Kapital I.: 391-407 Das zwölfte Kapitel
gab einen historischen Rückblick auf die Entwicklung der arbeitsteiligen
Kooperation in der Manufakturperiode vor dem kapitalistischen
Maschinenzeitalter. Dreizehntes
Kapitel Maschinerie und große
Industrie 1. Entwicklung der
Maschinerie „Die Umwälzung der
Produktionsweise nimmt in der Manufaktur die Arbeitskraft zum
Ausgangspunkt, in der großen Industrie das Arbeitsmittel. Es ist also
zunächst zu untersuchen, wodurch das Arbeitsmittel aus einem Werkzeug in
eine Maschine verwandelt wird oder wodurch sich die Maschine vom
Handwerksinstrument unterscheidet.“ K. Marx, Kapital I.:
391. „Alle entwickelte Maschinerie
besteht aus drei wesentlich verschiednen Teilen, der Bewegungsmaschine,
dem Transmissionsmechanismus, endlich der Werkzeugmaschine oder
Arbeitsmaschine. ... Dieser
Teil der Maschinerie, die Werkzeugmaschine, ist es, wovon die industrielle
Revolution im 18. Jahrhundert ausgeht.“ K. Marx, Kapital I.:
393. „Die Dampfmaschine
selbst, wie sie Ende des 17. Jahrhunderts während der Manufakturperiode
erfunden ward und bis zum Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts
fortexistierte, rief keine industrielle Revolution hervor. Es war vielmehr
umgekehrt die Schöpfung der Werkzeugmaschinen, welche die revolutionierte
Dampfmaschine notwendig machte.“ K. Marx, Kapital I.:
395-396 „Die Maschine, wovon die
industrielle Revolution ausgeht, ersetzt den Arbeiter, der ein einzelnes
Werkzeug handhabt, durch einen Mechanismus, der mit einer Masse derselben
oder gleichartiger Werkzeuge auf einmal operiert und von einer einzigen
Triebkraft ... bewegt wird.“ K. Marx, Kapital I.: 396.
„Die Erweiterung des
Umfangs der Arbeitsmaschine und der Zahl ihrer gleichzeitig operierenden
Werkzeuge bedingt einen massenhafteren Bewegungsmechanismus, und dieser
Mechanismus erfordert zur Überwältigung seines eigenen Widerstandes
eine mächtigere Triebkraft als die menschliche, abgesehen davon, dass der
Mensch ein sehr unvollkommenes Produktionsinstrument gleichförmiger und
kontinuierlicher Bewegung ist. K. Marx, Kapital I.:
396. „Der Wind war zu unstet
und unkontrollierbar, und die Anwendung der Wasserkraft überwog ... in
England, dem Geburtsort der großen Industrie, schon während der
Manufakturperiode. ... Indes war der Gebrauch der Wasserkraft als
herrschender Triebkraft mit erschwerenden Umständen verbunden. Sie konnte
nicht beliebig erhöht und ihrem Mangel nicht abgeholfen werden, sie
versagte zuweilen und war vor allem rein lokaler Natur.“ K. Marx, Kapital
I.: 397. „Erst mit Watts zweiter,
sog. doppelt wirkender Dampfmaschine war ein erster Motor gefunden, der
seine Bewegungskraft selbst erzeugt aus der Verspeisung von Kohlen und
Wasser, dessen Kraftpotenz ganz unter menschlicher Kontrolle steht, der
mobil und ... städtisch und nicht gleich dem Wasserrad ländlich
war, die Konzentration der Produktion in den Städten erlaubt, statt
sie wie das Wasserrad über das Land zu zerstreuen, und universell
in seiner technologischen Anwendung ist. K. Marx, Kapital I.:
398. „Nachdem erst die
Werkzeuge aus Werkzeugen des menschlichen Organismus in Werkzeuge eines
mechanischen Apparats, der Werkzeugmaschine verwandelt war, erhielt
nun auch die Bewegungsmaschine eine selbständige, von den Schranken
menschlicher Kraft völlig emanzipierte Form. Damit sinkt die einzelne
Werkzeugmaschine, die wir bisher betrachteten, zu einem bloßen Element der
maschinenmäßigen Produktion herab. Eine Bewegungsmaschine konnte jetzt
viele Arbeitsmaschinen gleichzeitig treiben.“ K. Marx, Kapital I.:
398. „Es ist nun zweierlei zu
unterscheiden, Kooperation vieler gleichartiger Maschinen und
Maschinensystem. In dem einen Fall wird
das ganze Machwerk von derselben Arbeitsmaschine verrichtet. Sie führt
alle die verschiednen Operationen aus, welche ein Handwerker mit seinem
Werkzeug, z.B. der Weber mit seinem Webstuhl, verrichtete oder welche
Handwerker mit verschiedenen Werkzeugen ... der Reihe nach ausführten.
Z.B. in der modernen Manufaktur von Briefkuverts faltete ein Arbeiter das
Papier mit dem Falzbein, ein anderer legte den Gummi auf, ein dritter
schlug die Klappe um, ... und bei jeder dieser Teiloperationen musste
jedes einzelne Kuvert die Hände wechseln. Eine einzige
Kuvertmaschine verrichtet alle diese Operationen auf einen Schlag
und macht 3000 und mehr Briefkuverts in einer Stunde. “ K. Marx,
Kapital I.: 399. „In der Fabrik, d.h. in
der auf Maschinenbetrieb gegründeten Werkstatt, erscheint ... die einfache
Kooperation wieder, und zwar zunächst, (wir sehen hier vom Arbeiter ab)
als räumliche Zusammenballung gleichartiger und gleichzeitig
zusammenwirkender Arbeitsmaschinen. So wird eine Webfabrik durch das
Nebeneinander vieler mechanischer Webstühle und eine Nähfabrik durch das
Nebeneinander vieler Nähmaschinen in demselben Arbeitsgebäude gebildet.“
K. Marx, Kapital I.: 399-400. „Ein eigentliches
Maschinensystem tritt aber erst an die Stelle der einzelnen selbständigen
Maschine, wo der Arbeitsgegenstand eine zusammenhängende Reihe
verschiedner Stufenprozesse durchläuft, die von einer Kette
verschiedenartiger, aber einander ergänzender Werkzeugmaschinen ausgeführt
werden. Hier erscheint die der
Manufaktur eigentümliche Kooperation durch Teilung der Arbeit wieder, aber
jetzt als Kombination von Teilarbeitsmaschinen. Die spezifischen Werkzeuge
der verschiedenen Teilarbeiter, in der Wollmanufaktur z.B. der
Wollschläger, Wollkämmer, Wollscherer, Wollspinner usw. verwandeln sich
jetzt in die Werkzeuge spezifizierter Arbeitsmaschinen, von denen jede ein
besonderes Organ für eine besondere Funktion im System des kombinierten
Werkzeugmechanismus bildet.“ K. Marx, Kapital I.:
400. „Die kombinierte
Arbeitsmaschine ... ist um so
vollkommener, je kontinuierlicher ihr Gesamtprozess ist, d.h. mit
je weniger Unterbrechung das Rohmaterial von seiner ersten Phase zu seiner
letzten übergeht, je mehr also statt der Menschenhand der Mechanismus
selbst es von einer Produktionsphase in die andre
fördert. Wenn in der Manufaktur
die Isolierung der Sonderprozesse ein durch die Teilung der Arbeit selbst
gegebenes Prinzip ist, so herrscht dagegen in der entwickelten Fabrik die
Kontinuität der Sonderprozesse.“ K. Marx, Kapital I.:
401. Emanzipation der Maschinen vom Manufakturbetrieb: „Die Erfindung von
Vaucanson (mechanischer Webstuhl), Arkwright Spinnmaschine),
Watt (Dampfmaschine) usw. waren ... nur ausführbar, weil jene
Erfinder ein von der Manufakturperiode fertig geliefertes und
beträchtliches Quantum geschickter mechanischer Arbeiter vorfanden.“ K.
Marx, Kapital I.: 402-403. „Wir erblicken hier also
in der Manufaktur die unmittelbare technische Grundlage der großen
Industrie. Jene produzierte die Maschinerie, womit diese in den
Produktionssphären, die sie zunächst ergriff, den handwerks- und
manufakturmäßigen Betrieb aufhob. Der Maschinenbetrieb erhob sich also
naturwüchsig auf einer ihm unangemessenen materiellen Grundlage. Auf einem
gewissen Entwicklungsgrad musste er diese erst fertig vorgefundene und
dann in ihrer alten Form weiter ausgearbeitete Grundlage selbst umwälzen
und sich eine seiner eigenen Produktionsweise entsprechende neue Basis
schaffen.“ K. Marx, Kapital I.: 403. „... Auf einer gewissen
Entwicklungsstufe geriet die große Industrie auch technisch in Widerstreit
mit ihrer handwerks- und manufakturmäßigen Unterlage. ... Maschinen z. B.
wie die moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne
Kadiermaschine, konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden.“ K.
Marx, Kapital I.: 403-404. „Die große Industrie
musste sich also ihres charakteristischen Produktionsmittels der Maschine
selbst, bemächtigen und Maschinen durch Maschinen produzieren. So erst
schuf sie ihre adäquate technische Unterlage und stellte sich auf ihre
eignen Füße.“ K. Marx, Kapital I.: 405. „Die wesentlichste
Produktionsbedingung für die Fabrikation von Maschinen durch Maschinen war
eine jeder Kraftpotenz fähige und doch zugleich ganz kontrollierbare
Bewegungsmaschine. Sie existierte bereits in der Dampfmaschine. Aber es
galt zugleich die für die einzelnen Maschinenteile nötigen streng
geometrischen Formen wir Linie, Ebene, Kreis, Zylinder, Kegel und Kugel
maschinenmäßig zu produzieren. Dies Problem löste Henry Maudslay im ersten
Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts durch die Erfindung der
Drehbank... “ K. Marx, Kapital I.: 405. „Diese mechanische
Vorrichtung ersetzt nicht irgendein besonderes Werkzeug, sondern die
menschliche Hand selbst, die eine bestimmte Form hervorbringt, durch
Vorhalten, Anpassen und Richtung der Schärfe von Schneidinstrumenten usw.
gegen oder über das Arbeitsmaterial... “ K. Marx, Kapital I.:
406. „Betrachten wir nun den
Teil der zum Maschinenbau angewandten Maschinerie, der die eigentliche
Werkzeugmaschine bildet, so erscheint das handwerksmäßige Werkzeug wieder,
aber in riesenhaftem Umfang. Der Operateur der
Bohrmaschine z.B. ist ein ungeheurer Bohrer, der durch eine Dampfmaschine
getrieben wird und ohne den umgekehrt die Zylinder großer Dampfmaschinen
und hydraulischen Pressen nicht produziert werden
können. Die mechanische
Drechselbank ist die riesenhafte Wiedergeburt der gewöhnlichen
Fußdrechselbank, die Hobelmaschine ein eiserner Zimmermann, der mit
denselben Werkzeugen in Eisen arbeitet, womit der Zimmermann in Holz
arbeitet. „Die Umwälzung der
Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie bedingt ihre Umwälzung in
der anderen. ... So machte die Maschinenspinnerei Maschinenweberei nötig
und beide zusammen die mechanisch-chemische Revolution in der Bleicherei,
Druckerei und Färberei. So rief andererseits die Revolution in der
Baumwollspinnerei die Erfindung der maschinellen ... Trennung der
Baumwollfaser vom Samen hervor, womit erst die Baumwollproduktion auf dem
nun erheischten großen Maßstab möglich wurde. Die Revolution in der
Produktionsweise der Industrie und Agrikultur ernötigte namentlich aber
auch eine Revolution in den allgemeinen Bedingungen des gesellschaftlichen
Produktionsprozesses, d.h. den Kommunikations- und Transportmitteln.“ K.
Marx, Kapital I.: 404. „...Für die große
Industrie mit ihrer fieberhaften Geschwindigkeit der Produktion, ihrer
massenhaften Stufenleiter, ihrem beständigen Werfen von Kapital- und
Arbeitermassen aus einer Produktionssphäre in die andere und ihren
neugeschaffenen weltmarktlichen Zusammenhängen ... wurde das
Kommunikations- und Transportwesen daher allmählich durch ein System von
Flussdampfschiffen, Eisenbahnen, ozeanischen Dampfschiffen und Telegrafen
... angepasst.“ K. Marx, Kapital I.: 405. „Als Maschinerie erhält
das Arbeitsmittel eine materielle Existenzweise, welche Ersetzung der
Menschenkraft durch Naturkräfte und erfahrungsmäßige Routine durch
bewusste Anwendung der Naturwissenschaft bedingt. In der Manufaktur ist
die Gliederung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses rein subjektiv,
ist eine ombination von Teilarbeitern; im Maschinensystem besitzt
die große Industrie einen ganz objektiven Produktionsorganismus den der
Arbeiter als fertige materielle Produktionsbedingung vorfindet.
Die Maschinerie mit
einigen später zu erwähnenden Ausnahmen, funktioniert nur in der Hand
unmittelbar vergesellschafteter oder gemeinsamer Arbeit. Der kooperative
Charakter des Arbeitsprozesses wird jetzt also durch die Natur des
Arbeitsmittels selbst diktierte technische Notwendigkeit.“ K. Marx,
Kapital I.: 407. Zur Methode dieser
Online-Lektüre: Diese
Kurzfassung aller drei Kapital-Bände verzichtet auf die Vertiefung
von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx'
Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen
Worten. Jedem
neuen Abschnitt wird eine Zusammenfassung des bisherigen Gedankengangs
vorangestellt. Wo es dem
Verständnis dient, wurden Fremdwörter, Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenbeispiele modernisiert. Diese und andere
Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver
Schrift. Auslassungen
im laufenden Text sind durch drei Punkte ... kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von
Marx sind normal fett
gedruckt. Jedes
Zitat enthält die Seitenangabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wal Buchenberg
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