Großmachtinstrument UNO

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, hatte sich der Westen schleunigst daran gemacht, den ehemaligen Machtbereich der Sowjetunion zu beerben. Das Instrument dafür war in erster Linie die UNO, ein Zusammenschluss (fast) aller Staaten bzw. Regierungen der Welt, und damit scheinbar uneigennützig und neutral.

Die zeitliche Verteilung der Anzahl von UN-Militärs (mit den unterstützenden Zivilkräften) in Einsätzen rund um die Welt zeigt einen enormen und plötzlichen Anstieg nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems. Siehe folgende Grafik:

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Seit Beginn der 90er Jahre wurde die UNO immer mehr zum bewaffneten Organ der verbliebenen Großmächte und immer weniger bleibt von dem friedlichen Image von Lebensmittelspendern an notleidende Flüchtlinge und Opfer von Naturkatastrophen.

Daran konnte auch der gescheiterte Versuch der USA, ihren Irakkrieg von der UNO absegnen zu lassen nichts ändern. Inzwischen hat die UNO mit Ban Ki-Moon einen neuen Generalsekretär. Und seit sich die Mehrheit in den USA offen gegen das US-Abenteuer im Irak gewandt hat, wird die UNO auch für die US-Regierung wieder wichtiger.

 

UNO macht Kriegführen einfacher und billiger

Nach einem von den Medien verbreiteten Vorurteil ist die UNO eine Friedensmacht. Ihre Soldaten heißen "Peacekeeper". Tatsächlich hat die UNO mindestens seit den 90er Jahren die Schwelle zum Krieg deutlich herabgesetzt. Die UNO macht das Kriegführen für die Großmächte einfacher und billiger.

 

Einfacher macht sie das Kriegführen, weil sie den Militäreinsätzen eine breitere Legitimation gibt: Wo ein Einzelstaat Krieg führt, weiß Hinz und Kunz, dass es sich hier um staatsegoistische Interessen handelt. Wo eine Koalition einen Krieg führt ist angeblich höheres Menschheitsinteresse im Spiel. Seit dem 30jährigen Krieg waren alle großen und viele kleinen Kriege Koalitionskriege - ohne dass es um höhere Menschheitsinteressen ging. Der spanische Erbfolgekrieg war ebenso ein Koalitionskrieg wie die napoleonischen Kriegeoder die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts.

Die heutigen UNO-Kriege sind nichts anderes als Koalitionskriege der Großmächte, allein mit dem Unterschied, dass früher über die zu bildende Koalitionen von Fall zu Fall und von Krieg zu Krieg immer neu verhandelt wurde, während die UNO für dieses Prozedere einen festen "Fahrplan" bereithält.

Nur wer wenig Geschichtskenntnisse hat, kann sich einbilden, das heutige UNO-Prozedere vor einem Militäreinsatz der UNO sei umständlicher und langwieriger als die Koalitionsverhandlungen unter früheren Kriegsparteien.

Gemeinsame Kriege der Großmächte gegen schwächere Staaten wurden schon früher als "Strafaktion" oder "Befreiung" hingestellt, ob es nun um türkische Tätlichkeiten auf dem Balkan oder um Übergriffe auf ausländische Missionare in China handelte.

Billiger macht die UNO das heutige Kriegführen für die Großmächte, weil durch die UNO die Kriegskosten auf noch mehr Staaten verteilt werden als früher. In jedem einzelnen Fall sind es die Großmächte, die den Kriegsknopf betätigen. Gegen ihren Willen geht in der UNO gar nichts. Die Großmächte sind innerhalb der UNO die Kriegsstrategen: Sie legen die Kriegsziele und Kriegsmittel fest, während die anderen Staaten die Soldaten stellen. Oder wie es der "Economist" vornehmer ausdrückt: Das UNO-System "hat eine zweigleisige Struktur entwickelt: die mächtigen Staaten entscheiden über die Missionen (und zahlen für sie), während die armen Staaten wie Indien, Pakistan, Bangladesh, Nepal und Jordanien ihnen dafür die Soldaten stellen. Die Regierungen dieser Länder erhalten dafür eine Entschädigung. Diese Bezahlung entwickelt sich zu Subsidien für deren Militärkräfte, während die UNO-Missionen selber diesen Truppen ein kostenloses Training verschafft." (The Economist, 6. Januar 2007). Siehe die Grafik über die Verteilung der "Blauhelme" in aller Welt.

Blauhelmeinsaetze

Die interne Regierungs-Diskussion in der UNO verwischt immer stärker die Grenzen zwischen Krieg und Nichtkrieg und baut die Hürden vor einem bewaffneten Eingreifen der UNO weiter ab.

In einem Papier der Bundesregierung ; heißt es: Man diskutiere in und mit der UNO "zwei Reformfelder, die sich primär auf das Bedrohungsszenario inner- und zwischenstaatlicher Konflikte beziehen. Zum einen wird es um Grundsätze für die Anwendung von militärischer Gewalt gehen, die sowohl das Recht auf Selbstverteidigung von Staaten als auch humanitäre Interventionen betreffen. Das vom UN-Generalsekretär eingesetzte Expertengremium (UN-High Level Panel) wie auch der Generalsekretär selbst plädieren in ihren Berichten dafür, dass ein Staat das Recht auf Selbstverteidigung auch dann hat, wenn eine unmittelbare Bedrohung, aber noch kein direkter Angriff vorliegt. Bei lediglich potenziellen Gefahren kann demnach ausschließlich der UN-Sicherheitsrat präventiv tätig werden. Kofi Annan unterstützt ausdrücklich auch den Ansatz einer kollektiven Schutzverantwortung der Staaten in Fällen schwerster Menschenrechtsverletzung. Umstritten ist aber, ob die VN auch bei der latenten Gefahr von Verbrechen wie Völkermord militärisch eingreifen dürfen bzw. müssen."

 

UNO - ein Instrument des Friedens?

Während die UNO mehr und mehr zum Kriegsinstrument mutiert, wollen Parteien und Parteipolitiker in Deutschland ihre eigene Militär- und Kriegsstrategie zunehmend hinter der UNO verstecken.

Unter dem Slogan "Wege aus Krieg und Gewalt" forderte der Friedenspolitische Ratschlag: "Eine der wichtigsten Aufgaben für die Staatengemeinschaft muss demnach sein, das gegenwärtige Machtgefälle zwischen USA und UNO wieder zugunsten der UNO zu verschieben. Andernfalls droht ein Rückfall in Zeiten, wo nicht die Stärke des (Völker-)Rechts, sondern das Recht des Stärkeren gegolten hat."

Als wäre das Völkerrecht nicht notwendig und immer schon das Recht der Stärkeren!

Der außenpolitische Sprecher der PDS. Gehrcke, stellt immerhin fest , dass eine Bundesregierung Böses im Schild führt, wenn sie nach einem Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen strebt: "Ein ständiger Sitz im Weltsicherheitsrat ist das erklärte Ziel der ... Bundesregierung. In dieser Forderung bündeln sich die Absicht, als Großmacht in der Weltpolitik mitmischen zu wollen ..."

Für eine Bundesregierung ist die UNO also Instrument der Großmachtpolitik, für alle anderen Staaten und Regierungen scheint das nach Meinung der PDS aber nicht zuzutreffen.

Wie sonst könnte Herr Brie (PDS) zu dem Schluss kommen: : "Mit Einschränkungen, aber als ein geschichtlicher Fortschritt, stellte die UNO-Charta internationales Recht zur Ächtung des Krieges dar und wies entscheidende Merkmale eines demokratischen Völkerrechts auf. Geschaffen wurde ein System von Regelungen und Gremien, mit denen Konflikte friedlich beigelegt werden sollten."

Der neue "Bremer Programm-Entwurf" der SPD gibt ganz offen zu, dass die UNO gegenwärtig das geeignetste Instrument ist, um eigene staatliche Machtpolitik durchzusetzen: "Kein Staat kann im globalen Zeitalter Erfolg haben, indem er seine Interessen einseitig durchsetzt. Wir bekennen uns zum Multilateralismus durch internationale Organisationen und internationales Recht im weltweiten Rahmen. Dafür ist es unabdingbar, die internationalen Organisationen mit hinreichender Durchsetzungsmacht auszustatten. Nur sanktionsbewehrt wird das internationale Recht Verbindlichkeit gewinnen und konfliktlösend wirken können. Deshalb wollen wir die Vereinten Nationen stärken."

Die Vereinten Nationen sind ein Instrument der Großmächte, um staatliche Interessen mit militärischer und anderer "Durchsetzungsmacht" zu betreiben. Die Vereinten Nationen sind ein Instrument der Macht, kein Instrument des Friedens. Die Vereinten Nationen sind kein Instrument der Emanzipation.

 

Siehe dazu: Text der UNO-Resolution 1483 aus dem Jahr 2003, mit der die US-Invasion im Irak gebilligt wurde.

Wal Buchenberg, 09.01.2007

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