Umschlag des Kapitals

 

1. Umschlagszeit ist die Summe von Produktions- und Zirkulationszeit

Die gesamte Zirkulationszeit eines gegebenen Kapitals ist gleich der Summe seiner Umlaufszeit und seiner Produktionszeit. Es ist der Zeit­abschnitt von dem Augenblick des Vorschusses des Kapitalwerts in einer be­stimmten Form bis zur Rückkehr des prozessierenden Kapitalwerts in derselben Form. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 154.

 

Sobald der gesamte Kapitalwert, den ein individueller Kapitalist in einem belie­bigen Produktionszweig anlegt, den Kreislauf seiner Bewegung beschrieben hat, befindet er sich wieder in seiner Anfangsform und kann nun denselben Prozess wiederholen. Er muss ihn wiederholen, soll der Wert sich als Kapitalwert verewi­gen und verwerten. Der einzelne Kreislauf bildet im Leben des Kapitals nur einen Abschnitt, der sich beständig wiederholt, also ein Periode. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 156.

 

Am Abschluss der Periode G ... G' befindet sich das Kapital wieder in der Form des Geldkapitals, ... Beim Abschluss der Periode P ... P befindet sich das Kapital wieder in der Form der Produktionselemente, welche die Voraussetzung seines erneuerten Kreislaufs bilden. Der Kreislauf des Kapitals, nicht als vereinzelter Vorgang, sondern als periodischer Prozess bestimmt, heißt sein Umschlag. Die Dauer dieses Umschlags ist gegeben durch die Summe seiner Produktionszeit und seiner Umlaufszeit. Diese Zeitsumme bildet die Umschlagszeit des Kapitals. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 156f.

 

Für den Kapitalisten ist die Umschlagszeit seines Kapitals die Zeit, während de­ren er sein Kapital vorschießen muss, um es zu verwerten und in der ursprüngli­chen Gestalt zurückzuerhalten. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 157.

 

Abgesehen von den individuellen Abenteuern, die für ein einzelnes Kapital die Umschlagszeit beschleunigen oder abkürzen mögen, ist die Umschlagszeit der Kapitale verschieden je nach ihren verschiedenen Anlagesphären. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 157.

 

Wie der Arbeitstag die natürliche Maßeinheit für die Funktion der Arbeitskraft, bildet das Jahr die natürliche Maßeinheit für die Umschläge des prozessierenden Kapitals. Die Naturbasis dieser Maßeinheit liegt darin, dass die wichtigsten Erd­früchte der gemäßigten Zone, welche das Mutterland der kapitalistischen Produk­tion ist, jährliche Produkte sind. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 157.

 

Nennen wir das Jahr als Maßeinheit der Umschlagszeit U (= ein Jahr oder 12 Monate), die Umschlagszeit eines bestimmten Kapitals u, die Anzahl seiner Um­schläge n, so ist n = U : u.

Beträgt also z. B. die Umschlagszeit u = 3 Monate, so n = 12/3 = 4; ... (d. h. die­ses Kapital macht 4 Umschläge im Jahr). K. Marx, Kapital II, MEW 24, 157.

 

Wir haben gesehen, dass die fixen und flüssigen Bestandteile des produktiven Kapitals verschiedenartig und zu verschiedenen Perioden umschlagen, ebenso dass die verschiedenen Bestandteile des fixen Kapitals in demselben Geschäft je nach ihrer verschiedenen Lebens-, daher Reproduktionszeit, wieder verschiedene Umschlagsperioden haben. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 183.

 

1. Der Gesamtumschlag des vorgeschossenen Kapitals ist der Durchschnittsum­schlag seiner verschiedenen Bestandteile, ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 183.

 

2. ... Es ist daher nötig, die Sonderumschläge der verschiedenen Teile des fixen Kapitals auf gleichartige Form des Umschlags zu reduzieren, so dass sie nur noch quantitativ, der Umschlagdauer nach, verschieden sind. ... Bei der Berechnung des Gesamtumschlags des vorgeschossenen produktiven Kapitals fixieren wir da­her alle seine Elemente in der Geldform, so dass die Rückkehr zur Geldform den Umschlag schließt. ... So können wir dann den Durchschnitt ziehen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 184.

 

3. Es folgt, dass selbst wenn der bei weitem größere Teil des vorgeschossenen produktiven Kapitals aus fixem Kapital besteht, dessen Reproduktions-, also auch Umschlagszeit, einen vieljährigen Zyklus umfasst, dennoch der während des Jah­res umgeschlagene Kapitalwert infolge der wiederholten Umschläge des flüssigen Kapitals während des Jahres größer sein kann als der Gesamtwert des vorge­schossenen Kapitals. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 184.

 

Das fixe Kapital sei = 8.000.000 Euro, seine Reproduktionszeit = 10 Jahre, so dass 800.000 Euro davon jährlich zu ihrer Geldform zurückkehren oder es 1/10 seines Umschlags vollzieht.

Das flüssige Kapital sei = 2.000.000 Euro und schlage fünfmal im Jahre um. Das Gesamtkapital ist dann =10.000.000 Euro.

Das umgeschlagene fixe Kapital ist = 800.000 Euro; das umgeschlagene flüssige Kapital = 5 mal 2.000.000 = 10.000.000 Euro.

Also ist das während des Jahres umgeschlagene Kapital = 10.800.000 Euro, größer um 800.000 Euro als das vorgeschossene Kapital. 108 % des Kapitals hat umgeschlagen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 184.

 

4. Der Wertumschlag des vorgeschossenen Kapitals trennt sich also von seiner wirklichen Reproduktionszeit oder der realen Umschlagszeit seiner Bestandteile. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 184.

 

5. ... Die Berechnungsweise des Umschlags ... zeigt folgendes Beispiel: K. Marx, Kapital II, MEW 24, 186.

 

 

Ein Gesamtkapital ist z. B. = 600.000, davon 550.000 in fixem Kapital (Gebäude, Maschinen); die Umschlagszeit (Wirkungsdauer) für das fixe Kapital sei 10 Jahre; 50.000 sei ausgelegt in Hilfsstoffen, Rohstoffen und Lohn (= flüssiges oder zirkulierendes Kapital); die Herstellungszeit eines Produkts plus seine Zirkula­tionszeit (= Umschlagszeit des flüssigen Kapitals) dauere einen Monat.

Also wird von diesem Kapital pro Jahr umgeschlagen:

fixes Kapital = 550.000 : 10 = 55.000;

flüssiges Kapital = 50.000 mal 12 = 600.000;

umgeschlagenes Kapital insgesamt pro Jahr = 655.000.

655.000 werden in 12 Monaten umgeschlagen. Das gesamte Kapital von 600.000 wird also in rund 11 Monaten umgeschlagen, weil 600.000 : 655.000 mal 12 = 10,99.

 

6. ... Das Kreditwesen ... wie das Handelskapital, modifiziert den Umschlag für den einzelnen Kapitalisten. Auf gesellschaftlicher Stufenleiter modifiziert es ihn nur, soweit es nicht nur die Produktion, sondern auch die Konsumtion beschleu­nigt. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 188.

 

2. Wirkung der Umschlagszeit

auf die Größe des Kapitalvorschusses

 

2.1. Kontinuierliche Produktion

erfordert zusätzliches Kapital

In diesem und dem nächstfolgenden sechzehnten Kapital behandeln wir den Ein­fluss der Umschlagszeit auf die Verwertung des Kapitals.

Nehmen wir das Warenkapital, welches das Produkt einer Arbeitsperiode ist, z. B. von neun Wochen. Sehen wir einstweilen ab sowohl von dem Wertteil des Produkts, der ihm durch den Durchschnittsverschleiß des fixen Kapitals zugesetzt ist, wie von dem während des Produktionsprozesses ihm zugesetzten Mehrwert, so ist der Wert dieses Produkts gleich dem Wert des zu seiner Produktion vorge­schossenen flüssigen Kapitals, d. h. des Arbeitslohns und der in seiner Produktion aufgezehrten Roh- und Hilfsstoffe. Dieser Wert sei = 900.000 Euro, so dass die Wochenauslage 100.000 Euro beträgt. ...

Die Umlaufszeit dauere 3 Wochen. Die ganze Umschlagsperiode dauert also 12 Wochen.

Nach Verlauf der 9 Wochen ist das vorgeschossene produktive Kapital in Waren­kapital verwandelt, aber es verweilt nun drei Wochen in der Zirkulationsperiode.

Der neue Produktionstermin kann also erst wieder beginnen Anfang der 13. Wo­che, und die Produktion wäre für drei Wochen stillgesetzt oder für ein Viertel der ganzen Umschlagsperiode. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 260.

 

Grafik: Arbeitsperiode und Kapitalrückfluss

 

Umschlagsperiode = 12 Wochen

 

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Arbeitsperiode = 9 Wochen

Kapitalvorschuss = 900.000 Euro

Zirkulationszeit

= 3 Wochen

Soll die Produktion daher kontinuierlich sein und Woche aus, Woche

Soll die Produktion daher kontinuierlich sein und Woche aus, Woche ein auf demselben Maßstab betrieben werden, so ist nur zweierlei möglich.

Entweder muss der Maßstab der Produktion verkürzt werden, so dass also die 900.000 Euro reichen, um die Arbeit in Gang zu halten, sowohl während der Ar­beitsperiode wie während der Umlaufszeit des ersten Umschlags. ...

900.000 Euro auf 12 Wochen verteilt, gibt 75.000 Euro wöchentlich. ...

Zunächst ist klar, dass eine solche verkürzte Stufenleiter des Geschäfts veränderte Dimensionen des fixen Kapitals, also überhaupt eine verkürzte Geschäftsauslage voraussetzt.

Zweitens ist es fraglich, ob diese Verkürzung überhaupt stattfinden kann, da der Entwicklung der Produktion in den verschiedenen Geschäften gemäß ein Nor­malminimum der Kapitalanlage besteht, unterhalb dessen das einzelne Geschäft konkurrenzunfähig wird. ...

Um die Produktion kontinuierlich zu machen, ist hier die Ausgabe desselben zir­kulierenden Kapitals über eine größere Zeitlänge verteilt, über 12 Wochen statt über 9. In jedem gegebenen Zeitabschnitt fungiert also ein verkürztes produktives Kapital; der flüssige Teil des produktiven Kapitals ist verkürzt von 10.000 auf 75.000 oder um ein Viertel. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 261.

 

Nehmen wir aber umgekehrt an, die Anlage des Geschäfts schließe eine Verkür­zung der Stufenleiter der Produktion und daher auch des wöchentlich vorzuschie­ßenden flüssigen Kapitals aus, so kann die Kontinuität der Produktion nur erreicht werden durch ein zuschüssiges flüssiges Kapital, im obigen Fall von 300.000 Euro.

Während der Umschlagsperiode von 12 Wochen werden allmählich 1.200.000 Euro vorgeschossen, davon 300.000 der vierte Teil ist, wie 3 Wochen von 12.

Nach der Arbeitsperiode von 9 Wochen ist der Kapitalwert von 900.000 Euro aus der Form von produktivem Kapital in die Form von Warenkapital verwandelt. Seine Arbeitsperiode ist beschlossen, aber sie kann nicht mit demselben Kapital erneuert werden. ...

Es wird hier von allen Kreditverhältnisses abgesehen und daher unterstellt, dass der Kapitalist nur mit eigenem Kapital wirtschaftet.

Während aber das für die erste Arbeitsperiode vorgeschossene Kapital ... sich während 3 Wochen im Zirkulationsprozess aufhält, fungiert ein zuschüssig aus­gelegtes Kapital von 300.000 Euro, so dass die Kontinuität der Produktion nicht unterbrochen wird. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 262.

Was durch diese Verteilung des Kapitals in ursprünglich produktives und Zu­schusskapital überhaupt erreicht ist, ist die ununterbrochene Aufeinanderfolge der Arbeitsperioden, die beständige Funktion eines gleich großen Teils des vorge­schossenen Kapitals als produktives Kapital. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 268.

 

Es ist nun hierbei Folgendes zu bemerken:

Erstens: Die Arbeitsperiode des zuerst vorgeschossenen Kapitals von 900.000 Eu­ro ist beendet nach 9 Wochen, und es fließt zurück nicht vor 3 Wochen, also erst mit Beginn der 13. Woche.

Aber eine neue Arbeitsperiode wird sofort wieder eröffnet mit dem zuschüssigen Kapital von 300.000 Euro. Eben dadurch ist die Kontinuität der Produktion herge­stellt.

Zweitens: Die Funktionen des ursprünglichen Kapitals von 900.000 Euro und des am Schluss der ersten Arbeitsperiode von 9 Wochen neu zugeschossenen Kapitals von 300.000 Euro, das die zweite Arbeitsperiode nach Schluss der ersten ohne Unterbrechung eröffnet, sind in der ersten Umschlagsperiode genau geschieden ..., während sie dagegen im Verlauf der zweiten Umschlagsperiode einander durchkreuzen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 262f.

Stellen wir uns die Sache sinnlich vor: ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 263.

 

Grafik: Kontinuierliche Produktion und Kapitalvorschuss

 

1. Umschlag (12 Wochen)

 

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1. Arbeitsperiode (AP) = 9 Wochen (Wo)

C1 = 900.000 Euro

2. AP: 1.3. Wo
C2 = 300.000

2. Umschlag (12 Wochen)

 

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2. AP: 6.9. Wo

 C1 = 600.000

3. AP: 1.3. Wo

 C1 = 300.000

3. AP: 3.6. Wo
 C2 = 300.000

Wir finden erstens: In allen anderen Fällen ... durchkreuzen sich die Bewegungen der beiden Kapitale ... schon von der zweiten Umschlagsperiode an. Es bildet dann das zuschüssige Kapital II zusammen mit einem Teil des Kapitals I das in der zweiten Umschlagsperiode fungierende Kapital, während der Rest des Kapi­tals I für die ursprüngliche Funktion des Kapitals II freigesetzt wird. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 265.

 

Zweitens: Das Kapital, welches während der Arbeitsperiode fungiert hat, liegt während der Umlaufszeit brach. ... Für diese Zeit tritt dann das Zuschusskapital II ein, ... Aber das zuschüssige Kapital, erforderlich, um die Kontinuität der Produk­tion während der Umlaufszeit zu bewirken, ist ... nur bestimmt durch das Verhält­nis der Umlaufszeit zur Umschlagsperiode. (Es ist hier natürlich vorausgesetzt, dass sämtliche Umschläge unter denselben Bedingungen vorgehen.) K. Marx, Kapital II, MEW 24, 265f.

 

Je nach der verschiedenen Länge der Umschlagsperiode und dem verschiedenen Verhältnis ihrer beiden Bestandteile Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode ist der Bestandteil des vorgeschossenen Kapitalwerts, der beständig in Geldform vorgeschossen und erneuert werden muss, verschieden im Verhältnis zu dem pro­duktiven Kapital, das er in Bewegung setzt, ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 354.

 

Ein sehr bedeutender Teil des jährlich mehrmals umschlagenden gesellschaftli­chen zirkulierenden Kapitals wird sich also während des jährlichen Umschlags­zyklus periodisch in der Form von freigesetztem Kapital befinden. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 282.

 

Drittens: Ob die Produktionszeit länger ist als die Arbeitszeit, ändert an den hier betrachteten Umständen nichts. Es werden dadurch allerdings die Gesamtum­schlagsperioden verlängert, aber wegen dieses verlängerten Umschlags wird kein zuschüssiges Kapital für den Arbeitsprozess nötig. Das zuschüssige Kapital hat nur den Zweck, die durch die Umlaufszeit entstehenden Lücken im Arbeitspro­zess auszufüllen; es soll also die Produktion nur vor Störungen schützen, die aus der Umlaufszeit entspringen; ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 266.

 

Viertens: ... Das Zuschusskapital teilt sich ein ganz wie das ursprüngliche. Was es aber von Kapital I unterscheidet, ist, dass es (von Kreditverhältnissen abgese­hen), um für seine eigene Arbeitsperiode disponibel zu sein, vorgeschossen sein muss schon während der ganzen Dauer der ersten Arbeitsperiode von Kapital I, in die es nicht eingeht. Während dieser Zeit kann es, teilweise wenigstens, schon in konstantes zirkulierendes Kapital verwandelt werden, das für die ganze Um­schlagsperiode vorgeschossen ist. Wieweit es diese Form annimmt oder wieweit es in der Form von zuschüssigem Geldkapital verharrt, bis zu dem Moment, wo diese Verwandlung notwendig wird, wird abhängen teils von den besonderen Produktionsbedingungen bestimmter Geschäftszweige, teils von Lokalumständen, teils von Preis-schwankungen der Rohstoffe etc. Das gesellschaftliche Gesamtka­pital betrachtet, wird sich stets ein mehr oder minder bedeutender Teil dieses zu­schüssigen Kapitals für längere Zeit im Zustand des Geldkapitals befinden. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 266f.

 

Sehen wir uns nun das freigesetzte, in der Tat suspendierte Kapital näher an, so zeigt sich, dass ein bedeutender Teil desselben stets die Form von Geldkapital be­sitzen muss. Bleiben wir bei dem Beispiel: Arbeitsperiode 6 Wochen, Zirkula­tionsperiode 3 Wochen, Auslage per Woche 100.000 Euro In der Mitte der zweiten Arbeitsperiode, Ende der 9. Woche, fließen 600.000 Euro zurück, von denen nur 300.000 Euro während des Rests der Arbeitsperiode anzulegen sind. Ende der zweiten Arbeitsperiode werden also 300.000 Euro davon freigesetzt. In welchem Zustand befinden sich diese 300.000 Euro? Wir wollen annehmen, dass 1/3 für Arbeitslohn, 2/3 für Roh- und Hilfsstoffe auszulegen sind. ... Es wird also von den Marktverhältnissen abhängen, ob der Kapitalist diese 200.000 Euro sofort wieder ganz oder nur zum Teil in überschüssigen produktiven Vorrat verwandeln oder sie ganz oder teilweise in Erwartung günstigerer Marktverhältnisse als Geld­kapital festhalten wird. Andererseits versteht sich von selbst, dass der in Arbeits­lohn auszulegende Teil = 200.000 Euro in Geldform festgehalten wird. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 283f.

 

Dies Hereinkommen des zur Verwandlung der Umlaufszeit von Kapital I in Produktionszeit nötigen Zuschusskapitals vermehrt also nicht nur die Größe des vorgeschossenen Kapitals und die Länge der Zeit, wofür das Gesamtkapital not­wendig vorgeschossen wird, sondern es vermehrt auch spezifisch den Teil des vorgeschossenen Kapitals, der als Geldvorrat existiert, ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 267.

 

2.2. Die Verkürzung von Zirkulationszeit setzt Kapital frei

Nehmen wir in unserem Beispiel an, die Zirkulationszeit verkürze sich von 3 Wochen auf 2. Dies sei nicht normal, sondern etwa Folge guter Geschäftszeit, verkürzter Zahlungstermine etc.

Das Kapital von 600.000 Euro, das während der Arbeitsperiode ausgelegt worden, fließt eine Woche früher als nötig zurück, es ist also für diese Woche freigesetzt. ... Da dies nicht nur einen Kapitalisten betrifft, sondern viele und zu verschiede­nen Perioden in verschiedenen Geschäftszweigen sich ereignet, so erscheint hiermit mehr verfügbares Geldkapital auf dem Markt. ...

Man ersieht hieraus, wie ein Überfluss von Geldkapital entstehen kann und zwar ... in dem Sinn, dass für die Betreibung des gesamten gesell-schaftlichen Re­produktions­prozesses (welcher den Zirkulationsprozess einschließt) ein be­stimmter Teil des vorgeschossenen Kapitalwerts überflüssig und daher in der Form von Geldkapital ausgeschieden ist; ein Überfluss, entstanden bei gleich bleibender Stufenleiter des Produktion und gleich bleibenden Preisen durch bloße Kontraktion der Umschlagsperiode. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 284f.

 

Das so durch den bloßen Mechanismus der Umschlagsbewegung freigesetzte Geldkapital (neben dem durch allmählichen Rückfluss des fixen Kapitals und dem in jedem Arbeitsprozess für variables Kapital nötigem Geldkapital) muss ei­ne bedeutende Rolle spielen, sobald sich das Kreditsystem entwickelt, und muss zugleich eine der Grundlagen desselben bilden. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 284.

 

2.3. Die Verlängerung der Zirkulationszeiten

macht das weiteres Zuschuss­kapital nötig

Nehmen wir umgekehrt an, die Zirkulationsperiode verlängere sich, sage von 3 Wochen zu 5. ... Bei längerer Dauer dieses Zustandes könnte ... Kontraktion des Produktionsprozesses ... eintreten. Um aber den Prozess auf derselben Stufenlei­ter fortzuführen, müsste das vorgeschossene Kapital für die ganze Dauer dieser Verlängerung der Zirkulationsperiode ... vermehrt werden. Dies Zusatzkapital kann nur dem Geldmarkt entnommen werden. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 285f.

Die Ökonomen, bei denen überhaupt nichts Klares über den Mechanismus des Umschlags zu finden ist, übersehen fortwährend dies Hauptmoment, dass stets nur ein Teil des industriellen Kapitals tatsächlich im Produktionsprozess enga­giert sein kann, wenn die Produktion ununterbrochen vorangehen soll. Während der eine Teil sich in der Produktionsperiode befindet, muss stets ein anderer Teil sich in der Zirkulationsperiode befinden.

Oder mit anderen Worten, der eine Teil kann nur als produktives Kapital fungie­ren unter der Bedingung, dass ein anderer Teil in der Form von Waren- oder Geldkapital der eigentlichen Produktion entzogen bleibt.

Indem dies übersehen wird, wird überhaupt die Bedeutung und Rolle des Geldka­pitals übersehen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 269.

 

3. Faktoren, die Umschlagsperiode

und Ka­pitalvorschuss beeinflussen

Soweit die größere oder geringere Länge der Umschlagsperiode abhängt von der Arbeitsperiode im eigentlichen Sinn, d. h. der Periode, die nötig ist, um das Pro­dukt für den Markt fertig zu machen, beruht sie auf den jedes Mal gegebenen sachlichen Produktionsbedingungen der verschiedenen Kapitalanlagen, die inner­halb der Agrikultur mehr den Charakter von Naturbedingungen der Produktion besitzen, in der Manufaktur und dem größten Teil der extraktiven Industrie mit der gesellschaftlichen Entwicklung des Produktionsprozesses selbst wechseln. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 318.

 

Soweit ... die Länge der Umschlagsperiode von der Länge der Zirkulationsperi­ode abhängt, ist diese zum Teil zwar bedingt durch den beständigen Wechsel in den Marktkonjunkturen, die größere oder geringere Leichtigkeit zu verkaufen und die dieser entspringende Notwendigkeit, das Produkt teilweise auf nähern oder entfernteren Markt zu werfen.

Abgesehen vom Umfang der Nachfrage überhaupt, spielt die Bewegung der Prei­se hier ein Hauptrolle, indem der Verkauf bei fallenden Preisen absichtlich be­schränkt wird, während die Produktion vorangeht; umgekehrt bei steigenden Prei­sen, wo Produktion und Verkauf Schritt halten oder im Voraus verkauft wer­den kann.

Jedoch ist als eigentliche materielle Basis zu betrachten die wirkliche Entfernung des Produktionssitzes vom Absatzmarkt. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 318f.

 

3.1. Wirkung des Preiswechsels auf den Kapitalvorschuss

Wir haben ... unterstellt gleich bleibende Preise, gleich bleibende Stufenleiter der Produktion auf der einen Seite, Kontraktion oder Expansion der Zirkulations­zeit auf der anderen.

Unterstellen wir jetzt dagegen gleich bleibende Größe der Umschlagsperiode, gleich bleibende Stufenleiter der Produktion, aber auf der anderen Seite Preis­wechsel, d. h. Fall oder Steigen im Preis von Rohmaterialien, Hilfsstoffen und Arbeit oder der beiden ersten dieser Elemente. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 287.

 

3.1.1. Wirkungen eines Preisfalls beim produktiven Kapital

Gesetzt der Preis von Roh- und Hilfsstoffen, sowie der Arbeitslohn, falle um die Hälfte. Es wären dann in also in unserem Beispiel wöchentlich 50.000 Euro statt 100.000 Euro und für die neunwöchentliche Umschlagsperiode 450.000 Euro statt 900.000 Euro vorgeschossenes Kapital nötig. 450.000 Euro des vorgeschossenen Kapitalwerts werden ausgeschieden zunächst als Geldkapital, aber der Produk­tionsprozess auf derselben Stufenleiter und mit derselben Umschlagsperiode und der früheren Teilung derselben werde fortgesetzt. Auch die jährliche Produktmas­se bleibt dieselbe, aber ihr Wert ist um die Hälfte gefallen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 287.

Der Fall im Wert, bzw. Preis, der Elemente des produktiven Kapitals um die Hälfte hätte zuerst die Wirkung, dass ein um die Hälfte verminderter Kapitalwert für das nach wie vor auf gleicher Stufenleiter fortgeführte Geschäft X vorge­schossen, also auch nur die Hälfte Geld von Seiten des Geschäfts X auf den Markt zu werfen wäre, da das Geschäft X diesen Kapitalwert zunächst in der Form von Geld, d. h. als Geldkapital vorschießt. Die in Zirkulation geworfene Geldmasse hätte abgenommen, weil die Preise der Produktionselemente gefallen wären. Dies wäre die erste Wirkung.

Zweitens aber: Die Hälfte des ursprünglich vorgeschossenen Kapitalwerts von 900.000 Euro = 450.000 Euro ... würde ausgeschieden aus dem Kreislauf des Ge­schäfts X und daher als zuschüssiges Geldkapital auf den Geldmarkt treten ...

Die nächste Form, sie als Kapital wirken zu lassen, ist, sie als Geldkapital auf den Geldmarkt zu werfen. Andererseits könnte auch die Stufenleiter der Produktion (abgesehen vom fixen Kapital) verdoppelt werden. Mit demselben vorgeschosse­nen Kapital von 900.000 Euro würde dann ein Produktionsprozess von doppeltem Umfang betrieben. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 288.

 

3.1.2. Wirkungen eines Preisanstiegs

beim produktiven Kapital

Stiegen andererseits die Preise der flüssigen Elemente des produktiven Kapitals um die Hälfte, so wären statt ... 900.000 Euro vielmehr 1.350.000 Euro nötig.

450.000 Euro zuschüssiges Kapital wäre nötig, um das Geschäft auf derselben Stufenleiter zu betreiben, und dies würde alles in allem, je nach dem Stand des Geldmarkts, einen größeren oder geringeren Druck auf ihn ausüben. Wäre alles auf ihm verfügbare Kapital schon verlangt, so entstände erhöhte Konkurrenz um verfügbares Kapital (mit steigenden Zinsen). Läge ein Teil desselben brach, so würde er ... in Aktivität gerufen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 288.

 

3.1.3. Wirkungen eines Preisfalls beim Warenkapital

Aber es kann auch ..., bei gegebener Stufenleiter der Produktion, gleich bleiben­der Umschlagsgeschwindigkeit und gleich bleibendem Preise der Elemente des flüssigen produktiven Kapitals, der Preis der Produkte des Geschäfts X fallen oder steigen.

Fällt der Preis der vom Geschäft X gefertigten Waren, so sinkt der Preis seines Wa­renkapitals von 600.000 Euro ... z. B. auf 500.000 Euro. Ein Sechstel vom Wert des vorgeschossenen Kapitals fließt also nicht aus dem Zirkulationsprozess zu­rück (der im Warenkapital steckende Mehrwert bleibt hier außer Frage); es geht in demselben verloren. ... Es müssten also 100.000 Euro zuschüssiges Geldkapital vorausgabt werden, um die Produktion auf derselben Stufenleiter fortzu­setzen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 288f.

 

3.1.4. Wirkungen eines Preisanstiegs beim Warenkapital

Umgekehrt: Stiege der Preis der Produkte des Geschäfts X, so der Preis des Wa­renkapitals von 600.000 Euro auf z. B. 700.000 Euro. Ein Siebtel seines Preises = 100.000 Euro kommt nicht aus dem Produktionsprozess her, ist nicht in ihm vor­geschossen worden, sondern fließt aus dem Zirkulationsprozess her.

Es sind aber nur 600.000 Euro nötig, um die produktiven Elemente zu ersetzen; also Freisetzung von 100.000 Euro. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 289.

Steigt ... der Preis des Produkts, so wird ein Kapitalteil, der nicht vorgeschossen war, aus der Zirkulation angeeignet. ... Dieser Gewinn würde dem Kapitalisten ein Zuschusskapital liefern ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 294f.

Die Untersuchung der Ursachen, warum ... die Preise von Rohmaterial und Ar­beit, oder ... die Preise der gelieferten Produkte steigen oder fallen, gehört nicht in den Kreis der bisherigen Untersuchung. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 289.

 

Siehe auch die Artikel:

Ökonomie der Produktionsmittel

Zirkulationsarbeit und Zirkulationskosten

 

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.