Energiebedarf, Profit und Klimawandel

Die "Financial Times Deutschland" schreibt über die Klimakonferenz in Kopenhagen von Dezember 2009:

"Vorbei ist die Zeit, als sich nur Umweltschützer für den Klimawandel interessierten. Den Kopenhagener Klimagipfel, der in einer Woche beginnt, bezeichnen Ökonomen als "größte Wirtschaftskonferenz seit dem zweiten Weltkrieg". 192 Staaten sind vertreten, die ganze Welt sitzt im Verhandlungssaal. Etwa 18.000 Teilnehmer, darunter rund 9000 Delegierte, 3500 Journalisten - und mehr als 5000 Lobbyisten, aus Umwelt- wie aus Industrieverbänden.
Es gibt viel zu verlieren in Kopenhagen - oder viel zu gewinnen, je nach Perspektive. "Wir alle spüren: Das ist eine Konferenz, die uns bewegt." So beschreibt BDI-Präsident Hans-Peter Keitel die Stimmung in der deutschen Wirtschaft. Denn Kopenhagen ist eine Konferenz der Umverteilung - von Geld und von Marktchancen. (...)
Wer reduziert seinen CO2-Ausstoß wie stark. Das Klima ist ein öffentliches Gut - da gibt es immer die Gefahr von Trittbrettfahrern, die die Arbeit den anderen überlassen. Und so fürchten die Industrien der Vorreiterländer Wettbewerbsnachteile, wenn die neue CO2-Währung nicht für alle gleich gilt. Gleichzeitig würde ein ambitioniertes Klimaabkommen jene belohnen, die schon früh auf saubere Technologien gesetzt haben und jetzt Exportchancen wittern.
Die Konflikte verlaufen zwischen denen, die Technologie verkaufen wollen, und denen, die bislang Öl, Gas und Kohle verkaufen. Gleichzeitig streiten die industrialisierten Ländern und mit denen, die jetzt neue Industrie aufbauen sollen. (...)"


Ich denke, die Diskussionen um Weltklima und CO2-Ausstoß geraten zunehmend zu einem Interessenkonflikt zwischen reifen kapitalistischen Staaten (USA, Japan, Europa), die langfristig stagnieren, auf der einen Seite und den "Schwellenländern" (vor allem China, Indien, Brasilien und Nahost), in denen in nächster Zukunft hohe Wachstumsraten erwartet werden.

Grob gerechnet geht größerer Energiehunger zusammen mit höheren Profitraten und höheren Wirtschaftswachstumsraten und mit höherem CO2-Ausstoß.


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Einerseits hoffen Kapitalisten und ihre Regierungen in den stagnierenden Metropolen per Kapital- und Warenexport an den höheren Profitraten in den Schwellenländern zu profitieren, andererseits suchen die Metropolenstaaten legale Barrieren zu errichten, um zu verhindern, dass sie von den Schwellenländern rasch niederkonkurriert werden.
Die Schwellenländer verweisen darauf, dass sie die Natur nicht in dem globalen Maßstab beeinflusst und zerstört haben wie die alten Industrieländer.

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Da streiten Kapitalisten untereinander: in den Metropolen streiten die exportorientierten "globalen" Kapitalisten gegen lokal orientierte Kleinkapitalisten.
Weltweit streiten die alteingesessenen Kapitalisten der Metropolen gegen kapitalistische Emporkömmlinge in den Schwellenländern.

Die linke Intelligentsia wird nicht an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn sie hier Partei ergreift und die "Schuldigen" für Klimawandel und CO2-Ausstoß in einzelnen Weltregion sucht, statt den rücksichtslosen Umgang der Kapitalisten mit Mensch und Natur in aller Welt anzuklagen.

"Die kapitalistische Produktion entwickelt ... die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter." K. Marx, Kapital I, MEW 23, 529f.

Wal Buchenberg, 7.12.2009