K. Marx über Sklaverei


1. Sklaverei setzt schon eine gewisse Arbeitsteilung (Trennung zwischen einfacher und komplizierter Arbeit), ein gewisse Höhe der Reichtumsproduktion und eine Zersplitterung (Privatisierung) des ursprünglichen Gemeineigentums voraus.
Bis zur Sesshaftwerdung der Menschen gab es nur Stammeseigentum in Form der Herde oder in Form des gemeinsamen Bodenbesitzes (ca. 500.000 bis 8000 v. Chr.). Das Stammeseigentum lässt Sklaverei nicht zu oder nur in sehr rudimentären Formen.
„Sklaverei, Leibeigenschaft etc, wo der Arbeiter selbst unter den Naturbedingungen der Produktion für ein drittes Individuum oder Gemeinwesen erscheint ... ist immer sekundär, nie ursprünglich, obgleich notwendiges und konsequentes Resultat des auf dem Gemeinwesen und Arbeit im Gemeinwesen gegründeten Eigentums.“ K. Marx, Grundrisse, 395.

„Die Geschichte zeigt ... das Gemeineigentum (z.B. bei den Indern, Slawen, alten Kelten etc.) als die ursprünglichere Form, eine Form, die unter der Gestalt des Gemeindeeigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielt.“ K. Marx, Grundrisse, 9.

„Bei wandernden Hirtenstämmen - und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd - erscheint die Erde gleich den anderen Naturbedingungen in elementarischer Unbegrenztheit, z.B. in den asiatischen Steppen und der asiatischen Hochebene. Sie wird abgeweidet etc. konsumiert durch die Herden, an denen wieder die Herdenvölker existieren.
Sie verhalten sich zu ihr als ihrem Eigentum, obgleich sie dies Eigentum nie fixieren. ...
Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die Gemeinde in der Tat stets vereinigt, Reisegesellschaft, Karawane, Horde, und die Formen der Über- und Unterordnung entwickeln sich aus den Bedingungen dieser Lebensweise.“ K. Marx, Grundrisse, 390.

„Eine natürliche Produktionsbedingung für das lebendige Individuum ist sein Zugehören zu einer naturwüchsigen Gesellschaft, Stamm etc. Dieses ist z.B. schon Bedingung für seine Sprache etc. Sein eigenes produktives Dasein ist nur unter dieser Bedingung. ...
Das Eigentum meint also Gehören zu einem Stamm (Gemeinwesen) ... und vermittelst des Verhaltens dieses Gemeinwesens zum Grund und Boden, zur Erde als seinem unorganischen Leib ...“ K. Marx, Grundrisse, 391f.

„Das Verhalten zur Erde als Eigentum ist immer vermittelt durch die Besetzung, friedliche oder gewaltsame, von Grund und Boden durch den Stamm oder die Gemeinde in irgendeiner mehr oder minder naturwüchsigen oder schon historisch entwickelteren Form.
Das Individuum kann hier nie in der Punktualität auftreten, in der es als bloßer freier Arbeiter erscheint.“ K. Marx, Grundrisse, 385.

„Der Mensch vereinzelt sich erst durch den historischen Prozess. Er erscheint ursprünglich als ein Gattungswesen, Stammwesen, Herdentier...“ K. Marx, Grundrisse, 395.

2. Mit der Sesshaftigkeit (seit ca. 8000 v. Chr.) entwickelte sich die gemeinsame Arbeit und das Gemeineigentum entweder zu einem patriarchalen Despotismus (Sumerer, Ägypter, Inder, Chinesen = „asiatische Produktionsweise“) oder zu einer patriarchalen Demokratie (frühes Griechenland, frühes Rom, Germanen). In beiden Produktionsweisen spielt Sklavenarbeit eine ganz unwesentliche Rolle.
„Es kann ... die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem einzigen Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist (=patriarchaler Despotismus), oder als die Beziehung der Familienväter aufeinander (=patriarchale Demokratie).
Danach entwickelt sich eine entweder mehr despotische oder demokratische Form dieses Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse, 377.

2.3. Eine relative Selbstständigkeit der Einzelfamilie innerhalb der Stammesgemeinschaft führt zur Herausbildung von Privateigentum zunächst als Familieneigentum. Erst auf dieser Stufe wird Sklavenarbeit in größerem Umfang möglich.
„Privateigentum, als Gegensatz zum gesellschaftlichen, kollektiven Eigentum, besteht nur da, wo die Arbeitsmittel und die äußeren Bedingungen der Arbeit (= Land) Privatleuten gehören.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 789.

„Je weniger faktisch das Eigentum des Einzelnen nur verwertet (d.h. vermehrt) werden kann durch gemeinsame Arbeit - also z.B. wie die Wasserleitungen im Orient -, je mehr der rein naturwüchsige Charakter des Stammes durch historische Bewegung, Wanderung, gebrochen; je mehr ferner der Stamm sich entfernt von seinem ursprünglichen Sitz und fremden Boden okkupiert, also in wesentlich neue Arbeitsbedingungen tritt und die Energie des Einzelnen mehr entwickelt ist  ..., um so mehr sind die Bedingungen gegeben, dass der Einzelne Privateigentümer von Grund und Boden - einer besonderen Parzelle - wird, deren besondere Bearbeitung ihm und seiner Familie anheimfällt.“ K. Marx, Grundrisse, 378.

„Die Gemeinde - als Staat - ist einerseits die Beziehung dieser freien und gleichen Privateigentümer aufeinander, ihre Verbindung gegen außen, und ist zugleich ihre Garantie.
Das Gemeinwesen beruht hier ebenso sehr darauf, dass seine Mitglieder aus arbeitenden Grundeigentümern, Parzellenbauern bestehen, wie die Selbständigkeit der letzteren durch ihre Beziehung als Gemeindeglieder aufeinander, Sicherung des ager publicus für die gemeinschaftlichen Bedürfnisse und den gemeinschaftlichen Ruhm etc. besteht.
Voraussetzung bleibt hier für die Aneignung des Grund und Bodens Mitglied der Gemeinde zu sein, aber als Gemeindemitglied ist der Einzelne Privateigentümer. Er bezieht sich zu seinem Privateigentum als Grund und Boden, aber zugleich als seinem Sein als Gemeindemitglied, und die Erhaltung seiner als Grundbesitzer ist ebenso die Erhaltung der Gemeinde, wie umgekehrt ...
Das Eigentum an der eigenen Arbeit ist vermittelt durch das Eigentum an der Bedingung der Arbeit - dem Hufen Land, seinerseits garantiert durch das Dasein der Gemeinde, und diese wieder durch die Mehrarbeit in Form von Kriegsdienst etc. der Gemeindemitglieder. Es ist nicht Kooperation in der reichtumsschaffenden Arbeit, wodurch sich das Gemeindemitglied reproduziert, sondern Kooperation in der Arbeit für die gemeinschaftlichen Interessen (imaginären und wirklichen) zur Aufrechterhaltung des Verbandes nach außen und innen.“ K. Marx, Grundrisse, 379f.

„Abgesehen von allen von außen kommenden schädlichen Einflüssen trägt die Gemeinde in ihrem eigenen Innern die sie zerstörenden Elemente.
Das Privateigentum an Grund und Boden hat sich bereits dorthin eingeschlichen in Gestalt eines Hauses mit seinem Hof, es kann sich zu einem starken Bollwerk verwandeln, von wo aus der Angriff gegen das gemeinschaftliche Land vorbereitet wird. ...
Aber das Wesentliche ist die parzellierte Arbeit als Quelle der privaten Aneignung. Sie lässt der Akkumulation beweglicher Güter Raum, z.B. von Vieh, Geld, bisweilen sogar von Sklaven oder Leibeigenen. Dieses bewegliche, von der Gemeinde unkontrollierbare Eigentum – Gegenstand individuellen Tausches, wobei List und Zufall leichtes Spiel haben, - wird auf die ganze ländliche Ökonomie einen immer größeren Druck ausüben. Das ist das zersetzende Element der ursprünglichen ökonomischen und sozialen Gleichheit. Es führt heterogene Elemente ein, die im Schoße der Gemeinde Interessenkonflikte und Leidenschaften schüren, die geeignet sind, zunächst das Gemeineigentum an Ackerland, dann das an Wäldern, Weiden, Brachland etc. anzugreifen, die einmal in Gemeindeanhängsel des Privateigentums umgewandelt, ihm schließlich zufallen werden.“ K. Marx an Sassulitsch, Entwurf, 1881, MEW 19, 404.

„Damit die Gemeinde fortexistiere in der alten Weise, als solche, ist die Reproduktion ihrer Glieder unter den vorausgesetzten objektiven Bedingungen nötig. Die Produktion selbst, Fortschritt der Bevölkerung ... hebt notwendig nach und nach diese Bedingungen auf; zerstört sie statt sie zu reproduzieren ... und damit geht das Gemeinwesen unter mit den Eigentumsverhältnissen, auf denen es gegründet war.
Am zähesten und längsten hält sich notwendig die asiatische Form. Es liegt dies in ihrer Voraussetzung, dass der Einzelne nicht der Gemeinde gegenüber selbständig wird; dass ein selbstversorgender Kreis der Produktion, Einheit von Agrikultur und Handmanufaktur etc. besteht.
Verändert der Einzelne sein Verhältnis zur Gemeinde, so verändert er damit und wirkt zerstörend auf die Gemeinde; wie auf ihre ökonomische Voraussetzung; andererseits wird die Änderung dieser ökonomischen Voraussetzung - durch ihre eigene Dialektik hervorgebracht, Verarmung etc.
Namentlich der Einfluss des Kriegswesens und der Eroberung, der in Rom z.B. wesentlich zu den ökonomischen Bedingungen der Gemeinde selbst gehört, - hebt auf das reale Band, worauf sie beruht. ...
Die Entwicklung der Sklaverei, die Konzentration des Grundbesitzes, Austausch, Geldwesen, Eroberung etc. so bei den Römern, obgleich alle diese Elemente bis zu einem gewissen Punkt verträglich zu sein scheinen mit der Grundlage und sie teils nur unschuldig zu erweitern scheinen, teils als bloße Missbräuche aus ihr hervorzuwachsen scheinen.“ K. Marx, Grundrisse, 386.

3. Unproduktive und produktive Sklaverei.
„Der Mensch A ist als solcher nicht Sklave. Sklave ist er in der und durch die Gesellschaft.“ K. Marx, Grundrisse, 176.

3.1. Haus- oder Palastsklaverei von Frauen und Kindern treten schon auf frühen gesellschaftlichen Stufen auf, wo größerer Reichtum konzentriert ist. Die Arbeit der Haussklaven vermehrte diesen Reichtum nicht, sondern zehrte von ihm. Diese unproduktive Sklaverei war nur eine Form des Luxus.
„Bloße Haussklaven, sei es dass sie zur Leistung notwendiger Dienste oder bloß zur Luxusparade dienen, ... entsprechen unserer dienenden Klasse.“ K. Marx, Kapital II. MEW 24, 475.

„...Das Eigentum ... (hat) in der Familie, wo die Frau und Kinder die Sklaven des Mannes sind, schon im Keim seine erste Form .... Die freilich noch sehr rohe, latente Sklaverei in der Familie ist das erste Eigentum, das übrigens hier schon vollkommen der Definition der modernen Ökonomen entspricht, nach der es die Verfügung über fremde Arbeitskraft ist.“ K. Marx, Dt. Ideologie, MEW 3, 32.

3.2. Die Voraussetzungen für Sklavenausbeutung, für produktive Sklaverei, waren doppelt: Subjektiv musst der Sklavenbesitzer genug Reichtum haben, um eine Expedition für den Sklavenfang auszurüsten oder um den Kaufpreis für seine Sklaven zu errichten. Objektiv musste die Arbeitsteilung – die Trennung zwischen einfacher und komplizierter Arbeit - genügend entwickelt sein, dass der Einsatz von sklavischer Zwangsarbeit mit geringer Ausbildung, geringer Umsicht und geringem Arbeitswillen möglich wurde.
„Braucht der Arbeiter alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und seiner Rasse nötigen Lebensmittel zu produzieren, so bleibt ihm keine Zeit, um unentgeltlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen Produktivitätsgrad der Arbeit existiert keine solche frei verfügbare Zeit für den Arbeiter, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine Kapitalisten, aber auch keine Sklavenhalter, keine Feudalbarone, in einem Wort keine Großbesitzerklasse.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 534.

„Es ist keineswegs der Entwicklungsgang der Gesellschaft, dass weil Ein Individuum seine Not befriedigt hat, es nun seinen Überfluss schafft; sondern weil Ein Individuum oder Klasse von Individuen gezwungen wird mehr zu arbeiten als zur Befriedigung seiner Not nötig - weil Mehrarbeit auf der Einen Seite - wird Nichtarbeit und zusätzlicher Reichtum auf der anderen gesetzt.... Oder weil ein Individuum nur seine eigene Not befriedigen kann, indem es zugleich die Not und einen Überschuss über dieselbe für ein anderes Individuum befriedigt. Bei der Sklaverei ist dies brutal.“ K. Marx, Grundrisse, 305f. Anm.

„In dem Sklaven wird das Produktionsinstrument direkt geraubt. Dann aber muss die Produktion des Landes, für das er geraubt wird, so gegliedert sein, um Sklavenarbeit zuzulassen, oder ... es muss eine dem Sklaven entsprechende Produktionsweise geschaffen werden.“ K. Marx, Grundrisse, 19.

„Wird der Mensch selbst als organisches Zubehör des Grund und Bodens mit ihm erobert, so wird er miterobert als eine der Produktionsbedingungen, und so entsteht Sklaverei und Leibeigenschaft, die die ursprünglichen Formen aller Gemeinwesen bald verfälscht und modifiziert, und selbst zu ihrer Basis wird.“ K. Marx, Grundrisse, 391.

„In der antiken Welt resultiert die Wirkung des Handels und die Entwicklung des Kaufmannskapitals stets in Sklavenwirtschaft; je nach dem Ausgangspunkt auch nur in Verwandlung eines patriarchalischen, auf Produktion unmittelbarer Subsistenzmittel gerichteten Sklavensystems in ein auf Produktion von Mehrwert gerichtetes.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 344.

 „Die Grundbedingung des auf dem Stammwesen (worein sich das Gemeinwesen ursprünglich auflöst) ruhenden Eigentums - Mitglied des Stammes sein - macht den vom Stamm eroberten fremden Stamm, den unterworfenen, eigentumslos ...“ K. Marx, Grundrisse, 392.

„Im Sklavenverhältnis gehört der Sklave dem einzelnen, besonderen Eigentümer, dessen Arbeitsmaschine er ist. Als Totalität von Kraftäußerung, als Arbeitsvermögen, ist er einem anderen gehörige Sache und verhält sich daher nicht als Subjekt zu seiner besonderen Kraftäußerung, oder der lebendigen Arbeitstat... Im Sklavenverhältnis ist der Arbeiter nichts als lebendige Arbeitsmaschine, die daher einen Wert hat für andere oder vielmehr ein Wert ist.“ K. Marx, Grundrisse, 368.

„‚Ein produktiver Arbeiter ist einer, der Reichtum seines Herrn unmittelbar vermehrt.’ sagt Malthus ... sehr richtig; ... das gilt ebenso vom Sklaven ...“ K. Marx, Grundrisse, 213, Anm.

„Alle früheren Eigentumsformen verdammen den größten Teil der Menschheit, die Sklaven, reine Arbeitsinstrumente zu sein. Die geschichtliche Entwicklung, politische Entwicklung, Kunst, Wissenschaft etc. spielen in den höheren Kreisen über ihnen.“ K. Marx, Grundrisse, 484.

„Bei der auf Sklaverei basierenden Produktion so gut wie bei der patriarchalisch ländlich-industriellen, wo der größte Teil der Bevölkerung durch seine Arbeit unmittelbar den größten Teil seines Bedürfnisses befriedigt, ist der Kreis der Zirkulation und des Austausch sehr verengert und bei der ersten namentlich kommt der Sklave als Austauschender gar nicht in Betracht.“ K. Marx, Grundrisse, 321.

„In allen Formen, worin die Sklavenwirtschaft (nicht patriarchalisch, sondern wie in den späteren griechischen und römischen Zeiten) als Mittel der Bereicherung besteht, wo Geld also Mittel ist, durch Ankauf von Sklaven, Land etc. fremde Arbeit anzueignen, wird das Geld, eben weil es so angelegt wird, als Kapital verwertbar, zinstragend.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 608.

3.3. Sklavenarbeit erfordert ständige Aufsicht, ständigen Zwang.
 „Sklaven sind an sich kombiniert, weil unter einem Meister.“ K. Marx, Grundrisse, 482.

Die „Arbeit der Oberaufsicht entspringt notwendig in allen Produktionsweisen, die auf dem Gegensatz zwischen dem Arbeiter als dem unmittelbaren Produzenten und dem Eigentümer der Produktionsmittel beruhen.
Je größer dieser Gegensatz, desto größer ist die Rolle, die diese Arbeit der Oberaufsicht spielt. Sie erreicht daher ihr Maximum im Sklavensystem.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 397.

„Gewisse Industriezweige, z.B. Minenarbeit setzt von vorneherein Kooperation voraus. Solange das Kapital ... nicht existiert, findet sie als Zwangsarbeit (Fron- oder Sklavenarbeit) unter einem Aufseher statt. Ebenso Wegebau etc.“ K. Marx, Grundrisse, 480.

 „Der Mehrarbeitstag im Dienste des Arbeitsherren ist Arbeit für den Tauschwert, für den Reichtum.... die natürliche Grenze ist gesetzt durch die Anzahl der gleichzeitigen Arbeitstage oder der lebendigen Arbeitsvermögen, i.e. durch die Arbeitsbevölkerung. ... Menschenraub, Sklaverei, Handel mit Sklaven und Zwangsarbeit derselben, Vermehrung dieser arbeitenden Maschinen, Mehrprodukt produzierenden Maschinen ist hier direkt durch Gewalt gesetzt.“ K. Marx, Grundrisse, 654f.

„Indes ist klar, dass, wenn in einer ökonomischen Gesellschaftsformation nicht der Tauschwert, sondern der Gebrauchswert des Produkts vorwiegt, die Mehrarbeit durch einen engeren oder weiteren Kreis von Bedürfnissen beschränkt ist, aber kein schrankenloses Bedürfnis nach Mehrarbeit aus dem Charakter der Produktion selbst entspringt.
Entsetzlich zeigt sich daher im Altertum die Überarbeit, wo es gilt, den Tauschwert in seiner selbständigen Gestalt zu gewinnen, in der Produktion von Gold und Silber. Gewaltsam zu Tod arbeiten ist hier die offizielle Form der Überarbeit. Man lese nur Diodorus Siculus. Doch sind dies Ausnahmen in der alten Welt.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 250.

3.4. Sklavenarbeit erfordert ständige Zufuhr von Sklaven außerhalb des Wirtschaftskreislaufes. Die Sklavenwirtschaft reproduziert sich nicht selbst.
„Aber auch das Sklavensystem - sofern es in Agrikultur, Manufaktur, Schiffsbetrieb etc. die herrschende Form der produktiven Arbeit ist, wie in den entwickelten Staaten Griechenlands und in Rom - behält ein Element der Naturalwirtschaft bei. Der Sklavenmarkt selbst erhält beständig Zufuhr seiner Arbeitskraft-Ware durch Krieg, Seeraub etc. und dieser Raub ist seinerseits nicht durch einen Zirkulationsprozess vermittelt, sondern Naturalaneignung fremder Arbeitskraft durch direkten physischen Zwang.“ K. Marx, Kapital II. MEW 24, 474f.

3.5. Sklavenarbeit führt zur Verachtung der produktiven Arbeit, wo Sklaven eingesetzt sind.
„Allenthalben, wo Sklaverei ist, sucht der Freigelassene seinen Unterhalt durch Handwerk und Handel, bei denen er dann oft Reichtümer sammelt: so waren diese Gewerbe auch im Altertum meistens in ihren Händen, und dadurch für den Bürger nicht geziemend: daher die Meinung, dass Zulassung der Handwerker zum vollen Bürgerrecht bedenklich sei (in der Regel waren sie bei den älteren Griechen ausgeschlossen).“ K. Marx, Grundrisse, 381.

3.4. Der „Wert“ des Lohnarbeiters entspricht seinen Bildungs- und Lebenshaltungskosten, die jedoch nur stückweise und nur für die Dauer seiner Arbeit zu bezahlen sind. Der Wert eines Sklaven entspricht seinen Beschaffungskosten plus einer zu erwartenden Verzinsung. Diese Summe ist beim Erwerb eines Sklaven insgesamt aufzubringen. Der Erwerb eines Sklaven war immer teurer als das Anheuern eines Lohnarbeiters.
 
„Im Sklavensystem hat der Arbeiter einen Kapitalwert, nämlich seinen Kaufpreis. Und wenn er vermietet wird, hat der Mieter erstens den Zins des Kaufpreises zu zahlen und obendrein den jährlichen Verschleiß des Kapitals zu ersetzen.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 484.

„Von der sehr frühen Zeit an, wo Sklavenfängerei und Sklavenausbeutung getrennte Geschäftszweige wurden, mussten die Ausbeuter von Sklavenarbeit die Sklaven kaufen, die Herrschaft über den Menschen erst durch die Herrschaft über die Dinge, über den Kaufpreis, die Unterhalts- und Arbeitsmittel des Sklaven erwerben.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 173.

„Im Sklavensystem spielt das Geldkapital, das im Ankauf der Arbeitskraft ausgelegt wird, die Rolle von Geldform des fixen Kapitals, das nur allmählich ersetzt wird, nach Ablauf der aktiven Lebensperiode des Sklaven. Bei den Athenern wird daher der Gewinn, den ein Sklavenbesitzer direkt durch industrielle Verwendung seines Sklaven oder indirekt durch Vermietung desselben an andere industrielle Verwender (z.B. für Bergwerksarbeit) zieht, auch nur betrachtet als Zins (nebst Amortisation) des vorgeschossenen Geldkapitals, ganz wie in der kapitalistischen Produktion der industrielle Kapitalist ein Stück des Mehrwerts plus dem Verschleiß des fixen Kapitals als Zins und Ersatz seines fixen Kapitals in Rechnung setzt; wie dies auch Regel ist bei den fixes Kapital (Häuser, Maschinen etc.) vermietenden Kapitalisten.“ K. Marx, Kapital II. MEW 24, 474f.

4. Unterschiede Sklavenarbeit – Lohnarbeit
„Das Kapital hat die Mehrarbeit nicht erfunden. Überall, wo ein Teil der Gesellschaft das Monopol der Produktionsmittel besitzt, muss der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner Selbsterhaltung notwendigen Arbeitszeit überschüssige Arbeitszeit zusetzen, um die Lebensmittel für den Eigner der Produktionsmittel zu produzieren ...“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 249.

„So entscheidend es für die Erkenntnis des Werts überhaupt ist, ihn als bloße Gerinnung von Arbeitszeit, als bloß vergegenständlichte Arbeit zu begreifen, so entscheidend ist es für die Erkenntnis des Mehrwerts, ihn als bloße Gerinnung von Mehrarbeitszeit, als bloß vergegenständlichte Mehrarbeit zu begreifen.
Nur die Form, worin diese Mehrarbeit dem unmittelbaren Produzenten, dem Arbeiter, abgepresst wird, unterscheidet die ökonomischen Gesellschaftsformationen, z. B. die Gesellschaft der Sklaverei von der der Lohnarbeit.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 231.

„Damit ihr Besitzer seine Arbeitskraft als Ware verkaufe, muss er über sie verfügen können, also freier Eigentümer seines Arbeitsvermögens, seiner Person sein.
Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer der Arbeitskraft ist, beide also juristisch gleiche Personen sind.
Die Fortdauer dieses juristisch gleichberechtigten Verhältnisses verlangt, dass der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie ... ein für alle Mal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 182.

„Die Sklaverei, in der die Bourgeoisie das Proletariat gefesselt hält, kommt nirgends deutlicher ans Tageslicht als im Fabriksystem. Hier hört alle Freiheit rechtlich und faktisch auf. Der Arbeiter muss morgens um halb 6 in der Fabrik sein ... Er muss auf Kommando essen, trinken und schlafen ... Die despotische Glocke ruft ihn vom Bette, ruft ihn vom Frühstück und Mittagstisch. Und wie geht es nun gar erst in der Fabrik? Hier ist der Fabrikant absoluter Gesetzgeber. Er erlässt Fabrikregulationen, wie er Lust hat; er ändert und macht Zusätze zu seinem Kodex, wie es ihm beliebt; ...“ F. Engels, Zur Lage der Arbeiterklasse ..., zit. n. K. Marx, Kapital I. MEW 23, 447f.

Bei der Sklavenarbeit erscheint selbst der Teil des Arbeitstags, worin der Sklave nur den Wert seiner eigenen Lebensmittel ersetzt, den er in der Tat also für sich selbst arbeitet, als Arbeit für seinen Meister. Alle seine Arbeit erscheint als unbezahlte Arbeit.
Bei der Lohnarbeit erscheint umgekehrt selbst die Mehrarbeit oder unbezahlte Arbeit als bezahlt. Dort verbirgt das Eigentumsverhältnis das Fürsichselbstarbeiten des Sklaven, hier das Geldverhältnis das Umsonstarbeiten des Lohnarbeiters. ...
Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht und gerade sein Gegenteil zeigt, beruhen alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle Selbsttäuschungen der kapitalistischen Produktionsweise, alle ihre Freiheitsillusionen, alle beschönigenden Flausen der Vulgärökonomie.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 562.

„Bei der Sklaverei etc. wo nicht der falsche Schein durch die vorherige Verwandlung des Produkts - soweit es in Lohn ausgelegt wird - in Geld bewirkt, ist es auch handgreiflich, dass das, was der Sklave als Lohn erhält, in der Tat nichts ist, was der Sklaveneigner ihm „vorstreckt“, sondern nur der Teil der realisierten Arbeit des Sklaven ist, der ihm in der Form von Lebensmitteln wieder zuströmt. Ebenso beim Kapitalist. Er streckt nur dem Schein nach vor. Was er dem Arbeiter als Lohn ... zahlt, ... ist ein Teil des von dem Arbeiter produzierten und bereits in Geld verwandelten Produkts. .... Ein Teil des Produkts des Arbeiters, ... fließt ihm in der Form des Lohns ... zu.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III., MEW 26.3, 88f.

„Wir wissen: das wirkliche variable Kapital besteht aus Arbeitskraft ... Es ist nicht der Kapitalist I, der etwa von II notwendige Lebensmittel auf Vorrat kauft oder aufhäuft für die von ihm zu verwendende zusätzliche Arbeitskraft, wie es der Sklavenhalter tun musste. Es sind die Arbeiter selbst, die mit II handeln. Dies verhindert aber nicht, dass vom Standpunkt des Kapitalisten aus die Konsumtionsmittel zuschüssiger Arbeitskraft, ... also die Naturalform seines variablen Kapitals sind.“ K. Marx, Kapital II. MEW 24, 510.

„Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und den rechtlichen Schein des Kontrakts aufrechterhalten.
Früher machte das Kapital, wo es ihm nötig erschien, sein Eigentumsrecht auf den freien Arbeiter durch Zwangsgesetz geltend. So war z. B. die Emigration der Maschinenarbeiter in England bis 1815 bei schwerer Strafe verboten.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 599.

„Als Sklave hat der Arbeiter Tauschwert, einen Wert; als freier Arbeiter hat er keinen Wert; sondern nur die Verfügung über seine Arbeit (seine Arbeitskraft), ... hat Wert. ... Seine Wertlosigkeit und Entwertung ist die Voraussetzung des Kapitals und die Bedingung der freien Arbeit überhaupt.... Solange der Arbeiter als solcher Tauschwert hat, kann das industrielle Kapital als solches nicht existieren, also überhaupt nicht das entwickelte Kapital.“ K. Marx, Grundrisse, 199f.

„Für den Sklaven in Athen war keine Schranke da seiner Vermehrung außer den produzierbaren Lebensmitteln. Und wir hören nie, dass im Altertum arbeitslose Sklaven existiert hätten. Vielmehr steigt das Bedürfnis nach ihnen. Wohl aber Überbevölkerung von Nichtarbeitern (im unmittelbaren Sinn), die nicht zu viele waren in bezug auf vorhandene Lebensmittel, sondern die der Bedingung verlustig gegangen waren, unter denen sie sich aneignen konnten.“ K. Marx, Grundrisse, 501.

„Im Kapital ist der sinnvolle Zusammenschluss der Arbeiter nicht erzwungen durch direkte physische Gewalt, Zwangs-, Fron-, Sklavenarbeit; sie ist erzwungen dadurch, dass die Bedingungen der Produktion fremdes Eigentum sind und selbst vorhanden sind als objektive Assoziation, die dasselbe wie Akkumulation und Konzentration der Produktionsbedingungen.“ K. Marx, Grundrisse, 484.

Die Leute wurden früher zur Arbeit gezwungen, weil sie Sklaven eines Anderen waren. Heute werden sie zur Arbeit gezwungen, weil sie Sklaven der eigenen Bedürfnisse sind. (Steuert)“ K. Marx, Grundrisse, S. 665.

„Äußerer Zwang zur Arbeit ist verbunden mit zuviel Ärger, Gewalt und Lärm, er schafft böses Blut etc., während der Hunger nicht nur ein friedliches, geräuschloses und ständiges Druckmittel ist, sondern auch als ganz natürlicher Antrieb zu fleißiger Arbeit, die mächtigsten Anstrengungen hervorruft.“ (Dies ist die Antwort darauf, ... welche Arbeit produktiver ist, die des Sklaven oder die des freien Arbeiters.“ K. Marx, Grundrisse, 729.

„Es ist eine der zivilisatorischen Seiten des Kapitals, dass es die Mehrarbeit der Lohnarbeiter in einer Weise und unter Bedingungen erzwingt, die der Entwicklung der Produktivkräfte, der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Schöpfung der Elemente für eine höhere Neubildung vorteilhafter sind als unter den früheren Formen der Sklaverei, Leibeigenschaft usw.
Es führt so einerseits eine Stufe herbei, wo der Zwang und die Monopolisierung der gesellschaftlichen Entwicklung (einschließlich ihrer materiellen und intellektuellen Vorteile) durch einen Teil der Gesellschaft auf Kosten des anderen wegfällt; andererseits schafft sie die materiellen Mittel und den Keim zu Verhältnissen, die in einer höheren Form der Gesellschaft erlauben, diese Mehrarbeit zu verbinden mit einer größeren Beschränkung der materiellen Arbeit überhaupt gewidmeten Zeit.“ K. Marx, Kapital I. MEW 25, 827.

„So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres anvertrautes Vermögen das Abhängigkeitsverhältnis und die Ausbeutung des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, dass der Umfang und die Wucht der goldenen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 645f.

Wo es dem Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg, 18.11.2002