Qualifikation der Lohnarbeit
1. Der
Arbeitsmarkt teilt sich für das Kapital in drei Gruppen: niedrige
Qualifikation (un-/angelernte Arbeitskräfte), normale Qualifikation (10.
Schuljahr oder Abitur plus Lehre) und höhere Qualifikation
(Hochschulabschluss).
Die Konkurrenz der Lohnarbeiter beim Verkauf
ihrer Arbeitskraft findet vor allem innerhalb ihrer Qualifikationsgruppe
statt. Sofern aber Arbeitskräfte von verschieden hoher Qualifikation
austauschbar sind, machen sie sich auch Konkurrenz über die
Qualifikationsgrenzen hinweg.
"We find that the
substitution elasticity between unskilled and skilled labor is rather low
in most sectors of the economy."(1975-1990). LitDokAB 99/2000-1, a-540.
1.1
Durch technischen Wandel und Kapitalexport hat die Nachfrage nach niedrig
qualifizierter Arbeitskraft abgenommen, die Arbeitsnachfrage für höher
Qualifizierte hat relativ zugenommen.
"Als Fazit ist festzuhalten:
die ... relative Verlagerung innerhalb der Tätigkeitsstruktur von den
unqualifizierten zu qualifizierten Tätigkeiten verläuft in Zukunft
ungebrochen weiter. Die Verschiebungen zwischen den Qualifikationsebenen
wie auch die Strukturumschichtung von Produktions- zu
Dienstleistungstätigkeiten wird ... eher ausgeprägter ablaufen." LitDokAB
1998/99 a-1055.
"Seit Mitte der siebziger Jahre wird für die
OECD-Länder eine Verschiebung der relativen Arbeitsnachfrage weg von
gering qualifizierten Arbeitskräften und hin zu höher qualifizierten
Arbeitskräften beobachtet." LitDokAB 99/2000-2, b-180.
"Die Zahl
der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss ist zwischen 1961 und 1988 von
770000 auf mehr als 3,1 Millionen angestiegen. Der Anteil der
Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss an allen Erwerbstätigen
(=Akademikerquote) hat sich von knapp 3 % auf über 11 % erhöht. Mit einem
weiteren Anstieg ist zu rechnen. Die Erwerbs- und Einkommensaussichten bei
der einen oder anderen Akademikergruppe verschlechtert sich tendenziell."
LitDokAB 3. Ergänzg 93 1-219.
"Während Hoch- und
Fachhochschulabsolventen auch nach 1995 erneut Arbeitsplätze hinzugewinnen
konnten, verschlechterten sich die Arbeitsmarktchancen von Personen ohne
abgeschlossene Berufsausbildung weiter. ... Aber auch die mittleren
Qualifikationen werden immer stärker von dem Beschäftigungsabbau erfasst.
Männer sind von der Beschäftigungskrise stärker betroffen als Frauen."
LitDokAB 99/2000-1, a-543.
"Bei einfachen Tätigkeiten, für die eine
berufliche Qualifizierung nicht erforderlich ist, ist mit weiterhin
erheblichen Anteilseinbußen zu rechnen. Tätigkeiten auf mittlerem
Anforderungsniveau, die eine berufliche Qualifizierung voraussetzen,
werden ihr Gewicht in etwa halten können. Die absoluten und relativen
Gewinner sind die höher- bzw. hochqualifizierten Tätigkeiten in
Dienstleistungsfunktionen." LitDokAB 1998/99 a-826.
"Zum ersten ist
mittel- und langfristig von deutlichen Verschiebungen der Arbeitsplätze
nach Tätigkeitsanforderungen auszugehen. Einfache, ungelernte und
Anlerntätigkeiten werden abnehmen, höherwertige Tätigkeiten und
Arbeitsplätze werden zunehmen. Zu rechnen ist zum zweiten mit einem
deutlichen Anstieg der Teilzeitarbeitsplätze." LitDokAB 99/2000-2,
b-656.
"Im Jahre 2010 dürften fast drei Viertel der
Erwerbstätigen überwiegend tertiäre Tätigkeiten ausüben; dabei dürfte sich
der Anteil der höherqualifizierten Tätigkeiten von derzeit 28 % auf rund
40 % erhöhen." LitDokAB 1993/94 a-1355.
1.2 Die
Arbeitslosenzahlen zeigen spiegelbildlich die veränderte
Qualifikationsnachfrage:

"In Deutschland (musste) in den
vergangenen beiden Jahrzehnten .... vor allem bei den unteren
Qualifikationsgruppen ein deutlicher Beschäftigungsverlust
konstatiert werden..... Diese indirekten Effekte auf die qualifikatorische
Beschäftigungsstruktur erweisen sich als quantitativ bedeutsam." LitDokAB
99/2000-2, b-423.
"Im Jahr 1995 war in Westdeutschland bereits
jeder fünfte, im Osten fast jeder zweite "Ungelernte" arbeitslos. Trotz
Beschäftigungskrise konnten Akademiker im Westen zusätzlich fast 590000
und im Osten knapp 100.000 Arbeitsplätze hinzugewinnen. Verschlechtert hat
sich jedoch auch die Arbeitsmarktposition von Personen mit abgeschlossener
Lehre oder Fachschulausbildung. .... Diese Qualifikationsebene verlor
zwischen 1991 und 1995 im Osten fast 1 Million Arbeitsplätze. im Westen
230.000 Arbeitsplätze." LitDokAB 1998/99 b-547.
"Die Entwicklung
der Beschäftigung im Zeitraum 1993 bis 1996 ... zeigt einen Rückgang bei
den Arbeitern ohne Berufsausbildung ..." LitDokAB 2000,
a-178.
"Ungelernte Arbeitnehmer haben in Deutschland ein dreimal so
hohes Arbeitslosenrisiko wie ausgebildete Arbeitnehmer. Die
Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitskräfte ohne abgeschlossene
Berufsausbildung werden zukünftig noch weiter zurückgehen." LitDokAB
1998/99 a-1523.
"Das Arbeitsmarktrisiko der Geringqualifizierten
nimmt stetig zu." (Institut der Deutschen Wirtschaft) LitDokAB 2000,
b-459.
"Die Analysen lang- und mittelfristiger Trends auf
Arbeitsmärkten und in Organisationen zeigt, dass bislang
rationalisierungsbedingte Beschäftigungseinbußen im primären und
sekundären Sektor der Volkswirtschaft durch Beschäftigungsexpansion im
Dienstleistungsbereich und da insbesondere im öffentlichen Dienst
überkompensiert werden konnten. ...In der sich jetzt abzeichnenden
Entwicklung reicht die Zahl der durch IuK-Technologien neu entstehenden
Arbeitsplätze nicht aus, um Rationalisierungsverluste auch künftig noch zu
kompensieren. Allein hochqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
werden von der Informatisierung der Wirtschaft profitieren können."
LitDokAB 2000, b-300.
2. Die veränderte Nachfrage der Arbeitsqualifikation
drückte die Löhne für einfache Arbeit und hob die Löhne für
hochqualifizierte Arbeit. (1984-89): "He finds that
university graduates" wages increase, and the wages of workers without
postsecondary degree decreases, as the industry share of unskilled workers
increases. The effect for apprentices is ambiguous." LitDokAB 99/2000-1,
a-365.
"die Arbeitsmarktposition von qualifizierten
Arbeitskräften hat sich in Großbritannien seit Ende der 70er Jahre
verbessert. Das führte zu einer wachsenden Lohndifferenzierung. LitDokAB
1993/94 a-1249.
"In den achtziger Jahren war in den USA ein Zunahme
der Lohndifferenzen zwischen qualifizierten und unqualifizierten
Arbeitskräften zu beobachten... Als wichtigste Ursache wird eine
Veränderung der Qualifikationsstruktur der Arbeitsnachfrage infolge des
technologischen Wandels angesehen." LitDokAB 1993/94
a-1261.
2.1. Die bisher relativ günstige Arbeitsmarktlage für
Hochschulabgänger wird sich nicht fortsetzen: "Die Expansion der
Hochschulbildung seit 1975 über den Arbeitsmarktbedarf hinaus hat sich
fortgesetzt. LitDokAB 1998/99
a-1437.
"Für Hochschulabsolventen ist der Markt enger geworden. Die
Arbeitslosigkeit von Akademikern hat in den vergangenen Jahren stetig
zugenommen." LitDokAB 1998/99 a-1434.
"Der Einstellungsbedarf für Hochschulabgänger liegt mit
114000 bis 155000 HochschulabsolventInnen pro Jahr etwas niedriger als das
Neuangebot." LitDokAB 1998/99 a-1453.
"Nicht mehr jeder
Hochschulabsolvent kann damit rechnen, eine feste Anstellung zu finden,
und freigesetzte Fach- und Führungskräfte - zu jung für die Pensionierung
- müssen sich selbständig machen." LitDokAB 1998/99 a-1501.
Es gebe
"Schwierigkeiten von Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt: Es bestehe
keine Garantie für karriereorientierte Erwerbsverläufe mehr...." LitDokAB
1998/99 b-944.
"Für Deutschland wird im Jahr 2010 -
vorsichtig gerechnet- mit einem Überangebot von Akademikern von fast 1,6
Millionen gerechnet (950.000 überschüssige HochschulabgängerInnen und
640.000 überschüssige FachhochschulabgängerInnen). LitDokAB 1998/99
a-1454.
3. Unter- und höherqualifizierte Arbeit (Substitution
von Qualifikationen)
"Die Struktur der Gruppe der nicht formal
Qualifizierten (ist) wesentlich heterogener als angenommen. So besitzen
lediglich 13% von ihnen keinen allgemeinbildenden Schulabschluss, 7% haben
Abitur, 13% die mittlere Reife. Dreiviertel sind Deutsche, die Verteilung
auf die Geschlechter ist gleichgewichtig." LitDokAB S 4 (1999-2003), Nr.
1-307.
3.1 Durch Ersetzung von höherqualifizierter Arbeit
durch niedriger Qualifizierte werden Lohnkosten gespart (und das
Qualifikationsniveau der Lohnarbeiter insgesamt
angehoben) "Immerhin lässt sich erkennen, dass seit 1961 die
Zuwachsrate der Hochschulabsolventen wesentlich geringer als die der
anderen technisch-naturwissenschaftlichen Arbeitskräfte gewesen sein muss,
denn einem rapiden Anstieg von fast 50 % der gesamten
technisch-naturwissenschaftlichen Intelligenz steht eine relativ geringe
Zunahme von weniger als 10 % auf der Seite der diplomierten und
promovierten Naturwissenschaftler und Ingenieure gegenüber. ... Diese
Entwicklung scheint sich seit 1970 fortgesetzt zu haben. Ein Vergleich der
Volkszählungsergebnisse von 1970 mit den Mikrozensus-Untersuchungen von
1973 und 1976 deutet eine quantitative Stagnation für Ingenieure und
Naturwissenschaftler an, ebenso einen Stillstand bei den technischen
Sonderfachkräften, dagegen einen deutlichen Anstieg der
Technikerzahlen..." (D.W. Busch u.a., Tätigkeitsfelder und Qualifikationen
von Wirtschafts-, Sozial-, Ingenieur- und Naturwissenschaftlern, Frankfurt
1981, 293 - 295.
"Während die Programmiertätigkeit in den vierziger
Jahren eine überwiegend von Frauen ausgeübte Tätigkeit war, verwandelte
sich diese im nächsten Jahrzehnt in eine eher von Männern ausgeübte
Tätigkeit. ... In den achtziger Jahren kehrten die Frauen in das nun viel
weitere Berufsfeld zurück ..." LitDokAB 1998/99 a-1420.
"We find
that the substitution elasticity between unskilled and skilled labor is
rather low in most sectors of the economy. However, the substitution
elasticity is relative high for males in the construction sector and for
females in personal services. In these sectors, earnings of unskilled
workers have even increased to skilled workers in the observation period."
(1975-1990). LitDokAB 99/2000-1, a-540.
"Der Personalbedarf
im IT-Bereich wird nach wie vor über Angelernte und Ungeschulte gedeckt.
Informatiker bleiben in der Minderheit." LitDokAB 99/2000-2,
b-1018.
3.2 Durch unterqualifizierte Beschäftigung macht sich
das Kapital Qualifikationen zu nutze, ohne deren Ausbildungskosten zu
bezahlen. Auch durch diese Substitution verschmilzt Hand- und Kopfarbeit
zunehmend. "Mehr als ein Sechstel der Erwerbstätigen in Deutschland
arbeitet in "unterwertigen", d.h. ausbildungsinadäquaten Positionen."
LitDokAB 99/2000-2, b-726.
"Die mittleren Positionen in der
industriellen Produktion und in den produktionsnahen Bereichen waren
bislang traditionelle Aufstiegspositionen für Fachkräfte mit einem dualen
Ausbildungsabschluss. Die .... technologische Entwicklung sowie der
betriebliche Strukturwandel tragen dazu bei, dass die Zahl dieser
Positionen abnimmt und dass auf die Positionen in der mittleren
Qualifikationsebene Absolventen der Fachhochschulen drängen." LitDokAB
99/2000-1, a-889.
"Von einer Proletarisierung der
Computerspezialisten könne man ... in dem Sinne sprechen, als die große
Mehrzahl von ihnen sich im Anforderungsniveau ihrer Arbeit wie in ihren
beruflichen Aufstiegsperspektiven Stück für Stück der Masse der
Sachbearbeiter in den Büros der deutschen Unternehmen annähert." LitDokAB
1993/94 a-2352.
Soweit nicht anders vermerkt, stammen Daten und
Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung,
Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg.
Wal Buchenberg, 27.11.2001
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