Landwirtschaft

 

1. In der Landwirtschaft wird notwendige Arbeit

mithilfe eines „natürlichen Automaten“ verrichtet

Landwirtschaft ist der „Produktionszweig, der ... unabhängig von der Zirkulation, von dem Austausch, gedacht werden kann und nicht den Austausch zwischen Mensch und Mensch, sondern nur zwischen Mensch und Natur voraussetzt“. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 19.

„Hier in der Landwirtschaft ist von vorneherein die Mitarbeit der Naturkräfte – die Erhöhung der menschlichen Arbeitskraft durch Anwendung und Ausbeutung der Naturkräfte – ein Automat, im Großen und Ganzen gegeben.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 19.

„In der Landwirtschaft ist die Erde in ihrem chemischen und sonstigen Wirken selbst schon eine Maschine, die die unmittelbare Arbeit produktiver macht, und daher historisch vor aller Ausbeutung ein Mehrprodukt gibt, weil hier schon lange vor dem Kapitalismus mit einer Maschine, nämlich einer natürlichen gearbeitet wird.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 482.

 

„Wir haben früher gezeigt, dass, wie die Arbeit des einzelnen Arbeiters in notwendige und Mehrarbeit zerfällt, so man die Gesamtarbeit der Arbeiterklasse derart teilen kann, dass der Teil, der die Gesamt-lebensmittel für die Arbeiterklasse produziert (eingeschlossen die hierfür benötigten Produktionsmittel), die notwendige Arbeit für die ganze Gesellschaft verrichtet. Die von dem ganzen übrigen Teil der Arbeiterklasse verrichtete Arbeit kann als Mehrarbeit betrachtet werden.

Aber die notwendige Arbeit schließt keineswegs bloß landwirtschaft-liche Arbeit ein, sondern auch die Arbeit, die alle übrigen Produkte produziert, die in den Durchschnittskonsum des Arbeiters notwendig eingehen. Auch verrichten die einen, gesellschaftlich gesprochen, bloß notwendige Arbeit, weil die anderen bloß Mehrarbeit verrichten, und umgekehrt. Es ist dies nur Teilung der Arbeit zwischen ihnen.

Ebenso verhält es sich mit der Teilung der Arbeit zwischen landwirt-schaftlichen und industriellen Arbeitern überhaupt. Dem rein industriellen Charakter der Arbeit auf der einen Seite entspricht der rein landwirtschaftliche auf der anderen. Diese rein landwirtschaftliche Arbeit ist keineswegs naturwüchsig, sondern selbst ein Produkt, und zwar ein sehr modernes, keineswegs überall erreichtes, der gesellschaftlichen Entwicklung und entspricht einer ganz bestimmten Produktionsstufe.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 645f.

 

 

2. Kapitalistische Landwirtschaft

2.1. Das Grundeigentum trennt sich vom Unternehmer. Der Landwirt wird Leiter eines kapitalistischen Unternehmens, das Lohnarbeit ausbeutet

„Zersplitterte Produktionsmittel, die den Produzenten selbst als Beschäftigungs- und Subsistenzmittel dienen, ohne sich durch Ein-verleibung fremder Arbeit zu vermehren, sind kein Kapital, ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 731.

„Die kapitalistische Produktion beginnt ... in der Tat erst, wo dasselbe individuelle Kapital eine größere Anzahl Arbeiter gleichzeitig beschäftigt, der Arbeitsprozess also seinen Umfang erweitert und Produkt auf größerer quantitativer Stufenleiter liefert.

Das Wirken einer größeren Arbeiteranzahl zur selben Zeit, in demselben Raum (oder wenn man will, auf demselben Arbeitsfeld), zur Produktion derselben Warensorte, unter dem Kommando desselben Kapitalisten, bildet historisch und begrifflich den Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktion.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 341.

„Ein gewisser Höhegrad der kapitalistischen Produktion bedingt, dass der Kapitalist die ganze Zeit, während deren er als Kapitalist ... funktioniert, zur Aneignung und daher Kontrolle fremder Arbeit und zum Verkauf der Produkte dieser Arbeit verwenden könne.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 326f.

 

 

2.2. Die fortwährende Technisierung der Landwirtschaft reduziert die landwirtwirtschaftlichen Arbeiter auf ein Minimum

„Erst die große Industrie liefert mit den Maschinen die produktions-technische Grundlage der kapitalistischen Landwirtschaft, enteignet radikal die ungeheure Mehrzahl des Landvolks und vollendet die Scheidung zwischen Ackerbau und häuslich-ländlichem Gewerbe, dessen Wurzeln sie ausreißt – Spinnerei und Weberei. Sie erobert daher auch erst dem industriellen Kapital den ganzen inneren Markt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 776f.

 

„Wenn der Gebrauch der Maschinerie im Ackerbau großenteils frei ist von den physischen Nachteilen, die sie dem Fabrikarbeiter zufügt, wirkt sie hier noch intensiver und ohne Gegenstoß auf die ‚Überzählig-machung‘ der Arbeiter, ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 527.

 

„Es liegt in der Natur der kapitalistischen Produktionsweise, dass sie die ackerbauende Bevölkerung fortwährend vermindert im Verhältnis zur nicht ackerbauenden, weil in der Industrie (...) das Wachstum des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, verbunden ist mit dem absoluten Wachstum, obgleich der relativen Abnahme, des variablen Kapitals (damit auch der Zahl der Arbeiter), während in der Land-wirtschaft das variable Kapital (damit auch die Zahl der Arbeiter) absolut abnimmt, das zur Ausbeutung eines bestimmten Bodenstücks erfordert ist, also nur wachsen kann, soweit neuer Boden bebaut wird, ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 650.

 

 

2.3. Die Zahl der indirekt mit Agrarproduktion und –zirkulation befassten Arbeiter steigt. Industrie und Landwirtschaft verschmelzen

„Ursprünglich sind Ackerbauarbeit und industrielle Arbeit nicht getrennt; die zweite schließt sich an die erste an. Die Mehrarbeit und das Mehrprodukt des ackerbauenden Stamms, der Hausgemeinde oder Familie umfasst sowohl landwirtschaftliche wie industrielle Arbeit. Beide gehen Hand in Hand. Jagd, Fischerei, Ackerbau sind unmöglich ohne entsprechende Instrumente. Weben, Spinnen etc. werden zuerst betrieben als landwirtschaftliche Nebenarbeiten.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 645.

 

„In England z. B. sind Masse Menschen in der Industrie, im Maschinenbau, Handel, Transportwesen etc. mit der Produktion und Herbeischaffung von Elementen der landwirtschaftlichen Produktion beschäftigt, die in einem nicht industrialisierten Land nicht damit beschäftigt sind. Man kann also das Verhältnis der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen nicht direkt bestimmen nach der Zahl der unmittelbar in der Landwirtschaft beschäftigten Personen.

In Ländern kapitalistischer Produktion nehmen mittelbar viele an dieser landwirtschaftlichen Produktion teil, die in unentwickelteren Ländern unmittelbar unter sie subsummiert sind. Die Differenz scheint aber größer als sie ist. Für die gesamte Zivilisation des Landes ist diese Differenz aber sehr wichtig, selbst soweit sie bloß darin besteht, dass ein großer Teil der an der Landwirtschaft beteiligten Produzenten nicht direkt an ihr teilnehmen und dem Idiotismus des Landlebens entrissen sind, zur industriellen Bevölkerung gehören.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 475f.

 

„In der ... Landwirtschaft wirkt die große Industrie insofern am revolutionärsten, als sie das Bollwerk der alten Gesellschaft vernichtet, den ‚Bauer‘, und ihm den Lohnarbeiter unterschiebt. Die sozialen Umwälzungsbedürfnisse und Gegensätze des Landes werden so mit denen der Stadt ausgeglichen. An die Stelle der gewohnheitsfaulsten und irrationellsten Betriebs tritt bewusste, technologische Anwendung der Wissenschaft.

Die Zerreißung des ursprünglichen Familienbandes von Landwirtschaft und Manufaktur, welches die kindlich unentwickelte Gestalt beider umschlang, wird durch die kapitalistische Produktionsweise vollendet. Sie schafft aber zugleich die materiellen Voraussetzungen einer neuen, höheren Synthese, des Vereins von Landwirtschaft und Industrie, auf Grundlage ihrer gegensätzlich ausgearbeiteten Gestalten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 528.

 

 

2.4. In gewissem Umfang erlaubt die technische Entwicklung die Rückkehr zur kleinbäuerlicher Produktion auf moderner technischer Grundlage

„Sofern eine einzelne Arbeitsmaschine an die Stelle der Kooperation oder der Manufaktur tritt, kann sie selbst wieder zur Grundlage handwerksmäßigen Betriebs werden.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 484.

Solche Arbeitsmaschinen wie Traktor, Mähdrescher, Melkmaschine etc., die die Kooperation vieler Arbeiter ersetzen können, spielen in der modernen Landwirtschaft eine noch größere Rolle als im modernen handwerklichen Kleinbetrieb auf mechanisierter Grundlage (Elektromotor, Computer etc.).

Es ist „Reproduktion des Handwerks (und des selbständigen Bauern) auf Grundlage der Maschinerie ...“. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 484 Anm. 247.

 

 

3. Ökologische Landwirtschaft ist unvereinbar

mit kapitalistischer Massenproduktion

„Mit dem stets wachsenden Übergewicht der städtischen Bevölkerung, die sie in großen Zentren zusammenhäuft, häuft die kapitalistische Produktion einerseits die geschichtliche Bewegungskraft der Gesellschaft, stört sie andererseits den Stoffwechsel zwischen Mensch und Erde, d. h. die Rückkehr der vom Menschen in der Form von Nahrungs- und Kleidungsmitteln vernutzten Bodenbestandteile zum Boden, also die ewige Naturbedingung dauernder Bodenfruchtbarkeit.

Sie zerstört damit zugleich die physische Gesundheit der Stadtarbeiter und das geistige Leben der Landarbeiter. Aber sie zwingt zugleich durch die Zerstörung der bloß naturwüchsig entstandenen Umstände jenes Stoffwechsels, ihn systematisch als regelndes Gesetz der gesellschaft-lichen Produktion und in einer der vollen menschlichen Entwicklung adäquaten Form herzustellen. ...

Und jeder Fortschritt der kapitalistischen Landwirtschaft ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebene Zeitfrist ist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. Je mehr ein Land, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika z. B. von der großen Industrie als dem Hintergrund seiner Entwicklung ausgeht, desto rascher dieser Zerstörungsprozess. Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktions-prozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 528ff.

 

„Die Moral von der Geschichte, die man auch durch sonstige Betrachtung der Landwirtschaft gewinnen kann, ist die, dass das kapita-listische System einer rationellen Landwirtschaft widerstrebt oder die rationelle Landwirtschaft unverträglich ist mit dem kapitalistischen System (obgleich dies ihre technische Entwicklung befördert) und entweder der Hand des selbst arbeitenden Kleinbauern oder der Kontrolle der assoziierten Produzenten bedarf.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 131.

 

Siehe auch die Artikel:

Bauern

Bodeneigentum

Bodenrente

Industrie und Industrialisierung

Kooperation

Natur

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.