Kapital I. : 99-108 Das erste Kapitel zeigt die Entwicklung des Geldes
aus dem einfachen Warentausch. K. Marx hatte über darüber geschrieben:
„Das Verständnis des ersten Kapitels ... wird ... die meiste Schwierigkeit
machen.“ (Kapital I.: 11). Lenin meinte sogar: „Man kann das ‚KAPITAL’ von Marx
und besonders das erste Kapitel nicht vollkommen begreifen, wenn man nicht
die ganze Logik von Hegel durchstudiert und begriffen hat.“ (Aus
dem philosophischen Nachlass: 99) Das ist Unsinn. Marx wäre ein miserabler
Schriftsteller und schlechter Wissenschaftler, wenn Lenin hier recht
hätte. Worum geht es bei dem ersten Kapitel? Marx
unterschied bei der Entstehung des Geldes vier
Entwicklungsstufen: Stufe I: Einfacher (zufälliger)
Warentausch: Das kam historisch bei isolierten Gemeinschaften
vor, die nur für ihren Eigenbedarf produzierten und zufällig aufeinander
trafen und dann einen einmaligen Tauschhandel vereinbarten. (Davon
berichtet zum Beispiel der griechische Historiker Herodot. Die moderne
Völkerkunde kennt davon auch viele Beispiele.) Stufe II: Entfalteter (entwickelter)
Warentausch: Eine einzelne Ware wird mit vielen verschiedenen
Waren getauscht. Das kam bei Produzenten vor, die ein einzelnes
Hauptprodukt für den Austausch produzieren (z.B. Olivenöl oder Wein) und
für dieses einzelne Produkt viele verschiedene Waren eintauschten. (Auch
dafür gibt es Beispiele aus der Völkerkunde.) Stufe III: Allgemeine
Wertform: Auf dieser Entwicklungsstufe hat sich schon eine
bestimmte Ware als Geldware abgesondert (z.B. Wein oder
Vieh). Jeder Tauschende beschafft sich erst für seine
eigenes Überschussprodukt diese Geldware. Mit dieser tauscht er dann alle
Waren ein, die er benötigt. Das ist die Entwicklungsstufe wie sie uns in
früher griechischer Zeit begegnet. Stufe IV: Geldform: Eine Geldware (Edelmetall) scheidet aus dem normalen
Gebrauch aus und fungiert hauptsächlich als allgemeines Tauschmittel und
allgemeiner Wertausdruck für alle Waren. Diese Entwicklungsstufe wurde in
klassischer griechischer Zeit erreicht. Jede Ware kann prinzipiell zur Geldware werden und
als Geld fungieren. Historisch entwickelte sich dazu Edelmetall (Gold)
- bevor sich das moderne
Papiergeld durchgesetzt hat. Fetisch Geld Seit jeher wird dem Geld eine besondere Macht über
uns Menschen zugeschrieben. Dabei verstehen wir nicht, dass das Geld keine
übermenschliche Macht ist, sondern ein gesellschaftliches Produkt unseres
Warenverkehrs ist. Dieser Zusammenhang wird aber erst sichtbar, wenn man
das Funktionieren dieser Warengesellschaft versteht. Zweites Kapitel Der Austauschprozess „Die Waren können nicht selbst zu Markte gehen und sich nicht selbst austauschen. Wir müssen uns also nach ihren Hütern umsehn, den Warenbesitzern... Die Personen existieren hier nur füreinander als Repräsentanten von Ware und daher als Warenbesitzer.“ K. Marx, Kapital I : 99-100. „Seine Ware hat für den Warenbesitzer keinen unmittelbaren Gebrauchswert. Sonst führte er sie nicht zu Markt. Sie hat Gebrauchswert für andre. ... Alle Waren sind Nicht-Gebrauchswerte für ihre Besitzer, Gebrauchswerte für ihre Nicht-Besitzer. Sie müssen also allseitig die Hände wechseln. Aber dieser Händewechsel bildet ihren Austausch, und ihr Austausch... realisiert sie als Werte. Die Waren müssen sich daher als Werte realisieren, bevor sie sich als Gebrauchswerte realisieren können.“ K. Marx, Kapital I : 100. „Jeder Warenbesitzer will seine Ware nur veräußern gegen andre Ware, deren Gebrauchswert sein Bedürfnis befriedigt. Sofern ist der Austausch für ihn nur individueller Prozess. Andrerseits will er seine Ware als Wert realisieren, also in jeder ihm beliebigen andren Ware von demselben Wert, ob seine eigne Ware nun für den Besitzer der andren Ware Gebrauchswert habe oder nicht. Sofern ist der Austausch für ihn allgemein gesellschaftlicher Prozess.“ K. Marx, Kapital I : 101. Die Warenbesitzer „können ihre Waren ihre Waren
nur als Werte und darum nur als Waren aufeinander beziehen, indem sie
dieselben gegensätzlich auf irgendeine andre Ware als allgemeines
Äquivalent (Wertmaßstab) beziehen. ... „Die Schwierigkeit liegt nicht darin, zu begreifen, dass Geld Ware, sondern wie, warum, wodurch Ware Geld ist.“ K. Marx, Kapital I : 107. „Die beständige Wiederholung des Austausches macht ihn zu einem regelmäßigen gesellschaftlichen Prozess. Im Laufe der Zeit muss daher wenigstens ein Teil der Arbeitsprodukte absichtlich für den Austausch produziert werden. Von diesem Augenblick befestigt sich einerseits die Scheidung zwischen der Nützlichkeit der Dinge für den unmittelbaren Bedarf und ihrer Nützlichkeit zum Austausch. Ihr Gebrauchswert scheidet sich von ihrem Tauschwert. Andrerseits wird das quantitative Verhältnis, worin sie sich austauschen, von ihrer Produktion selbst abhängig. Die Gewohnheit fixiert sie als Wertgrößen.“ K. Marx, Kapital I : 103 „Die Notwendigkeit dieser Form entwickelt sich mit der wachsenden Anzahl und Mannigfaltigkeit der in den Austauschprozess eintretenden Waren. ... Diese allgemeine (gesellschaftliche) Äquivalentform entsteht und vergeht mit dem augenblicklichen gesellschaftlichen Kontakt, der sie ins Leben rief. Abwechselnd und flüchtig kommt sie dieser oder jener Ware zu. ... An welcher Warenart sie kleben bleibt, ist zunächst zufällig. Jedoch entscheiden im großen und ganzen zwei Umstände. Geldform heftet sich entweder an die wichtigsten Eintauschartikel aus der Fremde, welche in der Tat naturwüchsige Erscheinungsformen des Tauschwerts der einheimischen Produkte sind, oder an den Gebrauchsgegenstand, welcher das Hauptelement des einheimischen veräußerlichen Besitztums bildet, wie z.B. Vieh.“ K. Marx, Kapital I : 103. „Adäquate Erscheinungsform von Wert oder Verkörperung abstrakter und daher gleicher menschlicher Arbeit kann nur eine Materie sein, deren sämtliche Exemplare dieselbe gleichförmige Qualität besitzen. Andrerseits, da der Unterschied der Wertgrößen rein quantitativ ist, muss die Geldware rein quantitativer Unterschiede fähig, also nach Willkür teilbar und aus ihren Teilen wieder zusammensetzbar sein. Gold und Silber besitzen aber diese Eigenschaften von Natur. Der Gebrauchswert der Geldware verdoppelt sich. Neben ihrem besonderen Gebrauchswert als Ware, wie ... Rohmaterial von Luxusartikeln usw. ..., erhält sie einen formalen Gebrauchswert, der aus ihren spezifischen gesellschaftlichen Funktionen entspringt.“ K. Marx, Kapital I : 104. „Gold tritt andren Waren nur als Geld gegenüber, weil es ihnen bereits zuvor als Ware gegenüberstand.“ K. Marx, Kapital I : 84 „Weiß man, dass Gold Geld, daher mit allen andren Waren unmittelbar austauschbar ist, so weiß man deswegen nicht, wie viel z.B. 10 Pfund Gold wert sind. Wie jede Ware kann das Geld seine eigne Wertgröße nur relativ in andren Waren ausdrücken. Sein eigener Wert ist bestimmt durch die zu seiner Produktion erheischte Arbeitszeit und drückt sich in dem Quantum jeder andren Ware aus, worin gleichviel Arbeitszeit geronnen ist. Diese Festsetzung seiner relativen Wertgröße findet statt an seiner Produktionsquelle in unmittelbarem Tauschhandel.“ K. Marx, Kapital I : 106. „Man hat gesehen, dass die Geldform nur der an einer
Ware festhaftende Reflex der Beziehungen aller andren Waren. Dass Geld
Ware ist, ist also nur eine Entdeckung für den, der von seiner fertigen
Gestalt ausgeht. ... „Weil Geld in bestimmten Funktionen durch bloße Zeichen seiner selbst ersetzt werden kann, entsprang der andre Irrtum, es sei ein bloßes Zeichen. Andrerseits lag darin die Ahnung, dass die Geldform des Dings ihm selbst äußerlich und bloße Erscheinungsform dahinter versteckter menschlicher Verhältnisse. In diesem Sinne wäre jede Ware ein Zeichen, weil als Wert nur sachliche Hülle der auf sie verausgabten menschlichen Arbeit.“ K. Marx, Kapital I : 105. Hegel: „Betrachtet man den Begriffs des Werts, so wird die Sache selbst nur als ein Zeichen angesehen, und sie gilt nicht als sie selber, sondern als was sie wert ist.“ zit. n. K. Marx, Kapital I : 106, Anm. 47. „Eine Ware scheint nicht erst Geld zu werden, weil die
andren Waren allseitig ihre Werte in ihr darstellen, sondern sie scheinen
umgekehrt allgemein ihre Werte in ihr darzustellen, weil sie Geld
ist. Zur Illustration dieses Kapitels empfehle ich die „Entstehung des Geldes in Griechenland“ auf der Seite Geschichte/Griechenland. wb. Zur Methode dieser
Online-Lektüre: Diese
Kurzfassung aller drei Kapital-Bände verzichtet auf die Vertiefung
von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx'
Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten. Jedes Zitat
enthält die Seitenangabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wal Buchenberg |