Kapital 2.:296-320

Wirkung von Preiswechsel (auf den Kapitalvorschuss)
„Wir haben ... unterstellt gleichbleibende Preise, gleichbleibende Stufenleiter der Produktion auf der einen Seite, Kontraktion oder Expansion der Zirkulationszeit auf der andern.
Unterstellen wir jetzt dagegen gleichbleibende Größe der Umschlagsperiode, gleichbleibende Stufenleiter der Produktion, aber auf der andern Seite Preiswechsel, d.h. Fallen oder Steigen im Preis von Rohmaterialien, Hilfsstoffen und Arbeit oder der beiden ersten Elemente.“ K. Marx, Kapital 2.: 287.
1a)Bei einem Preisfall des produktiven Kapitals wird Kapital freigesetzt, das entweder auf den Geldmarkt drängt oder in die Produktionserweiterung gesteckt wird.
1b)Ein Preisanstieg beim produktiven Kapital bindet Kapital bzw. macht Zuschusskapital nötig, damit die Produktion auf gleicher Stufenleiter fortgesetzt werden kann.
2a)Ein Preisfall beim Warenkapital macht zuschüssiges Kapital nötig, um den Produktionsprozess ungestört fortsetzen zu können.
2b)Ein Preisanstieg beim Warenkapital verschafft dem Kapitalisten einen zusätzlichen Gewinn, setzt also zusätzliches Kapital frei.
„Die Untersuchung der Ursachen, warum ... die Preise von Rohmaterial und Arbeit, oder ... die Preise der gelieferten Produkte steigen oder fallen, gehört nicht in den Kreis der bisherigen Untersuchung.“ K. Marx, Kapital 2.: 289.

16. Kapitel
Der Umschlag des variablen Kapitals
I. Die Jahresrate des Mehrwerts
„Wir haben bisher von einem Wertteil des Warenkapitals ganz abgesehen, nämlich von dem in ihm steckenden Mehrwert, der während des Produktionsprozesses produziert und dem Produkt einverleibt worden ist. Hierauf haben wir jetzt unser Augenmerk zu richten.“ K. Marx, Kapital 2.: 298.
„Gesetzt das wöchentlich ausgelegte variable Kapital von 100000 Euro produziert einen Mehrwert von 100 % = 100000 Euro, so produziert das in der Umschlagsperiode von 5 Wochen ausgelegte variable Kapital von 500000 Euro einen Mehrwert von 500000 Euro, d.h. eine Hälfte des Arbeitstags besteht aus Mehrarbeit.“ K. Marx, Kapital 2.: 298.
„Das variable Kapital von 500000 Euro, welches zehnmal im Jahr umschlägt, innerhalb des Jahres einen Mehrwert von 5000000 Euro produziert, für welches die Jahresrate des Mehrwerts also = 1000 % ist, wollen wir Kapital A nennen.
Unterstellen wir nun, dass ein andres variables Kapital B von 5000000 Euro für ein ganzes Jahr (d.h. hier für 50 Wochen) vorgeschossen wird, und daher nur einmal im Jahr umschlägt.
Wir unterstellen dabei ferner, dass Ende des Jahres das Produkt am selben Tag bezahlt wird, wo es fertig, also das Geldkapital, worin es verwandelt, am selben Tag zurückfließt. Die Zirkulationsperiode ist also hier = 0, die Umschlagsperiode = der Arbeitsperiode, nämlich = 1 Jahr.
Wie im vorigen Fall befindet sich im Arbeitsprozess jede Woche ein variables Kapital von 100000 Euro, daher in 50 Wochen von 5000000 Euro.
Die Rate des Mehrwerts sei ferner dieselbe = 100 %, d.h. bei gleicher Länge des Arbeitstages bestehe die Hälfte aus Mehrarbeit.
Betrachten wir 5 Wochen, so ist das angelegte variable Kapital = 500000 Euro, Rate des Mehrwerts = 100 %, die während der 5 Wochen erzeugte Masse des Mehrwerts also 500000 Euro. Die Masse der Arbeitskraft, die hier ausgebeutet wird, und der Ausbeutungsgrad derselben, sind hier nach der Voraussetzung exakt gleich denen von Kapital A.“ K. Marx, Kapital 2.: 299.

„Bei Kapital A wie bei Kapital B haben wir wöchentlich 100000 Euro variables Kapital verausgabt;
der Verwertungsgrad oder die Rate des Mehrwerts ist ebenso dieselbe = 100 %;
die Größe des variablen Kapitals ist auch dieselbe = 100000 Euro. Es wird dieselbe Masse Arbeitskraft ausgebeutet, die Größe und der Grad der Ausbeutung sind in beiden Fällen dieselben, die Arbeitstage sind gleich, und gleich geteilt in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.
Die während des Jahres angewandte variable Kapitalsumme ist gleich groß, = 5000000 Euro, setzt dieselbe Masse von Arbeit in Bewegung und zieht aus der von den beiden gleichen Kapitalen in Bewegung gesetzten Arbeitskraft dieselbe Masse Mehrwert, 5000000 Euro.
Dennoch ist in der Jahresrate des Mehrwerts von A und B eine Differenz von 900 %. (A hat eine Jahresrate des Mehrwerts von 1000 %, B hat eine Jahresrate des Mehrwerts von 100 %.)
Dies Phänomen sieht allerdings so aus, als hinge die Rate des Mehrwerts nicht nur ab von der Masse und dem Exploitationsgrad der vom variablen Kapital in Bewegung gesetzten Arbeitskraft, sondern außerdem von, aus dem Zirkulationsprozess entspringenden, unerklärlichen Einflüssen;
und in der Tat ist dies Phänomen so gedeutet worden...“ K. Marx, Kapital 2.: 299-300.

„Das Wunderliche des Phänomens verschwindet sofort, wenn wir nicht nur scheinbar, sondern wirklich Kapital A und Kapital B unter exakt dieselben Umstände stellen. Dieselben Umstände finden nur statt, wenn das variable Kapital B in demselben Zeitraum seinem ganzen Umfang nach zur Zahlung von Arbeitskraft verausgabt wird wie Kapital A.“ K. Marx, Kapital 2.: 300.
(In jedem einzelnen Zeitraum von 5 Wochen wirken Kapital A und Kapital B jeweils mit 500000 Euro variables Kapital, schaffen also gleich viel Mehrwert. Gleichzeitig ruht aber der Rest von Kapital B, nämlich 4500000 Euro und ist nicht produktiv angewandt. Übers Jahr gesehen setzen beide Kapitale gleich viel Arbeitskraft in Bewegung, das Kapital A mit 10 Umschlägen, das Kapital B mit nur einem Umschlag. Zur jeweils gleichen Zeit setzen sie gleich viel Arbeitskraft in Bewegung und schaffen damit bei gleicher Ausbeutungsrate gleich viel Mehrwert.)
„Es ist nur das im Arbeitsprozess wirklich angewandte Kapital, welches den Mehrwert erzeugt und für welches alle über den Mehrwert gegebenen Gesetze gelten, also auch das Gesetz, dass bei gegebener Rate die Masse des Mehrwerts durch die relative Größe des variablen Kapitals bestimmt ist.“ K. Marx, Kapital 2.: 300.
„Aber durch seinen zehnmaligen Umschlag, und daher durch die zehnmalige Erneuerung seines Vorschusses, verrichtet das Kapital von 500000 Euro die Funktion eines zehnmal größeren Kapitals, eines Kapitals von 5000000 Euro, ganz wie 500 Euro, die zehnmal im Jahre umlaufen, dieselbe Funktion vollziehen wie 5000 Euro, die nur einmal umlaufen.“ K. Marx, Kapital 2.: 310.
„Es hat sich ... aus der bisherigen Untersuchung ergeben, dass je nach den verschiedenen Größen der Umschlagsperiode Geldkapital von sehr verschiedenem Umfang vorzuschießen ist, um dieselbe Masse produktives zirkulierendes Kapital und dieselbe Arbeitsmasse bei demselben Exploitationsgrad der Arbeit in Bewegung zu setzen.“ K. Marx, Kapital 2.: 316.
„Je kürzer die Umschlagsperiode des Kapitals - in je kürzeren Zeiträumen daher seine Reproduktionstermine sich innerhalb des Jahrs erneuern -, um so rascher verwandelt sich der ursprünglich in Geldform vom Kapitalisten vorgeschossene variable Teil seines Kapitals in die Geldform des vom Arbeiter zum Ersatz dieses variablen Kapitals geschaffenen Wertprodukts (das außerdem Mehrwert einschließt); desto kürzer ist also die Zeit, wofür der Kapitalist Geld aus seinem eignen Fonds vorschießen muss, desto kleiner ist, im Verhältnis zu gegebenem Umfang der Produktionsleiter, das Kapital, das er überhaupt vorschießt...“ K. Marx, Kapital 2.: 315f.
„Bei gegebener Stufenleiter der Produktion verringert sich im Verhältnis zur Kürze der Umschlagsperiode die absolute Größe des vorgeschossenen variablen Geldkapitals (wie des zirkulierenden Kapitals überhaupt) und wächst die Jahresrate des Mehrwerts.“ K. Marx, Kapital 2.: 316.

„Denken wir die Gesellschaft nicht kapitalistisch, sondern kommunistisch, so fällt zunächst das Geldkapital ganz fort, also auch die Verkleidungen der Transaktionen, die durch es hineinkommen. Die Sache reduziert sich einfach darauf, dass die Gesellschaft im voraus berechnen muss, wie viel Arbeit, Produktionsmittel und Lebensmittel sie ohne irgendwelchen Abbruch auf Geschäftszweige verwenden kann, die, wie Bau von Eisenbahnen, z.B. für längere Zeit, ein Jahr oder mehr, weder Produktionsmittel noch Lebensmittel, noch irgendeinen Nutzeffekt liefern, aber wohl Arbeit, Produktionsmittel und Lebensmittel der jährlichen Gesamtproduktion entziehen.“ K. Marx, Kapital 2.: 317.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg