Entwicklung
1. Eine „Entwicklung“ zu
sehen ist eine Betrachtungsweise, die in der Vergangenheit das
Gegenwärtige und in der Gegenwart das Zukünftige sucht. „Die
bürgerliche Gesellschaft ist die entwickeltste und mannigfaltigste
historische Organisation der Produktion. Die Kategorien, die ihre
Verhältnisse ausdrücken, das Verständnis ihrer Gliederung, gewähren daher
zugleich Einsicht in die Gliederung und die Produktionsverhältnisse aller
der untergegangenen Gesellschaftsformen, mit deren Trümmern und Elementen
sie sich aufgebaut, von denen teils noch unüberwundene Reste sich in ihr
fortschleppen... In der Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur
Anatomie des Affen. Die Andeutungen auf Höheres in den untergeordneten
Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst
schon bekannt ist. Die bürgerliche Ökonomie liefert so den Schlüssel zur
antiken etc. Keineswegs aber in der Art der Ökonomen, die alle
historischen Unterschiede verwischen und in allen Gesellschaftsformen die
bürgerlichen sehen.... Die sogenannte historische Entwicklung beruht
überhaupt darauf, dass die letzte Form die vergangenen als Stufen zu sich
selbst betrachtet, und, da sie selten, und nur unter ganz bestimmten
Bedingungen fähig ist, sich selbst zu kritisieren ... sie immer einseitig
auffasst.“ K. Marx, Grundrisse, 26.
„Erscheinen einerseits die
vorbürgerlichen Phasen als nur historische, i.e. aufgehobene
Voraussetzungen, so die jetzigen Bedingungen der Produktion als sich
selbst aufhebende und daher als historische Voraussetzungen für
einen neuen Gesellschaftszustand setzende.“ K. Marx, Grundrisse,
365.
2. Treibende Kraft jeder Entwicklung ist das Schlechte,
Negative... „Die schlechte Seite ist es, welche die Bewegung ins
Leben ruft, welche die Geschichte macht, dadurch, dass sie den Kampf
zeitigt. Hätten zur Zeit der Herrschaft des Feudalismus die Ökonomen,
begeistert von den ritterlichen Tugenden, von der schönen Harmonie
zwischen Rechten und Pflichten, von dem patriarchalischen Leben der
Städte, von dem Blühen der Hausindustrie auf dem Lande, von der
Entwicklung der in Korporationen, Zünften, Innungen organisierten
Industrie, mit einem Wort von allem, was die schöne Seite des Feudalismus
bildet, sich das Problem gestellt, alles auszumerzen, was einen Schatten
auf dieses Bild wirft - Leibeigenschaft, Privilegien, Anarchie - wohin
wären sie damit gekommen? Man hätte alle Elemente vernichtet, welche den
Kampf hervorriefen, man hätte die Entwicklung der Bourgeoisie im Keime
erstickt. Man hätte sich das absurde Problem gestellt, die Geschichte
auszustreichen.“ K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 140.
„Die
kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und
Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie
zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und die
Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 529.
3. Die Menschen
entwickeln sich mit ihren sachlichen Lebensbedingungen... „Nicht
was gemacht wird, sondern wie, mit welchen Arbeitsmitteln gemacht wird,
unterscheidet die ökonomischen Epochen. Die Arbeitsmittel sind nicht nur
Gradmesser der Entwicklung der menschlichen Arbeitskraft, sondern auch
Anzeiger der gesellschaftlichen Verhältnisse, worin gearbeitet wird.“ K.
Marx, Kapital I, MEW 23, S. 195.
„Die Natur baut keine Maschinen,
keine Lokomotiven, Eisenbahnen, Telegraphen, Spinnautomaten. Sie sind
Produkte der menschlichen Industrie; natürliches Material, verwandelt in
Organe des menschlichen Willens über die Natur oder seiner Betätigung in
der Natur. Sie sind von der menschlichen Hand geschaffene Organe des
menschlichen Hirns; vergegenständliche Wissenskraft. Die Entwicklung
des fixen Kapitals zeigt an, bis zu welchem Grad das allgemeine
gesellschaftliche Wissen, zur unmittelbaren Produktivkraft geworden
ist und daher die Bedingungen des gesellschaftlichen Lebensprozesses
selbst unter die Kontrolle des allgemeinen Intellekts gekommen, und
ihm gemäß umgeschaffen sind. Die Entwicklung des fixen Kapitals (d.
h. der Maschinerie und Technologie) zeigt an, bis zu welchem Grad die
gesellschaftlichen Produktivkräfte produziert sind, nicht nur in der Form
des Wissens, sondern als unmittelbare Organe der gesellschaftlichen
Praxis; des realen Lebensprozesses.“ K. Marx, Grundrisse, 594
„Die
Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die
historische Aufgabe und Berechtigung des Kapitals. Eben damit schafft es
unbewusst die materiellen Bedingungen einer höheren Produktionsform.“ K. Marx, Kapital III.,
269.
„Es ist eine der zivilisatorischen Seiten des Kapitals, dass
es diese Mehrarbeit in einer Weise und unter Bedingungen erzwingt, die der
Entwicklung der Produktivkräfte, der gesellschaftlichen Verhältnisse und
der Schöpfung der Elemente für eine höhere Neubildung vorteilhafter sind
als unter den früheren Formen der Sklaverei, Leibeigenschaft usw. Es
führt so einerseits eine Stufe herbei, wo der Zwang und die
Monopolisierung der gesellschaftlichen Entwicklung (einschließlich ihrer
materiellen und intellektuellen Vorteile) durch einen Teil der
Gesellschaft auf Kosten des anderen wegfällt; andererseits schafft sie
die materiellen Mittel und den Keim zu Verhältnisses, die in einer höheren
Form der Gesellschaft erlauben, diese Mehrarbeit zu verbinden mit einer
größeren Beschränkung der materiellen Arbeit überhaupt gewidmeten Zeit.“
K. Marx, Kapital III., 827.
Wo es dem Verständnis dient, habe
ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und
Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die
nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Wal
Buchenberg, 1.10.2001 |