Kapital I.: 77-98 Den Gebrauchswert in einer Ware zu entdecken, ist einfach: Man nutzt oder verbraucht das Ding oder die Dienstleistung, dann kennt man ihren Gebrauchswert. Den Wert einer Ware zu entdecken, ist dagegen eine
vertrackte, dialektische Angelegenheit: Der Wert einer Ware wird nur durch den Austausch mit
einer anderen Ware mit verschiedener Gebrauchsgestalt sichtbar. Im
Austausch werden zwei Waren mit verschiedenem Gebrauchswert miteinander
gleichgesetzt. Es muss also etwas in ihnen gleich sein. Was diese beide
Waren gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass menschliche Arbeit in ihnen
steckt. Und die Ware B zeigt, wie viel menschliche Arbeit in
der Ware A steckt. Die Ware B kann das nur, wenn sie als eine bestimmte
Menge quantifiziert wird. So haben sich Gebrauchswert und Warenwert, die in jeder Ware stecken, im Wertausdruck auf zwei verschiedene Waren aufgeteilt: Eine bestimmte Menge Gebrauchskörper der Ware B zeigt den Wert der Ware A. Das ist die erste Entwicklungsstufe, die einfache Wertform oder Form I. Die weiteren Formen entwickeln sich daraus.wb. B) Totale oder
entfaltete Wertform (Form II) „Der erste Blick zeigt
das Unzulängliche der einfachen Wertform, dieser Keimform, die erst durch
eine Reihe von Metamorphosen zur Preisform heranreift.
... Indes geht die einzelne
Wertform von selbst in eine vollständigere Form über... Je nachdem sie
also zu dieser oder jener andren Warenart in ein Wertverhältnis tritt,
entstehen verschiedene einfache Wertausdrücke einer und derselben Ware.
... Ihr vereinzelter
Wertausdruck verwandelt sich daher in die stets verlängerbare Reihe ihrer
verschiedenen einfachen Wertausdrücke.“ K. Marx, Kapital I :
76. x Ware A = y Ware
B x Ware A = z Ware
C x Ware A = usw. Oder: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock
20 Ellen Leinwand = 10
Pfd. Tee 20 Ellen Leinwand = 2
Unzen Gold 20 Ellen Leinwand = ½
Tonne Eisen ... usw. 1. Die entfaltete
relative Wertform „Der Wert einer Ware, der
Leinwand z. B., ist jetzt ausgedrückt in zahllosen andren Elementen der
Warenwelt. Jeder andre Warenkörper wird zum Spiegel des Leinwandwerts...
(Anm. 23: Man spricht deshalb vom Rockwert der Leinwand, wenn man ihren
Wert in Röcken, von ihrem Kornwert, wenn man ihn in Korn darstellt etc...)
... Durch ihre Wertform steht
die Leinwand daher jetzt auch in gesellschaftlichem Verhältnis nicht mehr
zu nur einer einzelnen andren Warenart, sondern zur Warenwelt.“ K. Marx,
Kapital I : 77. „Das zufällige Verhältnis
zweier individueller Warenbesitzer fällt fort. Es wird offenbar, dass
nicht der Austausch die Wertgröße der Ware, sondern umgekehrt die
Wertgröße der Ware ihre Austauschverhältnisse reguliert.“ K. Marx, Kapital
I : 78. 2. Die besondere
Äquivalentform „Jede Ware, Rock, Tee,
Weizen, Eisen usw. gilt im Wertausdruck der Leinwand (= für die
Leinwand) als Äquivalent und daher als Wertkörper.“ K. Marx, Kapital I
: 78. 3. Mängel der totalen
oder entfalteten Wertform „Erstens ist der relative
Wertausdruck der Ware unfertig, weil seine Darstellungsreihe nie
abschließt. Die Kette ... bleibt fortwährend verlängerbar durch jede neu
auftretende Warenart... Zweitens bildet sie ein buntes Mosaik
auseinanderfallender und verschiedenartiger Wertausdrücke...“ K. Marx,
Kapital I : 78. Die Verkörperung des
Werts (Äquivalent) drückt sich in beliebig vielen Waren aus und
besitzt „keine einheitliche
Erscheinungsform.“ K. Marx, Kapital I : 79. C )
Allgemeine Wertform
(Form III) „Kehren wir also die
Reihe: 20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder = 10 Pfd. Tee ... usw. um, ... so
erhalten wir:“ 1 Rock
= 20 Ellen Leinwand 10 Pfd. Tee = 20 Ellen
Leinwand 2 Unzen Gold = 20
Ellen Leinwand x Ware A = 20
Ellen Leinwand ... usw.
= 20 Ellen Leinwand. K. Marx, Kapital I :
79. „Die entfaltete Wertform
kommt zuerst tatsächlich vor, sobald ein Arbeitsprodukt, Vieh z. B., nicht
mehr ausnahmsweise, sondern schon gewohnheitsmäßig mit verschiedenen
anderen Waren ausgetauscht wird.“ K. Marx, Kapital I : 80.
1. Veränderter
Charakter der Wertform „Die Waren stellen ihre
Werte jetzt 1. einfach dar, weil in einer einzigen Ware und 2.
einheitlich, weil in derselben Ware. Ihre Wertform ist einfach und
gemeinschaftlich, daher allgemein.“ K. Marx, Kapital I : 79.
„Die neu gewonnene Form
drückt die Werte der Warenwelt in einer und derselben von ihr
ausgeschlossenen Warenart aus, z.B. in Leinwand, und stellt so die Werte
aller Waren dar durch ihre Gleichheit mit Leinwand. ... Erst diese Form
bezieht daher wirklich die Waren aufeinander als Werte oder lässt sie
einander als Tauschwerte erscheinen.“ K. Marx, Kapital I :
80. „Eine Ware gewinnt nur
allgemeinen Wertausdruck, weil gleichzeitig alle andren Waren ihren Wert
in demselben Äquivalent (Wertgleiches) ausdrücken. ... Es kommt
damit zum Vorschein, dass die Wertgegenständlichkeit der Waren, weil sie
das bloß ‚gesellschaftliche Dasein‘ dieser Dinge ist, auch nur durch ihre
allseitige gesellschaftliche Beziehung ausgedrückt werden kann, ihre
Wertform daher gesellschaftlich gültige Form sein muss.“ K. Marx, Kapital
I : 80-81. „Ihre Körperform gilt als
die sichtbare Inkarnation, die allgemeine, gesellschaftliche Verpuppung
aller menschlichen Arbeit.“ K. Marx, Kapital I : 81. 2.
Entwicklungsverhältnis von relativer Wertform und
Äquivalentform „Die einfache oder
vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum
einzelnen Äquivalent (Form I). Die entfaltete Form des ...
Ausdrucks des Werts einer Ware in allen andren Waren prägt ihnen die Form
verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf (Form II). Endlich
erhält eine besondere Warenart die allgemeine Äquivalentform (Form
III), weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen,
allgemeinen Wertform machen.“ K. Marx, Kapital I :
82. 3. Übergang aus der
allgemeinen Wertform zur Geldform „Die allgemeine Äquivalentform ist
eine Form des Werts überhaupt. Sie kann also jeder Ware zukommen... Die
spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform
gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als
Geld... Diesen bevorzugten Platz hat unter den Waren... eine bestimmte
Ware historisch erobert, das Gold.“ K. Marx, Kapital I :
83f. D) Geldform
(Form IV) 20 Ellen Leinwand = 2
Unzen Gold 1 Rock
= 2 Unzen Gold 10 Pfd. Tee
= 2 Unzen Gold x Ware A
= 2 Unzen Gold ... usw.
= 2 Unzen Gold „Es finden wesentliche
Änderungen statt beim Übergang von Form I zu Form II, von Form II zu Form
III. Dagegen unterscheidet Form IV sich durch nichts von Form III, außer
dass jetzt statt Leinwand Gold die allgemeine Äquivalentform besitzt. Gold
bleibt in Form IV, was die Leinwand in Form III war - allgemeines
Äquivalent (d. h. Wertverkörperung für alle Waren und
gesellschaftlicher Wertmaßstab)... Gold tritt den andren
Waren nur als Geld gegenüber, weil es ihnen bereits zuvor als Ware
gegenüberstand. Gleich allen andren Waren funktionierte es auch als
einzelnes Äquivalent (Wertgleiches) in vereinzelten Tauschakten...
Nach und nach funktionierte es in engeren oder weiteren Kreisen als
allgemeines Äquivalent. Sobald es das Monopol dieser Stelle im
Wertausdruck der Warenwelt erobert hat, wird es Geldware, und erst von dem
Augenblick, wo es bereits Geldware geworden ist, unterscheidet sich Form
IV von Form III. oder ist die allgemeine Wertform verwandelt in die
Geldform.“ K. Marx, Kapital I : 84. „Die Schwierigkeit im
Begriff der Geldform beschränkt sich auf das Begreifen der ... allgemeinen
Wertform überhaupt, der Form III. Form III löst sich rückbezüglich auf in
Form II, ... und ihr bestimmendes Element ist Form I: 20 Ellen Leinwand =
1 Rock oder x Ware A = y Ware B. Die einfache Warenform ist daher der Keim
der Geldform.“ K. Marx, Kapital I : 85. 4. Der
Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis „...Sobald die Menschen
in irgendeiner Weise füreinander arbeiten, erhält ihre Arbeit auch eine
gesellschaftliche Form. Woher entspringt also der rätselhafte Charakter
des Arbeitsprodukts, sobald es Warenform annimmt? Offenbar aus dieser Form
selbst. Die Gleichheit der
menschlichen Arbeiten erhält die sachliche Form der gleichen
Wertgegenständlichkeit der Arbeitsprodukte, das Maß der Verausgabung
menschlicher Arbeitskraft durch die Zeitdauer erhält die Form der
Wertgröße der Arbeitsprodukte, endlich die Verhältnisse der Produzenten,
worin jene gesellschaftlichen Bestimmungen ihrer Arbeiten bestätigt
werden, erhalten die Form eines gesellschaftlichen Verhältnisses der
Arbeitsprodukte. ... Es ist nur das bestimmte
gesellschaftliche Verhältnis der Menschen selbst, welches hier für sie die
trügerische Form eines Verhältnisses von Dingen annimmt.“ K. Marx,
Kapital I : 86. „In der Tat befestigt
sich der Wertcharakter der Arbeitsprodukte erst durch ihre Betätigung als
Wertgrößen. Die letzteren wechseln beständig, unabhängig vom Willen,
Vorwissen und Tun der Austauschenden. Ihre eigne gesellschaftliche
Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren
Kontrolle sie stehen, statt sie zu kontrollieren.“ K. Marx, Kapital I :
89. „Die Gestalt des
gesellschaftlichen Lebensprozesses, d. h. des materiellen
Produktionsprozesses, streift nur ihren mystischen Nebelschleier ab,
sobald sie als Produkt frei vergesellschafteter Menschen unter deren
bewusster planmäßiger Kontrolle steht.“ K. Marx, Kapital I : 94.
Zur Methode dieser
Online-Lektüre: Diese
Kurzfassung aller drei Kapital-Bände verzichtet auf die Vertiefung
von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx'
Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen
Worten. Jedem
neuen Abschnitt wird eine Zusammenfassung des bisherigen Gedankengangs
vorangestellt. Wo es dem
Verständnis dient, wurden Fremdwörter, Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenbeispiele modernisiert. Diese und andere
Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver
Schrift. Auslassungen
im laufenden Text sind durch drei Punkte ... kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von
Marx sind normal fett
gedruckt. Jedes
Zitat enthält die Seitenangabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wal
Buchenberg
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