Partisanenkrieg

1. Im bewaffneten Kampf hat die kampfbereite größere Masse an Menschen und Waffen in der Regel auch die größere Macht. Guerilla-Kampf in kleinen Gruppen ist also kein Vorzug, sondern ein notgeborenes Kind.
Der Südstaaten General „Beauregard ist (im amerikanischen Bürgerkrieg) strategisch in die Lage gebracht, dass eine verlorene Schlacht ihm keine Wahl übrig lässt, als seine Armee in Guerillas aufzulösen, denn ohne große Stadt, wo Eisenbahnen und Ressourcen sich konzentrieren, im Rücken seiner Armee, kann er keine Massen zusammenhalten.
Wird die Armee der Konföderierten in Virginien geschlagen, so muss sie nach den vorangegangenen demoralisierenden Geschichten sich bald von selbst in Guerillas auflösen.... Die Natur der Dinge (wird) sie dahin treiben, entweder eine entscheidende Schlacht anzunehmen oder sich ohne Schlacht in Banden aufzulösen.“ F. Engels an Marx, 23.5.1862. MEW 30, 240.

2. Der Erfolg eines Guerilla-Kampfes steht und fällt mit der Unterstützung durch die eigene Bevölkerung.
„... Es bleibt übrig, die Chancen des Guerillakriegs zu untersuchen.
Nun ist es gerade bei diesem Krieg (dem amerikanischen Bürgerkrieg) äußerst erstaunlich, wie wenig oder wie sehr vielmehr gar nicht die Bevölkerung daran teilgenommen hat.
1813 wurden doch (in Preußen, Polen und Russland) die Verbindungen der Franzosen von Colomb, Lützow, Tschernyschew und zwanzig anderen Freischärler- und Kosakenführern fortwährend unterbrochen und beunruhigt.
1812 verschwand in Russland die Bevölkerung vollständig von der französischen Marschlinie;
1814 bewaffneten sich die französischen Bauern und schlugen alliierte Patrouillen und Nachzügler tot, aber hier geschieht gar nichts. ...
Die Angeberei mit dem Krieg bis zum Messer löst sich in puren Dreck auf. Und auf dem Terrain sollen Guerillas fortkommen?
Allerdings erwarte ich, dass das weiße Lumpenproletariat des Südens nach definitiver Auflösung der Armeen so was versuchen wird, aber ich bin zu sehr von der Bourgeoisnatur der Pflanzer überzeugt, dass das sie sofort zu wütenden Unionsleuten (= Anhängern des Nordens) machen wird. Die sollen das mit den Räuberbanden versuchen, und die Pflanzer werden überall die Yankees mit offenen Armen aufnehmen. ....
Die Sache muss notwendig den Zwiespalt zwischen den Pflanzern und Kaufleuten einerseits, und dem weißen Lumpenproletariat andererseits auf die Spitze treiben, und damit ist die Sezession (Unabhängigkeit vom Norden) futsch.“ F. Engels an Marx, 23.5.1862. MEW 30, 241.

3. Schwer zugängliches Gelände
als Ersatz für breite Unterstützung

„Es gibt noch eine andere Form des Defensivkrieges im Gebirge, die in neuester Zeit berühmt geworden ist; das ist die einer nationalen Insurrektion und der Partisanenkrieg, der, zumindest in Europa, unbedingt ein gebirgiges Land erfordert. Wir haben dafür vier Beispiele: den Tiroler Aufstand, den spanischen Guerillakrieg gegen Napoleon, die Insurrektion der karlistischen Basken und den Krieg der kaukasischen Stämme gegen Russland. Obwohl den Eindringlingen große Schwierigkeiten bereitet worden sind, hat sich keiner der Kämpfe, allein gesehen, als erfolgreich erwiesen. Der Tiroler Aufstand war nur so lange zu fürchten, wie er 1809 durch den Kampf regulärer österreichischer Truppen gestützt wurde. Obwohl die spanischen Guerillas den gewaltigen Vorteil eines sehr ausgedehnten Landes hatten, konnten sie hauptsächlich dank der englisch-portugiesischen Armee ihren Widerstand so lange fortsetzen, denn gegen diese mussten die Franzosen stets ihre Hauptanstrengungen richten. Die lange Dauer des Karlistenkrieges erklärt sich durch den heruntergekommenen Zustand, in den die spanische reguläre Armee damals geraten war, und durch die ständigen Verhandlungen zwischen den Generalen der Karlisten und der Christinos und kann deshalb nicht als ein angemessenes Beispiel gelten. Schließlich war im Kampf der Kaukasier, der tapfersten aller Bergbewohner, der relative Erfolg ihrer offensiven Taktik zuzuschreiben, die sie bei der Verteidigung ihres Landes vorwiegend anwandten. Wo immer die Russen - sie und die Briten sind von allen Truppen für den Gebirgskrieg am wenigsten geeignet - die Kaukasier angriffen, wurden letztere gewöhnlich geschlagen, ihre Dörfer zerstört und ihre Gebirgspässe durch russische befestigte Punkte gesichert. Die Stärke der <116> Kaukasier lag jedoch in fortgesetzten Ausfällen von ihren Bergen in die Ebenen, in Ãœberfällen auf russische Standorte oder Vorposten, in schnellen Streifzügen weit im Rücken der vorgeschobenen russischen Linie, in Angriffen aus dem Hinterhalt auf russische Kolonnen, die sich auf dem Marsch befanden. Mit anderen Worten, sie waren leichter und beweglicher als die Russen und machten sich diesen Vorteil zunutze. Bei jedem der Beispiele also, selbst bei vorübergehend erfolgreichen Insurrektionen der Bergbewohner, ist der Erfolg immer durch offensive Aktionen erzielt worden. Darin unterscheiden sich diese Beispiele völlig von den Schweizer Insurrektionen der Jahre 1798 und 1799, wo wir sehen, wie die Aufständischen einige scheinbar starke Verteidigungsstellungen beziehen und die Franzosen erwarten, die die Schweizer in jedem Falle zusammenschlagen." F. Engels, Kriegführung im Gebirge, MEW 12, 115f.


Wo es dem Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die nicht wörtlich von Marx oder Engels stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg, 20.1.2002.