Gemeineigentum

 

Eigentum ist der juristische Ausdruck für die jeweilige Organisa-tionsform der gesellschaftlichen Arbeit. Wo gemeinsam auf Rechnung einer Gesellschaft (Sippe, Stamm, Stadtgemeinde) gearbeitet wird, herrscht Gemeineigentum, wo auf Rechnung einzelner Familien bzw. auf individuelle Rechnung gearbeitet wird, herrscht Privateigentum.

„Alle Produktion ist Aneignung der Natur von Seiten des Individuums innerhalb und vermittelst einer bestimmten Gesellschaftsform. ...

Dass aber von keiner Produktion, also auch von keiner Gesellschaft die Rede sein kann, wo keine Form des Eigentums existiert, ist eine Tautologie. Eine Aneignung, die sich nichts zu eigen macht, ist ein Widerspruch in sich.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 9.

„In Bezug auf den Einzelnen ist ... klar, dass er selbst zur Sprache als seiner eigenen sich nur verhält als natürliches Mitglied eines menschlichen Gemeinwesens. Sprache als Produkt eines Einzelnen ist ein Unding. Aber ebenso sehr ist es das Eigentum als Produkt eines Einzelnen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

 

1. Frühes Stammeseigentum

Bis zur Sesshaftwerdung der Menschen gab es nur Stammeseigentum in Form der Herde oder in Form des gemeinsamen Bodenbesitzes (ca. 500000 bis 8000 v. Chr.).

„... Eine gründlichere Geschichtsforschung findet das Gemeineigentum als Ausgangspunkt bei allen Kulturvölkern wieder.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 764.

„Die Geschichte zeigt ... das Gemeineigentum (z. B. bei den Indern, Slawen, alten Kelten etc.) als die ursprünglichere Form, eine Form, die unter der Gestalt des Gemeindeeigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielt.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 9.

„Da wir annehmen können, dass das Hirtenwesen, überhaupt Wanderung die erste Form der Existenzweise ist, nicht dass der Stamm sich niederlässt auf einem bestimmten Sitz, sondern dass er abweidet, was er vorfindet ..., so erscheint die Stammgemeinschaft, das natürliche Gemeinwesen nicht als Resultat, sondern als Voraussetzung der gemeinschaftlichen Aneignung (temporären) und Benutzung des Bodens. ...

Die naturwüchsige Stammgemeinschaft, ... ist die erste Voraussetzung – die Gemeinschaftlichkeit in Blut, Sprache, Sitten etc. – der Aneignung der objektiven Bedingungen ihres Lebens, und der sich reproduzierenden und vergegenständlichenden Tätigkeit desselben (Tätigkeit als Hirten, Jäger, Ackerbauer etc.).

Die Erde ist das große Laboratorium, das Arsenal, das sowohl das Arbeitsmittel, wie das Arbeitsmaterial liefert, wie den Sitz, die Basis des Gemeinwesens. Sie verhalten sich naiv zu derselben als dem Eigentum des Gemeinwesens ... Jeder Einzelne verhält sich nur als Glied, als Mitglied dieses Gemeinwesens als Eigentümer oder Besitzer.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 375f.

„Durch das Jagen der Stämme wird eine Erdregion erst zum Jagdrevier; durch den Ackerbau die Erde, der Grund und Boden erst als der verlängerte Leib des Individuums gesetzt.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 393.

„Bei wandernden Hirtenstämmen – und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd – erscheint die Erde gleich den anderen Naturbedingungen in elementarischer Unbegrenztheit, z. B. in den asiatischen Steppen und der asiatischen Hochebene. Sie wird abgeweidet etc. konsumiert durch die Herden, an denen wieder die Herdenvölker existieren.

Sie verhalten sich zu ihr als ihrem Eigentum, obgleich sie dies Eigentum nie fixieren.

Der Jagdgrund so bei den wilden Indianerstämmen in Amerika; der (Indianer-)Stamm betrachtet eine gewisse Region als sein Jagdgebiet und behauptet es gewaltsam gegen andere Stämme, oder sucht andere Stämme aus dem von ihnen behaupteten zu vertreiben.

Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die Gemeinde in der Tat stets vereinigt, Reisegesellschaft, Karawane, Horde, und die Formen der Über- und Unterordnung entwickeln sich aus den Bedingungen dieser Lebensweise.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

 

„Eigentum meint also ursprünglich nichts als Verhalten des Menschen zu seinen natürlichen Produktionsbedingungen als ihm gehörigen, als den seinen, als mit seinem eigenen Dasein vorausgesetzten; Verhalten zu denselben als natürlichen Voraussetzungen seiner selbst, die sozusagen nur seinen verlängerten Leib bilden. ...

Eine natürliche Produktionsbedingung für das lebendige Individuum ist sein Zugehören zu einer naturwüchsigen Gesellschaft, Stamm etc. Dieses ist z. B. schon Bedingung für seine Sprache etc. Sein eigenes produktives Dasein ist nur unter dieser Bedingung. ...

Das Eigentum meint also Gehören zu einem Stamm (Gemeinwesen) ... und vermittelst des Verhaltens dieses Gemeinwesens zum Grund und Boden, zur Erde als seinem unorganischen Leib, Verhalten des Individuums zum Grund und Boden, zur äußeren Urbedingung der Produktion – da die Erde in einem Rohmaterial, Instrument, Frucht ist – als zu seiner Individualität gehörigen Voraus-setzung ... derselben.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 391f.

 

„Als die erste große Produktivkraft erscheint das Gemeinwesen selbst.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 395.

 

„Das Verhalten zur Erde als Eigentum ist immer vermittelt durch die Okkupation, friedliche oder gewaltsame, von Grund und Boden durch den Stamm oder die Gemeinde in irgendeiner mehr oder minder naturwüchsigen oder schon historisch entwickelteren Form.

Das Individuum kann hier nie in der Punktualität auftreten, in der es als bloßer freier Arbeiter erscheint.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 385.

„Die Abstraktion eines Gemeinwesens, worin die Mitglieder nichts gemein haben, als etwa Sprache etc. und kaum diese, ist offenbar das Produkt viel späterer historischer Zustände.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

„Der Mensch vereinzelt sich erst durch den historischen Prozess. Er erscheint ursprünglich als ein Gattungswesen, Stammwesen, Herdentier ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 395.

 

2. Gemeineigentum bei Sesshaftigkeit

Mit der Sesshaftigkeit (seit ca. 8000 v. Chr.) entwickelte sich das Gemeineigentum entweder zu einem patriarchalen Despotismus oder zu einer patriarchalen Demokratie (Griechenland, Rom, Germanen).

„Es kann ferner die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist, oder als die Beziehung der Familienväter aufeinander.

Danach entwickelt sich eine entweder mehr despotische oder demokratische Form dieses Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 377.

 

2.1. Despotische Vorrats- und Palastwirtschaft

Gemeinsame Arbeit und Gemeinbesitz am gesammelten Vorrat war Basis der frühen Hochkulturen in Asien (Sumerer, Ägypter, Inder, Chinesen = „asiatische Produk-tionsweise“).

„Da die Einheit der wirkliche Eigentümer ist und die wirkliche Voraussetzung des gemeinschaftlichen Eigentums – so kann diese selbst als ein Besonderes über den vielen wirklichen besonderen Gemein-wesen erscheinen, wo der Einzelne dann tatsächlich eigentumslos ist, oder das Eigentum ... für ihn vermittelt erscheint durch das Ablassen der Gesamteinheit – die im Despoten realisiert ist als dem Vater der vielen Gemeinwesen ...

Das Mehrprodukt – das übrigens legal bestimmt wird infolge der wirklichen Aneignung durch Arbeit – gehört damit von selbst dieser höchsten Einheit. Mitten im orientalischen Despotismus und der Eigentumslosigkeit, die juristisch in ihm zu existieren scheint, existiert daher in der Tat als Grundlage dieses Stamm- oder Gemeinde-eigentum ...

Ein Teil ihrer Mehrarbeit gehört der höheren Gemeinschaft, die zuletzt als Person existiert, und diese Mehrarbeit macht sich geltend sowohl im Tribut etc. wie in gemeinsamen Arbeiten zur Verherrlichung der Einheit, teils des wirklichen Despoten, teils des gedachten Stamm-wesens, des Gottes. ...

Die gemeinschaftlichen Bedingungen der wirklichen Aneignung durch die Arbeit, Wasserleitungen, ... erscheinen dann als Werk der höheren Einheit – der über den kleinen Gemeinden schwebenden despotischen Regierung.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 376f.

„Die Notwendigkeit, eine Naturkraft gesellschaftlich zu kontrollieren, damit hauszuhalten, sie durch Werke von Menschenhand auf großem Maßstab erst anzueignen oder zu zähmen, spielt die entscheidenste Rolle in der Geschichte der Industrie. So z. B. die Wasserreglung in Ägypten, ... Oder in Indien, Persien usw., wo die Überrieslung durch künstliche Kanäle dem Boden nicht nur das unentbehrliche Wasser, sondern mit dessen Geschlämme zugleich den Mineraldünger von den Bergen zuführt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 537.

„Die äußeren Naturbedingungen zerfallen ökonomisch in zwei große Klassen, natürlichen Reichtum an Lebensmitteln, also Bodenfrucht-barkeit, fischreiche Gewässer usw., und natürlichen Reichtum an Arbeitsmitteln, wie lebendige Wassergefälle, schiffbare Flüsse, Holz, Metalle, Kohle usw.

In den Kulturanfängen gibt die erstere, auf höherer Entwicklungsstufe die zweite Art des natürlichen Reichtums den Ausschlag. ... Je geringer die Zahl der absolut zu befriedigenden Naturbedürfnisse und je größer die natürliche Bodenfruchtbarkeit und Gunst des Klimas, desto geringer die zur Erhaltung und Reproduktion des Produzenten notwendige Arbeitszeit. Desto größer kann also der Überschuss seiner Arbeit für andere über seine Arbeit für sich selbst sein. So bemerkt schon Diodor über die alten Ägypter: ‚Es ist ganz unglaublich, wie wenig Mühe und Kosten die Erziehung ihrer Kinder ihnen verursacht. Sie kochen ihnen die nächste beste einfache Speise; auch geben sie ihnen von der Papierstaude den unteren Teil zu essen, soweit man ihn im Feuer rösten kann, und die Wurzeln und Stängel der Sumpfgewächse, teils roh, teils gesotten und gebraten. Die meisten Kinder gehen ohne Schuhe und unbekleidet, da die Luft zu mild ist. Daher kostet ein Kind seinen Eltern, bis es erwachsen ist, im Ganzen nicht über zwanzig Drachmen. Hieraus ist es hauptsächlich zu erklären, dass in Ägypten die Bevölkerung so zahlreich ist und darum so viele große Werke angelegt werden konnten.‘ Indes sind die großen Bauwerke des alten Ägyptens dem Umfang seiner Bevölkerung weniger geschuldet, als der großen Proportion, worin sie verfügbar war. ..., je geringer der zur Produktion der notwendigen Lebensmittel nötige Teil der Arbeiterbevölkerung, desto größer ihr für anderes Werk verfügbarer Teil.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 535f.

 

2.2. Demokratische Stadtkultur

Die patriarchal-demokratische Form des Gemeindeeigentums bei den Griechen (bis etwa 600 v.Chr.) beruhte auf der Koexistenz von Gemeindeeigentum und privatem Familieneigentum.

„Die zweite Form ... unterstellt auch das Gemeinwesen als erste Voraussetzung, aber ... sie unterstellt nicht das Land als Basis, sondern die Stadt als schon geschaffenen Sitz (Zentrum) der Landleute (Grundeigentümer). Der Acker erscheint als Territorium der Stadt. ...

Die Schwierigkeiten, die das Gemeindewesen trifft, können nur von anderen Gemeindewesen herrühren, die entweder den Grund und Boden schon okkupiert haben, oder die Gemeinde in ihrer Okkupation be-unruhigen.

Der Krieg ist daher die große Gesamtaufgabe, die große gemein-schaftliche Arbeit, die nötig ist, sei es um die objektiven Bedingungen des lebendigen Daseins zu okkupieren, sei es, um die Okkupation derselben zu beschützen und zu verewigen.

Die aus Familien bestehende Gemeinde daher zunächst kriegerisch organisiert – als Kriegs- und Heerwesen und dies ist eine der Bedingungen ihres Daseins als Eigentümerin. Die Konzentration der Wohnsitze in der Stadt Grundlage dieser kriegerischen Organisation. ...

Das Gemeindeeigentum – als Staatseigentum – ager publicus – hier getrennt von dem Privateigentum.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

„Die einzige Schranke, die das Gemeinwesen finden kann in seinem Verhalten zu den natürlichen Produktionsbedingungen – der Erde – (wenn wir gleich zu den ansässigen Völkern überspringen) als den seinen, ist ein anderes Gemeinwesen ... Der Krieg ist daher eine der ursprünglichsten Arbeiten jedes dieser naturwüchsigen Gemeinwesen, sowohl zur Behauptung des Eigentums, als zum Neunerwerb desselben.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390f.

„Die Gemeinde – als Staat – ist einerseits die Beziehung dieser freien und gleichen Privateigentümer aufeinander, ihre Verbindung gegen außen, und ist zugleich ihre Garantie.

Das Gemeinwesen beruht hier ebenso sehr darauf, dass seine Mitglieder aus arbeitenden Grundeigentümern, Parzellenbauern bestehen, wie die Selbständigkeit der letzteren durch ihre Beziehung als Gemeindeglieder aufeinander, Sicherung des ager publicus (gemeinschaftlich genutzter Grundbesitz, „Staatsland“) für die gemeinschaftlichen Bedürfnisse und den gemeinschaftlichen Ruhm etc. besteht.

Voraussetzung bleibt hier für die Aneignung des Grund und Bodens Mitglied der Gemeinde zu sein, aber als Gemeindemitglied ist der Einzelne Privateigentümer. ...

Das Eigentum an der eigenen Arbeit ist vermittelt durch das Eigentum an der Bedingung der Arbeit – dem Hufen Land, seinerseits garantiert durch das Dasein der Gemeinde, und diese wieder durch die Mehrarbeit in Form von Kriegsdienst etc. der Gemeindemitglieder. Es ist nicht Kooperation in der reichtumsschaffenden Arbeit, wodurch sich das Gemeindemitglied reproduziert, sondern Kooperation in der Arbeit für die gemeinschaftlichen Interessen (imaginären und wirklichen) zur Aufrechterhaltung des Verbandes nach außen und innen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 379f.

„Das Individuum verhält sich zu sich selbst als Eigentümer, als Herr der Bedingungen seiner Wirklichkeit. Es verhält sich ebenso zu den anderen ... als Miteigentümern, ... als selbständigen Eigentümern neben ihm, ... neben denen das früher alles absorbierende und über alle übergreifende Gemeineigentum selbst als besonderer ager publicus neben den vielen Privateigentümern gesetzt ist.

In beiden Formen (im patriarchalen Despotismus wie in der patriarchalen Demokratie) verhalten sich die Individuen nicht als Arbeiter, sondern als Eigentümer – und Mitglieder eines Gemein-wesens, die zugleich arbeiten. Der Zweck dieser Arbeit ist nicht Wertschöpfung ... sondern ihr Zweck ist Erhaltung des einzelnen Eigentümers und seiner Familie, wie des Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 375.

 

2.3. Individuelles Eigentum

Was wir aus Schulbüchern als klassische Blüte der Antike kennen, ist nichts als die Zertrümmerung des ursprünglichen dörflichen oder städtischen Gemeineigentums. Die Stärkung des individuellen Eigentums förderte die Selbständigkeit und die Fähigkeiten der Individuen um den Preis der Auflösung der ursprünglichen Gemeinschaften.

„Je weniger faktisch das Eigentum des Einzelnen nur verwertet werden kann durch gemeinsame Arbeit – also z. B. wie die Wasserleitungen im Orient –, je mehr der rein naturwüchsige Charakter des Stammes durch historische Bewegung, Wanderung, gebrochen; je mehr ferner der Stamm sich entfernt von seinem ursprünglichen Sitz und fremden Boden okkupiert, also in wesentlich neue Arbeitsbedingungen tritt und die Energie des Einzelnen mehr entwickelt ist ..., umso mehr sind die Bedingungen gegeben, dass der Einzelne Privateigentümer von Grund und Boden – einer besonderen Parzelle – wird, deren besondere Bearbeitung ihm und seiner Familie anheimfällt.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

„Damit die Gemeinde fortexistiere in der alten Weise, als solche, ist die Reproduktion ihrer Glieder unter den vorausgesetzten objektiven Bedingungen nötig. Die Produktion selbst, Fortschritt der Bevöl-kerung ... hebt notwendig nach und nach diese Bedingungen auf; zerstört sie statt sie zu reproduzieren ... und damit geht das Gemeinwesen unter mit den Eigentumsverhältnissen, auf denen es gegründet war. Am zähesten und längsten hält sich notwendig die asiatische Form. Es liegt dies in ihrer Voraussetzung, dass der Einzelne nicht der Gemeinde gegenüber selbständig wird; dass ein selbstversorgender Kreis der Produktion, Einheit von Agrikultur und Handmanufaktur etc. besteht.

Verändert der Einzelne sein Verhältnis zur Gemeinde, so verändert er damit und wirkt zerstörend auf die Gemeinde; wie auf ihre ökonomische Voraussetzung; andererseits wird die Änderung dieser ökonomischen Voraussetzung – durch ihre eigene Dialektik hervorgebracht, Verarmung etc.

Namentlich der Einfluss des Kriegswesens und der Eroberung, der in Rom z. B. wesentlich zu den ökonomischen Bedingungen der Gemeinde selbst gehört, – hebt auf das reale Band, worauf sie beruht.

In allen diesen Formen ist die Reproduktion vorausgesetzter ... Verhältnisse des Einzelnen zu seiner Gemeinde, und ein bestimmtes, ihm vorherbestimmtes objektives Dasein, sowohl im Verhalten zu den Bedingungen der Arbeit, wie zu seinen Mitarbeitern, Stammesgenossen etc. – Grundlage der Entwicklung, die von vornherein daher eine beschränkte ist, aber mit Aufhebung der Schranke Verfall und Untergang darstellt. Die Entwicklung der Sklaverei, die Konzentration des Grundbesitzes, Austausch, Geldwesen, Eroberung etc. so bei den Römern, obgleich alle diese Elemente bis zu einem gewissen Punkt verträglich zu sein scheinen mit der Grundlage und sie teils nur unschuldig zu erweitern scheinen, teils als bloße Missbräuche aus ihr hervorzuwachsen scheinen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 386.

 

2.4. Gemeineigentum wurde zur Basis von Ausbeuterschichten

„Das Stammwesen an sich führt zu höheren und niederen Geschlechtern, ein Unterschied, der noch mehr entwickelt wird durch Mischung mit unterjochten Stämmen etc.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

 

2.4.1. Patrizier und Plebejer (Rom)

„Da der Patrizier im höheren Grad das Gemeinwesen repräsentiert, ist er der Possessor (Nutzer) des ager publicus und benutzt ihn durch seine Klienten etc. (eignet ihn sich auch nach und nach an).“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 382.

 

2.4.2. Feudalherren und Fronbauern (Rumänien)

„Ihre ursprüngliche Produktionsweise war auf Gemeineigentum gegründet. ... Ein Teil der Ländereien wurde als freies Privateigentum von den Mitgliedern der Gemeinde selbständig bewirtschaftet, ein anderer Teil – der ager publicus – gemeinsam von ihnen bestellt.

Die Produkte dieser gemeinsamen Arbeit dienten teils als Reservefonds für Missernten und andere Zufälle, teils als Staatsschatz zur Deckung für die Kosten von Krieg, Religion und anderen Gemeindeausgaben.

Im Laufe der Zeit usurpierten kriegerische und kirchliche Würdenträger mit dem Gemeineigentum die Leistungen für dasselbe. Die Arbeit der freien Bauern auf ihrem Gemeindeland verwandelte sich in Fronarbeit für die Diebe des Gemeindelandes.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 252.

 

3. Im Kapitalismus wird zwar gemeinschaftlich gearbeitet,

aber auf individuelle Rechnung zugunsten der Kapitaleigner.

Erst das kommunistische Gemeineigentum verwirklicht wieder gemeinsame Arbeit auf gemeinsame Rechnung, aber auf der entwickelteren kapitalistischen Grundlage.

„Die ursprüngliche Einheit zwischen Arbeiter und Arbeitsbedingungen (= Gemeineigentum) ... hat zwei Hauptformen: das asiatische (= orientalische) Gemeinwesen (naturwüchsigen Kommunismus) und die kleine Familienagrikultur (womit Hausindustrie verbunden ist) in der einen oder anderen Form.

Beide Formen sind Kinderformen und gleich wenig geeignet, die Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und die Produktivkräfte der gesellschaft-lichen Arbeit zu entwickeln. Daher die Notwendigkeit der Trennung, der Zerreißung, des Gegensatzes zwischen Arbeit und Eigentum (womit zu verstehen Eigentum an den Produktionsbedingungen). ...

Die äußerste Form dieser Zerreißung, worin zugleich die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit am mächtigsten entwickelt wird, ist die des Kapitals.

Auf der materiellen Basis, die es schafft, und vermittelst der Revolu-tionen, die im Prozess dieser Schöpfung die Arbeiterklasse und die ganze Gesellschaft durchmachen, kann erst wieder die ursprüngliche Einheit hergestellt werden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 414

„Die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende kapitalis-tische Aneignungsweise, daher das kapitalistische Privateigentum, ist die erste Negation des individuellen, auf eigene Arbeit gegründeten Privat-eigentums.

Aber die kapitalistische Produktion erzeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigene Negation. Es ist Negation der Negation. Diese stellt nicht das Privateigentum wieder her, wohl aber das individuelle Eigentum auf Grundlage der Errungenschaften der kapitalistischen Ära: der Kooperation und des Gemeinbesitzes der Erde und der durch die Arbeit selbst produzierten Produktionsmittel.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 791.

 

Siehe auch die Artikel:

Bodeneigentum

Eigentum

 


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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.