Kapital 2.055 - 068

„Der Kreislaufprozess des Kapitals geht vor sich in drei Stadien, welche, nach der Darstellung des ersten Bandes, folgende Reihe bilden:
Erstes Stadium: Der Kapitalist erscheint auf dem Warenmarkt und Arbeitsmarkt als Käufer; sein Geld wird in Ware umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt G - W durch.
Zweites Stadium: Produktive Konsumtion der gekauften Waren durch den Kapitalisten. Er wirkt als kapitalistischer Warenproduzent; sein Kapital macht den Produktionsprozess durch. Das Resultat ist: Ware von mehr Wert als dem ihrer Produktionselemente.
Drittes Stadium: Der Kapitalist kehrt zum Markt zurück als Verkäufer; seine Ware wird in Geld umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt W - G durch.“ K. Marx, Kapital 2.: 31.
„Die Funktion von W‘ ist nun die alles Warenprodukts: sich in Geld zu verwandeln, verkauft zu werden, die Zirkulationsphase W - G durchzumachen.“ K. Marx, Kapital 2.: 45.

W’ ist mit Mehrprodukt abgereicherte Ware, aber der Mehrwert, der darin steckt, wird nur in Geld verwandelt (und realisiert), wenn die Ware in ihrer Gesamtmenge verkauft wird.
Mit W’ wirft der Kapitalist eine größere Warenmenge in den Markt, als er dem Markt in seinem ersten Akt (G – W=A/Pm) entzogen hat. Daher kann er dem Markt auch mehr Geld entziehen, als er ursprünglich in den Markt geworfen hatte: G verwandelt sich in G’, weil W sich in W’ verwandelt hatte.
„Wenn er aber durch seine Waren dem Markt mehr Wert wieder entzieht, als er ursprünglich hineinwarf, so nur, weil er größeren Warenwert hineinwirft, als er ursprünglich entzog.
Er warf den Wert G hinein und entzog den Gleichwert W; er wirft W + w hinein und entzieht den Gleichwert G + g.“ K. Marx, Kapital 2.: 46.

Als G’ kehrt das Kapital aus dem Warenmarkt  zu seinem Ausgangspunkt zurück.
G’ zu G ist einerseits ein quantitatives Verhältnis, insofern G’ dasselbe ist wie G, nur größer als G, andererseits unterscheidet sich G’ dem Wesen nach von G (= qualitatives Verhältnis), weil G’ die Frucht oder das Resultat von G ist, und G ist seine Ursache oder sein Grund.
„Aber G' als G + g... vorgeschossenes Kapital plus einem Zuwachs... stellt zugleich ein qualitatives Verhältnis dar, obgleich dies qualitative Verhältnis selbst nur als Verhältnis der Teile einer gleichnamigen Summe, also als quantitatives Verhältnis existiert.
G, das vorgeschossene Kapital... hat sich nicht nur erhalten, es hat sich auch als Kapital realisiert, indem es sich als solches unterscheidet von g (7800 Euro), worauf es bezogen ist als auf seinen Zuwachs, seine Frucht...
Es ist als Kapital realisiert, weil esals Wert realisiert wurde, der einen Wert geheckt hat...
G ist als Kapital gesetzt durch sein Verhältnis zu einem andern Teil von G', als dem durch es Gesetzten, aus ihm als Ursache Bewirktem, als der Folge, wovon es der Grund ist.
So erscheint G' als in sich differenzierte, sich ... in sich selbst unterscheidende, das Kapitalverhältnis ausdrückende Wertsumme. " K. Marx, Kapital 2.: 49f

IV. Der Gesamtkreislauf

„Wir haben gesehen, dass der Zirkulationsprozess nach Ablauf seiner ersten Phase G - W=A/Pm unterbrochen wird durch P, wo die auf dem Markt gekauften Waren A und Pm nun als stoffliche und wertliche Bestandteile des produktiven Kapitals konsumiert werden;
das Produkt dieser Konsumtion ist eine neue Ware, W‘, stofflich und wertlich verändert...
Die Zirkulationsreihe stellt sich also dar als 1) G - W(1); 2) W‘(2)- G‘, wo in der zweiten Phase der ersten Ware W(1) eine andere von höherem Wert und verschiedener Gebrauchsform W’(2) an ihre Stelle tritt...
Es ergibt sich ferner, dass in den beiden der Zirkulation angehörigen Metamorphosen G - W und W’ - G’ sich jedes Mal gleich große, gleichzeitig vorhandene Wertexistenzen gegenüberstehen und einander ersetzen. Die Wertveränderung gehört lediglich ... dem Produktionsprozess an, der so als reale Metamorphose (=Verwandlung) des Kapitals gegenüber den bloß äußerlichen Verwandlungen der Zirkulation erscheint.“ K. Marx, Kapital 2.: 55f.

„Betrachten wir nun die Gesamtbewegung G - W ... P .. W’ - G’, oder ihre ausführliche Form
G - W=A/Pm ... P ... W‘ (W + w) - G‘ (G + g).
Das Kapital erscheint hier als ein Wert, der eine Reihenfolge zusammenhängender, durch einander bedingter Verwandlungen durchläuft, eine Reihe von Verwandlungen, die ebenso viele Phasen oder Stadien eines Gesamtprozesses bilden.
Zwei dieser Phasen gehören der Zirkulationssphäre an, eine der Produktionssphäre. In jeder dieser Phasen befindet sich der Kapitalwert in verschiedener Gestalt, der eine verschiedene, spezielle Funktion entspricht. Innerhalb dieser Bewegung erhält sich nicht nur der vorgeschossene Wert, sondern er wächst, vermehrt seine Größe.
Endlich, im Schlussstadium kehrt er zur selben Form zurück, worin er beim Ausgang des Gesamtprozesses erschien. Dieser Gesamtprozess ist daher Kreislaufprozess.“ K. Marx, Kapital 2.: 56.
„Der Kreislaufprozess des Kapitals ist also Einheit von Zirkulation und Produktion, schließt beide ein.“ K. Marx, Kapital 2.: 64.

„Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiedenen Phasen ohne Stockung ineinander übergehen. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W, so erstarrt das Geldkapital zum Schatz;
wenn es in der Produktionsphase stockt, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der anderen unbeschäftigt bleibt;
wenn es in der letzten Phase W’ - G’ stockt, so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluss.“ K. Marx, Kapital 2.: 56.

„Andererseits liegt es in der Natur der Sache, dass der Kreislauf selbst die Fixierung des Kapitals, während bestimmter Fristen, in den einzelnen Kreisabschnitten bedingt. In jeder seiner Phasen ist das industrielle Kapital an eine bestimmte Form gebunden, als Geldkapital, produktives Kapital, Warenkapital.
Nur nachdem es die seiner jedesmaligen Form entsprechende Funktion vollzogen hat, erhält es die Form, worin es eine neue Verwandlungsphase eingehen kann.“ K. Marx, Kapital 2.: 56-59.

Besonderheiten des Kreislaufs des Geldkapitals
„Betrachten wir schließlich G - W ... P ... W‘ - G‘ als spezielle Form des Kreislaufprozesses des Kapitals neben den andern später zu untersuchenden Formen, so zeichnet es sich durch folgenden aus.
1. Es erscheint als Kreislauf des Geldkapitals, weil das industrielle Kapital in seiner Geldform, als Geldkapital, den Ausgangspunkt und den Rückkehrpunkt seines Gesamtprozesses bildet. ...
Der Produktionsprozess erscheint nur als unvermeidliches Mittelglied, als notwendiges Übel zum Zweck des Geldmachens. (Alle Nationen kapitalistischer Produktionsweise werden daher periodisch von einem Schwindel ergriffen, worin sie ohne Vermittlung des Produktionsprozesses das Geldmachen vollziehen wollen.)
2. Das Produktionsstadium ... bildet in diesem Kreislauf die Unterbrechung der zwei Phasen der Zirkulation. ... Der Produktionsprozess erscheint ... formell und ausdrücklich als das, was er in der kapitalistischen Produktionsweise ist, als bloßes Mittel zur Verwertung des vorgeschossenen Werts, also die Bereicherung als solche als Selbstzweck der Produktion.
3. ... Der Formel G ... G‘ ist es also charakteristisch, einerseits, dass der Kapitalwert den Ausgangspunkt und der verwertete Kapitalwert den Rückkehrpunkt bildet, so dass der Vorschuss des Kapitalwerts als Mittel, der verwertete Kapitalwert als Zweck der ganzen Operation erscheint; andrerseits, dass dies Verhältnis in Geldform ausgedrückt ist, ... daher das Geldkapital als Geld heckendes Geld. Die Erzeugung von Mehrwert durch den Wert ist nicht nur als das A und O des Prozesses ausgedrückt, sondern ausdrücklich in der blinkenden Geldform.
4. Da G‘, das realisierte Geldkapital... sich in absolut derselben Form befindet, worin es seinen Kreislauf eröffnet hat, kann es, sowie es aus demselben hervorgeht, denselben Kreislauf wieder eröffnen als vergrößertes (akkumuliertes) Geldkapital.“ K. Marx, Kapital 2.: 62f.
„Der Kreislauf des Geldkapitals ist daher die einseitigste, darum schlagendste und charakteristischste Erscheinungsform des Kreislaufs des industriellen Kapitals, dessen Ziel und treibendes Motiv: Verwertung des Werts, Geldmachen und Akkumulation, in die Augen springend dargestellt wird (kaufen, um teurer zu verkaufen).“ K. Marx, Kapital 2.: 65.

Illusionen, die der Kreislauf des Geldkapitals hervorbringt
„Die Formel G - W ... P ... W‘ - G‘, mit dem Resultat G‘ = G + g, schließt in ihrer Form eine Täuschung ein, trägt einen illusorischen Charakter, der aus dem Dasein des vorgeschossenen und verwerteten Werts in seiner Äquivalentform, dem Geld entspringt.
Der Akzent liegt nicht auf Verwertung des Werts, sondern auf der Geldform dieses Prozesses, darauf, dass mehr Wert in Geldform schließlich aus der Zirkulation gezogen wird, als ihr ursprünglich vorgeschossen wurde, also auf Vermehrung der dem Kapitalisten gehörigen Gold- und Silbermasse. Das sogenannte Monetärsystem ist bloß Ausdruck der begriffslosen Form G - W - G‘, einer Bewegung, die ausschließlich in der Zirkulation verläuft und daher die beiden Akte: 1) G - W, 2) W - G‘ nur dadurch erklären kann, dass W im zweiten Akt über seinem Wert verkauft wird, daher mehr Geld der Zirkulation entzieht, als durch seinen Kauf in sie hineingeworfen wurde. ...
Der illusorische Charakter von G - W ... P... W’ - G’, und die ihr entsprechende illusorische Deutung ist da, sobald diese Form als einmalige fixiert wird, nicht als fließende, beständig sich erneuernde; sobald sie daher nicht als eine der Formen des Kreislaufs, sondern als seine ausschließliche gilt. Sie weist aber selbst auf andre Formen hin.“ K. Marx, Kapital 2. : 66f.

Entstehen der anderen Kreisläufe aus dem Kreislauf des Geldkapitals
„Wird G ... G’ wiederholt, so erscheint die Rückkehr zur Geldform ebenso verschwindend, wie die Geldform im ersten Stadium. G - W verschwindet, um P (der Produktion) Platz zu machen. Der beständige Wiedervorschuss in Geld, ebenso sehr wie seine beständige Rückkehr als Geld, erscheinen selbst als nur im Kreislauf verschwindende Momente.
G - W ... P ... W’ - G’. G - W ... P ... W’ - G’. G - W ... P ... usw.
Schon bei der zweiten Wiederholung des Kreislaufs erscheint der Kreislauf
P... W‘- G‘. G - W ...P...
und alle ferneren Kreisläufe können so unter der Form P... W‘- G - W .... P betrachtet werden, so dass G - W als erste Phase des ersten Kreislaufs nur die verschwindende Vorbereitung des sich stets wiederholenden Kreislaufs des produktiven Kapitals bildet, wie dies in der Tat der Fall ist bei zum ersten Mal in der Form von Geldkapital angelegtem, industriellen Kapital.“ K. Marx, Kapital 2.: 67.
„Andrerseits, bevor der zweite Kreislauf von P vollendet, ist der erste Kreislauf W‘- G ‘. G - W ....P ...W‘ (abgekürzt W‘...W‘) beschrieben, der Kreislauf des Warenkapitals.
So enthält die erste Form schon die beiden andern und es verschwindet so die Geldform.....“ K. Marx, Kapital 2.: 67.

„Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufes diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital ... Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondere Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.“ K. Marx, Kapital 2.: 56.
„Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert ... sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.
Im Maße wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.
Die anderen Arten von Kapital, ... werden ihm nicht nur untergeordnet ... sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.
Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiedenen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.“ K. Marx, Kapital 2.: 61.