Kauf und Verkauf

 

Austausch von Produkten, Diensten oder Rechten mittels Geld heißt Kauf und Verkauf.

 

1. Gesellschaftliche Arbeitsteilung macht den Austausch

von Diensten und Produkten nötig

„Seine Ware hat für den Warenbesitzer keinen unmittelbaren Ge-brauchswert. Sonst führte er sie nicht zu Markt. Sie hat Gebrauchswert für andere. ...

Alle Waren sind Nicht-Gebrauchswerte für ihre Besitzer, Gebrauchs-werte für ihre Nicht-Besitzer. Sie müssen also allseitig die Hände wechseln. Aber dieser Hände­wechsel bildet ihren Austausch, und ihr Austausch ... realisiert sie als Werte. Die Waren müssen sich daher als Werte realisieren, bevor sie sich als Gebrauchswerte realisieren können.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 100.

 

„Jeder Warenbesitzer will seine Ware nur veräußern gegen andere Ware, deren Gebrauchswert sein Bedürfnis befriedigt. Sofern ist der Austausch für ihn nur in­dividueller Prozess. Andererseits will er seine Ware als Wert realisieren, also in jeder ihm beliebigen anderen Ware von demselben Wert, ob seine eigene Ware nun für den Besitzer der anderen Ware Gebrauchswert habe oder nicht. Sofern ist der Austausch für ihn allgemein gesellschaftlicher Prozess.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 101.

 

„Die beständige Wiederholung des Austausches macht ihn zu einem regelmäßi­gen gesellschaftlichen Prozess. Im Laufe der Zeit muss daher wenigstens ein Teil der Arbeitsprodukte absichtlich für den Austausch produziert werden. Von die­sem Augenblick befestigt sich einerseits die Scheidung zwischen der Nützlichkeit der Dinge für den unmittelbaren Bedarf und ihrer Nützlichkeit zum Austausch. Ihr Gebrauchswert scheidet sich von ihrem Tauschwerte. Andererseits wird das quantitative Verhältnis, worin sie sich austauschen, von ihrer Produktion selbst abhängig. Die Gewohnheit fixiert sie als Wertgrößen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 103.

 

„Soweit der Austauschprozess Waren aus der Hand, worin sie Nicht-Gebrauchs­werte sind, in die Hand überträgt, worin sie Gebrauchswerte sind, ist er gesell­schaftli­cher Stoffwechsel. Das Produkt einer nützlichen Arbeitsweise ersetzt das der anderen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 119.

 

„Die Teilung der Arbeit verwandelt das Arbeitsprodukt in Ware und macht dadurch seine Verwandlung in Geld notwendig.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 122.

 

 

2. Aus dem Warentausch entsteht Geld
als Tausch- bzw. Zirkulationsmittel

„Die Schwierigkeit liegt nicht darin, zu begreifen, dass Geld Ware, sondern wie, warum, wodurch Ware Geld ist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 107.

 

Der Austauschprozess produziert eine Verdopplung der Ware in Ware und Geld, einen äußeren Gegensatz, worin sie ihren immanenten Gegensatz von Ge­brauchswert und Wert darstellen. In diesem Gegensatz treten die Waren als Ge­brauchswerte dem Geld als Tauschwert gegenüber. Andererseits sind beide Seiten des Gegensatzes Waren, also Einheiten von Gebrauchswert und Wert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 119.

 

Die Warenbesitzer können ihre Waren nur als Werte und darum nur als Waren aufeinander beziehen, indem sie dieselben gegensätzlich auf irgendeine andere Ware als allgemeines Äquivalent (Wertmaßstab) beziehen. ...

Aber nur die gesellschaftliche Tat kann eine bestimmte Ware zum allgemeinen Äquivalent (Wertmaßstab) machen. Die gesellschaftliche Aktion aller anderen Waren schließt daher eine bestimmte Ware aus, worin sie allseitig ihre Werte dar­stellen. Dadurch wird die Naturalform dieser Ware gesellschaftlich gültige Äqui­valentform. Allgemeines Äquivalent (Wertmaßstab) zu sein wird durch den ge­sellschaftlichen Prozess zur spezifisch gesellschaftlichen Funktion der ausge­schlossenen Ware. So wird sie – Geld.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 101.

 

„Begleiten wir nun irgendeinen Warenbesitzer ... zur Szene des Aus-tauschprozes­ses, dem Warenmarkt. ... Der Austauschprozess der Ware vollzieht sich ... in zwei entgegengesetzten und einander ergänzenden Verwandlungen – Verwandlung der Ware in Geld und ihre Rückver-wandlung aus Geld in Ware. Die Entwicklungs­stadien der Waren-verwandlung sind zugleich Tätigkeiten des Warenbesitzers – Verkauf, Austausch der Ware mit Geld; Kauf, Austausch des Geldes mit Ware, und Einheit beider Akte: verkaufen, um zu kaufen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 119f.

 

„Der Austauschprozess der Ware vollzieht sich also in folgendem Formwechsel:

Ware – Geld – Ware.

W – G – W.

Nach ihrem stofflichen Inhalt ist die Bewegung W – W, Austausch von Ware ge­gen Ware, Stoffwechsel der gesellschaftlichen Arbeit, ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 120.

 

„Das Geld entsteht nicht durch Übereinkunft, so wenig wie der Staat. Es entsteht aus dem Austausch und im Austausch naturwüchsig, es ist ein Produkt desselben.

Ursprünglich wird die Ware als Geld dienen – d. h. eingetauscht werden, nicht als Gegenstand des Bedürfnisses und der Konsumtion, sondern um sie wieder auszutauschen gegen andere Waren –, die am meisten als Gegenstand des Bedürfnisses eingetauscht wird ...; die also am sichersten ist, wieder gegen andere besondere Waren ausgetauscht werden zu können; die also in der gegebenen gesellschaftlichen Organisation den Reichtum als solchen repräsentiert und Gegenstand der allgemeinsten Nachfrage und Zufuhr ist und einen besonderen Gebrauchswert besitzt. So Salz, Häute, Vieh, Sklaven. ... Die besondere Nützlichkeit der Ware, sei es als besonderer Konsum-tionsgegenstand (Häute), sei es als unmittelbares Produktionswerkzeug (Sklave), stempelt sie hier zum Geld.

Im Fortgang der Entwicklung wird gerade das umgekehrte eintreten, d. h. die Ware, die am wenigsten unmittelbar Gegenstand der Konsumtion oder Werkzeug der Produktion, wird am besten gerade die Seite repräsentieren, dass sie dem Bedürfnis des Austauschs als solchen dient.

Im ersten Fall wird die Ware Geld, wegen ihres besonderen Gebrauchs-werts; im zweiten Fall erhält sie davon ihren besonderen Gebrauchswert, dass sie als Geld dient.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 83.

 

„Weil die Ware Tauschwert ist, ist sie austauschbar gegen Geld, wird sie mit Geld gleichgesetzt. Das Verhältnis, worin sie dem Geld gleich-gesetzt wird, d. h. die Bestimmtheit des Tauschwerts, ist Voraussetzung ihrer Umsetzung in Geld. Das Verhältnis, worin die besondere Ware gegen Geld getauscht wird, d. h. die Menge Geld, worin eine bestimmte Menge Ware umsetzbar ist, ist bestimmt durch die in der Ware vergegenständlichte Arbeitszeit.

Als Verwirklichung einer bestimmten Arbeitszeit ist die Ware Tauschwert ... Adam Smith sagt, dass die Arbeit (Arbeitszeit) das ursprüngliche Geld ist, womit alle Waren gekauft werden. Den Akt der Produktion betrachtet, bleibt dies immer richtig (ebenso wohl in Bezug auf die Bestimmung der relativen Werte). Jede Ware wird in der Produktion fortwährend gegen Arbeitszeit ausgetauscht. ...

Die Arbeitszeit kann nicht unmittelbar selbst das Geld sein (eine Forderung, die in anderen Worten damit zusammenfällt, dass jede Ware unmittelbar ihr eigenes Geld sein soll), eben weil sie faktisch stets nur in besonderen Produkten existiert (als Gegen-stand): als allgemeiner Gegenstand kann sie nur symbolisch existieren, eben wieder in einer besonderen Ware, die als Geld gesetzt wird.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 84.

 

 

3. Aus der Warenzirkulation entwickelt sich
der Kaufmannstand und die Möglichkeit der Krisen

„Die Gesamtverwandlung einer Ware unterstellt, in ihrer einfachsten Form, vier Extreme (Wx – G, G – Wy) und drei handelnde Personen (X als Verkäufer – Z als Käufer, X als Käufer – Y als Verkäufer).

Erst tritt der Ware das Geld als ihre Wert-Gestalt gegenüber ... So tritt dem Wa­renbesitzer ein Geldbesitzer gegenüber.

Sobald die Ware nun in Geld verwandelt ist, wird letzteres zu ihrer verschwin­denden Äquivalentform, deren Gebrauchswert ... diesseits in anderen Warenkör­pern existiert. Als Endpunkt der ersten Waren­wandlung ist das Geld zugleich Ausgangspunkt der zweiten.

So wird der Verkäufer des ersten Akts Käufer im zweiten, wo ihm ein dritter Wa­renbesitzer als Verkäufer gegenübertritt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 125.

 

„Der Kreislauf, den die Verwandlungsreihe jeder Ware beschreibt, verschlingt sich also unentwirrbar mit den Kreisläufen anderer Waren. Der Gesamtprozess stellt sich dar als Warenzirkulation.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 126.

 

„Die Warenzirkulation ist nicht nur formell, sondern wesentlich vom unmittelba­ren Produktenaustausch unterschieden. ... Es entwickelt sich ein ganzer Kreis von den handelnden Personen unkontrollierbarer, gesellschaftlicher Naturzusammen­hän­ge.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 126.

„Die Zirkulation sprengt die zeitlichen, örtlichen und individuellen Schranken des Produktenaustausches eben dadurch, dass sie die hier vorhandene unmittelbare Identität zwischen dem Austausch des eigenen und dem Eintausch des fremden Arbeitsprodukts in den Gegensatz von Verkauf und Kauf spaltet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 127.

 

„Als Vermittler der Warenzirkulation erhält das Geld die Funktion des Zirkula­tionsmittels.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 128.

„Ein Moment der Zirkulation ist, dass die Ware durch das Geld sich gegen Ware austauscht. Aber ebenso sehr findet das andere Moment statt, ... dass Geld gegen Ware und Ware gegen Geld sich austauscht. ...

So erscheint es nicht mehr als Mittel, sondern als Zweck der Zirkulation (wie z. B. im Kaufmannstand) (im Handel überhaupt).

Wenn die Zirkulation nicht nur als ein beständiges Abwechseln betrachtet wird, sondern in den Kreisläufen, die sie in sich selbst beschreibt, so erscheint dieser Kreislauf doppelt:

Ware – Geld – Geld – Ware;

andererseits

Geld – Ware – Ware – Geld;

d. h. wenn ich verkaufe, um zu kaufen; so kann ich ebenso kaufen, um zu verkaufen.

Im ersten Fall ist das Geld nur Mittel, um die Ware zu erhalten, und die Ware ist der Zweck; im zweiten Fall ist die Ware nur Mittel, um Geld zu erhalten, und das Geld ist der Zweck.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 115.

 

„Die Trennung des Tauschs in Kauf und Verkauf macht es möglich, dass ich bloß kaufe ohne zu verkaufen (Hortung von Waren), oder bloß verkaufe ohne zu kaufen (Akkumulation von Geld). Sie macht die Spekulation möglich. Sie macht das Austauschen zu einem besonderen Geschäft; d. h. sie begründet den Kaufmannsstand.

Diese Trennung hat eine Masse Transaktionen möglich gemacht zwischen dem endgültigen Austausch der Waren, und sie befähigt eine Masse Personen, diese Scheidung auszubeuten.

Sie hat eine Masse Scheintransaktionen möglich gemacht.

Manchmal zeigt es sich, dass was als ein wesentlich getrennter Akt erscheint, ein wesentlich Zusammengehöriges ist; manchmal, dass was als ein wesentlich zusammengehöriger Akt gedacht ward, in der Wirklichkeit wesentlich getrennt ist.

In Momenten, wo das Kaufen und Verkaufen sich als wesentlich verschiedene Akte behaupten, findet die allgemeine Entwertung aller Waren statt (= Deflation). In Momenten, wo es hervortritt, dass das Geld nur Mittel des Austausches ist, findet die Entwertung des Geldes statt (= Inflation). Allgemeines Fallen oder Steigen der Preise.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 114.

 

Siehe auch die Artikel:

Geld

Kapital

Krisen

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.