Friede und Krieg

Gewalt war immer eine unvermeidliche geschichtliche Begleit-erscheinung gesell­schaftlicher und politischer Konflikte. Friedensgeschrei gehört zur Vorgeschichte jeder Gewalttat und ist die Begleitmusik jeden Krieges.

In der wirklichen Geschichte spielen bekanntlich Eroberung, Unterjochung, Raubmord, kurz Gewalt die große Rolle. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 742.

 

1. Kriege der Urgesellschaften

Der Krieg war früher ausgebildet wie der Frieden; ... K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 29.

... Der Krieg war so alt wie die gleichzeitige Existenz mehrerer Gemeinschaftsgruppen nebeneinander. F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 167.

 

1.1. Kriege der Urgesellschaften

1.1.1. Jäger und Sammler betrachteten ihr Jagdrevier als ihr gemeinschaftliches Eigentum und sie vertrieben oder töteten Eindringlinge, um sie als lebensbedrohende Nahrungskonkurrenten loszuwerden oder um sie als Nahrungsquelle zu verspeisen.

Der Jagdgrund ist so gemeinsames Eigentum bei den wilden Indianerstämmen in Amerika; der Stamm betrachtet eine gewisse Region als sein Jagdgebiet und behauptet es gewaltsam gegen andere Stämme, oder sucht andere Stämme aus dem von ihnen besetzten Jagdrevier zu vertreiben. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

1.1.2. Hirtenvölker nutzten den Nahrungsraum ihrer Herden als ihr gemeinsames Eigentum, das sie mittels Krieg erweiterten und gewaltsam gegen tierische und menschliche Räuber schützten.

Bei wandernden Hirtenstämmen und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd erscheint die Erde gleich den anderen Naturbedingungen in ursprünglicher Unbegrenztheit ...

Sie wird abgeweidet etc., konsumiert durch die Herden, an denen wieder die Herdenvölker existieren. Sie verhalten sich zu ihr als ihrem Eigentum, obgleich sie dies Eigentum nie fixieren. ...

Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die Gemeinde in der Tat stets vereinigt, Reisegesellschaft, Karawane, Horde ...

Angeeignet und reproduziert wird in der Tat hier nur die Herde, nicht die Erde, die aber stets temporär gemeinschaftlich benutzt wird an dem jedesmaligen Aufenthaltsplatz. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

Die Mongolen mit ihren Verwüstungen in Russland z. B. handelten ihrer Produktion, der Viehweide gemäß, für die große, unbewohnte Strecken eine Hauptbedingung ist. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 629.

Bei dem erobernden Barbarenvolke ist der Krieg selbst noch, wie schon oben angedeutet, eine regelmäßige Verhaltensweise, die um so eifriger angewandt wird, je mehr der Zuwachs der Bevölkerung bei der hergebrachten und für sie einzig möglichen rohen Produktionsweise das Bedürfnis neuer und erweiterter Produktionsmittel schafft. K. Marx, Dt. Ideologie, MEW 3, 23.

 

1.2. Kriege der sesshaften Bauern der antiken Frühzeit

Sesshafte Bauern führten Kriege zur Eroberung, Sicherung und Ausdehnung ihres gemeinschaftlichen Lebensraumes. Sesshafte Bauern der Frühzeit mussten das Land gewaltsam der Vor-bevölkerung entreißen und gewaltsam gegen eindringende Ernteräuber verteidigen. Isolierte Bauernfamilien waren ohne den militärischen und ökonomischen Rückhalt des eigenen Stammes nicht überlebensfähig. Sesshafte Stämme und Völker waren alle kriegerisch organisiert.

Die Schwierigkeiten, die das Gemeindewesen trifft, können nur von anderen Gemeindewesen herrühren, die entweder den Grund und Boden schon besetzt haben, oder die Gemeinde in ihrer Herrschaft über den Boden beunruhigen.

Der Krieg ist daher die große Gesamtaufgabe, die große gemeinschaftliche Arbeit, die nötig ist, sei es um Grund und Boden, die objektiven Bedingungen des lebendigen Dasein, zu besetzen, sei es um diese Herrschaft über den Boden ... zu beschützen und zu verewigen.

Die aus Familien bestehende Gemeinde ist daher zunächst kriegerisch organisiert als Kriegs- und Heerwesen, und dies ist eine der Bedingungen ihres Daseins als Eigentümerin.

Die Konzentration der Wohnsitze in der Stadt war Grundlage dieser kriegerischen Organisation. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378f.

Ihre ursprüngliche Produktionsweise (der sesshaft gewordenen Bauern) war auf Gemeineigentum gegründet, ...

Ein Teil der Ländereien wurde als freies Privateigentum von den Mitgliedern der Gemeinde selbständig bewirtschaftet, ein anderer Teil das Gemeindeland, der ager publicus gemeinsam von ihnen bestellt. Die Produkte dieser gemeinsamen Arbeit dienten teils als Reservefonds für Missernten und andere Zufälle, teils als Staatsschatz zur Deckung für die Kosten von Krieg, Religion und andere Gemeindeausgaben. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 252.

Die Fortdauer der Bauerngemeinde ist die Reproduktion aller Mitglieder derselben als sich selbst ernährende Bauern, deren Überschusszeit eben der Gemeinschaft, der Arbeit des Kriegs etc. gehört.

Das Eigentum an der eigenen Arbeit ist bedingt durch das Eigentum an den Bedingungen der Arbeit dem Ackerland, dieses wird wiederum garantiert durch das Dasein der Gemeinde, und diese wieder durch die Mehrarbeit in Form von Kriegsdienst etc. der Gemeindeglieder.

Es ist nicht Kooperation in der Reichtum produzierenden Arbeit, wodurch sich das Gemeindemitglied reproduziert (diese Arbeit erledigte es im Familienverband auf seinem Feldstück), sondern Kooperation in der Arbeit für die gemeinschaftlichen Interessen (imaginären und wirklichen) zur Aufrechterhaltung des Verbandes nach außen und innen. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 380.

Die antike Stadt ist Zentrum des Landlebens, ... Wohnsitz der Landarbeiter, wie ebenso ... Zentrum der Kriegsführung ...; ... K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 382.

Namentlich der Einfluss des Kriegswesens und der Eroberung, der in Rom z. B. wesentlich zu den ökonomischen Bedingungen der Gemeinde gehört, hebt das reale Band auf, worauf sie beruht ...

Die Entwicklung der Sklaverei, die Konzentration des Grundbesitzes, Austausch, Geldwesen, Eroberung etc., ..., obgleich alle diese Elemente bis zu einem gewissen Punkt verträglich schienen mit der gesellschaftlichen Grundlage und sie teils nur unschuldig zu erweitern, teils als bloße Missbräuche aus ihr hervorzuwachsen schienen. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 386.

 

2. Kriege im Kapitalismus

Raub, Eroberung, Krieg und Gewalt, das ist die ganze Vorgeschichte des Kapitalismus vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.

Kolonialsystem, Staatsschulden, Steuerwucht, Schutzzoll, Handels-kriege usw., diese Sprösslinge der eigentlichen Manufakturperiode vermehren sich riesenhaft während der Kinderperiode der großen Industrie. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 785.

Wenn das Geld, nach dem französischen Schriftsteller Augier , mit natürlichen Blutflecken auf einer Backe zur Welt kommt, so das Kapital von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 788.

 

2.1. Raub- und Eroberungskriege verschwinden nicht im Kapitalismus. Sie verändern ihren Charakter

Bei allen Eroberungen ist dreierlei möglich.

Das erobernde Volk unterwirft das eroberte seiner eigenen Produktionsweise (z. B. die Engländer in Irland im 19. Jahrhundert, zum Teil in Indien); oder es lässt die alte bestehen und begnügt sich mit Tribut (z. B. Türken und Römer); oder es tritt eine Wechselwirkung ein, wodurch ein Neues entsteht, eine Synthese (zum Teil in den germanischen Eroberungen). ...

Es ist eine hergebrachte Vorstellung, dass in gewissen Perioden nur vom Raub gelebt wurde. Um aber rauben zu können, muss etwas zu rauben da sein, also Produktion.

Und die Art des Raubs ist selber wieder durch die Art der Produktion bestimmt. Eine Nation von Börsianern z. B. kann nicht beraubt werden wie eine Nation von Kuhhirten. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 629.

 

2.2. Wer einen Krieg beginnen will,

findet immer passende Gründe

Die Kriegserklärung Englands oder vielmehr der Ostindischen Compagnie an Persien ist die Wiederholung einer jener listigen und rücksichtslosen Tricks der englischen Diplomatie in Asien, durch die England seine Besitzungen auf diesem Kontinent erweitert hat.

Sobald die Compagnie einen habgierigen Blick auf die Besitzungen eines beliebigen unabhängigen Herrschers oder auf ein Gebiet wirft, dessen politische und kommerzielle Hilfsquellen oder dessen Gold und Edelsteine begehrt werden, wird das Opfer beschuldigt, irgendeinen angenommenen oder wirklichen Vertrag verletzt, ein imaginäres Versprechen gebrochen, eine Einschränkungsbestimmung überschritten oder irgendeinen nicht greifbaren Frevel begangen zu haben, und dann wird der Krieg erklärt, und das ewige Unrecht, die stete Gewalt, versinnbildlicht in der Fabel vom Wolf und dem Lamm (in der der Wolf das Lamm trotz aller Unschuldsbeteuerungen frisst), wird wieder blutig-rot in die englische Geschichte eingetragen. K. Marx, Englisch-Persischer Krieg, MEW 12, 71.

Von allen Dogmen der doppelzüngigen Politik unserer Tage hat keine mehr Unheil angerichtet, als die, dass man um Frieden zu haben, sich zum Kriege rüsten muss.

Die große Wahrheit, die sich hauptsächlich dadurch auszeichnet, dass sie eine große Lüge enthält, ist der Schlachtruf, welcher ganz Europa zu den Waffen gerufen und einen solchen Kriegsfanatismus erzeugt hat, dass jeder neue Friedensschluss als neue Kriegserklärung betrachtet wird ...

Während so die Staaten Europas ebenso viele Heerlager geworden sind, deren Soldaten vor Begierde brennen, aufeinander loszustürzen und sich zu Ehren des Friedens gegenseitig die Gurgel abzuschneiden, handelt es sich vor jedem neuen Ausbruche nur um die unbedeutende Kleinigkeit, zu wissen, auf welche Seite man sich stellen soll. Sobald diese nebensächliche Erwägung ... mit Hilfe des lateinischen si vis pacem, para bellum (Willst du Frieden, rüste für Krieg) befriedigend erledigt ist, beginnt einer jener Zivilisationskriege, deren unverblümte Barbarei der besten Zeit des Raubrittertums gleichkommt, deren raffinierte Grausamkeit jedoch ausschließlich der modernsten Periode des imperialistischen Bürgertums angehört. K. Marx, Invasion, MEW 13, 444.

 

2.3. Das ökonomisch überlegene Kapital bzw. Land tritt regelmäßig für Frieden ein ebenso wie die mit dem herrschenden Zustand zufriedenen Konfliktparteien

Die Manchesterschule will in der Tat den Frieden, um industriell Krieg führen zu können, nach außen und nach innen. Sie will die Herrschaft der englischen Kapitalistenklasse auf dem Weltmarkt, wo bloß mit ihren Waffen, Baumwollballen, gekämpft werden soll ... K. Marx, Parlamentsdebatten, MEW 11, 283.

Es wäre ein großer Irrtum anzunehmen, dass das Friedensevangelium der Manchesterschule tiefe philosophische Bedeutung habe.

Es besagt bloß, dass die feudale Methode der Kriegführung durch die kaufmännische ersetzt werden soll Kanonen durch Kapital. K. Marx, Todesstrafe, MEW 8, 510.

 

2.4. Das ökonomisch rückständigere Kapital/Land ist für Krieg, sobald es seine Expansionschancen gefährdet sieht

Was tun, wenn keine ausreichende Nachfrage (Malthus) da ist? Es muss zu künstlichen Mitteln gegriffen werden. Diese bestehen in starken Steuern, einer Masse nutzloser Staats- und Kirchenämter, großen Armeen, Pensionen, ... bedeutender Nationalschuld und von Zeit zu Zeit kostspieligen Kriegen.

Dies sind die Heilmittel von Malthus ... K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 45.

 

3. Gerecht ist nur der Krieg der Unterdrückten

gegen ihre Unterdrücker

Der Krieg der Geknechteten gegen ihre Unterdrücker ist der einzig rechtmäßige Krieg in der Geschichte. K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 358.

 

3.1. Vom Standpunkt der arbeitenden Gesellschaftsmitglieder sind Rüstung und Krieg verschwendete Arbeitszeit und verschwendete Leben

Krieg versteht sich von selbst, da er unmittelbar ökonomisch dasselbe ist, als wenn die Nation einen Teil ihres Kapitals ins Wasser würfe. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 47.

Der drohende Krieg zwischen Deutschland und Frankreich interessiert natürlich das Publikum am meisten. Dicke Deklamationen und aufgeblasene Phrasen tun hier keinen Schaden. Der Beschluss, der darüber zu fassen ist, scheint nur einfach der, dass die Arbeiterklasse noch nicht hinlänglich organisiert ist, um irgendein entschiedenes Gewicht in die Waagschale zu werfen; dass aber der Kongress im Namen der Arbeiterklasse protestiert und die Urheber des Krieges denunziert; dass ein Krieg zwischen Frankreich und Deutschland ein Bürgerkrieg ist, ruinierend für beide Länder, und ruinierend für Europa überhaupt. K. Marx, Brief an seine Parteifreunde auf dem Brüsseler Kongress der IAA (1868), MEW 32, 558.

 

4. Erst die klassenlose Gesellschaften sind friedlich

Die englische Arbeiterklasse ... ist fest überzeugt, dass, möge der bevorstehende scheußliche Krieg zwischen Frankreich und Deutschland 18701871 enden wie er will, die Allianz der Arbeiter aller Länder schließlich den Krieg ausrotten wird ...

Im Gegensatz zur alten Gesellschaft mit ihrem ökonomischen Elend und ihrem politischen Wahnwitz (entsteht) eine neue Gesellschaft ..., deren internationales Prinzip der Friede sein wird, weil bei jeder Nation dasselbe Prinzip herrscht die Arbeit! K. Marx, Adresse der IAA über den Deutsch-Französischen Krieg, MEW 17, 7.

In dem Maße, wie die Ausbeutung des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Ausbeutung einer Nation durch die andere aufgehoben.

Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindselige Stellung der Nationen gegeneinander. K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 479.

 

Anhang: Zur politischen Ökonomie des Krieges

Verschwendung ist jeder Krieg nur aus volkswirtschaftlicher Sicht, nicht aus der Sicht der herrschenden Klassen. Die herrschende Klasse kann durch einen Krieg reicher und mächtiger werden, auch wenn die Volkswirtschaft insgesamt ärmer geworden ist.

 

a) Vereinfachtes Modell: Krieg auf Kosten der Lohnarbeiter

Eine Nation bestehe aus 90 Lohnarbeitern und 10 Kapitalisten (z. B. Hunderttausende oder Millionen).

Die Regierung presst von den 90 Lohnarbeitern durch Steuern und Abgaben zusätzlich eine Million ab.

Die eine Million geht als Rüstungsauftrag für Kriegsmaterial an drei der zehn Kapitalisten (die Rüstungsindustriellen).

Anschließend wird das Kriegsmaterial in einem Krieg verpulvert.

Ergebnis: Die 90 Lohnarbeiter sind um eine Million ärmer, ohne dafür etwas erhalten zu haben.

Die drei Rüstungsindustriellen sind um dieselbe Million reicher.

Volkswirtschaftlich wurde durch Rüstung und Krieg Reichtum umverteilt, aber nicht vermehrt.

 

b) Realistischeres Modell: Krieg auf Kosten der Gesamtgsellschaft

Die Regierung presst von den 90 Lohnarbeitern eine Million und auch von den zehn Kapitalisten eine Million ab.

Die zwei Millionen gehen als Rüstungsauftrag für Kriegsmaterial an drei der zehn Kapitalisten (Rüstungsindustrielle).

Anschließend wird das Kriegsmaterial in einem Krieg verpulvert.

Ergebnis: Die 90 Lohnarbeiter sind um eine Million ärmer, ohne dafür etwas erhalten zu haben.

Sieben der zehn Kapitalisten (ziviler Sektor) sind ebenso um 700.000 (ihr Anteil an den Kriegs- und Rüstungskosten) ärmer.

Drei der zehn Kapitalisten (Kriegssektor) sind um 1,7 Millionen reicher (= Rüstungsaufträge minus ihr eigener Steueranteil an den Kriegs- und Rüstungskosten).

 

c) Wunschmodell: Krieg auf Kosten fremder Nationen

Falls fremde Nationen die Kriegs- und Rüstungskosten tragen, dann wird volkswirtschaftlich die eigene Nation um den Betrag reicher, den die fremde Nation für Rüstung und Krieg übernimmt.

Auf diese Weise konnten sich die US-Kapitalisten am Ersten und am Zweiten Weltkrieg bereichern, indem sie Großbritannien, Frankreich und Russland mit Kriegsgütern belieferten, die diese als Geschäftskunden der US-Rüstungsindustriellen ganz oder teilweise zu zahlen hatten.

Ebenso profitierte das deutsche Kapital am Koreaboom, indem es Rüstungs- und andere Güter in die USA lieferte, für die die USA während des Koreakrieges keine Kapazitäten mehr frei hatten.

Die schwere Belastung, die der gesamte Rüstungskomplex für eine Volkswirtschaft bedeutet, kann über Rüstungsexporte mehr oder minder auf fremde Nationen verlagert werden. Das betreiben vor allem die USA und Großbritannien als größte Rüstungsexporteure. Aber auch Länder wie Nordkorea verstehen es, aus der Kriegsrüstung ein Geschäft zu machen.

Der Afghanistan-Krieg kostete die USA rund 30 Milliarden USD. Niemand kann erwarten, dass diese Kosten von der afghanischen Nation unter der US-Marionette Kazai aufgebracht werden können. Wie beim ersten Golfkrieg, der rund 60 Milliarden USD kostete, müssen die Kriegskosten unter den Siegernationen aufgeteilt werden. Bei dieser Aufteilung kann natürlich ein mächtigerer Sieger auf Kosten der kleineren Sieger sein Schnäppchen machen.

Wahrscheinlich war der erste Golfkrieg für die USA ein Schnäppchen, mit dem die USA alte Waffensysteme entsorgen und neue Waffen erproben konnten und sich das von Kuwait, Deutschland und Japan gut bezahlen ließen.

 

d) Raubmodell: Krieg auf Kosten der besiegten Nation

Dies ist Deutschland zuletzt 1871 im Deutsch-Französischen Krieg gelungen.

Die trügerische Hoffnung, dass die besiegte Nation die Kosten des Krieges tragen werde, hatte die Staatsverschuldung im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg ins Unermessliche steigen lassen.

 

Diese vier Modelle und ihre Kombinationen ergeben alle Möglichkeiten der Kriegsfinanzierung:


Finanzierung aus der eigenen Volkswirtschaft (a und b)

Kriegsfinanzierung durch fremde Nationen über Kriegskon-tribution und Rüstungsexport (c)

Kriegsfinanzierung durch Beraubung der besiegten Nation (d)

Jedoch sind neben den Kosten auch die Zerstörungswirkungen der modernen Kriegstechnik so ungeheuer angewachsen, dass es beides zusammen die gestiegenen Kriegskosten des Siegers wie die unermesslichen Zerstörungen beim besiegten Gegner  es immer unwahrscheinlicher machen, dass eine besiegte Nation für die Kosten eines Krieges aufkommen kann. Hierbei handelt es sich um ein neues Element der politischen Ökonomie des modernen Krieges.

Sein Extrem erreicht dieser Widerspruch bei der teuersten Waffe der Kriegsgeschichte, der Wasserstoffbombe, die gleichzeitig ein Maximum an Zerstörungswirkung erreicht. Scheinbar wird allein durch die Entwicklung der Waffentechnik jeder Raubkrieg zum ökonomischen Widersinn. Doch die gestiegenen Kriegsinves-titionen können sich durchaus noch lohnen, wenn entsprechend wertvollere Beute bzw. höhere Gewinne zu erwarten sind. Der Irak zum Beispiel ist eine rohstoffreiche Nation. Da lohnt ein klassischer Kolonial- oder Raubkrieg.

Die Kosten für die Eroberung des Besetzung des Irak wurden vor dem Krieg von der US-Regierung auf 100 bis 200 Milliarden USD veranschlagt. Hinzu kommen die Kosten für den Wiederaufbau der Kriegszerstörungen im Irak, die die frühere US-Sicherheitsberaterin Sandy Berger in einer Kongressanhörung auf 50 bis 150 Milliarden USD veranschlagt hatte.

Diesen Kriegsinvestitionen aus dem staatlichen Steuersäckel stehen laut den Erwartungen der Internationalen Energiebehörde aus dem Jahr 2001 ein Gesamtwert der Verträge, die der Irak ausländischen Firmen zugesagt hat, von 1,1 Billionen US-Dollar gegenüber (The Observer, 6.10.2002).

Ob sich der erwartete Gewinn hinterher tatsächlich einstellt oder nicht, ändert nichts an der Kriegskalkulation zu Beginn. Raub- und Kolonialkriege werden mit der Hoffnung auf späteren Gewinn, nicht mit der Gewissheit auf späteren Gewinn geführt. Das haben sie mit jeder kapitalistischen Investitionsentscheidung gemeinsam. Und wie aus den obigen Modellrechnungen hervorgeht, entstehen Kriegs-kosten und Kriegsgewinne nicht bei den gleichen Akteuren.

 

Siehe auch den Artikel:

Gewalt

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.