Bodeneigentum

„Das Grundeigentum setzt das Monopol gewisser Personen voraus, über bestimmte Proportionen des Erdkörpers als ausschließliche Sphären ihres Privatwillens mit Ausschluss aller anderen zu verfügen.

Dies vorausgesetzt, handelt es sich darum, den ökonomischen Wert, d. h. die Verwertung dieses Monopols auf Basis der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 628f.

 

1. Herausbildung des privaten Grundeigentums

aus dem Gemeineigentum

„Da wir annehmen können, dass das Hirtenwesen, überhaupt Wanderung die erste Form der Existenzweise, nicht dass der Stamm sich niederlässt auf einem bestimmten Sitz, sondern dass er abweidet, was er vorfindet – die Menschen sind nicht von Natur sesshaft ... –, so erscheint die Stammgemeinschaft, das natürliche Gemeinwesen nicht als Resultat, sondern als Voraussetzung der gemeinschaftlichen Aneignung (temporären) und der Benutzung des Bodens ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 375f.  

„Bei Hirtenvölkern erscheint der Grund und Boden nur als Bedingung des Wanderlebens, von Aneignen desselben also keine Rede. Folgen feste Wohnsitze mit dem Ackerbau – so ist das Grundeigentum zunächst gemeinsames, und selbst wo es fortgeht zum Privateigentum, erscheint die Beziehung des Individuums zu demselben gesetzt durch sein Verhältnis zum Gemeinwesen. Es erscheint als bloßes Lehen des Gemeinwesens ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 628.

„Ein isoliertes Individuum könnte so wenig Eigentum haben am Grund und Boden, wie sprechen. ... Das Verhalten zur Erde als Eigentum ist immer vermittelt durch die Okkupation, friedliche oder gewaltsame, von Grund und Boden durch den Stamm, die Gemeinde ... Das Individuum kann hier nie in der Punktualität auftreten, in der es als bloßer freier Arbeiter erscheint. ... Seine Beziehung zu den objektiven Bedingungen der Arbeit ist vermittelt durch sein Dasein als Gemeindemitglied; ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 386.

 

„Das Eigentum meint also Gehören zu einem Stamm (Gemeinwesen) und vermittelst des Verhaltens dieses Gemeinwesens zum Grund und Boden, zur Erde als seinem unorganischen Leib, Verhalten des Individuums zum Grund und Boden ... als zu seiner Individualität gehörigen Voraussetzung.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 392.

 

„Der Grund und Boden ist, selbst wo er Privateigentum geworden, ... nur in beschränktem Sinn ein veräußerbarer Tauschwert. Der Tauschwert beginnt in dem vereinzelten von der Erde losgelösten und durch Industrie (oder bloße Aneignung) individualisierten Naturprodukt. Hier tritt auch die individuelle Arbeit zuerst auf. Der Tausch beginnt überhaupt zunächst nicht innerhalb der ursprünglichen Gemeinwesen, sondern an ihrer Grenze; da, wo sie aufhören ... Der Austausch kann sich nur allmählich von seinem ursprünglichen Gebiete, dem beweglichen, auf unbewegliches Eigentum erstrecken.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 628.

 

2. Kapitalistisches Grundeigentum heißt

Trennung des Eigentums von der Nutzung des Bodens

„Worauf kommt die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals ... hinaus? Soweit sie nicht unmittelbare Verwandlung von Sklaven und Leibeigenen in Lohnarbeiter, also bloßer Formwechsel ist, bedeutet sie nur die Enteignung der unmittelbaren Produzenten, d. h. die Auflösung des auf eigener Arbeit beruhenden Privateigentums.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 789.

„Im Abschnitt über die ursprüngliche Akkumulation (Buch I, Kapitel XXIV) hat man gesehen, wie diese kapitalistische Produktionsweise voraussetzt einerseits die Loslösung der unmittelbaren Produzenten aus der Stellung eines bloßen Zubehörs des Bodens (in der Form von Hörigen, Leibeigenen, Sklaven etc.) andererseits die Enteignung der Masse des Volks vom Grund und Boden.

Insofern ist das Monopol des Grundeigentums eine historische Voraussetzung und bleibt fortwährende Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 630.

 

„Die Form aber, worin die beginnende kapitalistische Produktionsweise das Grundeigentum vorfindet, entspricht ihr nicht. Die ihr entsprechende Form wird erst von ihr selbst geschaffen durch die Unterordnung der Agrikultur unter das Kapital; ... Es ist eines der großen Resultate der kapitalistischen Produktionsweise, dass sie einerseits die Agrikultur aus einem bloß empirischen und mechanisch sich forterbenden Verfahren des unentwickeltsten Teils der Gesellschaft in bewusste und wissenschaftliche Anwendung der Agronomie verwandelt, soweit dies überhaupt innerhalb der mit dem Privateigentum gegebenen Verhältnisse möglich ist; dass sie das Grundeigentum einerseits von Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen völlig loslöst, andererseits den Grund und Boden als Arbeitsbedingung gänzlich vom Grundeigentum und Grundeigentümer trennt, für den er weiter nichts vorstellt, als eine bestimmte Geldsteuer, die er vermittelst seines Monopols vom industriellen Kapitalisten, dem Pächter, erhebt: [dass sie] so sehr den Zusammenhang loslöst, dass der Grundeigentümer sein ganzes Leben in Konstantinopel zubringen kann, während sein Grundeigentum in Schottland liegt.

Das Grundeigentum erhält so seine rein ökonomische Form, durch Abstreifung aller seiner früheren politischen und sozialen Verbrämungen und Verquickungen ...

Die Rationalisierung der Agrikultur einerseits, die diese erst befähigt, gesellschaftlich betrieben zu werden, die Rückführung des Grundeigentums ins Absurde andererseits, dies sind die großen Verdienste der kapitalistischen Produktionsweise. Wie alle ihre anderen historischen Fortschritte, erkaufte sie auch diesen zunächst durch die völlige Verelendung der unmittelbaren Produzenten.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 630f.

 

„Das Grundeigentum hat mit dem wirklichen Produktionsprozess nichts zu schaffen. Seine Rolle beschränkt sich darauf, einen Teil des produzierten Mehrwerts aus der Tasche des Kapitals in seine eigene hinüberzuführen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 829.

 

„Das bloße juristische Eigentum am Boden schafft dem Eigentümer keine Grundrente. Wohl aber gibt es ihm die Macht, seinen Boden so lange der Ausbeutung zu entziehen, bis die ökonomischen Verhältnisse eine Verwertung desselben erlauben, die ihm einen Überschuss abwirft, sei es, dass der Boden zur eigentlichen Agrikultur verwandt werde, sei es zu anderen Produktionszwecken, wie Bauten etc. ... Er verpachtet erst, sobald ihm ein Pachtgeld gezahlt werden kann. Der Marktpreis muss also über den Produktionspreis gestiegen sein zu P + r, so dass dem Grundeigentümer eine Rente gezahlt werden kann.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 765f.

„Das Grundeigentum ist hier die Barriere, die keine neue Kapitalanlage auf bisher unbebautem oder unverpachtetem Boden erlaubt, ohne Zoll zu erheben, d. h. ohne eine Rente zu verlangen ... Infolge der Schranke ..., die das Grundeigentum setzt, muss der Marktpreis bis zu einem Punkt steigen, wo der Boden einen Überschuss über den Produktionspreis, d. h. eine Rente zahlen kann.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 770.

„Allerdings ... unterscheidet sich das Grundeigentum von den übrigen Arten des Eigentums dadurch, dass auf einer gewissen Entwicklungshöhe, selbst vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise aus, es als überflüssig und schädlich erscheint.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 635f.

„Vom Standpunkt einer höheren ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz so überholt erscheinen wie das Privateigentum eines Menschen an einem anderen Menschen.

Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als gute Eltern den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 784.

 

3. Entstehung und Bewegungen des Bodenpreises

„Die Grundrente kann ... mit dem Zins verwechselt und so ihr spezifischer Charakter verkannt werden. Die Grundrente stellt sich dar in einer bestimmten Geldsumme, die der Grundeigentümer jährlich aus der Verpachtung eines Stücks des Erdballs bezieht.

Wir haben gesehen, wie jede bestimmte Geldeinnahme kapitalisiert werden, d. h. als der Zins eines imaginären Kapitals betrachtet werden kann. Ist z. B. der mittlere Zinsfuß 5 %, so kann also auch eine jährliche Grundrente von 100.000 Euro als Zins eines Kapitals von 2 Millionen Euro betrachtet werden.

Es ist die so kapitalisierte Grundrente, die den Kaufpreis oder Wert des Bodens bildet, eine Kategorie, die auf den ersten Blick ... irrational ist, da die Erde nicht das Produkt der Arbeit ist, also auch keinen Wert hat.

Andererseits aber verbirgt sich hinter dieser irrationalen Form ein wirkliches Produktionsverhältnis. ...

Es ist in der Tat der Kaufpreis nicht des Bodens, sondern der Grundrente, die er abwirft, berechnet nach dem gewöhnlichen Zinsfuß.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 636.

„Der Bodenpreis ist nichts als die kapitalisierte und daher vorausberechnete Rente.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 816.   

 

„In der Tat ist das für den Ankauf des Bodens, ganz wie das im Ankauf von Staatspapieren verausgabte Geld nur an sich Kapital, wie jede Wertsumme auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise an sich Kapital, potenzielles Kapital ist. Was für den Boden gezahlt worden ist, wie für die Staatsfonds, wie für andere gekaufte Waren, ist eine Geldsumme. Diese ist an sich Kapital, weil sie in Kapital verwandelt werden kann. Es hängt ab von dem Gebrauch, den der Verkäufer davon macht, ob das von ihm erhaltene Geld sich wirklich in Kapital verwandelt oder nicht. Für den Käufer kann es nie mehr als solches fungieren, so wenig wie jedes andere Geld, dass er definitiv verausgabt hat. In seiner Berechnung erscheint es für ihn als zinstragendes Kapital, weil er die Einnahme, die er als Rente vom Boden oder als Schuldzins vom Staat erhält, als Zins des Geldes berechnet, das ihm der Ankauf des Titels auf diese Revenue gekostet hat. Als Kapital kann er es nur realisieren durch den Wiederverkauf.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 817f.

„Es folgt daher, dass, die Grundrente als konstante Größe vorausgesetzt, der Bodenpreis steigen oder fallen kann, umgekehrt wie der Zinsfuß steigt oder fällt.

Fiele der gewöhnliche Zinsfuß von 5 auf 4 %, so stellte eine jährliche Grundrente von 100 000 Euro die jährliche Verwertung eines Kapitals von 2,5 Millionen statt von 2 Millionen Euro vor, und so wäre der Preis desselben Grundstücks von 2 Millionen Euro auf 2,5 Millionen gestiegen ... Umgekehrt im umgekehrten Fall. Es ist dies eine von der Bewegung der Grundrente selbst unabhängige und nur durch den Zinsfuß geregelte Bewegung des Bodenpreises.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 636f.

 

„Da wir aber gesehen haben, dass die Profitrate im Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung eine Tendenz zum Fallen hat und daher auch der Zinsfuß, soweit er durch die Profitrate geregelt wird; dass ferner, auch abgesehen von der Profitrate, der Zinsfuß eine Tendenz zum Fallen hat, infolge des Wachstums des verleihbaren Geldkapitals, so folgt, dass der Bodenpreis eine Tendenz zum Steigen hat, auch unabhängig von der Bewegung der Grundrente und des Preises der Bodenprodukte, wovon die Rente einen Teil bildet.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 637.

„Da das Grundeigentum in allen alten Ländern für eine besonders vornehme Form des Eigentums gilt und der Ankauf desselben außerdem als besonders sichere Kapitalanlage, so steht der Zinsfuß, zu dem die Grundrente gekauft wird, meist niedriger als bei anderen auf längere Zeit sich erstreckenden Kapitalanlagen, so dass z. B. der Käufer von Grund und Boden nur 4 % auf den Kaufpreis erhält, während er für dasselbe Kapital sonst 5 % erhalten würde, oder, was auf dasselbe hinauskommt, er zahlt mehr Kapital für die Grundrente, als er für dieselbe jährliche Geldeinnahme in anderen Anlagen zahlen würde.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 637.

 

Siehe auch die Artikel:

Bodenrente (Grundrente/Differenzialrente)

Eigentum

Ursprüngliche Akkumulation

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.