Berufsbildung

1. Die gesellschaftliche Arbeitsteilung ändert sich mit der technischen Grundlage der Produktion. Die intellektuellen Anforderungen an die gesellschaftliche Arbeit steigen, handwerkliche Fähigkeiten verlieren an Bedeutung.

1.1 Intellektualisierung der Arbeitswelt:

„Die Zahl der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss ist zwischen 1961 und 1988 von 770000 auf mehr als 3,1 Millionen angestiegen. Der Anteil der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss an allen Erwerbstätigen (=Akademikerquote) hat sich von knapp 3 % auf über 11 % erhöht. Mit einem weiteren Anstieg ist zu rechnen." LitDokAB 3. Ergänzg 93 1-219.

„In der deutschen Wirtschaft gibt es einen branchenübergreifenden Trend zur beruflichen Höherqualifizierung. Seit 1980 ist die Zahl der Beschäftigten ohne Berufsausbildung um fast ein Drittel gesunken, die der besser Qualifizierten deutlich gestiegen." (Institut der Deutschen Wirtschaft) LitDokAB 2000, b-459.

Im Jahr 1999 bewarben sich gut 800.000 Jugendliche um einen Ausbildungsplatz, während 290.000 ein Studium an einer Hochschule begannen.

„Der Bedarf an Akademikern dürfte bis zum Jahre 2010 weiter ansteigen; der gesamtwirtschaftliche Akademisierungsgrad der Erwerbstätigen würde sich dann ... auf bis zu 18 % erhöhen.“ LitDokAB 1998/99 a-1453.

Seit 1987 wird in verschiedenen Ausbildungsordnungen „Handlungskompetenz“ didaktisch berücksichtigt. Damit ist gemeint: „selbständiges Planen, selbständiges Durchführen und selbständiges Kontrollieren“. LitDokAB 1998/99 a-1340.

In den Berufsschulen haben sich Spezialklassen, Zusatzunterricht und doppelqualifizierende Maßnahmen im „Sinne einer Begabtenförderung für Berufsschüler“ entwickelt. Sie orientieren sich überwiegend an der Förderung der Allgemeinbildung und am Abitur bzw. der Studienberechtigung. LitDokAB 1998/99 a-1282.
Seit 1991 gibt es eine Begabtenförderung für Berufsschüler, für die inzwischen 100 Millionen DM aufgewendet wurden.“ LitDokAB 1998/99 a-1311.

„Die Erfahrung des Dilemmas zwischen zunehmenden Bildungsoptionen und schrumpfendem Arbeitsmarkt ist typisch für den gesellschaftlichen Strukturwandel....“ LitDokAB 1998/99 a-1423.

1.2. Die betriebliche Ausbildung schrumpft und verlagert sich in Kleinbetriebe:
„Gerade Großbetriebe bauen in noch stärkerem Umfang Ausbildungsstellen als Arbeitsplätze ab.“ LitDokAB 1998/99 a-1338.

1995 wurden 578.600 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, rund 11100 (2 %) mehr als im Vorjahr. 41,4 % der neuen Auszubildenden waren Frauen.“ LitDokAB 1998/99 a-1460.

1996 waren 627.278 Lehrlinge in den Lehrlingsakten der Handwerkskammer eingetragen. Das waren zu diesem Zeitpunkt 39,5 % aller Auszubildenden. Die große Mehrheit (90,8 %) der Auszubildenden im Handwerk wird in einem gewerblich-technischen Beruf ausgebildet, am häufigsten in der Berufsgruppe der Elektro- und Metallhandwerker sowie der Bau- und Ausbauhandwerke.“ LitDokAB 1998/99 b-720.

Die Gesamtzahl der Lehrberufe ist trotz Einführung neuer Lehrberufe im Laufe der Jahre immer weiter zurückgegangen. In den siebziger Jahren waren es noch über 500. „Derzeit sind 331 Ausbildungsberufe gesetzlich anerkannt.“ LitDokAB 1998/99 b-953.

1.3. Die betriebliche Ausbildung hinkt hinter der technischen Entwicklung her:
„Seit der Verabschiedung der Ausbildungsordnung von 1977 hat es in der deutschen Versicherungswirtschaft eine Vielzahl von grundsätzlichen Veränderung gegeben. Diese führten dazu, dass sich die gesetzliche Grundlage des Ausbildungsberufs ‚Versicherungskaufmann/-frau‘ immer mehr vom Qualifikationsbedarf der Versicherungswirtschaft entfernte. ...Die neue Ausbildungsordnung für Versicherungskaufleute wurde in nur zwei Jahren Entwicklungszeit erarbeitet und am 14.02.1996 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.“ LitDokAB 1998/99 a-1418.

„Die vier neuen IT-Berufe (IT-Systemelektroniker, Fachinformatiker, IT-Systemkaufleute, Informatikkaufleute) schließen eine strukturelle Ausbildungslücke...“ LitDokAB 1998/99 a-1420.

„Symptome und Ursachen des Niedergangs des dualen Systems“. - über den notwendigen Umbau des dualen Systems in der Berufsausbildung...“ LitDokAB 1998/99 a-1333.

2. Mit den technischen Umwälzungen werden veraltete Qualifikationen wertlos. Eine einmalige Berufsausbildung in der Jugendzeit reicht nicht für ein ganzes Arbeitsleben.
„Die Verfasser vertreten die These, dass trotz steigender Qualifikationsanforderungen auf der Nachfrageseite und steigender Durchschnittsqualifikation auf der Angebotsseite von Arbeitskräften der Beruf als jene spezifische Verbindung von (Berufs)Fachlichkeit und sozialer Orientierung und Integration... zunehmend fragwürdig wird...
(Durch beschleunigten technischen Wandel) lässt sich nicht nur das Anforderungsprofil des handwerklich versierten Facharbeiters auf... (Der technische Wandel) entzieht ... der sozialen Basis des Berufs den Boden...
Der Blick auf den Dienstleistungssektor bestätigt ebenfalls den Schluss, dass der Beruf ... auf breiter Front erodiert.“ LitDokAB 99/2000-1, a-340.

„Die Fähigkeit zur laufenden Aneignung neuer Fertigkeiten und Kenntnisse am Arbeitsplatz wird auf dem Arbeitsmarkt immer stärker nachgefragt, besonders in den Branchen der Fertigungsindustrie, die einem harten Wettbewerb und einer rasanten technischen Entwicklung unterworfen sind." LitDokAB 2000, b-253.

„Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigen den wachsenden Stellenwert der beruflichen Weiterbildung. Berufliche Weiterbildung verfügt unter den Erwerbspersonen offensichtlich über ein sehr gutes Image... Beleg dafür ist vor allem, dass die Lohnabhängigen in Deutschland in hohem Maße bereit sind, sowohl viel Freizeit als auch erhebliche finanzielle Mittel für ihre berufliche Weiterqualifizierung aufzubringen.“ LitDokAB 1998/99 a-1372.

„Die Erhebung ergab, dass umgerechnet je Mitarbeiter die befragten Unternehmen im Durchschnitt 1.677 DM in die Weiterbildung investiert haben.“ LitDokAB 99/2000-1, a-836.

„1993 nahmen 2,8 Millionen Beschäftigte an betrieblich finanzierten Weiterbildungsmaßnahmen teil.“ LitDokAB 1998/99 b-897.

(Datenbasis: 200 Groß- und Mittelbetriebe) Ergebnis: „Die betrieblichen Aufwendungen sowohl für die Ausbildung als auch für die Weiterbildung sind gestiegen.“ - mit Kostenverlagerung auf Weiterbildung. LitDokAB 1993/94 a - 498.

„Bei gut der Hälfte von 224 untersuchten Unternehmen zeigen die Weiterbildungsetats eine steigende Tendenz für 1993. ... EDV-Themen sind die Spitzenreiter.“ LitDokAB 1993/94  a-507.

Falls nicht anders vermerkt stammen Zitate und Daten aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg.

Marx über Ausbildung