Steuerreform - wen juckts?

Im Vermittlungsausschuss unserer Berufspolitikerklasse haben sich die Staatsparteien auf eine Steuerreform zum 1. Januar 2004 geeinigt. Angeblich sollen dem Volk 8 Milliarden "geschenkt" werden.

Jedes "Steuergeschenk" für das Volk geht von der irren Vorstellung aus, dass alles Volksvermögen eigentlich und in Wahrheit der herrschenden Klasse gehört, die gnädig auf einen Teil ihres von uns erarbeiteten Reichtums verzichtet, um es uns zu "schenken". Mit gleichem Recht "schenken" Straßenräuber den Beraubten etwas von dem, was sie ihnen gerade wegnehmen.

Aber bedeutet denn dieses aktuelle "Steuergeschenk", dass den Bundesbürgern im Jahr 2004 etwa 8 Milliarden weniger geraubt und daher in unseren Taschen bleiben? Keineswegs.

Das Raubgut wird nur umverteilt. Der Spitzensteuersatz sinkt um 3 Prozent auf 42 Prozent, was den Spitzenverdienern ab 100.000 Euro Jahreseinkommen rund 3000 Euro und mehr bringt. Für die Masse der Lohnarbeiter sinkt der Eingangssteuersatz auf 15 Prozent, was maximal 300 Euro im Jahr ausmacht.
Gleichzeitig wird aber die Pendlerpauschale auf 30 Cent pro Kilometer gekürzt und die Eigenheimzulage um 30 Prozent.

Dass die wenigsten Bundesbürger solche Idioten sind, wie viele Politiker denken, beweist eine aktuelle Forza-Umfrage zu diesem Thema, nach der 88% der Befragten der Meinung sind, durch diese Steuerreform hätten sie in Zukunft keinen einzigen Cent mehr in der Tasche.

Steuern und Abgaben sind die wirtschaftliche Grundlage der Regierungsmaschinerie, sie sind die Existenzgrundlage von Beamten, Militärs, Pfaffen, Opernsängerinnen und Polizisten. Sie ernähren gleichermaßen die Sozialbürokraten, die uns ins Gewissen reden, wie die Gewaltbürokraten, die uns mit Pfefferspray und Anzeigen kommen. - Ach ja, Lehrer und Professoren werden auch aus der Steuer bezahlt. Ob das ausreicht, uns die Liebe zum Staat und zum Steuerbezahlen einzupflanzen?

Es ist daher schwer zu verstehen, warum so viele Linke für Umverteilung statt für Abschaffung der Steuern sind. Wer immer die Steuern auch bezahlt – Reiche oder Arme -, der Staatsapparat wird dadurch gestärkt. Starke Steuern und starke Regierung ist identisch.
Wer immer die Steuern auch bezahlt, sie haben den Zweck, der herrschenden Klasse die Mittel zu verschaffen, um sich als herrschende Klasse zu behaupten.

 

Anhang:

Steuergeschenke für Reiche „nicht finanzierbar“

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat den vorliegenden Steuerreformkonzepten ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Die Einnahmeausfälle seien zurzeit nicht finanzierbar, und die meisten Konzepte entlasteten vor allem Steuerzahler mit vergleichsweise hohen Einkommen.

(...)

Die Einkommensungleichheit würde vor allem durch die Vorschläge des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof und des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung "spürbar" zunehmen, schreiben die Ökonomen. Bei Kirchhof und den "Fünf Weisen" würden Steuerzahler mit sehr hohen Einkommen um bis zu neun beziehungsweise sieben Prozent ihres Nettoeinkommens entlastet. Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen müssten nach dem Konzept des Sachverständigenrates dagegen mehr zahlen als bisher.

Das Konzept der FDP würde ebenfalls zu einer ungleicheren Einkommensverteilung führen. Das Gleiche gilt für das Sofortprogramm, das die Union nach einer Regierungsübernahme umsetzen möchte. Die ursprünglichen Einzelkonzepte von CDU und CSU hätten hingegen die Unterschiede leicht verringert. (...)

Das DIW vertritt aber die Auffassung, dass angesichts der Haushaltsdefizite und der Anforderungen des Stabilitätspaktes "gegenwärtig kein Spielraum" für eine größere Nettoentlastung bestehe. Eine grundlegende Steuerreform sei "nur im Rahmen eines insgesamt aufkommensneutralen Reformpakets zu realisieren", befinden die Ökonomen.

 

 

Aus: FTD, 15.4.04

Karl Marx über Steuern