Bevölkerung

1. Bevölkerung ist eine mathematische,

keine gesellschaftliche Größe

„Die Bevölkerung ist eine Abstraktion, wenn ich z. B. die Klassen, aus denen sie besteht, weglasse. Diese Klassen sind wieder ein leeres Wort, wenn ich die Elemente nicht kenne, auf denen sie beruhen, z. B. Lohnarbeit, Kapital etc.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 21.

2. Bevölkerungsdichte und Übervölkerung

Bevölkerungsdichte ist „etwas Relatives. Ein relativ spärlich bevölkertes Land mit entwickelten Kommunikationsmitteln besitzt eine dichtere Bevölkerung als ein mehr bevölkertes Land mit unentwickelten Kommunikationsmitteln, und in dieser Art sind z. B. die nördlichen Staaten der USA dichter bevölkert als Indien.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 373.

„Marx leugnet z. B. dass das Bevölkerungsgesetz dasselbe ist zu allen Zeiten und an allen Orten. Er versichert im Gegenteil, dass jede Entwicklungsstufe ihr eigenes Bevölkerungsgesetz hat ...“ F. Engels, Vorwort zum Kapital I, MEW 23, 26.

„In der Tat (hat) jede besondere historische Produktionsweise ihre besonderen, historisch gültigen Populationsgesetze ... Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 660.

„Sie stellen die Frage auf, wie Bevölkerungszunahme und Zunahme der Subsistenzmittel in Einklang zu bringen ist; ... Wir gehen davon aus, dass dieselben Kräfte, welche die moderne bürgerliche Gesellschaft geschaffen ..., dass diese Produktions- und Verkehrsmittel auch hinreichend sein werden, in kurzer Zeit ... die Produktionskraft jedes Einzelnen so zu steigern, dass er eben für die Konsumtion von 2, 3, 4, 5, 6 Individuen produziert, dass von der städtischen Industrie Leute genug entbehrlich werden, um dem Ackerbau ganz andere Kräfte wie bisher zuzuwenden, dass die Wissenschaft auch auf den Ackerbau endlich im Großen und mit derselben Konsequenz angewandt werde wie auf die Industrie, dass die Ausbeutung der für uns unerschöpflichen von der Natur selbst gedüngten Gebiete Südosteuropas und West-Amerikas auf einem ganz anders großartigen Maßstab betrieben werde wie bisher.

Sind diese Gebiete erst alle umgepflügt, und es tritt dann Mangel ein, wird es Zeit sein, sich Gedanken zu machen.

Es wird zu wenig produziert, daran liegt die ganze Sache. Aber weshalb wird zu wenig produziert? Nicht, weil die Grenze der Produktion – selbst für heute und mit heutigen Mitteln – erschöpft wäre. Nein, sondern deshalb, weil die Grenze der Produktion bestimmt wird nicht durch die Anzahl der hungrigen Mägen, vielmehr durch die Anzahl der kaufenden zahlungsfähigen Geldbeutel. Die bürgerliche Gesellschaft will nicht, kann nicht wollen, mehr zu produzieren. Die geldlosen Mägen, die Arbeit, die nicht mit Profit verwandt werden kann, die also nicht kaufen kann, die verfallen der Sterblichkeitsziffer.“ F. Engels, Brief an Lange (1865), MEW 31, 466f.

„Wenn auch die Kathedersozialisten uns proletarische Sozialisten hartnäckig auffordern, wir sollen ihnen das Rätsel lösen, wie wir eine etwa hereinbrechende Überbevölkerung und die daraus drohende Gefahr des Zusammenbruchs der neuen Gesellschaftsordnung vermeiden können, so ist das noch lange kein Grund für mich, den Leuten auch diesen Gefallen zu tun. Diesen Leuten alle Skrupel und Zweifel zu lösen, die sie ihrer eigenen konfusen Superweisheit verdanken, ... halte ich für reine Zeitverschwendung. ...

Dazu halte ich die Frage für gar nicht brennend in einem Augenblick, wo die erst eben entstehende amerikanische Massenproduktion und wirkliche große Agrikultur uns unter der Wucht der produzierten Lebensmittel förmlich zu ersticken droht; am Vorabend einer Umwälzung, die unter anderen Folgen auch die haben muss, die Erde erst zu bevölkern ... und die auch in Europa sicher eine starke Bevölkerungszunahme notwendig braucht. ...

Die abstrakte Möglichkeit, dass die Menschenzahl so groß wird, dass ihrer Vermehrung Schranken gesetzt werden müssen, ist ja da. Sollte aber einmal die kommunistische Gesellschaft sich genötigt sehen, die Produktion von Menschen ebenso zu regeln, wie sie die Produktion von Dingen schon geregelt hat, so wird gerade sie und allein sie es sein, die dies ohne Schwierigkeiten ausführt. Ein Resultat in einer solchen Gesellschaft planmäßig zu erreichen, das sich schon jetzt in Frankreich und Niederösterreich naturwüchsig, ohne Plan entwickelt hat, scheint mir gar nicht so schwer.“ F. Engels, Brief an Kautsky (1881), MEW 35, 150f.

Siehe auch den Artikel:

Klassen

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.