Kapital 2.: 127 - 130
Fünftes Kapitel Die
Umlaufszeit
a)Produktionszeit und Arbeitszeit „Die
Bewegung des Kapitals durch die Produktionssphäre und die zwei Phasen der
Zirkulationssphäre vollzieht sich, wie man gesehen, in einer zeitlichen
Reihenfolge. Die Dauer seines Aufenthalts in der Produktionssphäre
bildet seine Produktionszeit, die in der Zirkulationssphäre seine
Zirkulations- oder Umlaufszeit.“ K. Marx, Kapital 2.: 124.
„Die Produktionszeit der Produktionsmittel (= Dauer
ihrer Existenz als Produktionsmittel eines bestimmten
Produktionsprozesses) überhaupt umfasst also 1. die Zeit, während
deren sie als Produktionsmittel fungieren, also im Produktionsprozess
dienen, 2. die Pausen, während deren der Produktionsprozess, also auch
die Funktion der ihm einverleibten Produktionsmittel unterbrochen
ist, 3. die Zeit, während deren sie zwar ... bereitliegen, ... aber
noch nicht in den Produktionsprozess eingegangen sind.“ K. Marx, Kapital
2.: 124f 4.: “Die bisher betrachtete Differenz ist jedes Mal
Differenz zwischen der Aufenthaltszeit des produktiven Kapitals in der
Produktionssphäre und derjenigen im Produktionsprozess. Aber der
Produktionsprozess selbst kann Unterbrechungen des Arbeitsprozesses und
daher der Arbeitszeit bedingen ..., worin der Arbeitsgegenstand der
Einwirkung physischer Prozesse ohne weitere Zutat menschlicher Arbeit
anheim gegeben wird. ... So z.B. das Korn, das gesät ist, der Wein, der im
Keller gärt, Arbeitsmaterial vieler Manufakturen, wie z.B. Gerbereien, das
chemischen Prozessen anheimfällt. Die Produktionszeit ist hier größer
als die Arbeitszeit. Die Differenz beider besteht in einem Überschuss der
Produktionszeit über die Arbeitszeit.“ K. Marx, Kapital 2.: 125.
„Welches immer der Grund des Überschusses der
Produktionszeit über die Arbeitszeit - sei es, dass Produktionsmittel nur
latentes produktives Kapital bilden, also sich noch in einer Vorstufe zum
wirklichen Produktionsprozess befinden, oder dass innerhalb des
Produktionsprozesses durch dessen Pausen ihre eigene Funktion unterbrochen
wird, oder dass endlich der Produktionsprozess selbst Unterbrechungen des
Arbeitsprozesses bedingt -, in keinem dieser Fälle fungieren die
Produktionsmittel als Arbeitseinsauger. Saugen sie keine Arbeit ein, so
auch keine Mehrarbeit, ... so unzertrennlich auch die Vollführung des
Verwertungsprozesses von diesen seinen Pausen sein mag. Es ist klar,
dass je mehr Produktionszeit und Arbeitszeit sich decken, um so größer die
Produktivität und Verwertung eines gegebenen produktiven Kapitals in
gegebenem Zeitraum. Daher die Tendenz der kapitalistischen Produktion, den
Überschuss der Produktionszeit über die Arbeitszeit möglichst zu
verkürzen.“ K. Marx, Kapital 2.: 127.
b) Umlaufszeit (=
Zirkulationszeit) „Innerhalb der Zirkulationssphäre haust das
Kapital als Warenkapital und Geldkapital. Seine beiden
Zirkulationsprozesse bestehen darin, sich aus der Warenform in Geldform
und aus Geldform in Warenform zu verwandeln.“ (= Umlaufszeit) K.
Marx, Kapital 2.: 127. „Umlaufszeit und Produktionszeit schließen sich
wechselseitig aus. Während seiner Umlaufszeit fungiert das Kapital nicht
als produktives Kapital und produziert daher weder Ware noch
Mehrwert. Betrachten wir den Kreislauf in der einfachsten Form, so dass
der gesamte Kapitalwert jedes Mal auf einen Schlag aus der einen Phase in
die andre tritt, so ist handgreiflich, dass der Produktionsprozess
unterbrochen ist, also auch die Selbstverwertung des Kapitals, solange
seine Umlaufszeit dauert. Durchlaufen dagegen die verschiedenen Teile
des Kapitals den Kreislauf nacheinander, so dass der Kreislauf des
gesamten Kapitalwerts sich auf einander folgend im Kreislauf seiner
verschiedenen Portionen vollzieht, so ist klar, dass je länger der
beständige Aufenthalt seiner ... Teile in der Zirkulationssphäre, um so
kleiner sein beständig in der Produktionssphäre fungierender Teil sein
muss. Die Expansion und Kontraktion der Umlaufszeit wirkt daher als
negative Schranke auf die Kontraktion oder Expansion der Produktionszeit
oder des Umfangs, worin ein Kapital von gegebener Größe als produktives
Kapital fungiert. Je mehr ... die Umlaufszeit = 0 wird oder sich Null
nähert, um so mehr fungiert das Kapital, um so größer wird seine
Produktivität und Selbstverwertung. Arbeitet ein Kapitalist z.B. auf
Bestellung, so dass er bei Lieferung des Produkts Zahlung erhält, und
erfolgt die Zahlung in seinen eignen Produktionsmitteln, so nähert sich
die Zirkulationszeit Null.“ K. Marx, Kapital 2.: 127f. „Die Umlaufszeit
des Kapitals beschränkt also überhaupt seine Produktionszeit und daher
seinen Verwertungsprozess. Und zwar beschränkt sie denselben im Verhältnis
zu ihrer Dauer.“ K. Marx, Kapital 2.: 128. „Innerhalb der
Zirkulationssphäre durchläuft das Kapital - ob in der einen oder andren
Reihenfolge - die zwei entgegengesetzten Phasen W - G und G - W. Seine
Umlaufszeit zerfällt also auch in zwei Teile, die Zeit, die es braucht, um
sich aus Ware in Geld, und die Zeit, die es braucht, um sich aus Geld in
Ware zu verwandeln.“ K. Marx, Kapital 2.: 128. „Wie W - G und G - W
zeitlich, können sie auch räumlich getrennt sein, Kaufmarkt und
Verkaufmarkt räumlich verschiedne Märkte sein.“ K. Marx, Kapital 2.:
129.
1) Verkaufszeit: “Man weiß bereits aus
der Analyse der einfachen Warenzirkulation (Buch I, Kap. III), dass W - G,
der Verkauf, der schwierigste Teil einer Metamorphose ist und daher ...
von der Umlaufszeit den größeren Teil bildet. Als Geld befindet sich
der Wert in seiner stets umsetzbaren Form. Als Ware muss er erst durch
Verwandlung in Geld diese Gestalt unmittelbarer Austauschbarkeit und daher
stets schlagfertiger Wirksamkeit erhalten. K. Marx, Kapital 2.:
128-129. „Für die Zirkulation des Warenkapitals W’ - G’ sind bestimmte
Schranken durch die Existenzform der Waren selbst, ihr Dasein als
Gebrauchswerte gezogen. Sie sind von Natur vergänglich. Gehen sie also
innerhalb gewisser Frist nicht in die produktive oder individuelle
Konsumtion ein, ... werden sie, in andren Worten, nicht in bestimmter Zeit
verkauft, so verderben sie und verlieren mit ihrem Gebrauchswert die
Eigenschaft, Träger des Tauschwerts zu sein. Der in ihnen enthaltene
Kapitalwert ... geht verloren.“ K. Marx, Kapital 2.: 130. „Die Grenze
der Umlaufszeit des Warenkapitals durch den Verderb des Warenkörpers
selbst ist die absolute Grenze dieses Teils der Umlaufszeit...“ K. Marx,
Kapital 2.: 130. „Je vergänglicher eine Ware, je unmittelbarer nach
ihrer Produktion sie daher verzehrt, also auch verkauft werden muss, desto
geringerer Entfernung von ihrem Produktionsort ist sie fähig, desto enger
also ihre räumliche Zirkulationssphäre, desto lokalerer Natur ihr
Absatzmarkt. Je vergänglicher daher eine Ware, ... desto weniger eignet
sie sich zum Gegenstand der kapitalistischen Produktion. Letzterer kann
sie nur anheimfallen an volkreichen Plätzen, oder im Maß, wie die lokalen
Abstände durch Entwicklung der Transportmittel zusammenrücken.“ K. Marx,
Kapital 2.: 130. (Die Grenze der Verkaufszeit durch Verderb der Ware
wurde durch Konservierung und Tiefkühlung etc. zwar sehr gedehnt, ist aber
keineswegs dadurch verschwunden. Das beweist schon die Bedeutung des
Haltbarkeitsdatums auf den Verpackungen.)
2) Einkaufszeit: „Indes handelt es
sich beim Zirkulationsprozess des Kapitals in seiner Phase G - W um seine
Verwandlung in Waren, die bestimmte Elemente des produktiven Kapitals in
einer gegebenen Anlage bilden. Die Produktionsmittel sind vielleicht
nicht auf dem Markt vorhanden, sondern müssen erst produziert werden, oder
sie sind von entlegenen Märkten zu beziehen, oder es finden Ausfälle in
ihrer gewöhnlichen Zufuhr statt, Preiswechsel usw., kurz, eine Masse von
Umständen, die in dem einfachen Formwechsel G - W nicht erkennbar sind,
aber auch für diesen Teil der Zirkulationsphase bald mehr, bald weniger
Zeit beanspruchen.“ K. Marx, Kapital 2.: 129.
„Es besteht ein Unterschied zwischen W - G und G - W,
der nichts mit der Formverschiedenheit von Ware und Geld zu tun hat,
sondern aus dem kapitalistischen Charakter der Produktion
entspringt. An und für sich sind sowohl W - G als G - W bloße
Übersetzungen von gegebenem Wert aus einer Form in die andere. Aber W’
- G’ ist zugleich Realisierung des in W’ enthaltenen Mehrwerts. Nicht so G
- W. Daher ist der Verkauf wichtiger als der Kauf. G - W ist unter
normalen Bedingungen notwendiger Akt für Verwertung des in G ausgedrückten
Werts, aber es ist nicht Realisierung von Mehrwert; es ist Einleitung zu
seiner Produktion, nicht Nachtrag dazu.“ K. Marx, Kapital 2.: 129.
„Die Zirkulation ist ebenso notwendig bei der
Warenproduktion wie die Produktion selbst, also die Zirkulationsagenten
ebenso nötig wie die Produktionsagenten. Der Reproduktionsprozess
schließt beide Funktionen des Kapitals ein, also auch die Notwendigkeit
der Vertretung dieser Funktionen, sei es durch den Kapitalisten selbst,
sei es durch Lohnarbeiter, Agenten desselben. Dies ist aber ebenso wenig
ein Grund, die Zirkulationsagenten mit den Produktionsagenten zu
verwechseln. ... Die Zirkulationsagenten müssen bezahlt werden durch
die Produktionsagenten. Wenn aber Kapitalisten, die untereinander
kaufen und verkaufen, durch diesen Akt weder Produkte noch Wert schaffen,
so ändert sich das nicht, wenn der Umfang ihres Geschäftes sie befähigt
und nötigt, diese Funktion auf andere abzuwälzen.“ K. Marx, Kapital 2.:
129.
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit
willkommen.
Wal Buchenberg |