Kapital 1.:636-649

4. Umstände, welche unabhängig von der proportionalen Teilung des Mehrwerts in Kapital und Revenue den Umfang der Akkumulation bestimmen...:

“Es ergab sich im Verlauf dieser Untersuchung, dass das Kapital keine fixe Größe ist, sondern ein elastischer und mit der Teilung des Mehrwerts in Revenue und Zusatzkapital beständig fluktuierender Teil des gesellschaftlichen Reichtums.
Man sah ferner, dass selbst bei gegebener Größe des funktionierenden Kapitals die ihm einverleibte Arbeitskraft, Wissenschaft und Erde (worunter ökonomisch alle ohne Zutat des Menschen von Natur vorhandenen Arbeitsgegenständen zu verstehen sind) elastische Potenzen desselben bilden, die ihm innerhalb gewisser Grenzen einen von seiner eigenen Größe unabhängigen Spielraum gestatten.“ K. Marx, Kapital I.: 636.

5. Der sogenannte Arbeitsfonds

„Um den Teil des gesellschaftlichen Reichtums, der als konstantes Kapital oder, stofflich ausgedrückt, als Produktionsmittel funktionieren soll, in Bewegung zu setzen, ist eine bestimmte Masse lebendiger Arbeit erheischt. Diese ist technologisch gegeben.
Aber weder ist die Anzahl der Arbeiter gegeben, die nötig ist, um diese Arbeitsmasse flüssig zu machen, denn das wechselt mit dem Ausbeutungsgrad der individuellen Arbeitskraft, noch der Preis dieser Arbeitskraft, sondern nur seine zudem sehr elastische Minimalschranke.“ K. Marx, Kapital I.: 638.

Ein kapitalistisches Dogma behauptet, der Arbeits- oder Lohnfonds sei eine feste Größe.

„Die Tatsachen, die dem Dogma zu Grunde liegen, sind die: Einerseits hat der Arbeiter nicht mitzusprechen bei der Teilung des gesellschaftlichen Reichtums in Genussmittel der Nichtarbeiter und in Produktionsmittel. Andererseits kann er nur in günstigen Ausnahmefällen den sogenannten ‚Arbeitsfonds’ auf Kosten der ‚Revenue’ der Reichen erweitern.“ K. Marx, Kapital I.: 638.

23. Kapitel. Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation

1. Wachsende Nachfrage nach Arbeitskraft mit der Akkumulation, bei gleichbleibender Zusammensetzung des Kapitals

„Wir behandeln in diesem Kapitel den Einfluss, den das Wachstum des Kapitals auf das Schicksal der Arbeiterklasse ausübt. Der wichtigste Faktor bei dieser Untersuchung ist die Zusammensetzung des Kapitals und die Veränderungen, die sie im Verlauf des Akkumulationsprozesses durchmacht.“ K. Marx, Kapital I.: 640.

„Unter ‚Proletarier‘ ist ökonomisch nichts zu verstehen als der Lohnarbeiter, der ‚Kapital‘ produziert und verwertet und aufs Pflaster geworfen wird, sobald er für die Verwertungsbedürfnisse des Kapitalisten... überflüssig ist.“ K. Marx, Kapital I.: 642, Anm. 70.

„Die Zusammensetzung des Kapitals ist in zweifachem Sinn zu fassen.
Nach der Seite des Werts bestimmt sie sich durch das Verhältnis, worin es sich teilt in konstantes Kapital oder Wert der Produktionsmittel und variables Kapital oder Wert der Arbeitskraft, Gesamtsumme der Arbeitslöhne.
Nach der Seite des Stoffs, wie er im Produktionsprozess fungiert, teilt sich jedes Kapital in Produktionsmittel und lebendige Arbeitskraft; diese Zusammensetzung bestimmt sich durch das Verhältnis zwischen der Masse der angewandten Produktionsmittel einerseits und der zu ihrer Anwendung erforderlichen Arbeitsmenge andrerseits.
Ich nenne die erstere die Wertzusammensetzung, die zweite die technische Zusammensetzung des Kapitals. Zwischen beiden besteht eine enge Wechselbeziehung. Um diese auszudrücken, nenne ich die Wertzusammensetzung des Kapitals, insofern sie durch seine technische Zusammensetzung bestimmt wird und deren Änderungen widerspiegelt: die organische Zusammensetzung des Kapitals. Wo von der Zusammensetzung des Kapitals kurzweg die Rede ist, ist stets seine organische Zusammensetzung zu verstehen.“ K. Marx, Kapital I.: 640.

„Die zahlreichen in einem bestimmten Produktionszweig angelegten Einzelkapitale haben unter sich mehr oder weniger verschiedene Zusammensetzung. Der Durchschnitt ihrer Einzelzusammensetzungen ergibt uns die Zusammensetzung des Gesamtkapitals dieses Produktionszweigs.
Endlich ergibt uns der Gesamtdurchschnitt der Durchschnittszusammensetzungen sämtlicher Produktionszweige die Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals eines Landes, und von dieser allein in letzter Instanz ist im folgenden die Rede.“ K. Marx, Kapital I.: 64o-641.

„Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein.
Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muss stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, dass, nebst sonst gleichbleibenden Umständen, die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft nötig macht, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und ums so rascher, je rascher das Kapital wächst.“ K. Marx, Kapital I.: 641.

„Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.“ K. Marx, Kapital I.: 642.

„Unter den bisher unterstellten, den Arbeiter günstigsten Akkumulationsbedingungen kleidet sich ihr Abhängigkeitsverhältnis vom Kapital in erträgliche ... Formen. Statt intensiver zu werden mit dem Wachstum des Kapitals, wird es nur extensiver, d.h. die Ausbeutungs- und  Herrschaftssphäre des Kapitals dehnt sich nur aus mit seiner eigenen Dimension und der Anzahl seiner Untertanen.
Von ihrem eignen anschwellenden und schwellend in Zusatzkapital verwandelten Mehrprodukt strömt ihnen ein größerer Teil in der Form von Zahlungsmitteln zurück, so dass sie den Kreis ihrer Genüsse erweitern, ihren Konsumtionsfonds von Kleidern, Möbeln usw. besser ausstatten und kleine Reservefonds von Geld bilden können.
So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres anvertrautes Vermögen das Abhängigkeitsverhältnis und die Ausbeutung des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, dass der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben.“ K. Marx, Kapital I.: 645-646.

„Die mehr oder minder günstigen Umstände, worin sich die Lohnarbeiter erhalten und vermehren, ändern ... nichts am Grundcharakter der kapitalistischen Produktion.“ K. Marx, Kapital I.: 641.

„Entweder fährt der Preis der Arbeit fort zu steigen, weil seine Erhöhung den Fortschritt der Akkumulation nicht stört; es liegt darin nichts Wunderbares...In diesem Falle ist es augenscheinlich, dass eine Verminderung der unbezahlten Arbeit die Ausdehnung der Kapitalherrschaft keineswegs beeinträchtigt, - Oder, das ist die andere Seite der Alternative, die Akkumulation erschlafft infolge des steigenden Arbeitspreises, weil der Stachel des Gewinns abstumpft. Die Akkumulation nimmt ab. Aber mit ihrer Abnahme verschwindet die Ursache ihre Abnahme, nämlich die Disproportion zwischen Kapital und ausbeutbarer Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft.
Der Arbeitspreis fällt wieder auf ein den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entsprechendes Niveau, ob dieses nun unter, über oder gleich dem Niveau, welches vor Eintritt des Lohnzuwachses als normal galt.“ K. Marx, Kapital I.: 647-648.

„Man sieht:
Im ersten Fall (einer Knappheit an Arbeitskraft mit steigendem Lohnniveau und damit sinkenden Akkumulation des Kapitals) ist es nicht die Abnahme im absoluten oder proportionalen Wachstum der Arbeitskraft oder Arbeitsbevölkerung, welche das Kapital überschüssig, sondern umgekehrt die Zunahme des Kapitals, welche die ausbeutbare Arbeitskraft unzureichend macht.
Im zweiten Fall (einer gesunkenen Akkumulation des Kapitals und damit steigender Arbeitslosigkeit mit sinkendem Lohnniveau) ist es nicht die Zunahme im absoluten oder proportionalen Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiterbevölkerung, welche das Kapital unzureichend, sondern umgekehrt die Abnahme des Kapitals, welche die ausbeutbare Arbeitskraft, oder vielmehr ihren Preis, überschüssig macht.
Es sind diese absoluten Bewegungen in der Akkumulation des Kapitals, welche sich als relative Bewegungen in der Masse der ausbeutbaren Arbeitskraft widerspiegeln und daher der eigenen Bewegung der letzteren geschuldet scheinen.
Um den mathematischen Ausdruck anzuwenden: die Größe der Akkumulation ist die unabhängige Variable, die Lohngröße die abhängige, nicht umgekehrt.“ K. Marx, Kapital I.: 648.

„Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab. Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag.
Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.“ K. Marx, Kapital I.: 649.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind normal fett gedruckt.
Jeder einzelne Textabschnitt enthält die Seitenangabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Die bisher veröffentlichten Teile dieser Kapital-Kurzfassung sind im Marx-Forum unter www.marx-forum.de nachzulesen.
Wal Buchenberg.