Kapital I.: S. 441-461

Als Bestandteil des konstanten Kapitals schaffen Maschinen keinen Wert, sondern übertragen nur ihren Wert stückweise auf das Produkt, in dem Maße wie die Maschine durch den Gebrauch selber an Wert verliert.
Mit dem Anwachsen der Maschinerie wachsen die Kosten für dieses konstante Kapital im Vergleich zur Manufakturperiode ins Ungeheure. Welche Konsequenzen hatte das für den Wert des Produkts?

Zwar wächst der Wert dieser Maschinerie, aber mit ihr wächst auch die Lebensdauer des Arbeitsmittels und die Stückzahl an Produkten, auf den sich dieser Wert verteilt. Je länger eine Maschine hält, und je mehr Stück mit ihr produziert wird, desto geringer werden die Maschinenkosten pro einzelnes Stück. Diese Maschinenkosten pro Stück können sogar soweit sinken, dass Marx sie mit den Naturkräften vergleicht, die kostenlos in der Produktion verbraucht werden.
Die ersten Wirkungen des Maschinenbetriebs im 19. Jahrhundert auf die Arbeiter waren eine weitere Ausdehnung des Arbeitstages und die Einbeziehung von Frauen- und Kinderarbeit in die Produktion.
Durch den Kampf zur Verkürzung des Arbeitstages wurden dem Kapital Grenzen gesetzt. Von da an warf sich das Kapital auf die Intensivierung des Arbeitstages.
Bisher wurde davon ausgegangen, dass von durchschnittlicher Arbeitskraft in gleicher Arbeitszeit auch gleiche Werte geschaffen werden. Diese Feststellung muss jetzt eingeschränkt werden:
Intensivere Verausgabung der Arbeitskraft schafft höheren Wert in gleicher Zeit wie die weniger intensiv angewandte Arbeitskraft.
Diese Intensivierung der Arbeit macht weitere Arbeitszeitverkürzung unvermeidlich.

4. Die Fabrik

„Wir betrachteten im Beginn dieses Kapitels den Leib der Fabrik, die Gliederung des Maschinensystems. Wir sahen dann, wie die Maschinerie das menschliche Ausbeutungsmaterial des Kapitals vermehrt durch Aneignung der Frauen- und Kinderarbeit, wie sie die ganze Lebenszeit des Arbeiters konfisziert durch maßlose Ausdehnung des Arbeitstages und wie ihr Fortschritt, der ein ungeheuer wachsendes Produkt in stets kürzerer Zeit zu liefern erlaubt, endlich als systematisches Mittel dient, in jedem Zeitmoment mehr Arbeit flüssig zu machen oder die Arbeitskraft stets intensiver auszubeuten.

Wir wenden uns nun zum Fabrikganzen, und zwar in seiner ausgebildetsten Gestalt. K. Marx, Kapital I.: 441
„Mit dem Arbeitswerkzeug geht auch die Virtuosität in seiner Führung vom Arbeiter auf die Maschine über.  Die Leistungsfähigkeit des Werkzeugs ist emanzipiert von den persönlichen Schranken menschlicher Arbeitskraft. Damit ist die technische Grundlage aufgehoben, worauf die Teilung der Arbeit
in der Manufaktur beruht.

An die Stelle der sie charakterisierenden Hierarchie der spezialisierten Arbeiter tritt daher in der automatischen Fabrik die Tendenz der Gleichmachung oder Nivellierung der Arbeiten, welche die Gehilfen der Maschinerie zu verrichten haben. ... Die gegliederte Gruppe der Manufaktur ist ersetzt durch den Zusammenhang des Hauptarbeiters mit wenigen Gehilfen. Die wesentliche Scheidung ist die von Arbeitern, die wirklich an den Werkzeugmaschinen beschäftigt sind ... und von bloßen Handlangern ... dieser Maschinenarbeiter. ... Neben diese Hauptklassen tritt ein numerisch unbedeutendes Personal, das mit der Kontrolle der gesamten Maschinerie und ihrer beständigen Reparatur beschäftigt ist, wie Ingenieure, Mechaniker, Schreiner usw. Es ist eine höhere, teils wissenschaftlich gebildete, teils handwerksmäßige Arbeiterklasse, außerhalb des Kreises der Fabrikarbeiter und ihnen nur beigefügt. Diese Teilung der Arbeit ist rein technisch.“ K. Marx, Kapital I.: 442.
„Es ist charakteristisch für die Absicht des statistischen Betrugs, ... wenn die englische Fabrikgesetzgebung
die zuletzt im Text erwähnten Arbeiter ausdrücklich als Nicht-Fabrikarbeiter von ihrem Wirkungskreis ausschließt... “ K. Marx, Kapital I.: 442, Anm. 181.

(Heute wird dieser Betrug fortgesetzt, wenn Ingenieure, Programmierer etc. NICHT mit zur Arbeiterklasse gerechnet werden. Es ist dabei betrügerische Absicht, die Arbeiterklasse möglichst kopflos und dumm erscheinen zu lassen. Tatsächlich vereinigt die moderne Arbeiterklasse fast alle Intelligenz der modernen Gesellschaft. wb)
„Aber der Maschinenbetrieb hebt die Notwendigkeit auf, diese Verteilung manufakturmäßig zu befestigen durch fortwährende Aneignung derselben Arbeiter an dieselbe Funktion. Da die Gesamtbewegung der Fabrik nicht vom Arbeiter ausgeht, sondern von der Maschine, kann fortwährender Personenwechsel stattfinden ohne Unterbrechung des Arbeitsprozesses.“ K. Marx, Kapital I.: 443.

„Obgleich nun die Maschinerie das alte System der Teilung der Arbeit technisch über den Haufen wirft, schleppt es sich zunächst als Tradition der Manufaktur gewohnheitsmäßig in der Fabrik fort, um dann systematisch vom Kapital als Ausbeutungsmittel der Arbeitskraft in noch ekelhafterer Form reproduziert und befestigt zu werden.

Aus der lebenslangen Spezialität ein Teilwerkzeug zu führen, wird die lebenslange Spezialität, einer Teilmaschine zu dienen. Die Maschinerie wird missbraucht, um den Arbeiter selbst von Kindesbeinen in den Teil einer Teilmaschine zu verwandeln.

Nicht nur werden so die zu seiner eignen Reproduktion nötigen Kosten bedeutend vermindert, sondern zugleich seine hilflose Abhängigkeit vom Fabrikganzen, also vom Kapitalisten, vollendet.“ K. Marx, Kapital I.: 444.
„In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik
dient er der Maschine. Dort geht von ihm die Bewegung des Arbeitsmittels aus, dessen Bewegung er hier zu folgen hat.

In der Manufaktur bilden die Arbeiter Glieder eines lebendigen Mechanismus. In der Fabrik existiert ein toter Mechanismus unabhängig von ihnen, und sie werden ihm als lebendige Anhängsel einverleibt.“ K. Marx, Kapital I.: 445.

„Selbst die Erleichterung der Arbeit wird zum Mittel der Tortur, indem die Maschine nicht den Arbeiter von der Arbeit befreit, sondern seine Arbeit vom Inhalt.“ K. Marx, Kapital I.: 446

„Durch seine Verwandlung in einen Automaten tritt das Arbeitsmittel während des Arbeitsprozesses selbst dem Arbeiter als Kapital gegenüber, als tote Arbeit, welche die lebendige Arbeitskraft beherrscht und aussaugt.

„Die Scheidung der geistigen Potenzen des Produktionsprozesses von der Handarbeit und die Verwandlung derselben in Mächte des Kapitals über die Arbeit vollendet sich, wie bereits früher angedeutet, in der auf Grundlage der Maschinerie aufgebauten großen Industrie. Das Detailgeschick des individuellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Nebending vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesellschaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit ihm die Macht des Kapitalisten bilden. “ K. Marx, Kapital I.: 446.
Fabrikdisziplin: „Die technische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichförmigen Gang des Arbeitsmittels und die eigentümliche Zusammensetzung des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und verschiedenster Altersstufen schaffen eine kasernenmäßige Disziplin
, die sich zum vollständigen Fabrikregime ausbildet und die schon früher erwähnte Arbeit der Oberaufsicht, also zugleich die Teilung der Arbeiter in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, in gemeine Industriesoldaten und Industrieunteroffiziere, völlig entwickelt.“ K. Marx, Kapital I.: 447.
 „Die Sklaverei, in der die Bourgeoisie das Proletariat gefesselt hält, kommt nirgends deutlicher ans Tageslicht als im Fabriksystem. Hier hört alle Freiheit rechtlich und faktisch auf. Der Arbeiter muss morgens um halb 6 in der Fabrik
sein... Er muss auf Kommando essen, trinken und schlafen... Die despotische Glocke ruft ihn vom Bette, ruft ihn vom Frühstück und Mittagstisch. Und wie geht es nun gar erst in der Fabrik? Hier ist der Fabrikant absoluter Gesetzgeber. Er erlässt Fabrikregulationen, wie er Lust hat; er ändert und macht Zusätze zu seinem Kodex, wie es ihm beliebt;“  F. Engels, Zur Lage der Arbeiterklasse... ,  zit. n.  K. Marx, Kapital I.: 447, Anm. 190.
Fabrikdisziplin ist kein Sozialismus: „Der Fabrikkodex, worin das Kapital seine Autokratie über seine Arbeiter, ohne die sonst vom Bürgertum so beliebte Teilung der Gewalten und das noch beliebtere Repräsentativsystem, privatgesetzlich und eigenherrlich formuliert, ist nur die kapitalistische Karikatur der gesellschaftlichen Regelung des Arbeitsprozesses, welche nötig wird mit der Kooperation
auf großer Stufenleiter und der Anwendung gemeinsamer Arbeitsmittel, namentlich der Maschinerie.“ K. Marx, Kapital I.: 447.
„Die Ökonomisierung der gesellschaftlichen Produktionsmittel, erst im Fabriksystem treibhausmäßig gereift, wird in der Hand des Kapitals zugleich zum systematischen Raub an den Lebensbedingungen des Arbeiters während der Arbeit
, an Raum, Luft, Licht, und an persönlichen Schutzmitteln wieder lebensgefährliche oder gesundheitswidrige Umstände des Produktionsprozesses, von Vorrichtungen zur Bequemlichkeit des Arbeiters gar nicht zu sprechen.“ K. Marx, Kapital I.: 449-450
5. Kampf zwischen Arbeiter und Maschine

„Der Kampf zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter beginnt mit dem Kapitalverhältnis selbst. Er tobt fort während der ganzen Manufakturperiode“ K. Marx, Kapital I.: 451

„Es bedarf Zeit und Erfahrung, bevor der Arbeiter die Maschinerie von ihrer kapitalistischen Anwendung unterscheiden und daher seine Angriffe vom materiellen Produktionsmittel selbst auf dessen gesellschaftliche Ausbeutungsform übertragen lernt.“ K. Marx, Kapital I.: 452.
„Als Maschine wird das Arbeitsmittel
sofort zum Konkurrenten des Arbeiters selbst. Die Selbstverwertung des Kapitals durch die Maschine steht im direkten Verhältnis zur Arbeiterzahl, deren Existenzbedingungen sie vernichtet.“ K. Marx, Kapital I.: 454.

„Das Arbeitsmittel erschlägt den Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I.: 455

„Der Teil der Arbeiterklasse, den die Maschinerie so in überflüssige, d. h. nicht länger zur Selbstverwertung des Kapitals unmittelbar notwendige Bevölkerung verwandelt, geht einerseits unter..., überflutet andrerseits alle leichter zugänglichen Industriezweige, überfüllt den Arbeitsmarkt und senkt daher den Preis der Arbeitskraft unter ihren Wert.“ K. Marx, Kapital I.: 454.
„Die Maschinerie
wirkt jedoch nicht nur als übermächtiger Konkurrent, stets auf dem Sprung, den Lohnarbeiter ‚überflüssig‘ zu machen. Als ihm feindliche Potenz wird sie laut ... vom Kapital proklamiert und gehandhabt. Sie wird das machtvollste Kriegsmittel zur Niederschlagung der periodischen Arbeiteraufstände, Streiks usw. wider die Autokratie des Kapitals. Man könnte eine ganze Geschichte der Erfindungen seit 1830 schreiben, die bloß als Kriegsmittel des Kapitals wider Arbeiterproteste ins Leben traten.“ K. Marx, Kapital I.: 459