation ist eine gewisse Geldsumme erheischt. Diese Geldsumme gehört ebenso wohl der Kapitalistenklasse wie die jährliche produzierte Warenmasse, die Mehrwert darstellt. Sie wird ursprünglich von der Kapitalistenklasse selbst in Zirkulation geworfen. Sie verteilt sich beständig von neuem unter sie durch die Zirkulation selbst. ...“. K. Marx, Kapital 2.: 350.

Geldmenge und Schatzbildung: Aber es gibt bei der Akkumulation mit der Schatzbildung ein neues Phänomen, das bei der einfachen Reproduktion nicht auftritt. Bei der Schatzbildung entzieht der Kapitalist der Zirkulation Geld.

„Das Geld, das hier aufgehäuft wird, ist die Geldform von verkaufter Ware, und zwar von dem Teile ihres Werts, der für ihren Besitz Mehrwert darstellt. ... Der Kapitalist, der dies Geld aufgehäuft, hat alles in allem verkauft, ohne zu kaufen.“ K. Marx, Kapital 2.: 348.
a) Einige Kapitalisten schatzen Geld auf, andere akkumulieren ohne Schatzbildung: „Ein Teil der Kapitalisten behält einen Teil des aus dem Verkauf seines Produkts gelösten Geldes, ohne dafür Produkt dem Markt zu entziehen. Ein anderer Teil dagegen verwandelt, ... sein Geld ganz in Produkt. ...

Die vorhandene Geldmasse bleibt hinreichend für die Bedürfnisse der Zirkulation, selbst wenn abwechselnd ein Teil der Kapitalisten Geld aufhäuft, während der andere die Produktionsleiter erweitert, und umgekehrt. ...“ K. Marx, Kapital 2.: 350

b) Nicht alle Kapitalisten schatzen gleichzeitig Geld auf: Ein Teil der Kapitalisten „behält einen Teil des aus dem Verkauf seines Produkts gelösten Geldes, ohne dafür Produkt dem Markt zu entziehen“ und häuft Geld auf, indem er verkauft ohne zu kaufen. Ein anderer Teil dagegen verwandelt, ... sein Geld ganz in Produkt. ... Ein dritter Teil der Kapitalisten leiht sich das aufgeschatzte Geld vom ersten Teil und kauft damit, ohne vorher verkauft zu haben:
„Wenn daher auf der einen Seite ein Teil des in Geld realisierten Mehrwerts der Zirkulation entzogen und als Schatz aufgehäuft wird, so wird gleichzeitig beständig ein anderer Teil des Mehrwerts in produktives Kapital verwandelt. .... Es findet die Aufhäufung in Geldform nie gleichzeitig an allen Punkten statt.“ K. Marx, Kapital 2.: 350.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg